Orthopädische Sitzschale

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 30. März 2025
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Orthopädische Sitzschalen werden unter anderem für rollstuhlähnliche Unterbauten oder Rollstühle verwendet. Sie sind in Standardausführungen, aber auch als Maßanfertigungen erhältlich, denn das oberste Ziel einer orthopädischen Sitzschale ist ein möglichst unterstützender, bequemer und sicherer Sitz und Halt für den Patienten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine orthopädische Sitzschale?

Sitzschalen dienen übergreifend dazu, den Sitz oder den Halt einer Person in Rollstühlen und Ähnlichem zu sichern und so bequem wie möglich zu machen.

Sitzschalen dienen übergreifend dazu, den Sitz oder den Halt einer Person in Rollstühlen und Ähnlichem zu sichern und so bequem wie möglich zu machen. Zwei bekannte Versionen der Sitzschale aus dem Alltag sind die Sitz- oder auch Liegefläche, die bei Kinderwagen oder Kindersitzen für den Pkw zu finden ist.

Auch diese dienen in erster Linie dazu, dass das Kind, das im Kinderwagen oder Fahrzeug untergebracht wurde, so sicher und dennoch auch so komfortabel wie möglich in diesem sitzt. Auch die Sitz- und Liegeschalen, die in eher alltäglichen Dingen wie Kinderwagen zu finden sind, sind grundlegend nach orthopädischen Maßstäben gefertigt. Dennoch unterscheiden sie sich häufig mehr als nur minimal von tatsächlichen orthopädischen Sitzschalen.

In Rollstühlen und Co. kommt nämlich oft die Problematik dazu, dass der Mensch meistens über mehrere Stunden hinweg oder auch dauerhaft in diesem sitzt oder liegt. Damit sich dies nicht negativ auf die Körperhaltung, die Knochen, Gelenke, Muskeln und weiteres auswirkt, wird der Sitzschale einiges abverlangt. Aus diesem Grund werden Sitzschalen in solchen Fällen stets orthopädisch und in Maßarbeit durch einen Profi angefertigt.

Orthopädische Sitzschalen die standardisiert sind, gibt es nur selten und wenn, dann für eingeschränkte Einsatzbereiche. Etwa dann, wenn ein Rollstuhl nur gelegentlich oder über eine begrenzte Zeit benötigt wird. Dies kann zum Beispiel nach einer Verletzung und während der Heilungsphase der Fall sein.

Geschichte

Die Geschichte der orthopädischen Sitzschale reicht bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Ursprünglich wurden Sitzschalen entwickelt, um Menschen mit schwerwiegenden körperlichen Behinderungen eine stabilere und funktionalere Sitzposition zu ermöglichen. In den 1950er- und 1960er-Jahren begannen Rehabilitationsmediziner und Orthopädietechniker, individuell angepasste Sitzlösungen zu entwerfen, um Haltungsschäden vorzubeugen und die Mobilität zu verbessern. Frühe Modelle waren oft schwer, unhandlich und aus Holz gefertigt.

Mit dem technologischen Fortschritt in den 1980er- und 1990er-Jahren verbesserten sich Materialien und Herstellungsverfahren erheblich. Thermoplastische Kunststoffe und Schaummaterialien ermöglichten die Herstellung leichterer und ergonomischer geformter Sitzschalen. Zugleich wuchs das Bewusstsein für die Bedeutung individueller Anpassung – nicht nur zur Vermeidung von Dekubitus, sondern auch zur Förderung von Teilhabe und Lebensqualität.

Heute entstehen orthopädische Sitzschalen meist mithilfe moderner 3D-Scans und computergestützter Modellierung. Sie werden exakt an die Körperform und Bedürfnisse des Nutzers angepasst. Parallel dazu entwickelte sich ein interdisziplinärer Ansatz, bei dem Fachkräfte aus Therapie, Medizin und Technik gemeinsam optimale Sitzlösungen erarbeiten. Die Entwicklung spiegelt somit auch den gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Inklusion und Selbstbestimmung wider.

Formen, Arten & Typen

Die meisten orthopädischen Sitzschalen werden nach Maß gefertigt. Aus diesem Grund gibt es bestimmte Formen, Typen und Arten nur bedingt, da sich alle Anfertigungen voneinander unterscheiden. Darüber hinaus setzt das Fertigen einer orthopädischen Sitzschale Erfahrung und Fachwissen voraus, das Experten vorweisen, die oft mit Ärzten und Sanitätshäusern zusammenarbeiten. Denn eine Sitzschale soll in jedem noch so individuellen medizinischen Fall dafür sorgen, dass der Patient stets so mobil wie möglich ist. Dafür wird die Sitzschale stets so genau wie möglich an den Körper des Patienten, an dessen gesundheitlichen Zustand und an den Einsatzbedarf angepasst.

Übergreifend wird allerdings zwischen Sitz- und Liegeschalen unterschieden, deren Merkmale jedoch in vielen Fällen zugunsten des Patienten zu einer Sitz-Liegeschale oder anderen Ausführungen verbunden werden können. Darüber hinaus gibt es Sitzschalen, die fest an ein bestimmtes Untergestell angepasst werden. Ebenso gibt es aber auch Modelle, die auf mehreren Gestellen angebracht werden oder durch integrierte Rollen sogar eigenständig über den Boden geschoben werden können.

Sitzschalen unterscheiden sich auch durch ihre Materialien und ihren Aufbau. Verwendet werden können verschiedene Weichschaum- und Polsterarten, die mit unterschiedlichen Materialien überzogen werden. Diese können zum Beispiel je nach Einsatzgebiet besonders nachgiebig, wasserabweisend oder eher fest sein. Zudem können die Materialien auch darüber entscheiden, ob die Sitzschale später wasserfest oder für spezielle Outdoor-Aktivitäten geeignet ist.

Vorteile & Nutzen

Orthopädische Sitzschalen bieten gegenüber vergleichbaren Sitzsystemen eine Reihe spezifischer Vorteile, insbesondere für Menschen mit komplexen körperlichen Einschränkungen. Der größte Vorteil liegt in der individuellen Anpassbarkeit. Jede Sitzschale wird passgenau an die Körperform des Nutzers gefertigt, wodurch eine optimale Druckverteilung und Sitzstabilität erreicht wird. Dies trägt wesentlich zur Vermeidung von Dekubitus, Haltungsschäden und Schmerzen bei.

Ein weiterer Vorteil ist die hohe Stabilität, die insbesondere Menschen mit reduzierter Rumpf- oder Kopfkontrolle zugutekommt. Durch die gezielte Führung des Körpers werden motorische Funktionen unterstützt und unkontrollierte Bewegungen reduziert. Gleichzeitig bleibt der Nutzer bestmöglich mobil, da moderne Sitzschalen oft mit Rollstühlen oder anderen Mobilitätshilfen kombinierbar sind.

Auch die therapeutische Wirkung ist nicht zu unterschätzen: Eine gute Sitzposition fördert Atmung, Verdauung und Kreislauf, was sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden auswirkt. Darüber hinaus erleichtert eine stabile Sitzhaltung die Kommunikation und Interaktion mit der Umwelt. Die orthopädische Sitzschale kann außerdem flexibel an Veränderungen im Körperbau oder Krankheitsverlauf angepasst werden. Diese Vielseitigkeit macht sie zu einer langfristigen und verlässlichen Lösung im Alltag vieler Nutzer.

Aufbau & Funktionsweise

Die Sitzschale besteht in der Regel auch bei einer orthopädischen Bauweise aus einem Grundgerüst, das je nach Ausführung der Schale, Größe und Gewicht beispielsweise aus gehärtetem Kunststoff besteht. Dieses wird normalerweise durch einen Vakuumabdruck des Patienten mithilfe der modernen Weichschaumtechnik ausgepolstert. Dadurch kann die Schale in ihren stützenden oder unterstützenden Eigenschaften sehr genau an die körperlichen und gesundheitlichen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden.

Nahezu jede orthopädische Sitzschale wird jedoch stets auch so angefertigt, dass sie in ihrer Form vollständig an den Körper angepasst ist, sodass das Körpergewicht nicht auf eine oder bestimmte, sondern stattdessen auf eine möglichst große Fläche verteils wird. Dadurch sollen unter anderem Druckspitzen, aber auch Haltungsschäden vermieden werden.

Darüber hinaus kann die Sitzschale durch ihre Form und Beschaffenheit aber auch die Selbstständigkeit des Patienten unterstützen – etwa, indem sie ihm ein selbstständiges Ein- und Aussteigen aus dem Rollstuhl erleichtert. Des Weiteren können Sitzschalen in mehreren Teilen gefertigt werden, sodass sie beispielsweise mit anderen Teilen erweitert und so jederzeit problemlos an andere Bedürfnisse oder Untergestelle angepasst werden können.


Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen

Das oberste Ziel einer geeigneten orthopädischen Sitzschale ist es, dass der Patient trotz körperlicher Einschränkungen dennoch so mobil wie möglich bleibt und zwar so komfortabel wie möglich. Druckstellen, Haltungsschäden und eine übermäßige Belastung von Knochen, Muskeln und Gelenken, durch das lange oder gar dauerhafte Sitzen und Liegen, soll durch eine orthopädische Sitzschale vermieden werden.

Eine orthopädische Sitzschale muss allerdings darüber hinaus viele Aspekte vereinen: unter anderem das richtige Maß an Sicherheit, an Komfort, an Ergonomie und an Mobilität. Deshalb sollten sowohl Sitz- als auch Liegeschalen kippstabil, wendig und in der Höhe verstellbar sein. So erleichtern sie dem körperlich eingeschränkten Menschen den Alltag und helfen ihm und seinen Angehörigen diesen bestmöglich und risikoarm zu bestreiten.

Anwendung & Sicherheit

Die Anwendung orthopädischer Sitzschalen erfolgt primär im Rahmen der Hilfsmittelversorgung für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, insbesondere bei neuromuskulären Erkrankungen, Querschnittslähmungen oder Mehrfachbehinderungen. Die Sitzschale wird individuell an den Nutzer angepasst und meist in einen Rollstuhl oder ein anderes Sitzsystem integriert. Ziel ist eine stabile, funktionelle Sitzposition, die den Alltag erleichtert und medizinischen Komplikationen vorbeugt. Der Anwendungsprozess beginnt mit einer detaillierten Analyse durch ein interdisziplinäres Team aus Therapeuten, Orthopädietechnikern und Ärzten.

Sicherheit spielt bei der Nutzung eine zentrale Rolle. Die Sitzschale sorgt für eine feste Fixierung des Körpers und verhindert ein unkontrolliertes Abrutschen oder Umkippen. Ergänzt wird sie häufig durch Haltesysteme wie Beckengurte, Thoraxpelotten oder Kopfstützen, um maximale Sicherheit zu gewährleisten. Die Materialien sind flammhemmend, hautverträglich und langlebig, was zusätzliche Schutzfaktoren darstellt.

Bei der Herstellung unterliegt die Sitzschale einer strengen Qualitätskontrolle. Moderne Verfahren wie 3D-Scan und CAD-Modellierung ermöglichen höchste Präzision. Nach dem Guss oder der thermoplastischen Verformung folgen Tests zur Passform, Materialbelastung und Verarbeitung. Hersteller orientieren sich an medizinischen Normen und gesetzlichen Anforderungen, um eine gleichbleibend hohe Qualität sicherzustellen.

Alternativen

Wenn der Einsatz einer orthopädischen Sitzschale nicht möglich oder nicht sinnvoll ist, stehen verschiedene alternative Sitzsysteme und Anpassungsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine gängige Alternative sind modular aufgebaute Sitzsysteme, die aus vorkonfektionierten Elementen bestehen und individuell kombiniert werden können. Diese Systeme bieten eine gewisse Anpassungsfähigkeit, jedoch nicht die exakte Passform einer maßgefertigten Sitzschale.

Druckentlastende Sitzkissen, wie Gel- oder Luftkissen, kommen ebenfalls zum Einsatz – besonders bei Personen mit Dekubitusrisiko. Sie verbessern den Sitzkomfort und fördern die Durchblutung, bieten jedoch weniger Stabilität bei Haltungsproblemen. Ergonomisch geformte Rückensysteme mit einstellbaren Pelotten und Gurtsystemen stellen eine weitere Option dar. Sie ermöglichen eine gewisse Haltungskorrektur, ohne dass ein kompletter Formguss erforderlich ist.

Für Menschen mit wechselnden Sitzbedürfnissen – etwa durch Wachstumsphasen oder progressive Erkrankungen – bieten sich flexible Anpassungssysteme an, die einfach modifizierbar sind. In manchen Fällen kann auch eine Kombination aus Physiotherapie, Positionierungshilfen und individuell abgestimmten Polsterelementen ausreichen, um eine funktionale Sitzposition zu erreichen. Letztlich hängt die Wahl der Alternative von der körperlichen Verfassung, dem Alltag des Nutzers sowie den therapeutischen Zielen ab. Eine enge Abstimmung mit Fachpersonal ist hierbei essenziell.

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