Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Schwangerschaftsdiabetes oder Gestationsdiabetes ist in den meisten Fällen ein vorübergehendes Phänomen. Während der Schwangerschaft ist dabei der Glucosestoffwechsel bei den betroffenen Frauen durch die Bildung von Schwangerschaftshormonen gestört. Nach der Geburt des Kindes normalisieren sich die Zuckerwerte jedoch wieder.
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Was ist Schwangerschaftsdiabetes?
Die Schwangerschaftsdiabetes ist gekennzeichnet durch das erstmalige Auftreten einer Glucose-Toleranzstörung während der Schwangerschaft. Mit einiger Sicherheit ist die sogenannte Gestationsdiabetes eine der häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkrankungen überhaupt.
Schuld am Auftreten einer Schwangerschaftsdiabetes sind wohl die Schwangerschaftshormone Östrogen, Prolaktin, Progesteron und Plazentalaktogen, die dem weiblichen Körper während der Schwangerschaft die nötige Glucose zur Verfügung stellen.
Bei einigen Frauen kann die Bauchspeicheldrüse jedoch nicht genug Insulin herstellen, um diese Glucose auch in die Körperzellen zu schleusen (echter Insulinmangel). Oder aber die Bauchspeicheldrüse kann zwar mehr Insulin produzieren, die Zellen reagieren jedoch nicht mehr darauf (relativer Insulinmangel).
Ursachen
Ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor ist dabei meist das Körpergewicht. Bei einem Body-Mass-Index von > 27 besteht ein erhöhtes Risiko, an Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken.
Ebenso problematisch sind erbliche Faktoren (Diabetes mellitus Typ 2 in der Familie) und ein Alter von über 30 Jahren. Auch vergangene Schwangerschaften und Geburten stehen im Fokus des Interesses. Wenn alle folgenden Fragen mit einem "Ja" beantwortet werden können, sollte die Schwangere unverzüglich einen Frauenarzt konsultieren:
Ist bereits ein Kind von über 4500 g Geburtsgewicht geboren worden? Fanden mehr als drei Fehlgeburten statt? Bestand schon in der letzten Schwangerschaft eine Schwangerschaftsdiabetes? Dennoch: Nicht immer lässt sich die Ursache für eine Schwangerschaftsdiabetes eindeutig festlegen. Manchmal trifft es eben auch Frauen ohne die genannten Risikofaktoren.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Zwar kommt der Schwangerschaftsdiabetes nicht selten vor, doch bleibt er in vielen Fällen unentdeckt. Das liegt darin begründet, dass der Verlauf der Erkrankung meist symptomlos vonstattengeht. In der Regel bleibt er bis zur 24. Schwangerschaftswoche völlig unentdeckt. Zudem sind die Anzeichen für einen Schwangerschaftsdiabetes recht unspezifisch, wenn sie nur vereinzelt auftreten.
In der Schwangerschaft werden die spezifischen Symptome einer Diabeteserkrankung meist nicht als solche wahrgenommen. Denn das häufige Wasserlassen, die ständige Müdigkeit oder ein Schwächegefühl können auch typische Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft sein. Jedoch gibt es in der Schwangerschaft auch Auffälligkeiten, die für eine Diabeteserkrankung sprechen.
Darunter fallen Bluthochdruck, plötzliche schnelle Gewichtszunahme der schwangeren Frau und/oder des ungeborenen Babys aufgrund des auffallend hohen Blutzuckerspiegels und schnelle Zunahme der Fruchtwassermenge (diese kann bei einer Ultraschalluntersuchung festgestellt werden).
Wenn mehrere der genannten Krankheitsanzeichen sich bemerkbar machen, dann ist die Erkrankung wesentlich leichter zu diagnostizieren. Vermehrte Infektionen des Harnweges und Scheidenentzündungen weisen hingegen deutlich auf den Schwangerschaftsdiabetes hin. Diese Infekte werden durch die hohe Zuckermenge im Urin ausgelöst, weil Zucker die Entstehung von Pilzen und Bakterien begünstigt.
Viele Frauen kommen mit den Beschwerden von Schwangerschaftsdiabetes gut klar, doch geht die Erkrankung teils mit schwerwiegenden Folgen für Mutter und Kind einher. Werden keine nötigen medizinischen Maßnahmen ergriffen, bleibt die Krankheit möglicherweise auch über die Schwangerschaft hinaus zurück.
Diagnose & Verlauf
Eine Schwangerschaftsdiabetes lässt sich nur mit einem sogenannten "oralen Glucosetoleranztest" zuverlässig nachweisen. Die gute Nachricht ist, dass die Untersuchungskosten für den Test seit dem 3. März 2012 von allen Krankenkassen übernommen werden.
Ab der 24. Schwangerschaftswoche misst der Arzt dabei den Nüchternblutzucker der Patientin, gibt ihr eine Glucoselösung zu trinken und wartet bis zur nächsten Messung drei Mal eine Stunde ab. So wird der Blutzucker jede Stunde gemessen, wobei es jedes Mal einen Grenzwert gibt, der auf keinen Fall überschritten werden darf.
Der Nüchternwert nach 8-stündiger Nahrungskarenz sollte höchstens 95 mg/dl betragen, nach einer Stunde dürfen 180 mg/dl nicht überschritten werden, 2 Stunden nach dem Trinken der Glucoselösung muss der Wert unter 155 mg/dl sein und nach 3 Stunden sollte sich der Blutzucker wieder auf Werte von unter 140 mg/dl eingependelt haben. Ist nur eine Obergrenze überschritten, kann es sich bereits um eine Schwangerschaftsdiabetes handeln.
Komplikationen
Gleichzeitig steigt die Gefahr eines Krampfanfalls (Eklampsie) an. Darüber hinaus reagiert die Schwangere anfälliger auf Entzündungen der Vagina und Harnwegsinfektionen. Frauen, die unter Gestitationsdiabetes leiden, müssen sich zudem häufiger einem Kaiserschnitt unterziehen, was zum Teil auf die Komplikationen oder die Größe des Kindes zurückzuführen ist.
Wird die Mutter später erneut schwanger, liegt das Risiko eines weiteren Schwangerschaftsdiabetes bei etwa 50 Prozent. Des Weiteren steigt die Gefahr an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken.
Komplikationen aufgrund eines Gestitationsdiabetes drohen auch dem Kind. So ist es möglich, dass es zu einer fehlerhaften Entwicklung der Plazenta kommt, die eine unzureichende Versorgung des Fötus zur Folge hat. Ferner können Reifungsstörungen an Organen wie der Leber oder Lunge auftreten. Schlimmstenfalls erfolgt der intrauterine Fruchttod.
Auch nach der Geburt machen sich die Folgeerscheinungen der Zuckerkrankheit bemerkbar. Nicht selten leiden die betroffenen Babys an verlängerter Gelbsucht. Ebenso sind ein Mangel an Kalzium, eine Unterzuckerung oder Hirnschädigungen möglich. In schweren Fällen zeigen sich beim Neugeborenen Atemaussetzer oder Krampfanfälle.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Schwangerschaftsdiabetes sollte auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Nur durch eine richtige Behandlung der Krankheit kann eine gewöhnliche kindliche Entwicklung garantiert werden. Sollte die Schwangerschaftsdiabetes nicht behandelt werden, so kann es beim Kind zu starken Fehlbildungen kommen, welche nach der Geburt behandelt werden müssen. Je früher bei Schwangerschaftsdiabetes der Arzt aufgesucht wird, desto besser ist der weitere Verlauf dieser Erkrankung. In der Regel ist ein Arzt dann aufzusuchen, wenn die Schwangere an einem niedrigen Blutdruck und an einer deutlichen Gewichtszunahme leidet. Dabei übersteigt die Zunahme an Gewicht die übliche Zunahme bei einer Schwangerschaft.
Weiterhin können auch Entzündungen an verschiedenen Stellen des Körpers auf die Schwangerschaftsdiabetes hindeuten und sollten durch einen Arzt untersucht werden. Vor allem beim plötzlichen Auftreten dieser Beschwerden ist ein Arzt zu konsultieren. Der Urin der Betroffenen kann süßlich riechen und deutet auf Schwangerschaftsdiabetes hin. Bei Schwangerschaftsdiabetes kann ein Allgemeinarzt oder ein Frauenarzt aufgesucht werden. In der Regel kann die Krankheit gut behandelt werden, sodass auch die Lebenserwartung der Mutter und die Lebenserwartung des Kindes durch diese Krankheit nicht verringert werden.
Behandlung & Therapie
Bei einer diagnostizierten Schwangerschaftsdiabetes erfolgt in der Regel die Überweisung zum Diabetologen, der die Ernährung der Patientin eingehend analysiert und Verbesserungsvorschläge parat hat. Verzichtet die Patientin von nun an auf die sogenannten "kurzkettigen Kohlenhydrate", wie Zucker, Weißbrot und Süßigkeiten, lassen sich die Blutzuckerwerte bei über 80% der Patientinnen gut einstellen.
Ab jetzt stehen Vollkornprodukte, viel Gemüse und weniger fruchtzuckerhaltiges Obst wie Beeren oder Äpfel auf dem Speiseplan. Einmal wöchentlich überprüft der Diabetologe die Blutzuckerwerte der Patientin, die ab dem Zeitpunkt der ersten Ernährungsberatung ihre Werte täglich mindestens drei Mal protokolliert:
Morgens nach dem Aufstehen, mittags und abends. Sind die Blutzuckerwerte im Rahmen und wenige "Ausreißer" dabei, reicht die kohlenhydratärmere Diät vollkommen aus, um eine übermäßige Gewichtszunahme der Mutter und Entwicklungsverzögerungen beim Säugling zu verhindern. Eine Insulingabe erübrigt sich dann und die Schwangerschaftsdiabetes führt zu keinerlei weiteren Komplikationen, wie beispielsweise ein übermäßiges Geburtsgewicht, was zu einer problematischen Geburt führen kann.
Vorbeugung
Eine Schwangerschaftsdiabetes lässt sich nicht immer vermeiden. Erbliche Faktoren, Übergewicht und das zunehmende Schwangerschaftsalter der Patientinnen fordern ihren Tribut. Es ist nicht ausschlaggebend, während der Schwangerschaft "viel zu essen", sondern eben gesund und abwechslungsreich. Auf diese Art entsteht so manche Schwangerschaftsdiabetes vielleicht gar nicht erst und eine bereits existierende Schwangerschaftsdiabetes lässt sich gut behandeln.
Nachsorge
Dem Patienten stehen bei einem Schwangerschaftsdiabetes in den meisten Fällen nur wenige und auch nur eingeschränkte Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Aus diesem Grund sollte der Betroffene bei der Erkrankung idealerweise schon frühzeitig einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von anderen Beschwerden oder Komplikationen zu verhindern.
Es kann keine Selbstheilung eintreten, sodass eine Behandlung durch einen Arzt rechtzeitig eingeleitet werden sollte. Nur so können verschiedene Fehlbildungen des Kindes verhindert werden. In den meisten Fällen können die Beschwerden der Schwangerschaftsdiabetes relativ gut wieder gelindert werden, wenn die Ernährung entsprechend umgestellt wird. Dabei sollte die Betroffene auf Zucker und Weißbrot verzichten und im Allgemeinen auf eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung achten.
Regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen durch einen Arzt sind sehr wichtig, um weitere Beschwerden früh zu erkennen. In einigen Fällen kann die Krankheit auch durch die Gabe von Insulin wieder vollständig geheilt werden, sodass danach auch keine besonderen Maßnahmen der Nachsorge mehr notwendig sind. Der Schwangerschaftsdiabetes verringert dabei nicht die Lebenserwartung des Patienten und schränkt diese in der Regel auch nicht ein.
Das können Sie selbst tun
Oft lässt sich der Blutzuckerspiegel bei einem Schwangerschaftsdiabetes schon mit einer Umstellung der Ernährung und körperlicher Aktivität normalisieren. Eine individuelle Ernährungsberatung sollten Schwangere mit dieser Diagnose unbedingt in Anspruch nehmen.
Bei Schwangerschaftsdiabetes sollte die tägliche Energiemenge in Abhängigkeit der Essgewohnheiten, des Tagesablaufs sowie des Körpergewichts zwischen 1.800 und 2.400 Kilokalorien betragen. Bei der Ernährung sollten schwangere Frauen darauf achten, dass die tägliche Kohlenhydratzufuhr bei 40 bis 50 Prozent liegt und vor allem aus langsam resorbierbaren Kohlenhydraten (z. B. Vollkornprodukte) besteht. Auf Weißmehlprodukte, Fruchtsäfte und Süßwaren sollte eine werdende Mutter mit Schwangerschaftsdiabetes verzichten, denn durch die Lebensmittel steigt der Blutzucker übermäßig schnell und stark an. Um dies zu vermeiden, ist es weiterhin sinnvoll, etwa 30 Gramm Ballaststoffe täglich in Form von Vollkornprodukten, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten zu verzehren.
Desweiteren wird dazu geraten, bevorzugt pflanzliche Fette zu verzehren und den Eiweißbedarf mit fettarmen Milch- und Milchprodukten sowie fettarmen Fleisch- und Wurstwaren zu decken. Um Blutzuckerspitzen nach einer Mahlzeit zu vermeiden, sind fünf bis sieben kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt ratsam. Für übergewichtige Schwangere gilt – ganz gleich ob mit oder ohne Schwangerschaftsdiabetes – ein Diät-Verbot.
Neben der Ernährung ist regelmäßige Bewegung das A & O. Sport in Maßen kann dazu beitragen, einen erhöhten Blutzuckerspiegelauf natürliche Weise zu senken.
Quellen
- Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
- Hiort, O., Danne, T., Wabitsch, M. (Hrsg.): Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie. Springer, Berlin 2010
- Stiefel, A., Geist, C., Harder, U.: Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. Hippokrates, Stuttgart 2012