Geburt

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. April 2019
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Geburt

Täglich werden in Deutschland über 1800 Kinder geboren. Allein in einem Krankenhaus sind es jeden Tag 10 bis 12, im Monat also 300 und im Jahr etwa 3600. Eine recht stattliche Zahl, die gleichzeitig eine Fülle von Arbeit von Hebammen und Gynäkologen erkennen lässt. Aber soviel Geburten wir auch täglich in unseren Krankenhäusern erleben, sooft sind wir beeindruckt von dem ersten Schrei der Babys, deren zarte Fingerchen und Beinchen energisch in die Luft stoßen, als wollten sie den Takt zu "ihrer Musik" schlagen.

Inhaltsverzeichnis

Geburtsvorbereitung

Hat das Kind den ersten Schrei getan, wird die Nabelschnur abgeklemmt und durchgeschnitten. Damit beginnt der dritte und letzte Abschnitt der Geburt, die Nachgeburtsperiode.

Das ist eines der schönsten Momente, und ein befriedigendes Gefühl ergreift uns, wenn wir das strahlende, glückliche Lächeln der Mutter sehen, der man soeben ihr kleines Baby in die Arme legt.

Vergessen sind die bangen Stunden vor der Geburt, vergessen sind die Schmerzen. Diese Beobachtung macht einen oft stutzig. Will einem doch nicht in den Kopf, wie man solche riesige Schmerzen - viele junge Mütter wälzen sich schreiend, im Kreißbett, ohne nur überhaupt auf die Worte der Hebamme zu hören - fast augenblicklich vergessen konnte. Aufklärung ist dann bei jenen Frauen zu finden, bei denen man die Geburt weniger hören konnte und die zunächst sehr tapfer erschienen. Aber bald erkannte man, dass es nicht Tapferkeit ist, die eine Geburt fast schmerzlos macht, sondern vielmehr bewußtes Handeln und gute Vorbereitung.

Jene Frauen hatten keine Angst vor ihrer Entbindung; sie waren entspannt und dadurch schmerzfrei. Diese Tatsache mag für manchen verblüffend klingen, doch kennt sie jeder selbst, der zum Beispiel schon einmal eine Spritze erhalten hat. Spanne ich meine Muskulatur an - weil ich Angst vor der Spritze habe - so schmerzt mich der Einstich wirklich. Hat der Patient aber keine Angst vor der Spritze, so hat er keinen Grund zur Verkrampfung, und der Einstich wird dann auch nicht schmerzen. Verständnisvolle Aufklärung, Geduld und ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patienten bilden natürlich hierbei notwendige Voraussetzungen.

Genauso ist das bei einer Schwangeren. Während der monatlichen Konsultationen in der Beratungsstelle soll sie ihren Arzt kennenlernen und Vertrauen zu ihm fassen. In dieser Zeit soll sie Gymnastik, Entspannungs und Atemübungen erlernen und üben, die ihr bei der Geburt Angst und Schmerz nehmen. Die Schwangeren-Beratung stellt also einen Teil der Geburtsvorbereitung durch Arzt und Hebamme dar. Aber auch das Wissen um den Geburtsvorgang selbst gehört zur Vorbereitung, insbesondere auf die mögliche Schmerzfreiheit. Das allerdings muss sich die schwangere Frau selbst erarbeiten, wobei wir ihr mit diesem Ratgeber helfen wollen.

Geburtstermin

Eine normale Geburt tritt dann ein, wenn die Frucht jenen Reifegrad erreicht hat, der ein Leben außerhalb des Mutterleibs ermöglicht. Im allgemeinen ist das der Fall, wenn das Kind etwa 3000 Gramm wiegt, 49 bis 52 Zentimeter groß ist, die Nägel, Finger und Zehenkuppen überragen und die Kopfhaare an der Stirn scharf abschneiden. Die Haut ist blassrosa, bei den Jungen sind die Hoden in den Hodensack eingetreten, und bei den Mädchen verschließen die großen Schamlippen die Scham. Das reife Baby schreit sofort mit lauter Stimme, bewegt sich tüchtig und kann auch kräftig saugen.

Diese Reife ist jedoch nicht an einem bestimmten Tage erreicht, sondern besteht schon Tage, manchmal sogar Wochen, ohne dass es deshalb schon zur Geburt kommt. Diese Tatsache macht es dem Arzt unmöglich, den genauen Geburtstermin zu bestimmen. Bisher weiß man auch noch nicht genau, welche Faktoren letztlich den Beginn der Wehen bestimmen. Man glaubt, dass Hormonveränderungen sowie Verschiebungen im Salzhaushalt des Körpers deran beteiligt sind. Sicher spielt aber die Größe des Kindes eine Rolle für den Geburtsbeginn.

Geburtsbeginn

Gegen Ende der Schwangerschaft bemerkt die Schwangere ein deutliches Senken des Leibes. Der Gürtel ihres Kleides ist etwas weiter geworden, der Druck auf Magen und Herz hat nachgelassen, und die Atmung wird wieder freier und leichter. Diese Senkung des Leibes geht häufig mit geringen Wehen einher. Viele Frauen glauben schon jetzt bekommen sie ihr Baby. Aufgeregt, nervös und völlig überstürzt kommen sie in die Klinik. Dort erfahren sie dann, daß welche Wehen völlig normal sind und sie noch rund vier Wochen bis zur Geburt Zeit haben.

Die eigentliche Geburt beginnt erst dann, wenn regelmäßig, alle 10 Minuten - mindestens eine albe Stunde hintereinander - Wehen auftreten. Jetzt muss die Schwangere die Klinik aufsuchen. Eine Frau, die ihr erstes Kind erwartet, hat etwas länger Zeit als eine Mutter, die schon geboren hat. Die gesamte Geburtsdauer beträgt bei einer Erstgebärenden 13 bis 20 Stunden, bei Mehrgebärenden 7 bis 12 Stunden.

Eröffnungsperiode

Die Geburt verläuft in drei wichtigen Abschnitten, die jeder Gebärenden bekannt sein sollten. Den ersten und längsten Zeitabschnitt nennen wir Eröffnungsperiode. Sie dauert 2 bis 19 Stunden bei Erstgebärenden, bei Mehrgebärenden 11 Stunden und dient dazu, den unteren Abschnitt der Gebärmutter, den Gebärmutterhals, von innen noch außen vollständig zu eröffnen. Ohne die Eröffnung des inneren und äußeren Muttermundes kann das Kind nicht aus der Gebärmutter heraus. Diese Arbeit des Öffnens stellt eine grosse Leistung des Körpers dar, denn der Muttermund weitet sich dabei auf einen Durchmesser von 10 bis 12 cm.

Ist der Muttermund geöffnet, platzt bei vierzig Prozent aller Schwangeren die Blase. Das Fruchtwasser, in dem die Frucht zur Geburt schwimmt, um vor Erschütterungen und Verletzungen geschützt zu sein, entleert sich. Häufig platzt die Fruchtblase aber auch später, ohne dass dadurch eine nennenswerte Gefahr für das Kind entstünde. Sollte die Fruchtblasee jedoch schon vor der Wehentätigkeit springen und Fruchtwasser entleeren, muß die Schwangere liegend in das Krankenhaus transportiert werden, da sonst sehr leicht die Gefahr einer Infektion besteht.

Austreibungsperiode

Nachdem der Muttermund eröffnet ist, beginnt der zweite Geburtsabschnitt, die sogenannte Austreibungsperiode, die bei der Erstgebärenden 3/4 bis 1 1/2, bei der Mehrgebärenden 1/4 bis 1 Stunde dauert. Jetzt wird das Kind geboren. Meistens kommt der Kopf zuerst durch den Beckenkanal hindurch, dann folgen unter Drehbewegungen - ebenso wie bei dem Kopfdurchtritt - die Schultern und schließlich der Rumpf.

In diesem Abschnitt muss die Schwangere selbst tüchtig mithelfen. Sie muss kurz nach Beginn einer Wehe kräftig mitpressen. Jetzt zeigt es sich, ob sie die zuvor im Gymnastikkurs gelernten Übungen richtig anwenden kann. Gelingt ihr das, dann wird sie zu jenen Frauen gehören, bei denen - wie anfangs schon erwähnt - weniger zu hören, als zu beobachten ist.

Die Austreibungsperiode, in der das Kind geboren wird, beansprucht besonders die Weichteile des Unterleibs wie Scheide, Beckenbodenmuskulatur und Damm auf das äußerste. Der vollständig eröffnete Muttermund kann den von allen Seiten auf die Gebärmutter wirkenden Kräften (Zwerchfell und Bauchpresse, verstärkte Kontraktion des Gebärmuttermuskels), die das Kind wie eine Walze herausdrücken, keinen Widerstand mehr entgegensetzen.

Mit Hilfe bestimmter Drehbewegungen überwindet diese "Fruchtwalze" den Beckenkanal und dehnt Scheide und Scheidenausgang so weit wie möglich. Der harte, vorangehende Teil, der Kopf, ebnet dem nachfolgenden Körper den Weg. In dem Augenblick, wo der Kopf aus dem mütterlichen Körper austritt, darf die Schwangere auf keinen Fall mehr mitpressen, da sonst durch die Wucht des austretenden Kopfes ein Dammeinriß entstehen kann.

Die Mutter muss auch jetzt noch unbedingt den Anordnungen der Hebamme oder Arztes Folge leisten. In manchen Fällen sind Ärzte gezwungen, um einen Dammriß, der ja willkürlich entsteht, zu verhindern, einen vorbeugenden Schnitt zu setzen, der im Anschluß an die Geburt in Narkose wieder genäht wird.


Nachgeburtsperiode

Hat das Kind den ersten Schrei getan, wird die Nabelschnur abgeklemmt und durchgeschnitten. Damit beginnt der dritte und letzte Abschnitt der Geburt, die Nachgeburtsperiode. Rund 10 bis 15 Minuten nach der Geburt wird die Plazenta, der Mutterkuchen, ausgestoßen. Jetzt beginnt die Zeit des Wochenbetts, in der sich die Gebärmutter zu ihrer gewöhnlichen Größe zurückbildet, was 6 bis 8 Wochen dauert. In dieser Zeit sondert sich ständig erst blutiger, dann mehr wässriger Ausfluß ab. Die Gebärmutter, die nach der Geburt 1 Kilogramm wiegt, hat nach dieser Zeit wieder das normale Gewicht von etwa 50 Gramm. Die Zurückbildung der Bauchdecken liegt den Frauen verständlicherweise ganz besonders am Herzen. Doch auch hier muss die junge Mutter ebenfalls wieder selbst aktiv mithelfen. Schon am ersten Tag noch der Entbindung kann sie mit der Gymnastik beginnen. Lesen sie dazu Schlank nach Geburt und Schwangerschaft.

Zum Schluß noch ein Hinweis an jene Frauen, die annehmen, es komme und gehe alles von allein. Wie für vieles, so trifft das auch auf die Schwangerschaft und Geburt ganz und gar nicht zu. Sie bedarf ebenfalls des bewußten Mithandelns und der aktiven Mitarbeit - ob vor, während oder nach der Geburt.

Quellen

  • Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
  • Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
  • Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer, Heidelberg 2011

Das könnte Sie auch interessieren