Systemischer Berater

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. Dezember 2022
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Systemischer Berater berät Menschen in Konflikt- und Krisensituationen oder mit Problemen. Er betrachtet das Problem nicht isoliert, sondern ganzheitlich, das heißt im Kontext aller Eigenschaften, Ziele und Ressourcen sowie des bestehenden Beziehungsgeflechtes, also des gesamten „Systems“, in dem sein Klient sich bewegt. Dieses System kann die Familie sein, ein Verein, ein Team oder ein ganzes Unternehmen, das nachhaltige Veränderungen anstrebt. Der Systemische Berater deckt anhand der Techniken und Methoden der systemischen Beratung negative und einschränkende Denk- und Verhaltensmuster auf und hilft dem Klienten als neutraler Vermittler bei der Suche nach Alternativen. Der Klient bleibt dabei der „Experte für sich selbst“.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine systemische Beratung?

Die Verhaltenstherapie bezeichnet neben der Psychoanalyse eine weitere große Gruppe von Therapiemöglichkeiten im Bereich der Psychotherapie.

Die systemische Beratung nutzt Erkenntnisse aus unterschiedlichen Wissensgebieten, darunter der Biologie und Medizin, aber auch der Kommunikationstheorie, der Verhaltenstherapie, der allgemeinen Systemtheorie und der Chaostheorie. Die Grundlage bildet ein systemtheoretisches Weltbild, das davon ausgeht, dass jeder Eingriff in ein System Auswirkungen auf das gesamte System hat. In der systemischen Beratung geht es um die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Elementen innerhalb eines sozialen Systems.

Gestörte Beziehungsstrukturen und Verhaltensmuster gelten nicht zuletzt als Auslöser von psychischen Problemen wie Schlaf- oder Essstörungen, aber auch Angststörungen oder gar Depressionen.

Wie wird man Systemischer Berater?

In Deutschland ist Systemischer Berater kein eigenständiger Beruf. Vielmehr handelt es sich bei der Ausbildung zum Systemischen Berater um eine Zusatzqualifikation, die besonders für Menschen geeignet ist, die bereits im sozialen, pädagogischen, psychologischen oder medizinischen Bereich tätig sind. Durch die Kombination verschiedener Lehrgänge ist aber auch ein Neu- oder Quereinstieg möglich für Menschen, die in beratenden Berufen tätig sein möchten.

In den Lehrgängen werden das theoretische Wissen um den ganzheitlichen Ansatz sowie die unterschiedlichen Techniken und Methoden des systemischen Beratungsprozesses vermittelt und durch praktische Übungen ergänzt.

Von den meisten Instituten, die eine Weiterbildung zum Systemischen Berater anbieten, werden als Zugangsvoraussetzungen ein Mindestalter von 25 Jahren sowie ein Realschulabschluss, eine abgeschlossene Berufsausbildung und eventuell Berufspraxis vorausgesetzt. Die Weiterbildung dauert in der Regel mehrere Monate und schließt mit einer Prüfung ab. Bei erfolgreichem Abschluss erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat, das sie zur Führung der Bezeichnung „Systemischer Berater“ berechtigt.

Was beinhaltet eine systemische Beratung?

Der ganzheitliche oder systemische Beratungsansatz geht davon aus, dass Menschen entsprechend ihrer eigenen Wünsche und Bedürfnisse in ein und derselben Situation völlig unterschiedlich reagieren. Sie interpretieren Situationen oder Ereignisse unterschiedlich und kommen zu unterschiedlichen Entscheidungen.

Durch gezielte Impulse können sie in die Lage versetzt werden, bestimmte Situationen oder Ereignisse aus der Perspektive eines anderen Systemmitglieds zu betrachten, Zusammenhänge besser zu verstehen und alternative Verhaltensweisen zu entwickeln. Eingefahrene Glaubenssätze werden aufgedeckt und neue Denkmuster entwickelt.

Um diese Impulse zu setzen, bedient sich der Systemische Berater verschiedener Fragetechniken, die das Problem analysieren, neue Lösungsmöglichkeiten eröffnen und langfristig zu selbstständigem Denken und Handeln anregen. Die wichtigsten Fragetechniken sind:

  • zirkuläre Fragen
  • Skalierungsfragen
  • hypothetische Fragen
  • Wunderfragen
  • Ressourcenfragen
  • zukunftsorientierte Fragen

Der Systemische Berater versucht durch die unterschiedlichen Fragetechniken die Strukturen und Muster zusammen mit dem Klienten herauszuarbeiten und zu verstehen. Dazu stellt er Fragen beispielsweise nach Zusammenhängen, um damit die Beziehungsgeflechte innerhalb eines Systems sichtbar zu machen. Durch sogenannte Skalierungsfragen wird das Problem in seiner Schwere gewichtet. In einem nächsten Schritt beschäftigen sich Berater und Klient mit lösungs- und zukunftsorientierten Fragen, die den Fokus weg vom Problem, hin zur Lösung verschieben.

Der Systemische Berater erhält auf diese Weise die nötigen Informationen über die Verhältnisse und Abläufe innerhalb des sozialen Gefüges des Klienten. Sie sind gleichzeitig aber auch therapeutische Intervention.

Der Systemische Berater kann darüber hinaus die Beziehungen innerhalb des sozialen Systems anschaulich darstellen durch:

  • ein Soziogramm
  • ein Genogramm
  • eine Aufstellung
Familientherapie ist ein psychologisches Verfahren, um Probleme zwischen einzelnen Mitgliedern einer Familie aufzudecken und zu lösen.

In einem Soziogramm erhalten die Mitglieder eines Systems ein Symbol, die durch Verbindungslinien verbunden werden. In einem Genogramm kommen auch Informationen der Herkunftsgeschichte zum Tragen. Das Genogramm bildet bestimmte Verhaltensmuster, Traditionen und Gewohnheiten ab. Die Aufstellung kommt aus der Familientherapie, bei der Stellvertreter die unterschiedlichen Positionen der Gruppenmitglieder einnehmen und ein Standbild des Beziehungsgeflechts liefern.

Den kreativen Gestaltungsmöglichkeiten sind dabei keine Grenzen gesetzt. Neben grafischen Darstellungen und Aufstellungen mit Stellvertretern können auch Karteikarten, Bilder, Audiodateien oder Achtsamkeitsübungen in den systemischen Prozess integriert werden.

Eine weitere therapeutische Interventionsmethode ist beispielsweise das Reframing, das darauf abzielt, Sachverhalte in einen anderen „Rahmen“ zu setzen. Erklärungen für das gestörte Verhalten werden gesucht und in den Gesamtzusammenhang eingeordnet. Die paradoxe Intervention beinhaltet die Aufforderung, das genaue Gegenteil von dem zu tun, was eigentlich erreicht werden soll. So kann der Berater ein streitendes Paar dazu auffordern, täglich zu einer bestimmten Uhrzeit absichtlich und bewusst zu streiten. Meist reichen schon wenige Gespräche aus, um eine deutliche Verbesserung der Problematik zu erreichen.

Wie sind die Berufsaussichten?

Systemische Berater werden von Einzelpersonen oder Familien kontaktiert, die mit konkreten Problemen in die Sprechstunde kommen. Dabei geht es in der Regel um Krisensituationen, Konflikte, alltägliche Probleme oder das Umsetzen und Erreichen von konkreten Zielen.

In letzter Zeit haben zudem Unternehmen, Organisationen, Politik und Verwaltung die Vorteile der systemischen Beratung erkannt. Sie engagieren Systemische Berater als Coach, um bestehende Systeme effizienter und erfolgreicher zu machen.

Systemische Berater können sowohl selbstständig mit eigener Praxis arbeiten oder als Angestellter in Einrichtungen mit therapeutischer oder pädagogischer Ausrichtung.

Zusammenfassung

Aufgabe des Systemischen Beraters ist es, seine Klienten dazu anzuleiten, vorhandene Denk- und Verhaltensmuster herauszuarbeiten und ihren Lern- und Erneuerungsprozess zu begleiten, wobei der Einzelne und sein Problem nicht isoliert betrachtet werden, sondern im Kontext seines Umfeldes, seines „Systems“.

Um den systemischen Prozess anzustoßen, stehen dem Systemischen Berater unterschiedliche Fragetechniken und Methoden zur Verfügung, wobei er selbst lediglich als neutraler Vermittler fungiert. Er lenkt das Augenmerk auf die Stärken und Fähigkeiten des Klienten und unterstützt ihn bei der Suche nach Lösungen.

Systemischer Berater ist kein herkömmlicher Ausbildungsberuf. Vielmehr handelt es sich um eine Zusatzqualifikation für Menschen, die bereits in therapeutischen, pädagogischen oder sozialen Berufen tätig sind. Durch die Kombination unterschiedlicher Lehrgänge können aber auch Neu- und Quereinsteiger eine Weiterbildung zum Systemischen Berater absolvieren. Die Zugangsvoraussetzungen variieren je nach Anbieter.

Da sich die Vorteile der Systemischen Beratung mittlerweile auch in Wirtschaft, Politik und Verwaltung herumgesprochen haben, hat sich der Kreis der an einer systemischen Beratung und Betreuung interessierten Klienten enorm erweitert.

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