Hörgeräte

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Medizinprodukte Hörgeräte

Als Hörgeräte bezeichnen Experten akustische Hilfsmittel bzw. Medizinprodukte, die dazu eingesetzt werden, einen teilweisen Hörverlust bei Menschen auszugleichen. Da auf diese Weise auch eine erhöhte soziale Eingliederung Schwerhöriger erreicht wird, tragen die Krankenkassen in Deutschland meist die Kosten für ein individuell angepasstes Hörgerät.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Hörgerät?

Hörgeräte gibt es in verschiedenen Bauformen. Gängigste Modelle sind meist analoge Hinter-dem-Ohr-Geräte. Hörverluste und Schwerhörigkeit können damit ausgeglichen werden. Sie erleichtern den Alltag Hörgeschädigter enorm.

Ein Hörgerät ist ein spezielles Hilfsmittel, das in der Lage ist, am bzw. im Ohr Töne zu verstärken. So ermöglicht es schwerhörigen Menschen, besser und deutlicher zu hören und am Alltagsleben teilzuhaben. Je nach Grad der Schwerhörigkeit und Art der Schädigung können unterschiedliche Modelle zum Einsatz kommen.

Jedes Hörgerät muss individuell angepasst vom Akustiker werden, da sonst keine optimale Funktion gewährleistet werden kann. Heutzutage verfügen Hörgeräte über eine sehr komplexe Elektronik und können dennoch sehr klein gehalten werden, sodass sie oftmals kaum noch sichtbar sind.

Dennoch besteht in der Gesellschaft noch immer eine mangelnde Akzeptanz, was dazu führt, dass längst nicht jeder Hörgeschädigte eine solche akustische Hilfe trägt.

Geschichte

Die Geschichte der Hörgeräte beginnt im 17. Jahrhundert, als die ersten primitiven Hörhilfen entwickelt wurden. Diese frühen Geräte, sogenannte Hörrohre oder Ohrtrichter, waren trichterförmige Apparate aus Metall oder Holz, die Schallwellen direkt in das Ohr leiteten, um das Hören zu erleichtern.

Im 19. Jahrhundert führten Fortschritte in der Akustik und Technik zur Entwicklung mechanischer Hörgeräte. Diese waren kompakter und effektiver als die vorherigen Hörrohre. Der bedeutendste Fortschritt kam jedoch mit der Erfindung des Telefons durch Alexander Graham Bell im Jahr 1876, dessen Technologie die Grundlage für elektrische Hörgeräte legte.

Das erste elektrische Hörgerät wurde in den 1890er Jahren eingeführt. Es basierte auf Kohlemikrofon-Technologie und war groß und unhandlich. Der nächste große Fortschritt kam in den 1940er Jahren mit der Einführung des Transistors. Transistor-Hörgeräte waren kleiner, zuverlässiger und boten eine bessere Klangqualität als ihre Vorgänger.

In den 1970er Jahren brachten digitale Technologien eine Revolution in der Hörgerätebranche. Digitale Hörgeräte ermöglichten präzisere Klangverarbeitung und individuelle Anpassung an die spezifischen Hörbedürfnisse der Nutzer. Mikroprozessoren und fortschrittliche Softwaretechnologien führten zu weiteren Verbesserungen in der Klangqualität und Benutzerfreundlichkeit.

Heutzutage sind Hörgeräte hochentwickelte, miniaturisierte Geräte mit Funktionen wie Geräuschunterdrückung, drahtloser Konnektivität und automatischer Anpassung an verschiedene Hörumgebungen. Sie bieten Menschen mit Hörverlust eine verbesserte Lebensqualität und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Vorteile & Nutzen

Hörgeräte bieten gegenüber anderen Produkten zur Hörunterstützung zahlreiche Vorteile, die sie zu einer bevorzugten Wahl für Menschen mit Hörverlust machen. Ein wesentlicher Vorteil ist die maßgeschneiderte Anpassung. Hörgeräte werden individuell auf die spezifischen Hörbedürfnisse des Nutzers eingestellt. Audiologen verwenden detaillierte Hörtests, um die Geräte so zu kalibrieren, dass sie die spezifischen Frequenzen verstärken, die der Benutzer schwerer hört.

Ein weiterer Vorteil ist die fortschrittliche Technologie. Moderne Hörgeräte verfügen über digitale Signalverarbeitung, die Hintergrundgeräusche reduziert und Sprachverständlichkeit verbessert. Funktionen wie automatische Anpassung an verschiedene Hörumgebungen, Richtmikrofone und Feedback-Unterdrückung erhöhen den Hörkomfort erheblich.

Diskretion ist ebenfalls ein großer Vorteil. Viele Hörgeräte sind klein und nahezu unsichtbar, was sie ästhetisch ansprechender macht. Im-Ohr-Modelle und hinter-dem-Ohr-Modelle sind in verschiedenen Farben und Größen erhältlich, um den Bedürfnissen und Vorlieben der Benutzer gerecht zu werden.

Hörgeräte bieten auch konnektive Vorteile. Viele Modelle sind mit Bluetooth-Technologie ausgestattet, die es ermöglicht, sie mit Smartphones, Fernsehern und anderen Audiogeräten zu verbinden. Dies bietet eine verbesserte Hörqualität beim Telefonieren oder Musikhören und erhöht die Benutzerfreundlichkeit.

Zudem bieten Hörgeräte eine langfristige Lösung. Im Gegensatz zu anderen Hörhilfen, wie persönlichen Soundverstärkern, die oft billigere, nicht individuell anpassbare Geräte sind, sind Hörgeräte darauf ausgelegt, eine langfristige Verbesserung des Hörvermögens zu bieten. Sie sind robust und für den täglichen Gebrauch konzipiert, mit einer Lebensdauer von mehreren Jahren.

Zusammengefasst bieten Hörgeräte eine hochgradig personalisierte, technologisch fortschrittliche, diskrete und langfristige Lösung zur Verbesserung des Hörvermögens, die über die Möglichkeiten anderer Hörhilfen hinausgeht.

Formen, Arten & Typen

Hörgeräte gibt es in den verschiedensten Ausführungen. Sie werden grob in zwei Gruppen unterteilt. Sogenannte Hinter-dem-Ohr-Geräte werden, wie der Name bereits verdeutlicht, hinter der Ohrmuschel getragen. Diese verstärken den Schall mithilfe eines Ohrpassstücks, das über einen Schallschlauch verfügt.

Da diese Modelle verhältnismäßig viel Platz für die Elektronik haben, kann so eine vielfache Verstärkung stattfinden, und die Funktion des einzelnen Gerätes kann individuell an den Hörschaden angepasst werden. Im Gegensatz dazu liegen Im-Ohr-Geräte vollständig im Gehörgang der betroffenen Person.

Sie sind dadurch optisch sehr unauffällig, setzen aber auch eine gewisse Größe bzw. Weite des Gehörgangs voraus, um die gesamte Elektronik der kleinen Geräte darin unterbringen zu können.

Aufbau, Funktion & Wirkungsweise

Der Aufbau eines Hörgeräts hängt maßgeblich davon ab, welches Modell verwendet wird bzw. welches Gerät die individuelle Schwerhörigkeit optimal ausgleichen kann.

Grundsätzlich bestehen aber nahezu alle Hörgeräte aus einer möglichst kleinen technischen Vorrichtung, die den Schall verstärkt. Über einen Akku bzw. eine Batterie wird das Gerät mit notwendigem Strom versorgt (dieser muss regelmäßig erneuert werden). Jedes Hörgerät nimmt den Schall zunächst auf und wandelt ihn in einen verstärkten elektrischen Impuls um, der wiederum an das Ohr weitergegeben wird. Analoge Geräte arbeiten dabei etwa auf der Basis eines Transistors, während digitale Geräte wie ein kleiner Computer funktionieren.

Wird ein Hinter-dem-Ohr-Gerät getragen, befindet sich ein gekrümmtes Gehäuse mit dem Verstärker hinter dem Ohr des Betroffenen. Über einen Schallschlauch ist dieser mit dem Ohrstück verbunden, das im Gehörgang getragen wird. Im-Ohr-Geräte wird nur noch ein zumeist deutlich kleineres Gehäuse benötigt, das sich komplett im Gehörgang befindet.

Allerdings wird dadurch der Gehörgang nahezu vollständig verschlossen, was bei den Betroffenen beispielsweise dazu führen kann, dass sie ihre eigene Stimme als unnatürlich wahrnehmen.


Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen

In erster Linie erfüllen Hörgeräte den Zweck, einen teilweisen leichten bis schweren Hörverlust auszugleichen und das Hörvermögen des Betroffenen partiell bzw. sogar vollständig wiederherzustellen. Sie zählen daher in der Fachsprache nicht nur zu den akustischen Hilfsmitteln, sondern auch zu den sogenannten Medizinprodukten.

Da das Hörvermögen und die damit eng verbundene Sprachfähigkeit einen essenziellen Faktor im menschlichen Zusammenleben darstellt, kommt zu einer Verbesserung des Hörens neben dem rein medizinischen Aspekt auch eine soziale Komponente hinzu. Schwerhörigkeit bedeutet häufig eine gewisse Form von Isolation, da eine Interaktion, wie sie zwischen Menschen normalerweise stattfindet, nur einschränkt möglich ist.

Ein Hörgerät ermöglicht es schwerhörigen Menschen, besser und deutlicher zu hören und am Alltagsleben teilzuhaben.

Davon sind besonders auch Senioren betroffen, da die Hörfähigkeit im Alter oft nachlässt, aber auch junge Leute können unter Schwerhörigkeit leiden. Ihnen wird durch das Tragen eines Hörgeräts die Möglichkeit gegeben, am Alltagsleben teilzunehmen, soziale Kontakte aufzubauen und ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt zu finden.

Voraussetzung ist allerdings, dass das Hörgerät fachmännisch angepasst wurde und auch eine regelmäßige professionelle Wartung erfährt. Nur dann kann gewährleistet werden, dass das empfindliche Gerät keine Schäden nimmt und seine Funktion in jeder Situation optimal ausführen kann.

Anwendung & Sicherheit

Die Anwendung von Hörgeräten beginnt mit einer ausführlichen Höruntersuchung durch einen Audiologen, der den Grad und die Art des Hörverlusts bestimmt. Nach der Diagnose wählt der Audiologe das passende Hörgerät aus und passt es individuell an die Bedürfnisse des Patienten an. Diese Anpassung umfasst die Kalibrierung der Frequenzverstärkung, Lautstärkeregelung und andere spezifische Einstellungen, um das bestmögliche Hörerlebnis zu gewährleisten.

Die tägliche Anwendung eines Hörgeräts ist relativ einfach. Das Gerät wird je nach Modell hinter dem Ohr oder im Ohr getragen. Moderne Hörgeräte verfügen über benutzerfreundliche Bedienelemente oder Apps, mit denen der Träger Einstellungen wie Lautstärke und Hörprogramme anpassen kann. Regelmäßige Wartung, wie das Reinigen der Geräte und das Wechseln oder Aufladen der Batterien, ist erforderlich, um eine optimale Funktion sicherzustellen.

Hörgeräte sind sicher und für den täglichen Gebrauch konzipiert. Die Geräte durchlaufen strenge klinische Tests und Prüfungen, um ihre Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten. Mögliche Nebenwirkungen, wie Hautreizungen oder Druckstellen, sind selten und meist durch eine Anpassung des Geräts zu beheben.

Die Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Hörgeräten ist äußerst streng. Hersteller halten sich an internationale Standards wie ISO und CE-Kennzeichnungen. Jedes Gerät wird auf Funktionalität, Haltbarkeit und Sicherheit geprüft. Die Produktion umfasst verschiedene Phasen der Qualitätskontrolle, einschließlich der Überprüfung der elektronischen Komponenten, der Gehäuse und der Endmontage.

Zudem bieten Hersteller regelmäßige Updates und Softwareverbesserungen an, um die Leistungsfähigkeit der Geräte zu optimieren. Serviceleistungen wie regelmäßige Wartungen und Anpassungen durch Audiologen tragen ebenfalls dazu bei, die Funktion und Sicherheit der Hörgeräte langfristig zu gewährleisten.

Alternativen

Wenn Hörgeräte nicht verwendet werden können oder nicht geeignet sind, gibt es mehrere alternative Verfahren zur Unterstützung des Hörvermögens.

Cochlea-Implantate sind eine bedeutende Alternative für Menschen mit schwerem bis tiefem Hörverlust, bei denen Hörgeräte nicht ausreichend helfen. Ein Cochlea-Implantat ist ein elektronisches Gerät, das chirurgisch in das Innenohr eingesetzt wird und den Hörnerv direkt stimuliert. Dies kann erheblich zur Verbesserung des Hörvermögens beitragen, insbesondere bei Menschen, die von herkömmlichen Hörgeräten nicht profitieren.

Knochenverankerte Hörsysteme (BAHA) sind eine weitere Alternative. Diese Geräte verwenden die Knochenleitung, um Schall direkt an das Innenohr zu übertragen. Sie sind besonders nützlich für Menschen mit chronischen Mittelohrproblemen oder solchen, die aus anatomischen Gründen keine herkömmlichen Hörgeräte tragen können.

Mittelohrimplantate bieten eine Lösung für Menschen, die herkömmliche Hörgeräte aus medizinischen oder persönlichen Gründen nicht nutzen können. Diese Geräte werden chirurgisch im Mittelohr befestigt und verstärken den Schallmechanisch.

Assistive Listening Devices (ALDs) sind Hilfsmittel, die spezifische Hörsituationen verbessern. Dazu gehören FM-Systeme, die Schall direkt von einem Mikrofon zu einem Empfänger übertragen, was in lauten Umgebungen hilfreich ist. Auch Infrarot- und Induktionsschleifensysteme gehören zu den ALDs, die in öffentlichen Räumen wie Theatern oder Kirchen verwendet werden.

Gebärdensprache und Lippenlesen sind nicht-technische Alternativen, die besonders für gehörlose Menschen oder solche mit starkem Hörverlust nützlich sind. Diese Kommunikationsmethoden erfordern spezielle Schulungen, bieten jedoch eine effektive Möglichkeit zur Interaktion.

Jede dieser Alternativen bietet spezifische Vorteile und ist für unterschiedliche Arten von Hörverlust und individuelle Bedürfnisse geeignet. Eine umfassende Beratung durch einen Hörspezialisten ist entscheidend, um die beste Lösung für den jeweiligen Patienten zu finden.

Das könnte Sie auch interessieren