Niedriger Blutdruck (Hypotonie)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein niedriger Blutdruck (Hypotonie) ist in der Regel ungefährlich und kein Ausdruck von schwerwiegenden Krankheiten. Typische Beschwerden sind hier zumeist kalte Füße und Hände, Schwindel und Müdigkeit. Manchfall kann es auch zu Ohnmachtsanfällen oder Bewusstseinsstörungen kommen. Trotzdem sollte man einen Arzt aufsuchen, um alle Eventualitäten abzuklären. Außerdem kann der Arzt wertvolle Hinweise geben, was man als Betroffener selbst gegen den niedrigen Blutdruck unternehmen kann. Abzugrenzen in ein niedriger Bludruck von einem niedrigen Puls.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein niedriger Blutdruck (Hypotonie)?

Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn die bekannten Maßnahmen der Selbsthilfe nicht greifen und der niedrige Blutdruck zu einer Lebensbeeinträchtigung wird. Bei einem hohen Leidensdruck oder Unwohlsein kann die Rücksprache mit einem Arzt gesucht werden.
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Ein niedriger Blutdruck (medizinisch Hypotonie) ist definiert als ein arterieller Blutdruck systolisch unter 100 mmHg, welcher über eine Blutdruckmessung am Oberarm bestimmt wird. Der untere Wert (also der diastolische) ist für die Diagnosestellung nicht von Bedeutung. In Deutschland sind deutlich mehr Frauen betroffen als Männer. Vor allem junge und schlanke Frauen leiden unter der so genannten essentiellen bzw. idiopathischen Hypotonie.

Dabei liegt keine organische oder andere nachvollziehbare Ursache zu Grunde. Jeder niedrige Blutdruck sollte jedoch abgeklärt werden, da sich auch gefährliche Krankheiten dahinter verbergen können. Oft ist bereits eine gründliche Befragung (Anamnese) wegweisend, ergänzend werden Langzeit-Blutdruckmessungen über 24 Stunden, orthostatische Tests (Reaktion des Blutdrucks auf schnelles Aufstehen, z.B. Kipptisch- oder Schellongtest) und Blutuntersuchungen (z.B. Repräsentanten der Nebennierenrinden-Funktion, Blutsalze und bestimmte Hormone) durchgeführt.

Ursachen

In der Regel ist die Ursache für niedrigen Blutdruck idiopathisch, also nicht konkret fassbar. Es wird eine genetische und konstitutionelle Ursache (Hochwuchs, schlanker Habitus, schwaches Gefäßsystem) vermutet. Auch Sportler haben durch Anpassungsvorgänge des Herzens einen physiologisch reduzierten Blutdruck. Zusätzliche wirken Störungen im Flüssigkeitshaushalt (z.B. durch zu wenig Einfuhr, Durchfälle, Erbrechen oder durch Medikamente, unter anderem "Wassertabletten" und Blutdrucksenker) oder eine salzarme Kost (denn Salz bindet Wasser) begünstigend.

Sekundäre Hypotonien (also ein niedriger Blutdruck auf Grund einer anderen Erkrankung) treten z.B. bei einer ausgeprägten Herzschwäche (Herzinsuffizienz) auf, da das Blut nicht mehr so effektiv weiter gepumpt werden kann. Für eine Herzschwäche gibt es wiederum verschiedenste Ursachen, die häufigsten sind die koronare Gefäßkrankheit (Störung der Durchblutung am Herzen bis hin zu einem Herzinfarkt), Herzrhythmusstörungen und die Lungenembolie. Auch Stoffwechselkrankheiten (z.B. Schilddrüsenunterfunktion und Diabetes mellitus) können zu einem niedrigen Blutdruck führen.

Ebenso verursacht jegliche Art von Schock eine bedrohliche Hypotonie (z.B. bei Allergien, Blutungen oder Blutvergiftungen), meist dadurch, dass die Gefäße weit gestellt werden und so das Blut regelrecht versackt. Seltener sind die (meist autoimmunbedingte) Nebennierenrinden-Insuffizienz (auch Morbus Addison) und neurologische Erkrankungen (vor allem Morbus Parkinson und Multiple Sklerose) ursächlich.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein sehr häufiges Symptom bei niedrigem Blutdruck ist der Schwindel. Das Gehirn wird nicht ausreichend mit Blut versorgt und so können zudem auch Ohrensausen, Müdigkeit und Sehstörungen auftreten. Das heißt, es wird schwarz vor den Augen, oder man sieht „Sternchen“. Bei Bewusstseinsstörungen beziehungsweise Ohnmacht wird es dann gefährlich, wenn Sturzgefahr besteht oder die Person während des viel zu niedrigen Blutdrucks Auto fährt. Der Körper versucht gegen die Mangeldurchblutung anzukämpfen, dadurch erhöht sich der Puls.

Auch bei schnellem Positionswechsel vom Liegen zum Stehen kann es zu niedrigem Blutdruck kommen. Das Blut versackt in den Beinen und der Körper braucht einige Zeit, um den Blutdruck wieder auszugleichen. Kopfschmerzen können viele Ursachen haben, aber auch ein weiteres Zeichen von Hypotonie sein, Ursache ist hier die zu geringe Durchblutung im Kopf.

Kalte Hände und Füße oder Engegefühl in der Brust werden auch bei niedrigem Blutdruck genannt, da das Blut zum Herz beziehungsweise Gehirn geleitet wird und so andere Körperteile geringer versorgt werden. Auch Personen, die normalerweise keine Probleme mit niedrigem Blutdruck haben, können betroffen sein an heißen Tagen, da der Körper schwitzt und viel Flüssigkeit verliert. Hier hilft es natürlich viel zu trinken, um den Flüssigkeitshaushalt wieder auszugleichen.

Krankheitsverlauf

Neben der Blutdruckmessung prüft der Arzt oft auch den Puls, um sich ein Gesamtbild des Blutkreislaufes zu machen.

Oft ist eine Hypotonie komplett symptomfrei. Wird der niedrige Blutdruck bemerkt, dann meist in Form von Schwäche, Kälte, Blässe und Schwindel bzw. "Schwarzwerden“ vor den Augen mit Ohnmachtsneigung (Synkope). Diese Beschwerden sind in der Regel lästig aber harmlos.

Kritisch sind lediglich die Folgen von möglichen Stürzen, bei denen (vor allem bei älteren Menschen) gravierende Verletzungen möglich sind.

Zum Vorteil der Menschen mit niedrigem Blutdruck konnte in vielen Untersuchungen gezeigt werden, dass eine Hypotonie eher gesundheitsförderlich ist und sogar die Lebenserwartung erhöhen kann.

Komplikationen

Niedriger Blutdruck als solcher ist in der Regel ungefährlich, obwohl seine Symptome dramatisch sein können. Meist ist die Hypotonie anlagebedingt und harmlos. Allerdings handelt es sich oft auch um ein Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung. Die meisten Komplikationen im Zusammenhang mit einer Hypotonie sind aber nicht die Folge des zu niedrigen Blutdrucks, sondern ergeben sich aus dem Verlauf der Grundkrankheit.

So tritt die Hypotonie unter anderem bei Herzerkrankungen, Venenschwäche, Hormonstörungen oder starkem Flüssigkeitsverlust bei verschiedenen Erkrankungen auf. Zwar verursacht der niedrige Blutdruck solche Symptome wie Schwindel, Ohrensausen, Augenflimmern oder gar Atemnot, die jedoch meist komplikationslos verlaufen. Bei starken Schwindelanfällen kann es aber zuweilen zu Stürzen kommen, die in ungünstigen Fällen zu Verletzungen führen.

Neben den Schwindelgefühlen ist chronischer niedriger Blutdruck aber auch von dauerhafter Müdigkeit begleitet. Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sind häufig die Ursache für allgemeine Leistungsschwäche. Langfristig kann es dann zu Depressionen kommen. Gefährlich sind auch die häufigen Schlafstörungen, die auf lange Sicht chronische organische oder psychische Erkrankungen verursachen können.

Obgleich bei niedrigem Blutdruck im Allgemeinen keine unmittelbaren Komplikationen auftreten, wächst das Risiko bei älteren und vorerkrankten Patienten, dass Herz und Hirn mit Blut unterversorgt werden. Auch das Risiko für Stürze sowie für Verletzungen bei Stürzen (Knochenbrüche) steigt mit zunehmenden Alter.


Wann sollte man zum Arzt gehen?

Grundsätzlich ist ein niedriger Blutdruck kein besorgniserregender Zustand. Der Betroffene kann mit diesem Blutdruck im Normalfall sein Leben eigenständig und ohne schwere Komplikationen gestalten. Durch den Konsum von koffeinhaltigen Produkten und der regelmäßigen Teilnahme an sportlichen Aktivitäten besteht die Möglichkeit, die Blutzirkulation anzuregen. Insbesondere nach dem Aufwachen wirken gezielte Trainings anregend auf den Blutdruck. Ebenfalls hilfreich sind scharf gewürzte Mahlzeiten.

Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn die bekannten Maßnahmen der Selbsthilfe nicht greifen und der niedrige Blutdruck zu einer Lebensbeeinträchtigung wird. Bei einem hohen Leidensdruck oder Unwohlsein kann die Rücksprache mit einem Arzt gesucht werden. Kommt es zu einer starken Müdigkeit, schneller Erschöpfung oder einem Aufmerksamkeitsdefizit, besteht Handlungsbedarf. Können die alltäglichen Verpflichtungen nicht ausreichend wahrgenommen werden oder sinkt die allgemeine Lebensqualität, sollte mit einem Arzt über die Unannehmlichkeiten gesprochen werden.

Entstehen aufgrund des verminderten Antriebs zwischenmenschliche Konfliktsituationen oder berufliche Querelen, kann ein Arzt mit seinen Möglichkeiten unter Umständen Abhilfe verschaffen. Stellen sich beim Betroffenen vermehrt Schwindelgefühle ein oder steigt die Unfallgefahr im Alltag, ist ein Arzt aufzusuchen. Bei Stürzen, Gangunsicherheiten sowie einer geringen körperlichen wie geistigen Belastbarkeit empfiehlt es sich, die Hilfe eines Arztes in Anspruch zu nehmen.

Behandlung & Therapie

In der Regel wird der niedrige Blutdruck durch Allgemeinmaßnahmen behandelt. Dabei sind regelmäßiger Sport (im moderaten Ausmaß, z.B. Schwimmen oder Gymnastik), Kompressionsbehandlung (durch z.B. Strümpfe, denn durch den Druck auf die Venen wird dem arteriellen Blutsystem mehr Volumen zur Verfügung gestellt) oder Wechselduschen (dabei immer mit kaltem Wasser aufhören) leicht und effektiv in den Alltag zu integrieren.

Da Salz vermehrt Wasser im Körper zurückhält und so ebenfalls das Volumen erhöhen kann, ist eine salzreiche Kost zu empfehlen. Entweder kann das Essen vermehrt mit Salz angereichert oder aber z.B. Brühe getrunken werden. Haben diese Maßnahmen keinen Erfolg, können auch Medikamente (so genannte Sympathikomimetika) eingesetzt werden. Diese sollten jedoch an letzter Stelle der Behandlung stehen, da die Effektivität der Lifestyle-Änderungen hoch ist und die Medikamente nicht unerhebliche Nebenwirkungen aufweisen.

Nachsorge

Im Gegensatz zur Hypertonie verursacht die Hypotonie keinerlei gesundheitliche Schäden. Dennoch empfinden viele Menschen die Symptome des niedrigen Blutdrucks als belastend. Deshalb ist die Nachsorge wichtig, um das Lebensgefühl wiederherzustellen.

Zur Verbesserung des Wohlbefindens ist es ratsam, jede Mobilisation in eine andere Ebene behutsam zu beginnen. Das bedeutet, beim Aufstehen aus dem Sitzen zuerst die Muskelpumpe der Waden zu betätigen und sich dann langsam aufrichten. Vor allem beim Aufstehen aus dem Liegen empfiehlt sich die stufenweise Aufrichtung über eine kurze Sitzepisode.

Da die meisten Tätigkeiten in der heutigen Zeit sitzend oder stehend verrichtet werden, sollten Betroffene orthopädische Kompressionsstrümpfe der Klasse zwei tragen. Nachts ist es vielen Betroffenen hilfreich, die Beine leicht erhöht zu lagern. Dadurch gelangt mehr Blut aus den unteren Extremitäten zurück und reguliert den Blutdruck in den Normbereich. Infolgedessen können viele Menschen nicht nur besser schlafen, sondern auch schneller aufstehen.

Gezielte Bewegungseinheiten von etwa 30 bis 60 Minuten an etwa drei Tagen in der Woche können die Gefäße stärken und den Blutdruck normalisieren. Auch eine Mindestzufuhr von täglich zwei Litern Flüssigkeit wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus.

Viele Betroffene berichten auch von einem Benefit durch Kreislauftraining. Wechselduschen, Massagen und klimatische Reize wie Soft-Sauna und Eisbecken stärken die Venen und können den Blutdruck dauerhaft in einen angenehmen Bereich heben.

Aussicht & Prognose

Der niedrige Blutdruck ist in der Regel mit einer guten Prognose für den Patienten verbunden. Dafür gibt es gleich zwei Gründe. Zum einen den, dass Hypertonie in vielen Fällen harmlos ist und keinerlei Krankheitswert besitzt. Insbesondere Heranwachsende oder junge Frauen haben häufig niedrigen Blutdruck, der sich nicht selten sogar spontan zurückbildet.

Oft liegen in Pubertät oder Wechseljahre Gründe für den niedrigen Blutdruck vor, die hormonell bedingt sind und nicht langfristig anhalten. Auch dann, wenn die Hypotonie bei Menschen auftritt, die in diesem Zusammenhang sehr wetterfühlig sind, normalisiert sich das Erscheinungsbild nicht selten von alleine, ohne dass Betroffene hierfür irgendwelche speziellen Maßnahmen ergreifen müssten.

Der zweite Grund für die gute Prognose im Hinblick auf niedrigen Blutdruck ist der, dass der Patient seine Hypotonie durch Verhaltensänderungen im Alltag oft deutlich beeinflussen kann. Dazu gehören Sport und eine ausreichende Trinkmenge, die oft schon alleine ausreichen, um den niedrigen Blutdruck wieder auf ein normales Maß anzuheben.

Auch in Bezug auf mögliche Folgen ist die Hypotonie meist mit einer ausnehmend guten Prognose verbunden. Während der Bluthochdruck mit einer Menge Komplikationen für das Herz-Kreislauf-System verbunden sein kann, besteht beim Hypotoniker fast nur das Verletzungsrisiko bei eventuell eintretenden Ohnmachten. Ansonsten sind die Aussichten für Patienten mit niedrigem Blutdruck jedoch meist sehr gut.

Das können Sie selbst tun

Zur Anregung des Blutdrucks können ohne eine weitere ärztliche Betreuung verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Sportliche Aktivitäten und gezielte Trainings zur Anregung des Kreislaufs sind besonders hilfreich. Die Bewegung der Finger, Hände sowie Füße führen zu einer besseren Durchblutung und Steigerung des Blutdrucks. Mehrmals täglich kann der Betroffene ohne großen Aufwand kurze Übungssequenzen durchführen, in denen er die Muskeln der Finger sowie Zehen im Wechsel anspannt und lockert.

Darüber hinaus sollten grundsätzlich regelmäßige sportliche Aktivitäten durchgeführt werden. Dies verbessert das allgemeine Wohlbefinden und fördert die Tätigkeit des Kreislaufs. Dabei sind Überlastungen und zu starke körperliche Aktivitäten jedoch zu vermeiden. Laufen, Schwimmen, Fahrradfahren oder verschiedene Ballsportarten steigern den Blutdruck. Die Häufigkeit und Intensität der ausgewählten Sportarten sind an den aktuellen körperlichen Gegebenheiten auszurichten, damit keine weiteren Erkrankungen eintreten.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, über den Konsum von Nahrungs- und Genussmitteln den Kreislauf anzuregen. Koffeinhaltige Produkte oder Mahlzeiten mit scharfen Gewürze fördern die Herztätigkeit. Je nach Geschmack und Gusto können die vorhandenen Essgewohnheiten umgestellt werden. Insbesondere zu Tagesbeginn oder im weiteren Tagesverlauf empfiehlt sich der Genuss von koffeinhaltigen Lebensmitteln. Vor dem Nachtschlaf sollte er jedoch rechtzeitig eingestellt werden. Bei scharfem Essen ist anschließend auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015

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