Dyschondrosteose Léri Weill

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Dyschondrosteose Léri Weill handelt es sich um eine Erkrankung mit genetischen Ursachen. Die Dyschondrosteose Léri Weill wird zur Kategorie der Skelettdysplasien gezählt. Das typische Kennzeichen der Krankheit ist ein Kleinwuchs, der zudem disproportioniert ist. Dabei sind die mittleren Abschnitte der Extremitäten symmetrisch verkürzt. Gleichzeitig kommt es im Rahmen der Dyschondrosteose Léri Weill zu einer sogenannten Madelung-Deformität.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Dyschondrosteose Léri Weill?

Die Anomalien der Knochen fallen bei weiblichen Betroffenen in der Regel stärker aus als bei Männern. Außerdem sind sie erst nach der Geburt sichtbar. Am stärksten sind die Skelettmerkmale bei frühreifen Patienten ausgeprägt.
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Die Dyschondrosteose Léri Weill wird synonym auch Léri-Weill-Syndrom oder Lamy-Bienefeld-Syndrom genannt. Grundsätzlich leitet sich der Name von den beiden Personen ab, die die Erkrankung 1929 zum ersten Mal beschrieben. Neben dem Kleinwuchs stellt die Madelung-Deformität ein charakteristisches Symptom dar, das sich vor allem am Handgelenk zeigt.

Die Häufigkeit der Dyschondrosteose Léri Weill ist bisher unbekannt. Die mittleren Bereiche von Unterschenkel- und Unterarmknochen sind verkürzt. Während diese Verkürzung schon bei Neugeborenen auftritt, entwickelt sich die Madelung-Deformität in manchen Fällen erst während der Phase der Pubertät. Grundsätzlich zeigt sie sich jedoch an beiden Seiten. Neben einer Verkürzung der Gliedmaßen sind diese oft auch verbogen.

Dies beeinträchtigt in der Regel die Beweglichkeit. Die Dyschondrosteose Léri Weill variiert in ihrer Ausprägung von Person zu Person. Bei Frauen verläuft die Krankheit oftmals jedoch schwerer als bei männlichen Patienten. Männer verfügen im Rahmen der Erkrankung über eine athletische Statur, da hier auch eine Muskelhypertrophie vorliegt. Die betroffenen Personen sind durchschnittlich intelligent.

Ursachen

Die Dyschondrosteose Léri Weill stellt eine Erbkrankheit dar und wird durch eine Mutation auf einem bestimmten Gen hervorgerufen. Die Krankheit wird autosomal-dominant vererbt. Dabei sind Frauen öfter und stärker von der Krankheit betroffen als männliche Patienten. An den Mutationen beteiligt ist das sogenannte SHOX-Gen. Veränderungen in diesem Genbereich führen unter Umständen auch zu einer Mesomelen Dysplasie Typ Langer.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome und Beschwerden der Dyschondrosteose Léri Weill sind sehr auffällig. Die betroffenen Personen leiden unter Kleinwuchs, der mit charakteristischen Merkmalen des Skeletts verbunden ist. Der überwiegende Teil der Erkrankten weist Mutationen auf dem SHOX-Gen auf.

Die Deformitäten der Knochen unterscheiden sich jedoch stark von Patient zu Patient. Kennzeichnend für die Dyschondrosteose Léri Weill ist jedoch eine Brachymetacarpie in Verbindung mit einem Cubitus valgus. Außerdem entwickelt sich meist eine Madelung-Deformität an beiden Handgelenken. Auch eine Mesomelie ist möglich.

Die Anomalien der Knochen fallen bei weiblichen Betroffenen in der Regel stärker aus als bei Männern. Außerdem sind sie erst nach der Geburt sichtbar. Am stärksten sind die Skelettmerkmale bei frühreifen Patienten ausgeprägt. Grundsätzlich entsteht die Madelung-Deformität, indem sich die Wachstumsfugen im prämaturen Stadium miteinander verbinden.

Wenn das SHOX-Gen heterozygot ausfällt, wird die Entwicklung des Skeletts bereits vor der Geburt beeinträchtigt. Nach der Geburt ist die Entwicklung davon abhängig, ob die jeweilige Person von der Dyschondrosteose Léri Weill betroffen ist. Der überwiegende Teil der an Dyschondrosteose Léri Weill erkrankten Patienten wächst kontinuierlich.

Die endgültige Körpergröße ist circa zwölf Zentimeter kleiner als die durchschnittliche Größe bei gesunden Personen. Die ungewöhnlich geringe Körpergröße tritt bei den Patienten mit Dyschondrosteose Léri Weill vor allem ab der Pubertät in Erscheinung. Ab dieser Phase verlangsamt sich das Wachstum stark. Eine weitere Ausprägung der Dyschondrosteose Léri Weill stellt das sogenannte Langer-Syndrom dar. Dieses verläuft phänotypisch jedoch deutlich schwerer.


Diagnose

In zahlreichen Fällen ist die Dyschondrosteose Léri Weill bereits unmittelbar nach der Geburt bei neugeborenen Babys sichtbar. Hier zeigen sich zum Beispiel die Verkürzungen der Extremitäten und eventuell auch Verbiegungen. Spätestens ab der Pubertät wird der Kleinwuchs der betroffenen Patienten deutlich, da das Wachstum nur noch sehr langsam erfolgt.

Wenn der Verdacht auf das Vorliegen der Dyschondrosteose Léri Weill besteht, ist ein Arzt auszusuchen. Der Spezialist führt mit dem Patienten eine Anamnese durch. Da die Dyschondrosteose Léri Weill vererbt wird, ist eine gründliche Familienanamnese sehr wichtig. Anschließend finden diverse klinische Untersuchungen statt. Besonders wichtig sind hierbei Röntgenuntersuchungen des Skeletts.

Sicher diagnostizieren lässt sich die Dyschondrosteose Léri Weill mit Hilfe einer genetischen Analyse. Dadurch wird die Mutation auf dem SHOX-Gen nachgewiesen. Bei bestimmten Genuntersuchungen dauert es circa drei Wochen, bis ein Ergebnis vorliegt. Möglich ist darüber hinaus die Durchführung zytogenetischer Analysen. Auch eine Differenzialdiagnose ist bedeutsam, wobei die Dyschondrosteose Léri Weill in erster Linie vom Turner-Syndrom zu unterscheiden ist.

Komplikationen

Durch die Dyschondrosteose Léri Weill kommt es zu unterschiedlichen Fehlbildungen am Körper und zu einem Kleinwuchs. Kinder können aufgrund der Fehlbildungen Opfer von Hänseleien und Mobbing werden und leiden dabei nicht selten an psychischen Beschwerden. Die Extremitäten sind dabei oft unsymmetrisch ausgeprägt und mit einer Bewegungseinschränkung verbunden.

Die Fehlbildungen unterscheiden sich allerdings bei den meisten Patienten, sodass keine allgemeine Voraussage der Komplikationen möglich ist. Auch die Handgelenke sind oft deformiert und es kommt zu einem Minderwuchs des Patienten. Durch die Fehlbildungen können verschiedene Tätigkeiten des Alltages eingeschränkt sein, sodass der Betroffene auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen ist und an einer verringerten Lebensqualität leidet.

Eine kausale Behandlung der Dyschondrosteose Léri Weill ist leider nicht möglich. Der Patient muss daher sein gesamtes Leben mit den Symptomen und Beschwerden verbringen. Es ist allerdings möglich, die Handgelenke zu unterstützen und zu entlasten. Dabei kommt es in der Regel zu keinen weiteren Komplikationen oder Beschwerden. Notwendige operative Eingriffe können dabei schon im jungen Alter des Patienten durchgeführt werden und werden oft durch physiotherapeutische Maßnahmen begleitet.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die Dyschondrosteose Léri Weill wird in den meisten Fällen unmittelbar nach der Geburt diagnostiziert. Ob abseits der üblichen Therapiemaßnahmen weitere Arztbesuche erforderlich sind, hängt von der Schwere der Symptome ab. Notwendige operative Eingriffe können bereits im Kindesalter durchgeführt werden und sind oft durch physiotherapeutische Maßnahmen gestützt. Sollte es trotz einer chirurgischen Behandlung zu Problemen im Alltag kommen, muss mit dem zuständigen Arzt gesprochen werden. Unter Umständen muss der Patient längerfristig oder dauerhaft bei den alltäglichen Aufgaben unterstützt werden.

Bei Stürzen und Unfällen in Folge der Fehlbildungen sollte der ärztliche Notdienst kontaktiert werden bzw. muss der Betroffene in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht werden. Wenn das Kind aufgrund der Fehlbildungen Mobbing und Hänseleien ausgesetzt ist, muss ein Therapeut hinzugezogen werden. Bei ernsten psychischen Beschwerden ist eine längerfristige psychologische und ärztliche Betreuung sinnvoll. Diese Maßnahmen müssen unter Umständen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden. Neben dem Hausarzt kann bei Dyschondrosteose Léri Weill außerdem ein Facharzt für Erbkrankheiten hinzugezogen werden.

Behandlung & Therapie

Die Therapie der Dyschondrosteose Léri Weill erfolgt symptomatisch, da eine Beseitigung der Ursachen nicht möglich ist. Um das Handgelenk zu schützen, kommen Stützen, Splints oder weitere ergonomische Hilfsmittel zum Einsatz. Teilweise wird ein operativer Eingriff durchgeführt, um die Funktionen des Gelenks wiederherzustellen.

Eine entsprechende Operation wird in erster Linie im Kindesalter durchgeführt. Dadurch werden gleichzeitig Schmerzen gelindert. Außerdem spielt auch die Physiotherapie eine wichtige Rolle. Wichtig sind zudem regelmäßige Kontrolluntersuchungen des Patienten bei den entsprechenden Fachärzten.

Aussicht & Prognose

Eine ursächliche Behandlung der Dyschondrosteose Léri Weill ist nicht möglich, da es sich bei dieser Erkrankung um eine genetische Krankheit handelt. Daher sind die Betroffenen auf eine rein symptomatische Behandlung angewiesen, die die Beschwerden zwar lindern, allerdings nicht vollständig einschränken kann.

Sollte die Dyschondrosteose Léri Weill nicht behandelt werde, so schränken die Beschwerden den Alltag des Patienten extrem ein. Durch die verkürzten Extremitäten und das kontinuierliche Wachstum kommt es zu Bewegungseinschränkungen und damit zu Entwicklungsstörungen bei Kindern. Auch die Pubertät setzt dabei früh ein, sodass es im Erwachsenenalter zu Komplikationen kommen kann.

Die Betroffenen leiden am gesamten Körper an einem Fehlwachstum und damit häufig auch an Hänseleien oder auch an Mobbing. Aus diesem Grund sollten die Beschwerden schon früh behandelt werden, um psychische Verstimmungen und Depressionen zu vermeiden.

In der Regel kann die Krankheit durch verschiedene operative Eingriffe und Maßnahmen der Physiotherapie gelindert werden. Eine vollständige Heilung wird dadurch jedoch nicht erreicht. Der Griff des Handgelenkes kann in der Regel wiederhergestellt werden, sodass es im Alltag zu keinen Einschränkungen kommt. Die Lebenserwartung wird durch das Syndrom meist nicht beeinflusst.


Vorbeugung

Es existieren derzeit keinerlei Maßnahmen oder Möglichkeiten zur Vorbeugung der Dyschondrosteose Léri Weill, da es sich um eine vererbte Erkrankung handelt. Deshalb ist eine rechtzeitige Diagnose mit anschließender Therapie besonders relevant, da dadurch beispielsweise die Beeinträchtigung des Handgelenks reduziert wird.

Das können Sie selbst tun

Die Dyschondrosteose Léri Weill ist eine genetische Erkrankung, bei der aus eigenen Kräften keine Veränderungen der Mutationen erzielt werden können. Die Maßnahmen einer Selbsthilfe beschränken sich auf die alltäglichen Verbesserungsmöglichkeiten im Umgang mit der Krankheit.

Kinder, die mit der Fehlbildung geboren werden, sollten rechtzeitig über die Erkrankung, deren Eigenschaften und Auswirkungen aufgeklärt werden. Sofern das Kind nicht adoptiert wurde, können ebenfalls betroffene Familienmitglieder von ihren Erfahrungen berichten und sollten dem Kind Mut zusprechen. Der Umgang mit den täglichen Herausforderungen kann gemeinsam geübt werden, damit das Kind nicht unvorbereitet in bestimmte Situationen kommt, die emotional belastend oder überfordernd sein können.

Bei seelischen oder psychischen Problemen können Gespräche geführt werden und das Selbstbewusstsein des Kindes gefördert werden. Hilfreich ist das Durchführen von Aktivitäten, bei denen das erkrankte Kind seine Stärken zeigen und weiter fördern kann. Im Alltag spielt die Erkrankung eine wesentliche Rolle. Dennoch kann es sehr entlastend sein, wenn auch anderen Themen und Entwicklungen ausreichend Raum und Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Das Bewusstsein für Ereignisse außerhalb des eigenen Lebens oder der eigenen Wohlfühlzone helfen dabei, um Ablenkungen zu haben und neue Erfahrungen zu sammeln. Gleichzeitig sind der Austausch mit ebenfalls Erkrankten oder die Teilnahme an Selbsthilfegruppen Möglichkeiten, für eine Verbesserung der Lebensqualität.

Quellen

  • Agarwal-Kozlowski, K.: Ganzheitliche Schmerztherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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