Giftige Quallen: Tipps zur richtigen Behandlung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Qualle oder Meduse wird das freischwimmende Stadium von Nesseltieren bezeichnet. Die überwiegende Mehrheit der Quallenarten sind Meeresbewohner. Nur wenige Arten leben als Süßwasserquallen in Flüssen und Seen. Kennzeichnend sind ihre mit Nesselzellen besetzten Tentakel. Die Nesselzellen platzen bei Berührung mit der Haut, verletzen diese durch winzige stilettartige Strukturen und Nesselgift dringt durch die winzigen Verletzungen in die Haut ein.
Nesselgifte bestehen aus einem Cocktail verschiedener Nervengifte, die je nach Quallenart leichte Verbrennungen bis unmittelbar lebensgefährliche Vergiftungen mit Atemlähmung und Herzstillstand auslösen können. Bei Verbrennung durch giftige Quallen gilt es, um die richtige Behandlung zu wissen.
Wie macht sich ein Quallenstich bemerkbar?
Sogenannte Quallenstiche, auch als Quallenverbrennungen bezeichnet, werden von geplatzten Nesselzellen verursacht. Die Verletzungen machen sich in der Regel durch brennende und schmerzhafte Hautrötungen bemerkbar, aus denen sich häufig lokale Schwellungen oder auch Blasen entwickeln, die ein wenig an Brandblasen erinnern.
Andere systemische Symptome wie Übelkeit mit Erbrechen oder Kreislaufkollaps wurden ebenfalls beobachtet, sind aber eher selten. In Ausnahmefällen kann das aufgenommene Neurotoxin auch zu einer Desorientierung und Verwirrtheit führen. Der Vorgang des „Quallenstichs“ verläuft völlig passiv und automatisch bei Berührung der Nesselzellen mit der Haut.
Das bedeutet, dass auch die Nesselzellen abgetrennter Tentakel für längere Zeit aktiv bleiben, solange sie nicht völlig ausgetrocknet sind. Daher ist auch bei angeschwemmten Quallen oder einzelnen Tentakeln höchste Vorsicht geboten. Eine Berührung mit möglicherweise noch anhaftenden Nesselzellen sollte vorsichtshalber vermieden werden.
Vier Tipps als erste Hilfe
Nach neueren Erkenntnissen sollte im Gegensatz zu früheren Empfehlungen kein Essig verwendet werden, weil Essig die Aktivierung der Nesselzellen nicht etwa bremst, sondern sogar verstärkt, so dass bis zu 50 Prozent mehr Gift freigesetzt werden kann.
Ablöschen: Rasierschaum oder Rasiergel
Das Hauptproblem besteht häufig darin, Tentakelreste von der Haut zu entfernen, ohne dass die noch anhaftenden Nesselzellen platzen und die Situation verschlimmern. Bei einigen Quallenarten wie beispielsweise bei der Feuerqualle, die gelegentlich an verschiedenen Mittelmeerabschnitten gesichtet wird, bildet Rasierschaum ein probates Mittel.
Die sichtbaren Tentakel werden vorsichtig mit Rasierschaum eingesprüht. Erst nach Eintrocknen des Schaums kann er vorsichtig zusammen mit den Tentakeln abgekratzt werden. Falls keines der obigen Hilfsmittel zur Verfügung steht, können die anhaftenden Tentakel mit trockenem Sand bedeckt werden, der anschließend vorsichtig wieder mit den Tentakeln entfernt wird.
Die Tentakeln vorsichtig vom Körper entfernen
Der Versuch, nach einer der vorgeschlagenen Vorbehandlungen die Tentakel von der Haut zu entfernen, sollte nicht mit bloßen Händen erfolgen, sondern ausschließlich mit Handschuhen. Falls keine Handschuhe zur Verfügung stehen, kann alternativ auch ein Handtuch benutzt werden. Als brauchbare Instrumente zum vorsichtigen Abkratzen der restlichen Tentakel haben sich Messerrücken, Spatel oder ähnliche Gegenstände erwiesen.
Diese sollten im Winkel von etwa 30 Grad über die Haut geführt werden. Wichtig ist dabei, dass der benutzte Gegenstand eine nicht zu scharfe Kante aufweist, mit der die Tentakel entfernt werden können. Falls derartige Gegenstände am Strand nicht zur Verfügung stehen, ist eine gewisse Kreativität gefordert. Beispielsweise können auch mitgeführte Kreditkarten oder Mitgliedsausweise in Kreditkartenformat Verwendung finden.
Schmerzmittel helfen
Stiche von Nesselquallen können sehr schmerzhaft sein. Es ist durchaus empfehlenswert, zur symptomatischen Verminderung der Schmerzen, Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol, die auch bei Muskel- und Rückenschmerzen verschrieben werden, einzunehmen.
Was Sie unbedingt vermeiden sollten: Essig, Süßwasser, Alkohol
Auf keinen Fall darf Süßwasser (Trinkwasser) oder mit Kohlensäure versetztes Mineralwasser verwendet werden, weil aufgrund des osmotischen Druckgefälles die ohnehin unter Druck stehenden Nesselzellen Süßwasser in sich aufnehmen würden. Ein sofortiges Platzen mit dem Effekt weiterer Quallenstiche wäre die Folge. Aus obigem Grund darf für das Abwaschen der betroffenen Hautstellen auch kein Alkohol oder ein alkoholisches Getränk verwendet werden, sondern es kommt ausschließlich Salzwasser in Frage.
Wie oben ausgeführt, war auch die frühere Empfehlung, Quallenverbrennungen mit Essig abzuspülen absolut kontraproduktiv, weil die Nesselzellen durch den Essig nicht – wie bisher angenommen – inaktiviert werden, sondern sogar vermehrt Gift verschießen.
Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gilt daher, auf keinen Fall Essig zu verwenden, auch nicht bei Stichen durch die hochgiftigen Würfelqualle oder „Seewespe“. Auch frühere Empfehlungen, Quallenverbrennungen notfalls mit menschlichem Urin zu behandeln, sind offensichtlich nicht mehr haltbar.
Die Nachbehandlung
Nach der Entfernung sämtlicher Tentakel und ihrer Nesselzellen können die „verbrannten“ Hautareale mit warmem Süßwasser gereinigt und eventuell mit Kompressen oder einem Mullverband vor Infektionen oder mechanischen Reizungen geschützt werden.
Eine anschließende Kühlung mit Eis hilft, Schmerzen und Entzündungsreaktionen einzudämmen. Zur Reduzierung des Juckreizes und allergischer Reaktionen werden Antihistaminika empfohlen für äußere lokale Anwendung und für innerliche systemische Wirkungen.
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Über Risikogebiete informieren
Meist ist das Auftreten der Quallen bekannt, so dass entsprechende Strandabschnitte gemieden werden können. Mittlerweile werden in Australien auch sogenannte Stinger Suits angeboten, die Schutz gegen die gefährlichen Würfelquallen und Seewespen bieten, die sich hauptsächlich in australischen Gewässern zeigen.
Weitere Bewohner tropischer und subtropischer Meere sind die Portugiesische Galeere und die Kompassqualle. Auch das Mittelmeer bleibt nicht verschont. Es zeigen sich vor allem Leuchtquallen (Pelagia noctiluca) sowie Haarquallen und Kompassquallen. Vereinzelt wurde im Mittelmeer auch die Portugiesische Galeere (Phisalia physalis) gesichtet, deren Giftcocktail schwerwiegende Schäden bis hin zum Herzstillstand verursachen kann.