Kryoablation
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Mit Kryoablation wird eine Technologie bezeichnet, mit der bestimmte Herzmuskelzellen durch einen Kältereiz so verändert werden, dass sie keinen elektrischen Reiz mehr erzeugen oder weiterleiten können. Die Technik stellt eine Alternative zur hitzebasierten Radiofrequenzablation dar und repräsentiert wie diese eine minimalinvasive Methode zur Ablation von Herzmuskelzellen im rechten oder linken Vorhof, um rezidivierendes Vorhofflimmern zu behandeln.
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Was ist die Kryoablation?
Die Kryoablation ist eine Kältetechnik zur Behandlung der Herzarrhytmie, insbesondere des rezidivierenden Vorhofflimmerns. Sie stellt eine Alternative zur Hochfrequenzablation dar, bei der bestimmte Zellareale im rechten oder im linken Vorhof per Herzkatheter mit Hitze verödet werden.
Es handelt sich ebenfalls um ein minimalinvasives Verfahren auf Basis eines Herzkatheters, der über geeignete Venen – meist von der Leiste ausgehend - bis in den rechten Vorhof vorgeschoben wird. Der linke Vorhof wird über eine Punktion der Vorhofscheidewand erreicht. Die Zellareale, die für die Erzeugung der Arrhytmie verantwortlich sind, werden durch die Spitze des Kryoablationskatheters vorgekühlt und anschließend bei Temperaturen von bis zu unter minus 75 Grad Celsius dauerhaft elektrisch inaktiviert. Sie können anschließend elektrische Impulse weder erzeugen noch weiterleiten.
Die Zellen werden nur in ihren elektrophysikalischen Eigenschaften verändert, sterben also nicht gänzlich ab. Die Kryoablation verläuft weitestgehend schmerzfrei. Als Variante der Ablation mittels Kryoablationskatheter kann die Ablation mittels eines Kryoballonkatheters angesehen werden. Die Technik dient zur elektrischen Isolation der Pulmonalvenen im linken Vorhof, die bei rezidivierendem Vorhofflimmern durch Weiterleitung unkoordinierter elektrischer Impulse eine wesentliche Rolle spielen.
Funktion, Wirkung & Ziele
In wissenschaftlichen Untersuchungen wurde gezeigt, dass das Vorhofflimmern hauptsächlich durch Muskelzellen der in den linken Vorhof mündenden Pulmonalvenen verursacht wird. Eines der Hauptziele der Kryoablation besteht deshalb in einer elektrischen Isolation der Lungenvenen vom linken Vorhof, so dass die unkoordinierten elektrischen Signale von den Vorhöfen nicht mehr weitergeleitet werden können. Der Kryoablationskatheter wird über eine geeignete Vene bis in den rechten Vorhof vorgeschoben, und nach einer Punktion der Vorhofscheidewand kann er im linken Vorhof nahe der Einmündungen der Lungenvenen platziert werden.
Zunächst wird das zu abladierende Gewebe vorgekühlt und der durchführende Arzt kann elektrophysiologisch überprüfen, ob die nachfolgend geplante Ablation zielführend wäre und keine unbeabsichtigten Nebenwirkungen oder Komplikationen auftreten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Kryoablation nach der elektrischen Überprüfung abgebrochen werden kann und sich die vorgekühlten Zellen wieder erholen und funktionstüchtig bleiben. Die Kryoablation bietet also eine zusätzliche Sicherheit wegen der Überprüfbarkeit der Wirkung noch vor der eigentlichen irreversiblen Ablation. Das ist besonders wichtig, wenn Gewebe nahe des AV-Knotens im rechten Vorhof abladiert werden muss.
Die Ablation selbst besteht in einem außerordentlichen Kältereiz, der von der Katheterspitze auf die umliegenden Herzmuskelzellen übertragen wird. Die so behandelten Zellen verlieren irreversibel ihre Fähigkeiten, selbst elektrische Impulse zu erzeugen oder weiterzuleiten. Der Kryoablationskatheter kann im linken wie auch im rechten Vorhof zum Einsatz kommen. Alternativ zum Kryoablationskatheter wurde der Kryoballonkatheter entwickelt, der ausschließlich zur Behandlung der elektrischen Pulmonalvenenisolation dient. Am vorderen Ende des Kryoballonkatheters kann ein winziger Ballon mit gasförmigem Kühlmittel gefüllt werden.
Der eigentliche Kältereiz zur Verödung des angrenzenden Gewebes entsteht durch Verdampfen des Kühlmittels. Der Katheter wird so platziert, dass der winzige Ballon nacheinander die Eingänge der vier Lungenvenen im linken Vorhof möglichst vollständig verschließt, um durch Inaktivierung der umliegenden Herzmuskelzellen eine elektrische Isolation der Venen zu erreichen. Noch während der Behandlung kann überprüft werden, ob die Isolation der Pulmonalvenen erfolgreich war.
Das Kryoballonverfahren ist etwas einfacher und sicherer in der Anwendung als die Ablation mit dem Kryoablationskatheter, so dass die Technik auch von Kliniken angewandt werden kann, die nicht über ein differenziertes Herzzentrum verfügen. Das Wirkprinzip der Kryoablation wird bereits seit Jahrzehnten in der offenen Herzchirurgie verwendet. Relativ neu sind lediglich die minimalinvasiven Methoden.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Nach einer Kryoballonbehandlung kann es sein, dass nur eine oder zwei der vier Pulmonalvenen wieder elektrisch verbunden werden, was bei der evtl. notwendig werdenden Re-Ablation berücksichtigt werden kann. Das Risiko, dass bei der Ablation von Herzmuskelzellen nahe dem AV-Knoten dieser selbst funktionsuntüchtig wird, ist bei der Kryoablation gegenüber der Hochfrequenzablation deutlich geringer, weil die Möglichkeit der Funktionsüberprüfung nach Vorkühlung des Gewebeareals diese Gefahr weitestgehend ausschließt.
Als seltene Komplikationen kann es zur Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) am Katheter kommen, das sich lösen und im Extremfall einen Schlaganfall verursachen kann. Zur Minimierung dieses Problems sollte der Patient bereits vor dem Eingriff unter Koagulationshemmung gesetzt werden. Bei der elektrischen Isolierung der Lungenvenen können in sehr seltenen Fällen Infektionen auftreten. Falls eine Punktion der Vorhofscheidewand erforderlich ist, wurde in sehr seltenen Fällen über Blutungen an der Punktionsstelle berichtet.
Quellen
- Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
- Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Heidelberg 2011