Nikotinpflaster

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ob Nikotinpflaster tatsächlich helfen, den Nikotinentzug zu erleichtern oder ob sie ihn eher erschweren, ist umstritten. In vielen Studien wird die Nikotinersatz-Therapie über das Nikotinpflaster befürwortet. In anderen Untersuchungen aber spricht man ihr jede Wirkung ab. Obwohl man deutlich leichter mit dem Rauchen aufhören kann, weil das Nikotinpflaster den Suchtstoff liefert, gilt auch: Nikotinpflaster halten einen Ex-Raucher süchtig. Daher ist die Rückfallquote bei den Menschen, die mit Nikotinpflaster entzogen haben, hoch.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Nikotinpflaster?

Ein Nikotinpflaster ist eine einfach anwendbare Ersatztherapiemöglichkeit, bei der mittels eines Pflasters eine bestimmte Menge Nikotin über die Haut zugeführt wird.

Ein Nikotinpflaster ist eine einfach anwendbare Ersatztherapiemöglichkeit, bei der mittels eines Pflasters eine bestimmte Menge Nikotin über die Haut zugeführt wird.

Man spricht beim Nikotinpflaster auch von einem "transdermalen" oder therapeutischen Pflaster. Das Nikotinpflaster ist lediglich das Transportmittel, durch das ein Stoff - ähnlich wie die Hormone beim Hormonpflaster - leicht und in kontrollierbarer Dosierung verabreicht werden kann.

Nikotinpflaster sollten nur auf unverletzten Hautpartien verwendet werden, da der Wirkstoff Nikotin ein stark wirkendes Gift ist. In offene Wunden gebracht, können durch das Nikotinpflaster unbeabsichtigte Nebeneffekte auftreten. Auf eine korrekte Anwendung ist bei einem Nikotinpflaster immer zu achten, damit es richtig wirken kann.

Geschichte & Entwicklung

Die Entwicklung des Nikotinpflasters begann in den 1980er Jahren, als Forscher nach neuen Wegen suchten, um Rauchern beim Aufhören zu helfen. Die Idee, Nikotin transdermal zu verabreichen, entstand aus dem Verständnis, dass Nikotinabhängigkeit durch kontrollierte Dosen verringert werden kann, ohne die schädlichen Teerstoffe und Gase des Tabakrauchs.

Im Jahr 1984 erhielt der amerikanische Forscher Murray Jarvik zusammen mit Jed Rose und Daniel Rose das erste Patent für ein Nikotinpflaster. Jarvik, ein Psychopharmakologe, hatte zuvor an der UCLA die Wirkungen von Nikotin auf das Gehirn untersucht. Die erste klinische Studie zum Nikotinpflaster wurde Ende der 1980er Jahre durchgeführt und zeigte vielversprechende Ergebnisse in der Unterstützung von Rauchern bei der Entwöhnung.

1991 wurde das erste kommerzielle Nikotinpflaster von der Firma Ciba-Geigy unter dem Markennamen "Habitrol" auf den Markt gebracht. Kurz darauf folgten andere Marken wie "Nicoderm" und "Nicorette", was den Zugang zu dieser neuen Entwöhnungshilfe erleichterte. Die Pflaster lieferten eine konstante Dosis Nikotin über die Haut, wodurch Entzugserscheinungen gemildert wurden.

Im Laufe der Jahre wurden die Nikotinpflaster weiterentwickelt und optimiert, um die Wirksamkeit zu erhöhen und Nebenwirkungen zu minimieren. Heutzutage sind sie ein weit verbreitetes Mittel zur Raucherentwöhnung und werden oft in Kombination mit anderen therapeutischen Ansätzen eingesetzt.

Formen, Arten & Typen

Bekannt sind Nikotinpflaster seit etwa 20 Jahren. Die Idee basiert auf einer kontrollierten Verabreichung von reinem und toxischem Nikotin, die ohne Probleme auch im Alltag gewährleistet ist. Man unterscheidet beim Nikotinpflaster verschiedene Formen, Arten und Typen.

Außerdem kann die Abgabemenge an Nikotin in verschiedenen Stärken gegeben sein. Kettenraucher benötigen ein anderes Nikotinpflaster als Menschen, die nur gelegentlich Zigarettenrauch inhalieren. Die Höchstdosierung beim Membranpflaster eignet sich beispielsweise nur für Menschen, die über 20 Zigaretten täglich rauchen. Dank des Nikotinpflasters wird eine gleichmäßige Verabreichung des Wirkstoffes garantiert.

Der Griff zur Zigarette wird damit unnötig. Moderne Nikotinpflaster sind häufig Matrixpflaster, bei denen die Klebeschicht ohne dazwischen liegendes Medium auf der Haut zu liegen kommt. Bei anderen Nikotinpflaster-Modellen ist eine Membran dazwischengeschaltet. Einige Nikotinpflaster wechselt man täglich, andere können mehrere Tage auf der Haut verbleiben. Außerdem kennt man so genannte Depotpflaster, bei denen größere Wirkstoffreserven eingebracht werden. In manchen Nikotinpflastern werden Resorptionsbeschleuniger eingebaut, die die Aufnahme des Nikotins über die Haut erleichtern sollen.

Heutzutage forscht man bereits an weiteren Formen, mit denen Nikotinpflaster effektiver werden sollen. Dem passiven Diffundieren des Wirkstoffes durch die geöffneten Poren möchte man ein aktives Verabreichen von Nikotin durch das Nikotinpflaster als Medium entgegensetzen. Nikotinpflaster werden versuchsweise mit elektromagnetischen Feldern, Dosierpumpen oder Nadeln ausgerüstet, um eine bessere Aufnahme der Wirkstoffe zu erzielen. Solche Nikotinpflaster wären individuell dosierbar.

Aufbau, Funktion & Wirkungsweise

Ein klassisches Nikotinpflaster nach herkömmlichem Muster besteht immer aus einer Abdeckfolie, einer Abziehfolie und einer klebrigen Pflasterfläche, in der sich manchmal eine nicht klebrige Auflage befindet. Die meisten Nikotinpflaster muss man nach drei Tagen wechseln.

Bei den Depotpflastern kann es durch mechanische oder andere Einwirkungen gelegentlich zu schlagartigen Entleerungen der Wirkstoffe kommen, weswegen die Nikotinpflaster mit Matrix als sicherer gelten. Problematisch ist beim Nikotinpflaster immer die Dosisbemessung.

Die Haut nimmt Substanzen aus einem Nikotinpflaster unterschiedlich schnell und individuell gut auf. Daher wird der Aufbau neuer Nikotinpflaster sich vermutlich etwas ändern.


Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen

Auch wenn einige Studien am medizinischen und gesundheitlichen Nutzen von Nikotinpflastern Zweifel aufkommen lassen, gelten Nikotinpflaster im Rahmen einer in Eigenregie durchführbaren Substitutionstherapie als sinnvoll.

Man kann deutlich leichter auf das Rauchen verzichten. Da das Inhalieren weitaus schädlicher ist als die Applikation reinen Nikotins über ein Nikotinpflaster, ist der Gesundheitsnutzen beachtlich. Kritisiert wird aber die bleibende Abhängigkeit vom Suchtstoff. Das Nikotinpflaster wird mithin auch für hohe Rückfallquoten verantwortlich gemacht. Eine Studie, über die das Magazin "Der Spiegel" berichtete, kam zu dem Ergebnis, dass Nikotinpflaster auf lange Sicht absolut nutzlos sind.

Als langfristig wirksamer Rückfallschutz kommt ein Nikotinpflaster alleine nicht in Frage. Es müsste mit weiteren Maßnahmen zur Suchtbekämpfung kombiniert werden. Zum Einstieg in den Ausstieg eignet sich ein Nikotinpflaster aber ideal.

Anwendung & Sicherheit

Nikotinpflaster sind eine beliebte Methode zur Raucherentwöhnung, da sie kontinuierlich Nikotin über die Haut in den Blutkreislauf abgeben. Die genaue Anwendung erfordert sorgfältige Beachtung der Anweisungen, um maximale Wirksamkeit und Sicherheit zu gewährleisten.

Anwendung

Auswahl der Dosierung: Die Dosierung richtet sich nach dem bisherigen Rauchverhalten. Schwerere Raucher beginnen meist mit höheren Dosierungen, die schrittweise reduziert werden.

Anbringen des Pflasters: Das Pflaster wird morgens auf eine saubere, trockene, haarlose Hautstelle aufgeklebt, z.B. auf den Oberarm oder die Hüfte. Die Stelle sollte täglich gewechselt werden, um Hautreizungen zu vermeiden.

Tragedauer: Ein Pflaster wird in der Regel 16 bis 24 Stunden getragen, je nach Produkt und individueller Empfehlung. Einige Pflaster sind für den nächtlichen Gebrauch geeignet, um morgendlichen Entzugserscheinungen vorzubeugen.

Sicherheit

Nikotinpflaster sind sicher, wenn sie gemäß den Anweisungen verwendet werden. Häufige Nebenwirkungen sind Hautreizungen an der Applikationsstelle, Schlafstörungen oder lebhafte Träume, insbesondere bei nächtlichem Gebrauch. Es ist wichtig, das Pflaster nicht zu zerschneiden, da dies die Freisetzung von Nikotin unkontrolliert machen kann. Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollte die Verwendung von Nikotinpflastern mit einem Arzt besprochen werden.

Qualitätskontrolle

Die Herstellung von Nikotinpflastern unterliegt strengen Qualitätskontrollen, um Wirksamkeit und Sicherheit zu gewährleisten. Dies umfasst die Überprüfung der Nikotinkonzentration, die Integrität des Pflastermaterials und die gleichmäßige Nikotinfreisetzung. Hersteller müssen die Good Manufacturing Practices (GMP) einhalten und ihre Produkte regelmäßig durch klinische Studien validieren lassen. Chargenprüfungen und Kontrollen durch Gesundheitsbehörden stellen sicher, dass die Pflaster den vorgeschriebenen Standards entsprechen.

Alternativen

Es gibt mehrere alternative Medikamente zur Raucherentwöhnung, die unterschiedliche Mechanismen und Anwendungsmethoden bieten. Diese Alternativen sind ebenso wirksam wie Nikotinpflaster und können je nach individuellen Bedürfnissen und Präferenzen gewählt werden.

Nikotinersatztherapien (NET)

Nikotin-Kaugummi: Bietet schnelle Nikotinabgabe durch Kauen. Es hilft bei akuten Entzugserscheinungen, muss jedoch häufig angewendet werden und kann Kieferbeschwerden verursachen.

Nikotin-Lutschtabletten: Ähnlich wie Kaugummi, aber diskreter in der Anwendung. Sie lösen sich langsam auf und geben Nikotin frei, um den Drang zu rauchen zu reduzieren.

Verschreibungspflichtige Medikamente

Vareniclin (Champix): Ein Medikament, das an Nikotinrezeptoren im Gehirn bindet, um Entzugssymptome zu lindern und das Verlangen nach Nikotin zu reduzieren. Es kann jedoch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlafstörungen und seltene psychische Symptome verursachen.

Bupropion (Zyban): Ein Antidepressivum, das auch bei der Raucherentwöhnung hilft, indem es das Verlangen nach Nikotin und Entzugssymptome verringert. Nebenwirkungen können Schlaflosigkeit, Mundtrockenheit und gelegentlich Krampfanfälle sein.

Vergleich mit anderen Therapieformen

Nikotinpflaster vs. Nikotin-Kaugummi/Lutschtabletten: Pflaster bieten eine kontinuierliche Nikotinabgabe und erfordern weniger tägliche Aufmerksamkeit. Kaugummi und Lutschtabletten bieten hingegen flexible Dosierung und schnelle Linderung von Entzugserscheinungen.

Nikotinpflaster vs. Vareniclin/Bupropion: Verschreibungspflichtige Medikamente wie Vareniclin und Bupropion greifen gezielter in die Nikotinrezeptoren und die Neurotransmitterbalance ein, können aber stärkere Nebenwirkungen haben. Nikotinpflaster sind hingegen einfacher in der Anwendung und haben ein geringeres Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen.

Kombinationstherapien

Oft wird die Kombination verschiedener Nikotinersatztherapien (z.B. Pflaster plus Kaugummi) oder die Kombination von NET mit verschreibungspflichtigen Medikamenten (z.B. Bupropion mit Nikotinpflaster) empfohlen, um die Erfolgschancen zu erhöhen und Entzugssymptome umfassender zu kontrollieren.

Forschung & Zukunft

Die Forschung zu Nikotinpflastern entwickelt sich kontinuierlich weiter, um deren Wirksamkeit und Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Ein aktueller Trend ist die Entwicklung von individualisierten Pflastern, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Rauchgewohnheiten der Nutzer zugeschnitten sind. Dies umfasst Pflaster mit unterschiedlichen Nikotinkonzentrationen und Freisetzungsraten, um die Entzugserscheinungen optimal zu kontrollieren.

Nanotechnologie und Pflasterdesign

Ein bedeutender Fortschritt ist die Anwendung von Nanotechnologie zur Verbesserung der Nikotinfreisetzung und Hautdurchdringung. Nanopartikel können die gleichmäßige Verteilung des Nikotins fördern und eine kontrolliertere und effizientere Abgabe gewährleisten. Dies kann die Wirksamkeit der Pflaster erhöhen und Nebenwirkungen minimieren.

Kombinationstherapien

Ein weiterer Trend ist die Erforschung von Kombinationstherapien, bei denen Nikotinpflaster mit anderen Formen der Nikotinersatztherapie oder medikamentösen Behandlungen kombiniert werden. Studien haben gezeigt, dass die Kombination von Pflastern mit Nikotinkaugummi oder -lutschtabletten die Erfolgsraten bei der Raucherentwöhnung signifikant erhöhen kann.

Integration von Verhaltensunterstützung

Die Integration von digitalen Gesundheitslösungen, wie Apps und Online-Coaching, in die Verwendung von Nikotinpflastern ist ebenfalls ein vielversprechender Ansatz. Diese Technologien bieten Verhaltensunterstützung und Motivation, um die Entwöhnung zu erleichtern und die langfristige Abstinenz zu fördern. Benutzer können tägliche Fortschritte verfolgen, personalisierte Tipps erhalten und Zugang zu unterstützenden Gemeinschaften haben.

Langzeitfreisetzung

Die Entwicklung von Pflastern mit einer verlängerten Freisetzungsdauer ist ein weiterer Forschungsbereich. Solche Pflaster könnten über mehrere Tage hinweg gleichmäßig Nikotin abgeben, was die Anwendung noch benutzerfreundlicher machen würde und das Risiko von Entzugssymptomen weiter reduzieren könnte.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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