Zellkern
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Was ist der Zellkern?
Der Zellkern ist ein Organell, das in (fast) allen Zellen höherer Lebewesen vorhanden ist. Lebewesen mit Zellkernen werden als Eukaryoten bezeichnet. Die Zellkerne fungieren als Steuer- oder Kommandozentrale der Zelle und enthalten die gesamte Erbinformation mit Ausnahme der Erbinformation für die Mitochondrien, die mit eigener DNA bestückt sind.
Die Erbinformation liegt als sogenanntes Chromatin vor, das aus Doppelhelix-Fäden und bestimmten Proteinen besteht. Während der Teilungsphase des Kerns und der Zelle ordnen sich die Fäden zu Chromosomen. Gegenüber dem Cytoplasma, dem Inneren der Zelle, ist der meist kugelförmige Zellkern durch eine zweischichtige Membran aus Lipiden getrennt.
Da der Kern zu selektivem Stoffaustausch mit dem Cytoplasma befähigt sein muss, ist die Kernmembran mit sogenannten Kernporen durchsetzt, durch die der selektive Stoffaustausch erfolgt. Etwa in der Mitte des Zellkerns befindet sich das Kernkörperchen (Nucleolus), das Anweisungen zum Proteinaufbau von den Genen als sogenannte mRNA und tRNA kopiert. Die mRNA und tRNA werden quasi als Bauanleitung für Proteine durch die Kernporen zu den Ribosomen im Cytoplasma geleitet.
Anatomie & Aufbau
Zellkerne, die meist eine kugelige Gestalt haben, werden von der Kernmembran vom Cytoplasma der Zelle abgegrenzt. Bei Säugetieren ereicht der Zellkern einen Durchmesser von 5 bis 16 µm. Die ca. 35 nm starke Kernmembran besteht aus einer Doppelschicht aus Lipiden und ist aufgrund seiner hydrophoben Eigenschaften für wässrige Lösungen nahezu undurchlässig.
Die Zellmembran enthält ca. 2.000 Kernporen, durch die ein selektiver, beidseitiger, Stoffaustausch erfolgt. Die äußere Seite der Membran geht in das raue endoplasmatische Retikulum über, während die nach innen gerichtete Seite der Membran von einer Schicht von Mikrofilamenten ausgekleidet ist, die der Membran Stabilität verleihen und eine klare Abgrenzung zum Chromatin bilden.
Chromatin ist der Hauptbestandteil des Kerninneren und besteht aus ungeordnet vorliegenden Chromatinfäden, die die DNA und weitere Proteine enthalten und sich vor der Kern- und Zellteilung zu den arttypischen Chromosomen ordnen. Etwa im Mittelpunkt des Zellkerns befindet sich das Kernkörperchen (Nucleolus), das sich aus einem Konglomerat ribosomaler RNA zusammensetzt.
Funktion & Aufgaben
Die Hauptaufgaben des Zellkerns bestehen in der Speicherung der genetischen Information des Gesamtorganismus und der Steuerung der Stoffwechselvorgänge der Zelle einschließlich der Kern- und Zellteilung bei Wachstumsvorgängen. Die Steuerung der Stoffwechselvorgänge geschieht im Einklang mit der genetischen Anweisung, die dem Zellkern hierfür zur Verfügung steht. Die Erbinformation für den Gesamtorganismus befindet sich in Form der Chromatinfäden im Zellkern. Die Zellkerne aller vorkommenden Gewebearten enthalten immer den gesamten Bauplan des Organismus außer für den der Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle.
Die Mitochondrien enthalten ihre eigene DNA und sind unabhängig von der Steuerzentrale des Zellkerns. Der Zellkern kann selektiv DNA-Sequenzen mittels seines Kernkörperchen replizieren oder transkribieren und über die Kernporen in das Cytoplasma transportieren, wo innerhalb der Ribosomen die RNA-Sequenzen in „echte“ Aminosäure-Sequenzen für den Aufbau von Proteinen umgesetzt werden. Um die Aufgabe Zellteilung steuern zu können, veranlasst der Zellkern, dass sich die Chromatinfäden vor der Teilung zu den artspezifischen Chromosomen zusammenfinden.
Hierdurch wird eine einfachere Verteilung der DNA auf die Tochterzelle erreicht und die Gene können so besser zusammengehalten werden, weil sich während der Teilungsphase die Kernmembran auflöst, also praktisch kein erkennbarer Kern mehr vorhanden ist. Nach erfolgter Teilungsphase entwickelt das endoplasmatische Reticulum erneut eine Kernmembran, und die Struktur der Chromosomen löst sich auf. Die Erbinformation ist für den Kern jetzt wieder selektiv in Form der Chromatinfäden verfügbar.
Krankheiten & Beschwerden
Die Mitochondriopathie, die auf bestimmten vererbbaren Gendefekten beruht, äußert sich zunächst darin, dass eines oder mehrere im Zellkern kodierte Proteine, die über die Kernporen in die Mitochondrien geschleust werden, zu Fehlfunktionen in den Mitochondrien führen.
Eine Mitochondriopathie kann bereits in jungen Jahren zu schwerwiegenden Problemen führen, weil die Energieversorgung über die Mitochondrien beeinträchtigt ist. Es handelt sich hierbei weniger um eine echte Fehlfunktion in der Kodierung als mehr um eine fehlerhafte „Anweisung“ durch eine mutierte DNA-Sequenz.
Eine weitere, durch Gendefekte ausgelöste und unter dem Namen Hutchinson-Gilford-Syndrom (HGPS) bekannte Gruppe von Krankheiten, beruht darauf, dass ein bestimmtes Protein, das für die Stabilität der Kernmembran sorgt, falsch kodiert ist. Das führt zu Verformungen des Zellkerns mit gravierenden Folgen. Alle bekannten Formen der HGPS lösen einen dramatisch beschleunigten Alterungsprozess aus, so dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei nur etwa 14 Jahren liegt.
Die äußerst seltene HGPS wird durch Gendefekte ausgelöst und führt in der Folge zu direkten Fehlfunktionen der Kernmembran. Eine deutsch-belgische Forschergruppe bringt die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und die Frontotemporale Demenz (FTD) in Verbindung mit einem Ausfall des Proteins TDP-43. Das Protein spielt normalerweise im Zellkern eine Rolle bei der Kodierung von Proteinen. Das Forscherteam hat festgestellt, dass sich TD-43 außerhalb des Zellkerns ablagert und nicht mehr durch die Kernporen in den Zellkern gelangt, so dass es dort nicht mehr seine Funktion erfüllen kann.
Quellen
- Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
- Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
- Christen, P., Jaussi, R., Benoit, R.: Biochemie und Molekularbiologie. Springer, Berlin 2016