Physiotherapie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Physiotherapie ist eine Behandlungsform, die vor allem Personen zuteil wird, die von Einschränkungen des Bewegungsapparates betroffen sind. Innerhalb Deutschlands wurde die Physiotherapie bis in das Jahr 1994 noch offiziell als Krankengymnastik bezeichnet.
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Was ist Physiotherapie?
Eine Physiotherapie wird in der Regel durchgeführt von speziell ausgebildetem Fachpersonal, den sogenannten Physiotherapeuten. Die Physiotherapie fällt als Beruf in die Gruppe der Gesundheitsfachberufe.
Über die Notwendigkeit einer Physiotherapie bei einem Patienten entscheidet in der Regel ein behandelnder Arzt. Durch den Arzt wird dann ein entsprechendes Rezept ausgestellt.
Unabhängig von einer bescheinigten medizinischen Indikation kann Physiotherapie aber auch privat in Anspruch genommen werden. Der Therapieplan einer individuellen Physiotherapie richtet sich in der Regel nach den Beschwerden, die vom Patienten geäußert werden und nach den Beobachtungen, die ein Physiotherapeut im Laufe der Behandlung macht.
Einsatz & Indikation
Physiotherapie wird durchgeführt, um eine Vielzahl von Beschwerden und Zuständen zu behandeln, die die Beweglichkeit und Funktionalität des Körpers betreffen. Sie wird notwendig, wenn Personen Verletzungen, Erkrankungen oder Störungen erleiden, die ihre körperliche Bewegung und Lebensqualität beeinträchtigen.
Ein Hauptgrund für die Notwendigkeit einer Physiotherapie sind muskuloskelettale Verletzungen wie Knochenbrüche, Sehnenentzündungen oder Rückenprobleme. Diese können durch Unfälle, Überbeanspruchung oder im Rahmen sportlicher Aktivitäten auftreten. Physiotherapie hilft dabei, Schmerzen zu reduzieren, die Heilung zu fördern und die normale Funktion wiederherzustellen.
Chronische Erkrankungen wie Arthritis, multiple Sklerose oder Parkinson-Krankheit können ebenfalls eine physiotherapeutische Behandlung erfordern. In diesen Fällen zielt die Therapie darauf ab, die Beweglichkeit zu erhalten oder zu verbessern, Muskelkraft zu fördern und weiterem körperlichen Abbau entgegenzuwirken.
Darüber hinaus ist Physiotherapie ein zentraler Bestandteil der Rehabilitation nach größeren chirurgischen Eingriffen, wie z.B. Gelenkersatz oder Herzoperationen. Durch gezielte Übungen und Techniken unterstützt die Physiotherapie den Erholungsprozess, verbessert die Funktion und hilft den Patienten, schneller zu ihrer normalen Aktivität zurückzukehren.
In allen diesen Fällen arbeitet der Physiotherapeut eng mit dem Patienten zusammen, um individuell angepasste Therapiepläne zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Ziele des Patienten zugeschnitten sind.
Vorteile & Nutzen
Physiotherapie bietet gegenüber anderen Behandlungsmethoden mehrere einzigartige Vorteile, die sie zu einer bevorzugten Wahl in vielen klinischen Situationen machen. Einer der Hauptvorteile ist die Fähigkeit der Physiotherapie, eine nicht-invasive und medikamentenfreie Behandlungsoption zu bieten. Dies minimiert das Risiko von Nebenwirkungen, die häufig mit Schmerzmitteln und chirurgischen Eingriffen verbunden sind.
Ein weiterer Vorteil der Physiotherapie ist ihre ganzheitliche Herangehensweise. Sie berücksichtigt den gesamten Körper und nicht nur die spezifischen Symptome oder Erkrankungen. Physiotherapeuten arbeiten daran, die Ursache der Beschwerden zu identifizieren und zu behandeln, was zu langfristigeren Lösungen führt, statt nur kurzfristige Linderung zu verschaffen. Dies fördert die Selbstständigkeit des Patienten und dessen aktive Beteiligung an der eigenen Genesung, was das allgemeine Wohlbefinden verbessert.
Zudem fördert die Physiotherapie die Bewegung und körperliche Aktivität, was grundlegend für die Prävention und Behandlung vieler chronischer Erkrankungen ist. Sie stärkt die Muskulatur, verbessert die Koordination und erhöht die Flexibilität, was insgesamt zu einer besseren Lebensqualität beiträgt.
Durch die individuelle Anpassung der Therapie an die Bedürfnisse jedes Patienten ermöglicht die Physiotherapie zielgerichtete Behandlungen, die auf die speziellen Bedingungen und Ziele des Einzelnen abgestimmt sind. Dadurch wird eine effektivere und patientenzentrierte Versorgung ermöglicht.
Durchführung & Ablauf
Der Ablauf einer Physiotherapie beginnt typischerweise mit einer ausführlichen Anamnese und Untersuchung durch den Physiotherapeuten, um die spezifischen Bedürfnisse und Beschwerden des Patienten zu verstehen. Diese erste Evaluation umfasst oft eine Diskussion über die medizinische Vorgeschichte, aktuelle Symptome, Lebensgewohnheiten und das allgemeine Aktivitätsniveau des Patienten.
Nach der Erstbewertung entwickelt der Physiotherapeut einen individuellen Behandlungsplan, der auf die spezifischen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt ist. Dieser Plan kann eine Kombination aus manuellen Techniken, wie Massage und Gelenkmobilisation, Übungen zur Steigerung der Beweglichkeit und Stärke sowie spezielle therapeutische Methoden wie Ultraschalltherapie oder Elektrostimulation umfassen.
Die Behandlung findet in einer dafür eingerichteten Praxis statt, wo oft spezielle Therapieliegen verwendet werden, um bestimmte Behandlungen effizient und sicher durchzuführen. Diese Liegen sind so konzipiert, dass sie während der Therapie optimalen Komfort und Unterstützung bieten und gleichzeitig den Physiotherapeuten erlauben, effektive Behandlungen durchzuführen.
Übungen und Techniken werden während der Sitzungen unter Anleitung des Therapeuten durchgeführt, der kontinuierlich Feedback gibt und die Technik des Patienten überwacht, um sicherzustellen, dass die Übungen korrekt und wirksam sind. Abschließend gibt der Physiotherapeut oft auch Hausaufgaben und Tipps mit auf den Weg, um die Therapieerfolge zu maximieren und die Selbstständigkeit des Patienten zu fördern.
Funktion, Wirkung & Ziele
In der Behandlung von Patienten deckt die Physiotherapie verschiedene Facetten ab. So wird im Rahmen der Physiotherapie nicht nur die Behandlung körperlicher Beschwerden berücksichtigt, sondern auch das Steigern der Eigenmotivation eines Patienten und das Vermitteln von Wissen, das dem Patienten bei seiner individuellen Beschwerdelage hilfreich sein kann.
Angewandt werden kann die Physiotherapie sowohl bei akuten Beschwerdelagen als auch in der Prävention oder im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen. Auch die Spanne der medizinischen Bereiche, in denen die Physiotherapie zum Einsatz kommt, ist groß. Meist wird die Physiotherapie dabei von Patienten aus dem Bereich der Orthopädie in Anspruch genommen. Diese Patienten weisen in den häufigsten Fällen Rückenbeschwerden auf.
Hier geben Physiotherapeuten den Patienten unter anderem hilfreiche Übungen und Bewegungsmuster an die Hand und trainieren diese gemeinsam. Außerdem wird die Physiotherapie im orthopädischen Bereich beispielsweise eingesetzt zur Mobilisation nach Knochenbrüchen, nach dem Einsatz künstlicher Gelenke, nach Gelenkerkrankungen oder auch nach Amputationen.
Einer Aufrechterhaltung der körperlichen Mobilität dient die Physiotherapie im orthopädischen Bereich unter anderem bei Erkrankungen wie der Arthrose (Gelenkverschleiß) oder entzündlichen Gelenkerkrankungen wie Rheuma. Anwendung findet die Physiotherapie außerdem im Bereich der Neurologie. Hier ziehen unter anderem Patienten Nutzen, die von Erkrankungen wie Parkinson oder Multiple Sklerose betroffen sind.
Ziele einer entsprechenden Physiotherapie liegen je nach individuellem Beschwerdebild in einem Aufrechterhalten verschiedener Alltagsfähigkeiten wie beispielsweise dem Greifen, Stehen oder Gehen. Gezielte Physiotherapie kann beispielsweise nach einem erlittenen Schlaganfall zu einer graduellen Wiederherstellung von motorischen Fähigkeiten beitragen, die durch den Schlaganfall beeinträchtigt wurden.
Des Weiteren wird die Physiotherapie eingesetzt zur Behandlung von Kindern, die unter Entwicklungsstörungen leiden oder zur Linderung der Symptome bei Atemwegserkrankungen. Hier werden beispielsweise Atemtechniken erlernt. Und schließlich findet die Physiotherapie auch Anwendung bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen und im weiten Bereich der Psychiatrie. In letzterem Fall kann die Physiotherapie etwa zu einem aktiveren Alltag beitragen.
Nebenwirkungen & Gefahren
Damit von einer Physiotherapie keine Gefahren oder Nebenwirkungen ausgehen, ist es wichtig, den Behandlungsplan durch einen kompetenten Physiotherapeuten erstellen zu lassen. Wichtig ist dabei unter anderem, dass die Belastungen, die durch Maßnahmen der Physiotherapie auf den Körper eines Patienten ausgeübt werden, auch den entsprechenden Kapazitäten des Patienten entsprechen.
Ist dies nicht der Fall, so kann es nach physiotherapeutischen Maßnahmen beispielsweise zu Muskelkater kommen. Werden entsprechende Vorsichtsmaßnahmen in der Physiotherapie nicht eingehalten, so kann es bei einer Person mit instabiler Körperhaltung außerdem während des Durchführens gymnastischer Übungen zu Sturzverletzungen kommen.
Auch Blutergüsse können eine Folge von nicht sachgemäß durchgeführten Maßnahmen in der Physiotherapie sein. Zu Schädigungen kann es des Weiteren etwa kommen, wenn ein Patient nach einer Knochenverletzung wenig Eigenverantwortlichkeit zeigt und den verletzten Körperbereich stärker belastet als ihm während einer Physiotherapie vermittelt wurde. Dies kann unter anderem zu einer Verschlimmerung der Knochenschädigung führen.
Nebenwirkungen können sich außerdem ergeben, wenn im Rahmen einer Physiotherapie beispielsweise Massagetechniken angewandt werden. Ist der Körper nicht ausreichend auf die Massage vorbereitet oder erfolgt ein Massagegriff in nicht sachgemäßer Weise, können schmerzhafte Verspannungen die Folge sein.
Alternativen
Wenn Physiotherapie nicht möglich oder nicht ausreichend ist, können alternative Verfahren in Betracht gezogen werden, die ebenfalls darauf abzielen, die körperliche Funktion und das Wohlbefinden zu verbessern. Zu diesen Alternativen zählen:
Ergotherapie: Diese konzentriert sich mehr auf die Verbesserung der täglichen Aktivitäten und Lebensqualität des Patienten durch spezielle Übungen und den Einsatz von Hilfsmitteln. Ergotherapie ist besonders nützlich für Personen mit dauerhaften Beeinträchtigungen, die ihre Selbstständigkeit und Fähigkeit, alltägliche Aufgaben zu erledigen, verbessern möchten.
Osteopathie: Osteopathie verwendet manuelle Behandlungstechniken, um das muskuloskelettale System zu verbessern, jedoch mit einem ganzheitlicheren Ansatz, der auch die Körperstrukturen und -funktionen einbezieht. Dies kann eine Option für Patienten sein, die manuelle Therapie benötigen, aber auf traditionelle Physiotherapie empfindlich reagieren.
Chiropraktik: Diese Methode fokussiert sich auf die Diagnose, Behandlung und Prävention von mechanischen Störungen des Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule. Chiropraktiker verwenden spezielle Techniken zur Manipulation der Wirbelsäule, um Schmerzen zu lindern und die Funktion zu verbessern.
Akupunktur: Diese traditionelle chinesische Medizinmethode kann zur Schmerzlinderung und Behandlung einer Vielzahl von Beschwerden eingesetzt werden. Durch das Einführen feiner Nadeln an spezifischen Punkten am Körper wird angestrebt, den Fluss der Lebensenergie (Qi) zu verbessern und das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen.
Aquatherapie: Auch bekannt als Hydrotherapie, nutzt die heilenden Eigenschaften des Wassers, um Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit zu fördern. Diese Methode ist besonders vorteilhaft für Patienten, die aufgrund von Schmerzen oder Übergewicht belastende Übungen vermeiden müssen.
Diese alternativen Ansätze bieten unterschiedliche Perspektiven und Methoden zur Behandlung und können eine wertvolle Ergänzung oder Alternative zur herkömmlichen Physiotherapie darstellen, insbesondere wenn diese nicht angewendet werden kann oder der Patient spezielle Bedürfnisse hat.
Quellen
- Diemer, F., Sutor, V.: Praxis der medizinischen Trainingstherapie. Thieme, Stuttgart 2011
- Engelhardt, M. (Hrsg.): Sportverletzungen – Diagnose, Management und Begleitmaßnahmen. Urban & Fischer, München 2009
- Hüter-Becker, A., Dölken, M.: Physiotherapie in der Orthopädie. Thieme, Stuttgart 2015