Dendrit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die astartig und vielfach verzweigt ausgebildeten Zytoplasmafortsätze einer Nervenzelle (Neuron), durch die Informationen empfangen und Impulse an den Körper weitergeleitet werden, bezeichnet die Fachsprache als Dendrit. Dieser dient zur Aufnahme elektrischer Reize und leitet sie die an den Zellkörper (Soma) der Nervenzelle weiter.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Dendrit?

Die wichtigste Funktion der Dendriten besteht in der Reizaufnahme und deren Weiterleitung an die Zellkörper. Die Weitergabe der elektrischen Erregungsbildung wird in der Fachsprache als afferent bezeichnet, da sie stets in Richtung der Nervenzelle erfolgt.
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In der Medizin wird dieser Bereich der Histologie, Zytologie, Neurowissenschaft und der Physiologie zugeordnet. Das Synonym lautet Protoplasmafortsatz. Dendriten dienen der primären Reizaufnahme. Die Aktionspotentiale innerhalb der Dendriten können in beide Richtungen verlaufen. Liegt eine Depolarisation einer Nervenzelle vor, breitet sich der elektrische Erregungszustand nicht ausschließlich im Axon (Nervenzellfortsatz, auch Achsenzylinder, Neuraxon), sondern gleichfalls als rückläufiges Aktionspotential in den Dendriten aus.

Dieser als Rückkopplung bezeichnete Vorgang verändert die Empfangsvoraussetzungen der Protoplasmafortsätze und wirkt sich auf das anschließend eintreffende synaptische Signal aus. Die Rückkopplung führt zu einer stärker ausgeprägten Aneinanderbindung beider Nervenzellen. Wird der Impuls vor dem synaptischen Signal ausgelöst, schwächt dieser Mechanismus die Nervenbindung. Dieser Vorgang ist für die neuronale Plastizität von großer Bedeutung.

Anatomie & Aufbau

Der Begriff Dendrit leitet sich aus der griechischen Sprache ab und steht für „baumartig“. Diese Bezeichnung gibt einen Hinweis auf die Anatomie und den Aufbau der Dendriten in Form stark verzweigter zytoplastischer Fortsätze, die aus dem Zellkörper (Perikaryon) der Nervenzellen entspringen. Eine Nervenzelle setzt sich aus durchschnittlich 1 bis 12 Dendriten zusammen, die meistens eine glatte Oberfläche aufweisen.

Es gibt jedoch auch Nervenzellen, deren Protoplasmafortsatz Spines oder Dornfortsätze besitzen. Häufig fungieren diese als Eingangsregion für die Aufnahme synaptisch übertragener Informationen, die anschließend im Perikaryon ausgewertet und aufsummiert über das Axon an die übrigen Nervenzellen weitergeleitet werden. Diese Reizweiterleitung erfolgt jedoch nur im Fall einer Potentialüberschreitung, um eine Reizüberflutung zu verhindern. Das Neuraxon ist von lipidreichen Zellen umgeben, die es von der Umgebung elektrisch isolieren. Diese Zellen werden auch als Schwannsche Zellen bezeichnet, die aus fettreichem Myelin bestehen.

Diese werden in regelmäßigen Abschnitten von den Ranvierschen Schnürringen unterbrochen. Die über das Axon fließende Erregung wird durch unterschiedliche Spannung an den nicht isolierten Ranvierschen Schnürringen innerhalb der einzelnen Schnürringe weitergeleitet. Mittels des dendro-dendritischen Kontaktes können elektrische Signale auch von einem Dendriten auf einen anderen übertragen werden. Der dendro-axonische Kontakt überträgt die Signale von Dendrit auf Axon und der dendro-somatische Kontakt leitet die Signale weiter von Dendrit auf Perikaryon.

Die Dendriten weisen eine kürzere und stärker verzweigte Anatomie als die Axone auf. Ihr Ursprung ist breit ausgebildet, wobei mit jeder Abzweigung eine Verjüngung erfolgt, während Nervenzellfortsätze über ihre komplette Länge einen gleichbleibenden Durchmesser aufweisen. Das Verzweigungsmuster ist abhängig von dem Nervenzellentyp. Demzufolge können die Verzweigungen der einzelnen Nervenzellen so mannigfaltig ausfallen, dass Dendriten und Axone nicht ohne weiteres zu unterscheiden sind.

Unter dem Lichtmikroskop lassen sich im Plasma der Dendriten Neurofibrillen und bis zur ersten Abzweigung Nissl-Schollen erkennen. Mit Hilfe des Elektronenmikroskops sind Actinfilamente, Mikrotubuli, Ribosomen, endoplasmatisches Retikulum (Proteinsynthese) und möglicherweise Golgi-Apparate erkennbar. Axone treten dagegen ohne endoplasmatisches Retikulum und Golgi-Apparate auf. Das Auswachsen der Dendriten aus dem Zellkörper (Dendritogenese) erfolgt häufig nach der Axogenese. Die Mediziner unterscheiden zwischen sechs verschiedenen Nervenzelltypen: Pyramidenzelle, Purkinje-Zelle, Amakrinzelle, Sternzelle, Körnerzelle und primäre sensorische Nervenzelle im Spinalganglion.

Funktion & Aufgaben

Die wichtigste Funktion der Dendriten besteht in der Reizaufnahme und deren Weiterleitung an die Zellkörper. Die Weitergabe der elektrischen Erregungsbildung wird in der Fachsprache als afferent bezeichnet, da sie stets in Richtung der Nervenzelle erfolgt. Allerdings ist es durchaus möglich, dass die Weiterleitung innerhalb der Dendriten auch in anderer Richtung verläuft.

Diese umgekehrte Richtungsführung erfolgt immer dann, wenn sich im Achsenzylinder ein Aktionspotential bildet, welches rückläufig in Form einer Rückkopplung auf die einzelnen Dendriten verteilt wird. Dieser Mechanismus führt dazu, dass die Synapse und die dieser Stelle übertragenen Signale beeinflusst werden und die zwei beteiligten Nervenzellen eng aneinander gekoppelt werden. Dieser Vorgang ist wichtig für die „Neuronale Plastizität“, die wiedergibt, dass sich die Nervenzellen je nach Häufigkeit der Verwendung anpassen und umbauen können. Den Nervenzellen dienen als ausgeklügeltes Netzwerk und Informationsträger.

Dieser Informationsaustausch geschieht über die Synapsen auf der Grundlage chemischer Botenstoffe (Neurotransmitter) mittels präsynaptischer Endknöpfchen. Diese übermitteln die Informationen an die Nervenzellen. Die Anzahl der Synapsen spielt dabei eine wichtigere Rolle als die Anzahl der Nervenzellen. Nicht alle Nervenzellen sind jedoch gleich, da sich die Neuronen in ihrer Funktionsweise unterscheiden. Indem die Nervenzellen einem Reiz, zum Beispiel einer Berührung oder einem Geschmackserlebnis, ausgesetzt werden, erfolgt der Erregungszustand, der die empfangenen Informationen weiterleitet.


Krankheiten

Jeden Tag sind wir einer großen Anzahl von Reizüberflutungen ausgesetzt. Diese Reize müssen zum Gehirn weitergeleitet werden. Das menschliche Gehirn ist die „Schaltzentrale“ für alle automatisch ablaufenden Prozesse der sinnlichen Wahrnehmung (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken) sowie eigenständiger und wahrnehmender Prozesse, zum Beispiel die gezielte Bewegung des Körpers.

Die Aufgabe der Reizübertragung übernehmen die im ganzen Körper vorkommenden Zellen (Neuron). Alleine das menschliche Gehirn besitzt eine Billion Nervenzellen und ist in der Lage, durch Neukombination der Verschaltungen zwischen den einzelnen Nervenzellen unendlich viele Informationen zu speichern. Ohne dieses einwandfrei funktionierende Nervenzellennetz, das täglich die von außen eintretende Reizüberflutung filtert, wären die Menschen aufgrund zu vieler Sinneseindrücke kaum lebensfähig, da sie diese nicht verarbeiten könnten.

Wir reagieren zum Beispiel auf eine Berührung. Die Dendriten nehmen den Reiz dieser Berührung durch ein weitverzweigtes Astsystem auf und leiten ihn weiter zum Zellkörper (Soma) der Nervenzellen. Auf dem Soma befindet sich der in den Achszylinder übergehende Axonhügel. Im Axonhügel summieren sich die von den Dendriten aufgenommenen Erregungszustände. Diese werden jedoch ausschließlich im Fall einer Potentialüberschreitung weitergeleitet, um eine Reizüberflutung zu verhindern.

Die Dendriten fungieren als Filter, der uns eine geordnete Sinneswahrnehmung ohne die Beschwerden einer Reizüberflutung ermöglichen. Funktioniert dieses „Filtersystem“ nicht einwandfrei, wären wir nicht in der Lage, die zuvor genannte Berührung wahrzunehmen und auf unsere Umwelt nach der Verarbeitung der durch die Dendriten weitergeleiteten Signale zu reagieren.

Typische & häufige Nervenerkrankungen

Quellen

  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Gerok, W., Huber, C., Meinertz, T., Zeidler, H. (Hrsg.): Die innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, Stuttgart 2007

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