Häusliche Pflege von Angehörigen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. August 2020Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Wenn ein Mensch durch eine Krankheit oder fortgeschrittenes Alter nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu versorgen, entscheiden sich die Angehörigen oftmals dafür, die Pflege zuhause durchzuführen. Die häusliche Pflege stellt alle Beteiligten vor viele Herausforderungen, denn nicht nur das Verhältnis zueinander verändert sich: Nicht selten ist ein Umbau von Bett und Badezimmer erforderlich, und die pflegenden Angehörigen müssen sich mit dem neuen Tagesablauf sowie mit Pflegetechniken und den individuellen Ansprüchen der zu pflegenden Person vertraut machen.
Häusliche Pflege von Angehörigen ist eine Herausforderung
Statistiken zufolge befinden sich etwa 70 % aller pflegebedürftigen Personen in häuslicher Pflege durch einen oder mehrere Angehörige. Neben der physischen und psychischen Belastung durch die oftmals permanente Pflege und Betreuung werden zudem auch häufig logistische Veränderungen und Balanceakts notwendig. Dazu kommt die Anschaffung von speziellen Möbeln und Hilfsmitteln.
So muss etwa das normale Bett durch ein Pflegebett ersetzt werden, das sich vielfach verstellen lässt und dadurch ermöglicht, dass der Pflegebedürftige im Bett essen, sitzen, schlafen und die Körperpflege vornehmen kann. Da ein Pflegebett in der Anschaffung teuer werden kann, ist es möglich, das benötigte Möbelstück von der Krankenkasse finanzieren zu lassen. Das gilt übrigens auch für viele regelmäßig zum Einsatz kommende Pflegemittel, denn Pflegehilfsmittel sind mit Pflegegrad kostenlos.
Häusliche Pflege als Chance und Risiko
Wenn ein Angehöriger durch einen Unfall oder eine Krankheit pflegebedürftig wird, stellt sich für die restlichen Familienmitglieder nicht selten die Frage: Soll die Betreuung daheim stattfinden oder doch in einem Pflegeheim erfolgen? Oftmals fällt die Entscheidung zugunsten der häuslichen Pflege aus – besonders im Interesse des Pflegebedürftigen.
Dieser muss sich in seiner ohnehin schwierigen Situation nicht auch noch an eine neue Umgebung gewöhnen, sondern kann in seinen vertrauten vier Wänden verbleiben. Auch die bekannten und geliebten Menschen können dazu beitragen, dass sich ältere und kranke Menschen wohler fühlen als in einer Pflegeeinrichtung mit fremdem Personal. Dazu lässt sich für die Angehörigen Geld sparen, denn eine Unterbringung in einem Heim fällt meist deutlich kostspieliger aus als die häusliche Betreuung.
Selbstverständlich bedeutet das Pflegen von Vater, Mutter, Kind oder Ehepartner aber auch eine nicht zu unterschätzende Belastung: Der Alltag der Pflegenden ändert sich mit Antreten dieser Aufgabe immens.
Ist eine häusliche Pflege im individuellen Fall möglich?
Die Entscheidung, einen Angehörigen daheim zu betreuen, hat weitreichende Folgen für alle Beteiligten. Vorab sollten sich die potenziellen Pfleger fragen, ob die persönliche und häusliche Situation eine Rundum-Betreuung zulässt.
Berufstätige stoßen hier schnell an ihre Grenzen, was die verfügbare Zeit anbetrifft:
Ohne die Hilfe weiterer Familienmitglieder oder einer zusätzlichen externen Pflegekraft geht es nicht. Der Tagesablauf aller involvierten Personen verändert sich durch die Pflege entscheidend, was auch für Ehen und vergleichbare Partnerschaften eine immense Belastung darstellen kann. Die Eltern oder Geschwister zuhause zu pflegen, bedeutet ebenfalls eine finanzielle Herausforderung – trotz zahlreicher verfügbarer Hilfen vom Staat und der Krankenkasse.
Nicht zuletzt sollten die potenziellen Pflegekräfte ehrlich zu sich selbst sein und sich fragen, ob sie physisch und vor allem auch psychisch in der Lage sind, eine dauerhafte Betreuung zu leisten. Besonders etwa bei Demenzerkrankungen verändert sich auch die Persönlichkeit des Patienten – eine Tatsache, mit der nicht jeder Mensch auf Dauer umgehen kann.
Häusliche Pflege nicht ohne entsprechende Kenntnisse
Wer sich entscheidet, einen Angehörigen dauerhaft daheim zu pflegen, kann dies nicht einfach ohne fachliche und medizinische Kenntnisse erfolgen. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass pflegende Angehörige sich das entsprechende Wissen aneignen. Dieses wird auf die jeweilige Pflege- und Krankheitssituation abgestimmt: Ein Alzheimerkranker stellt andere Ansprüche als etwa ein Amputierter, der geistig vollkommen klar ist. Die Pflegekassen sind dazu verpflichtet, pflegenden Angehörigen kostenfreie Kurse und Schulungen bereitzustellen, die zumindest Grundkenntnisse in den folgenden Themengebieten vermitteln:
- Körperpflege
- Hauswirtschaftliche Versorgung
- Be- und Entkleiden
- Hilfe beim Toilettengang
- Legen und Heben der Angehörigen
- Verabreichen von Essen und Medikamenten
Pflegezeit und Familienpflegezeit: Was ist das genau?
Pflegende Angehörige haben gesetzlichen Anspruch auf eine sechsmonatige Pflegezeit. Während dieser können sie sich von der Arbeit freistellen lassen und sich voll auf die Pflege konzentrieren. Auch eine nur teilweise Befreiung von der Arbeit ist möglich. Ein entsprechender Antrag auf Pflegezeit muss beim Arbeitgeber gestellt werden.
Aber Vorsicht: Erst ab 16 Beschäftigten kann der Anspruch von Arbeitnehmerseite geltend gemacht werden, darunter kann der Arbeitgeber die Pflegezeit ablehnen. Eine Alternative kann die sogenannte Familienpflegezeit sein: Hier ist es möglich, die Arbeitszeit über einen Zeitraum von 24 Monaten auf 15 Wochenstunden zu reduzieren. So soll ein Vereinbaren von Beruf und Pflege für die ersten zwei Jahre der häuslichen Pflege erleichtert werden.
Hier sind mindestens 26 Beschäftigte im Betrieb erforderlich, um den Anspruch durchsetzen zu können. Die genauen Konditionen der Pflegezeit und Familienpflegezeit werden gemeinsam mit dem Arbeitgeber vereinbart und festgehalten.
Pflegegeld bei den zuständigen Pflegekassen beantragen
Wer einen Angehörigen daheim pflegt, kann bei der Pflegekasse finanzielle Unterstützung beantragen. Zwischen einem Pflegegrad zwischen 2 und 5 kann das sogenannte Pflegegeld angefordert werden. Ohne Pflegegrad ist keine finanzielle Unterstützung möglich. Das gilt auch für Fälle, in denen die Pflege in erster Linie ambulant durch externe Pflegekräfte stattfindet.
Wird das Pflegegeld bewilligt, kann es unter anderem verwendet werden, um Pflegemittel oder Möbel zu beschaffen oder anderweitige finanzielle Belastungen, die durch die häusliche Pflege entstehen, auszugleichen. Ob Pflegegeld im Einzelfall infrage kommt, kann bei der zuständigen Pflegekasse in Erfahrung gebracht werden.
Hilfsmittel und Möbel für die häusliche Betreuung
Abhängig von der individuellen Wohnsituation und dem körperlichen sowie geistigen Zustand der pflegebedürftigen Person erfordert die häusliche Betreuung zahlreiche Umbauten und Ausstattungen. Neben dem bereits erwähnten Pflegebett ist unter Umständen ein behindertengerechtes Badezimmer erforderlich, sofern die betroffene Person nicht vollständig bettlägerig ist.
Dann wird auch ein Rollstuhl benötigt, was wiederum barrierefreie Zimmerübergänge voraussetzt. Wird der oder die Pflegebedürftige vorübergehend alleine zuhause gelassen, darf ein Hausnotrufsystem nicht fehlen, das schnell und einfach auch von körperlich stark beeinträchtigen Menschen bedient werden kann.
Nicht zuletzt werden alltägliche Hilfsmittel in teils großen Mengen notwendig:
Dazu gehören Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe und Hautpflegemittel sowie Kosmetika, die speziell auf die Bedürfnisse von alten und/oder kranken Menschen abgestimmt wurden. Hilfreiche Ratschläge und umfassende Informationen zum Thema Pflege gibt es unter anderem auf pflege.de.