Hörnerv
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Hörnerv ist einer der wichtigsten Nerven, da er für die Weiterleitung akustischer Informationen ans Gehirn zuständig ist.
Ist seine Funktion gestört - das kann beispielsweise durch Infektionen des Innenohrs, durch starken Lärm oder Durchblutungsstörungen geschehen - ist die Hörfähigkeit der betroffenen Person gemindert. In schwersten Fällen kann es sogar zur Taubheit kommen. Beeinträchtigungen der Schall-Weiterleitung oder Fehlinterpretationen der Signale sollten unbedingt ernst genommen werden, da der Patient sonst eine starke Beeinträchtigung seiner Lebensqualität erfährt.
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Was ist der Hörnerv?
Als Hörnerv (Nervus vestibucochlearis) wird der achte von insgesamt 12 Hirnnerven bezeichnet, die vom Gleichgewichtsorgan des Innenohrs zum Gehirn führen. Bei ihm handelt es sich nicht wie bei anderen Nerven um einen einzelnen Nervenstrang, sondern um einen Zwillingsnerv. Er besteht aus dem Nervus cochlearis - früher Nervus acusticus genannt - und dem Nervus vestibularis (ältere Bezeichnung: Nervus staticus).
Der Nervus cochlearis ist der eigentliche Hörnerv, während der Nervus vestibularis der Gleichgewichtsnerv ist. Beide Nervenstränge verlaufen parallel, bis sie sich im Gehirnstamm zum Nervus vestibucochlearis vereinigen. Hörnerv und Gleichgewichtsnerv befinden sich außerhalb des Innenohrs.
Anatomie & Aufbau
Von diesen Hörkernen aus führen Nervenbahnen zur Hörrinde (Heschl'sche Querwindungen) im Großhirn. Der Gleichgewichtsnerv verläuft am Boden des inneren knöchernen Gehörgangs. Sechs seiner Nervenstränge sind mit den Rezeptoren des Gleichgewichtsorgans im Innenohr verbunden.
Funktion & Aufgaben
Die Haarzellen der Gehörschnecke werden durch Bewegungen der Lymphe - ausgelöst durch die Druckschwingungen der ankommenden Schallwellen - zum Aussenden von Nervenimpulsen angeregt, die der Hörnerv aufnimmt und nach seinem Austritt aus der Gehörschnecke in Form von bio-elektrischen Signalen über afferente Bahnen an das Gehirn weiterleitet, wo sie im auditorischen Kortex (Hirnrinde) analysiert und ausgewertet werden.
Nach der Reizverarbeitung werden die akustischen Signale von dort aus über efferente Bahnen an das Innenohr geschickt, das daraufhin die Feineinstellung des Hörsinns vornimmt. Die im Gleichgewichtsorgan befindlichen Haarzellen erkennen Bewegungs- und Richtungsänderungen und senden ebenfalls Impulse aus. Sie werden dann über den Gleichgewichtsnerv auf afferenten Bahnen zur Informationsverarbeitung und Auswertung ans Gehirn (Hirnstamm) geschickt. Von dort aus gelangen sie in das Kleinhirn. Dort entsteht infolge eines Abgleichs der ankommenden Informationen mit weiteren Sinneseindrücken von den Muskel und Augen-Sensoren das Lage-Empfinden des Körpers. Es ist nötig, damit der Mensch koordinierte Bewegungen ausführen kann.
Krankheiten
Das Akustikus-Neurinom ist ein langsam wachsender gutartiger Tumor, der allerdings - wenn seine Ausbreitung nicht aufgehalten wird - für den Patienten lebensbedrohlich werden kann. Er bildet sich meist nur einseitig am Gleichgewichtsnerv oder wuchert zwischen Hör- und Gleichgewichtsnerv. Welche Faktoren an seiner Entstehung beteiligt sind, ist noch ungeklärt. Das Akustikus-Neurinom drückt bei seinem Anwachsen auf den Hörnerv und stört daher die Informationsübertragung zur Hirnrinde. Die bio-elektrischen Signale kommen wegen der Wucherung nicht mehr in ihrer korrekten Form an: Der Patient hört zwar, dass etwas gesagt wurde, versteht aber nicht, was gesagt wurde. Hauptsymptome der Krankheit sind einseitige Schwerhörigkeit und Hör-Geräusche (Tinnitus).
In einem späteren Krankheitsstadium kann auch der Gesichtsnerv in Mitleidenschaft gezogen werden. Ist der Tumor so groß, dass er gravierende Gesundheitsstörungen verursacht, muss der Patient in einer HNO Spezialklinik operiert werden. Unter einem Hörsturz versteht man eine meist einseitig auftretende plötzliche Gehörlosigkeit oder Hörminderung. Der Betroffene hat zuerst das Gefühl, alles wie durch Watte zu hören, dann kommt es meist zum Tinnitus. Durch die Schädigung der Haarzellen können die im Ohr ankommenden Schall-Schwingungen nicht mehr richtig aufgenommen werden. Die genauen Ursachen der Erkrankung sind nicht bekannt.
Mediziner nehmen an, dass sie von Durchblutungsstörungen im Innenohr ausgelöst werden. Außerdem können Diabetes mellitus, Schlaganfälle und Infektionen dazu führen. Eine Schädigung des Hörnervs kann auch zur Innenohr-Schwerhörigkeit und Taubheit führen. Der Schall wird durch Trommelfell und Gehörknöchelchen nicht mehr richtig weitergeleitet. Ursache ist meist eine krankhafte Veränderung des Hörnervs durch Infektionen oder Verletzungen. Tinnitus bezeichnet das Hören bestimmter Töne und Geräusche, die keine äußere Schallquelle haben. Der Patient hört ein Klingen, Summen etc. Tinnitus Patienten haben meist vor dem ersten Auftreten der Symptome einen Hörsturz. Bei leichten Fällen sind Wahrnehmungs- und Leistungsfähigkeit der Betroffenen nicht beeinträchtigt.
Chronischer Tinnitus mit häufig auftretenden Fehlwahrnehmungen kann sogar zur Arbeitsunfähigkeit führen. Ursachen für Tinnitus sind degenerative Erkrankungen des Innenohrs, ein Verschluss des Gehörgangs oder Stress. Andere Krankheiten, die zur Schädigung des Hörnervs führen, sind Herpes zoster oticus. Dabei greifen nicht mit Virustatika behandelte Herpes-Viren das Gewebe des Hörnervs an. Außerdem können Meningitis-Erreger ihn infizieren. Zur auditorischen Neuropathie kommt es, wenn die Haarzellen nicht richtig mit dem Hörnerv verbunden sind. Ein beeinträchtigter Hörnerv kommt außerdem bei Multipler Sklerose vor.
Typische & häufige Ohrenerkrankungen
Quellen
- Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
- Lohr, M., Keppler, B. (Hrsg.): Innere Medizin – Kompendium für Studium und Klinik. Urban & Fischer, München 2005
- Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009