Psycholinguistische Analyse kindlicher Sprechstörungen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der psycholinguistischen Analyse kindlicher Sprechstörungen bittet der Logopäde das Kind um die Benennung von insgesamt 99 Items, die er jeweils phonologisch transkribiert und auf Band aufzeichnet.

Die aufgezeichneten Daten analysiert der Tester mithilfe seiner Tabellen psycholinguistisch und ermittelt auf diese Weise den Sprechstatus des Kindes, wobei er etwaige Störungen in eine der vier Untergruppen von Barbara Dodds Sprechstörungsklassifikation einordnet. Auf diese Weise kann er differenziert eine geeignete Sprachtherapie für das Kind festlegen und die Erfolge dieser Therapie durch eine abermalige Anwendung des Testverfahrens dokumentieren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die psycholinguistische Analyse kindlicher Sprechstörungen?

Bei der psycholinguistischen Analyse kindlicher Sprechstörungen bittet der Logopäde das Kind um die Benennung von insgesamt 99 Items, die er jeweils phonologisch transkribiert und auf Band aufzeichnet.

Die psycholinguistische Analyse kindlicher Sprechstörungen, kurz auch PLAKSS, ist ein sprachwissenschaftlich entwickeltes Testverfahren, das auf Basis des Deutschen den Sprechstatus von Kindern ermitteln soll.

Das Kind benennt im Laufe des Tests verschiedene Items, die den sprachlichen Charakteristika des Deutschen entsprechen. Bei der Benennung wird das Kind aufgenommen. Die Auswertung der Bänder dient der Diagnostizierung oder der Therapieverlaufskontrolle bei Sprechstörungen. 2002 entwickelt Annette von Fox-Boyer das Verfahren auf Basis eines Klassifikationsmodells von Barbara Dodd, das zur Einschätzung der physiologischen Sprachentwicklung dient.

Der theoretische Hintergrund des Tests umfasst eine Studie an einjährigen und monolingual deutschsprachigen Kindern, deren Sprachentwicklungsstand in sechsmonatigen Abständen über einen Zeitraum von sechs Jahren dokumentiert wurde. In Kombination dazu greift das Verfahren auf eine zweite Studie zur Sprechstörungsklassifikation zurück, die sich an Barbara Dodd orientiert. Dodds Klassifikation revolutionierte in den 90ern die bisherige Behandlung von Sprechstörungen, da solche bislang rein artikulatorisch erklärt wurden.

Erst seit jüngster Zeit gehen auch phonologische Theorien, so zum Beispiel die „Generative Phonologie“, in die Betrachtung der kindlichen Aussprachstörung mit ein. Sogar die sprachwissenschaftlichen Bereiche der Kognition oder Psycholinguistik beschäftigen sich heute mit Sprechstörungen. Dodds Modell war dabei eines der ersten, psycholinguistischen Modelle und geht von einer ursächlichen Störebenen bei der Sprachverarbeitung aus, die mithilfe der PLAKSS eingeschätzt werden kann.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die PLAKSS findet in erster Linie in logopädischer Betreuung Anwendung und dient dabei meist der Erstdiagnostik von Sprechstörungen. Im Rahmen der Sprachtherapie lassen die Bögen des Tests aber auch eine Dokumentation von Therapiefortschritten zu.

Insgesamt umfasst der Test zwei Teile: einen Bildbenennungstest mit 99 Items und die Protokollierung, Darstellung und Auswertung dieses Tests durch den Logopäden. Welche der insgesamt zwölf zur Verfügung stehenden Bögen der Tester letztlich zur Auswertung verwendet, bleibt ihm selbst überlassen.

Vor Beginn des Tests bittet der Logopäde die Testperson, jedes der 99 Items auf dem Haupttestmaterial einzeln zu bezeichnen. Wenn das Kind eines der Bilder nicht erkennen kann, darf der Logopäde mit einem Lückentext bei der Bilderkennung helfen. Die einzelnen Benennungen durch das Kind transkribiert der Tester phonetisch und zeichnet den Test zusätzlich auf Band auf, um linguistische Analysen wie phonologische Prozessanalysen durchführen zu können.

Auf die Benennung der 99 Items folgt ein zweiter Testdurchlauf, der so genannte 25-Wörter-Test. Die darin enthaltenen Items entstammen allesamt dem Bilderbenennungstest und ermöglichen dem Tester, die Konsequenz oder auch Inkonsequenz der bisher ermittelten, phonologischen Daten zu überprüfen. Dieselben 25 Items werden während der Untersuchung weitere zweimal benannt, wobei der Tester die Ergebnisse in eine der Tabellen einträgt. Neben der Konsequenzprüfung ermöglicht der 25-Wörter-Tests bei Bedarf außerdem das Screening.

Nach Abschluss des Tests erstellt der Logopäde mithilfe seiner Aufzeichnungen eine psycholinguistische Analyse und ordnet die dabei eventuell entdeckte Sprechstörung in eine der vier Untergruppen ein, die Dodd in ihrem Klassifikationsmodell zur Sprechstörung nennt. So lässt sich die Diagnose einer Artikulationsstörung, einer verzögerten phonologischen Entwicklung, einer konsequenten phonologischen Störung oder einer inkonsequenten Störung der Phonologie stellen, was die Auswahl einer geeigneten Therapieform ermöglicht.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Gegenwärtig findet zur Diagnostik und Therapiedokumentation einer frühkindlichen Sprechstörung statt der PLAKSS in der Regel die PLAKSS II Anwendung. Dieser Test wurde aus der PLAKSS entwickelt und berücksichtigt die typische Silbenstruktur und Wortbetonungsstruktur des Deutschen noch besser.

Anders als noch mit der PLAKSS steht mit der PLAKSS II erstmals auch dem österreichischen und schweizerischen Raum eine Variante des Tests zur Verfügung. Beliebt ist der Test vor allem wegen seiner Kinderfreundlichkeit und relativ schnellen Durchführbarkeit. Insgesamt dauert das Verfahren in der Regel unter 30 Minuten. Wenn das Kind nicht zur Mitarbeit gewillt ist, kann sich dieser Zeitraum allerdings auch ausdehnen. In Extremfällen lassen sich weder PLAKSS noch PLAKSS II durchführen, weil das Kind keinerlei Antwort geben möchte.

Wenn das Verfahren im Zuge einer Ersteinschätzung durchgeführt wird, schließt sich daran bei Befunden in der Regel eine spezielle Sprachtherapie an. Da der Test eine differenziertere Einschätzung der Störung ermöglicht als alle bisherigen Verfahren, kann der Logopäde im Anschluss an den Test die erfolgsversprechendste Therapiemethode umso besser auswählen. Am die Diagnose einer Artikulationsstörung würde sich klassischerweise zum Beispiel eine Lauttherapieform anschließen.

Bei einer phonologischen Störung könnte der Logopäde zu einer Artikulationstherapie raten. Eine konsequent phonologische Störung ließe sich dagegen mit Reimerkennung und Reimproduktion behandeln und eine inkonsequente, phonologische Störung könnte über eine Kern-Vokabular-Therapie behandelt werden.

Quellen

  • Böhme, G. (Hrsg.): Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. Urban & Fischer, München 2006
  • Lohaus, A., Vierhaus, M., Maass, A.: Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters. Springer, Berlin 2010
  • von Aster, S. et al.: Kinder- und Jugendpsychiatrie: Eine praktische Einführung. Thieme-Verlag. Stuttgart 2008

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