Hüftdysplasie (Hüftluxation)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Hüftdysplasie, Hüftverrenkung oder Hüftluxation ist eine Fehlstellung des Hüftgelenks, bei welcher der Gelenkkopf nicht stabil in der Hüftpfanne liegt. Frühzeitig behandelt kann die Hüftdysplasie vollständig ausheilen. Sie kann mit den richtigen Maßnahmen verhindert werden, auch wenn eine genetische Veranlagung dazu besteht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Hüftdysplasie?

Eine angeborene Hüftdysplasie verursacht häufig keine Symptome und heilt in vielen Fällen auch spontan aus, bevor sich eine Hüftluxation entwickeln kann. Bei einer Hüftdysplasie ist die Gelenkpfanne deformiert.
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Die Hüftdysplasie ist eine fehlerhaft angelegte oder in ihrer Entwicklung gestörte Hüftgelenkspfanne. Dabei ist das sogenannte Hüftpfannendach entweder nicht richtig ausgebildet oder nicht ausreichend verknöchert, sondern noch knorpelig und weich.

Dadurch findet der Kopf des Oberschenkelknochens keinen Halt in der Hüftgelenkspfanne, was zu einer Fehlstellung und Ausrenkung (Hüftluxation) führen kann. Die Hüftdysplasie ist eine der häufigsten angeborenen Fehlbildungen am Skelett, sie tritt bei ungefähr 4% aller Neugeborenen auf. Die fehlerhafte Hüftgelenkspfanne bildet sich meistens beidseitig, manchmal kommen auch einseitige Fehlbildungen vor.

Mädchen sind etwa 4-6 Mal öfter davon betroffen als Jungen. Die Hüftdysplasie bildet sich meistens erst nach der Geburt deutlich sichtbar aus. Wird sie nicht behandelt, so kann sich in späteren Jahren eine Hüftarthrose (Gelenkverformung) entwickeln.

Ursachen

Die genauen Ursachen der Hüftdysplasie sind noch nicht bekannt. Es gibt verschiedene Ansätze zur Entstehung der Fehlbildung und man unterscheidet genetische, mechanische und hormonelle Ursachen. Liegen innerhalb einer Familie mehrere Fälle von Hüftdysplasie vor, so geht man von einer genetischen Veranlagung aus.

Mechanische Ursachen werden in beengten Raumverhältnissen in der Gebärmutter vermutet, wie das beispielsweise bei Mehrlingsschwangerschaften der Fall ist. Auch eine ungünstige Lage des Embryos, besonders die Steißlage, stellt ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung einer Hüftdysplasie dar und gehört ebenfalls zu den mechanischen Auslösern.

Als weitere mögliche Ursache wird die hormonelle Umstellung im Körper einer Schwangeren betrachtet. Während einer Schwangerschaft bilden sich Hormone, die zur Lockerung des Beckenrings der Mutter führen. Diese Wirkung kann auch auf den weiblichen Fötus übergehen, was die Tatsache erklärt, dass wesentlich mehr Mädchen an Hüftdysplasie leiden als Jungen.

Als weitere mögliche Ursachen werden ein erhöhter Blutdruck der Mutter während der Schwangerschaft und eine zu geringe Menge an Fruchtwasser in der Gebärmutter in Betracht gezogen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine angeborene Hüftdysplasie verursacht häufig keine Symptome und heilt in vielen Fällen auch spontan aus, bevor sich eine Hüftluxation entwickeln kann. Bei einer Hüftdysplasie ist die Gelenkpfanne deformiert. Dabei kommt es auf die Ausprägung der Dysplasie an, inwieweit sich eine Luxation, also eine teilweise oder vollständige Verschiebung des Hüftkopfes aus der Gelenkpfanne, ausbildet.

Eine Hüftdysplasie mit Hüftluxation zeichnet sich durch ein instabiles Hüftgelenk aus (Ortolani-Zeichen). Beim Ortolani-Zeichen wird beim An- und Abspreizen der Beine des Säuglings ein Klickgeräusch wahrgenommen. Dieses Klicken entsteht durch die korrekte Verlagerung des Gelenkkopfes in die Gelenkpfanne. Als weiteres Symptom tritt eine Abspreizhemmung des Beines an der betroffenen Stelle auf.

Außerdem renkt sich der Hüftkopf bei An- und Abspreizbewegungen der Beine immer wieder aus und ein. Dieses Symptom ist auch unter Barlowzeichen bekannt. Bei einseitiger Hüftluxation erscheinen die Falten an den hinteren Oberschenkeln asymmetrisch. Außerdem scheint in diesem Fall auch das Bein an der betroffenen Seite verkürzt zu sein.

Eine einseitige Hüftluxation kommt in circ 60 Prozent der Fälle vor. Die Ausprägung einer Hüftdysplasie mit Hüftluxation ist bei der Geburt nicht einheitlich. Neben vielen leichten Formen der Erkrankung gibt es jedoch auch bereits voll ausgeprägte Hüftluxationen. Bei schweren Dysplasien ist eine frühzeitige Behandlung notwendig, um das völlige Absterben des Hüftkopfes zu vermeiden.

Diagnose & Verlauf

Die Hüftdysplasie kann bei der Geburt bereits deutlich vorhanden sein oder sich erst danach ausbilden, was wesentlich häufiger vorkommt. Typische Symptome sind ein instabiles Hüftgelenk (Ortolani Zeichen) und asymmetrische Falten auf der Rückseite der Oberschenkel.

Das betroffene Bein wirkt kürzer und der Hüftkopf lässt sich leicht aus der Gelenkpfanne und wieder zurück schieben (Barlow Zeichen). Mit einer Ultraschalluntersuchung (Sonografie) lässt sich die Hüftdysplasie sichtbar machen und der Arzt kann erkennen, inwieweit das Pfannendach verknöchert ist.

Auch eine Röntgenaufnahme zeigt deutlich eine bestehende Hüftdysplasie, wird aber in der Regel nicht zu rein diagnostischen Zwecken eingesetzt, sondern vielmehr zur Dokumentation des Behandlungsverlaufs und um zu kontrollieren, ob bereits ein Gelenkabbau stattgefunden hat.

Wird die Hüftdysplasie gleich nach der Geburt festgestellt, so sind die Heilungschancen am größten. Wird die Fehlbildung nicht erkannt, so kann es mit der Zeit zu Durchblutungsstörungen kommen und das Knochengewebe des Hüftkopfs kann geschädigt werden und in Folge davon absterben.

Komplikationen

Durch die Hüftdysplasie kommt es in der Regel zu einer Fehlstellung im Hüftgelenk. Diese Fehlstellung ist dabei in den meisten Fällen mit starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verbunden und führt damit immer zu einer verringerten Lebensqualität des Patienten. Dabei fühlt sich das Hüftgelenk selbst sehr instabil an und lässt sich damit sehr einfach ausrenken.

Dies kann vor allem bei leichten Stößen oder ruckartigen Bewegungen auftreten und damit den Alltag des Betroffenen einschränken. Die Schmerzen aus der Hüfte können sich auch in andere Regionen des Körpers ausbreiten und auch dort zu Beschwerden führen. Nicht selten führen dauerhafte Schmerzen zu Depressionen und anderen psychischen Beschwerden oder Verstimmungen. In der Regel wird auch eines der Beine verkürzt. Bei einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung kann die Hüftdysplasie relativ gut und komplett behandelt werden.

Es kommt dabei auch nicht zu weiteren Komplikationen oder anderen Beschwerden. Mit Hilfe verschiedener Therapien kann das Gelenk wieder stabilisiert werden, sodass die Beschwerden vollständig verschwinden. Nur in schwerwiegenden Fällen ist dabei ein operativer Eingriff notwendig. Die Lebenserwartung wird durch die Hüftdysplasie nicht beeinflusst. Allerdings ist der Betroffene möglicherweise in der Durchführung verschiedener Sportarten in seinem Leben eingeschränkt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine sichtbare Fehlstellung des Hüftgelenks muss von einem Arzt abgeklärt werden. Sollten weitere Anzeichen einer Hüftdysplasie hinzukommen, wird am besten umgehend medizinischer Rat eingeholt. So müssen Bewegungseinschränkungen im Bereich des Hüftgelenks in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden. Ebenso sollte mit äußerlich sichtbaren Knochenveränderungen ärztlicher Rat eingeholt werden.

Eltern, die bei ihrem Kind die Anzeichen einer Hüftdysplasie bemerken, sprechen am besten mit dem Kinderarzt. Bildet sich die Fehlstellung erst im späteren Leben heraus, muss bei ungewöhnlichen Symptomen und unspezifischen Schmerzen ein Arzt aufgesucht werden, der die Beschwerden abklären und gegebenenfalls direkt eine Behandlung einleiten kann. Eine Hüftdysplasie betrifft vor allem Mädchen und tritt oft infolge von Komplikationen während der Schwangerschaft auf. Für Mütter, die während der Schwangerschaft hormonelle Probleme oder einen erhöhten Blutdruck haben, besteht ein erhöhtes Risiko, ein Kind mit einer Hüftdysplasie zur Welt zu bringen. Wer zu diesen Risikogruppen zählt, sollte den zuständigen Arzt einschalten. Das Kind kann dann unmittelbar nach der Geburt untersucht und medizinisch versorgt werden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung einer Hüftdysplasie richtet sich danach, wie schwer sie ausgebildet ist. Besteht nur eine leichte Fehlbildung, so genügt meist schon eine spezielle Wickeltechnik mit extra breiten Windeln oder das Anlegen einer Spreizhose.

Durch diese Maßnahmen wird die Hüfte gebeugt und die Beine werden abgespreizt, was dazu führt, dass sich der Gelenkkopf tief in die Hüftpfanne schiebt und das Gelenk stabilisiert wird. Begleitend werden physiotherapeutische Übungen empfohlen. Springt der Hüftkopf immer wieder aus der Pfanne, so werden Bandagen oder Schienen angebracht, um den Gelenkkopf stabil in der Pfanne zu halten. In manchen Fällen wird das Gelenk mit einer Gipsschiene ruhiggestellt.

Mit diesen Behandlungen heilen leichte Hüftdysplasien oft schon während des ersten Lebensjahres aus. Wird die Hüftdysplasie erst spät diagnostiziert und hat die Fehlstellung schon Schäden am Knochen verursacht, dann ist meist eine Operation nötig, um das Gelenk wieder in die richtige Lage zu bringen und es zu stabilisieren.


Vorbeugung

Die meisten Hüftdysplasien bilden sich erst nach der Geburt aus. Um dies zu vermeiden, genügen oft schon einfache Maßnahmen. So sollte man das Hüftgelenk eines Babys nicht zu früh strecken. Die natürliche Haltung ist die Beugestellung, in welcher das Hüftgelenk vollends ausreifen kann. Daher ist es zu vermeiden, das Baby zu früh und zu oft in die Bauchlage zu bringen, da hierbei die Hüfte gestreckt wird. Dagegen unterstützt das Tragen des Babys in einem Tuch die richtige Haltung, um einer Hüftdysplasie vorzubeugen.

Nachsorge

Die Nachsorge einer Hüftdysplasie (Hüftluxation) im Kindesalter unterscheidet sich von der Nachsorge selbiger im Erwachsenenalter. Im Kindesalter dauert die Nachsorge einer Hüftdysplasie (Hüftluxation)bis zum Wachstumsabschluss. Regelmäßige Kontrollen verhindern das Risiko einer Spätdysplasie. Ein Röntgenbild ist den großen Wachstumsphasen (im Alter von 1,5 Jahren, nach Laufbeginn, sowie kurz vor der Einschulung und am Anfang der Pubertät) notwendig.

Eine Weiterbehandlung oder ein neues Behandlungskonzept ist von diesen Befunden abhängig. Das Tragen einer Spreizschiene oder eines Sitz-Hock-Gips, erneute und korrektive Einstellung des Gelenks durch Haltung des Hüftkopfes in die Pfanne (operativ)oder Extensionsbehandlung.

Im Erwachsenenalter ist die regelmäßige Nachsorge nach erfolgter Operation zur Korrektur der Hüftdysplasie (Hüftluxation) ebenfalls notwendig. Dazu gehören: Teilbelastung an Unterarmgehstützen, Physiotherapie und Bandagen, um Folgeerkrankungen zu vermeiden. Korrekturoperationen (an der Hüftpfanne und/oder am Oberschenkel) können in jedem Alter durchgeführt werden und beugen dem Gelenkverschleiß (Arthrose) der Hüfte vor.

Besteht eine sekundäre Hüftdysplasie, die mit konservativen Maßnahmen behandelt wurde (Schienenversorgung, Botox-Injektionen),kann im Zuge der Nachsorge eine operative Maßnahme notwendig sein. Schweregrad, Grunderkrankung und Lebensalter werden bei der operativen Maßnahme berücksichtigt. Kombinierte Eingriffe (knöcherne Korrekturen mit Weichteileingriffen) sind üblich.

Das können Sie selbst tun

Selbsthilfemöglichkeiten richten sich bei der Hüftdysplasie nach dem Lebensalter der Patienten. Die Hüftdysplasie zeigt sich oft schon bei Säuglingen, sodass ein adäquater Umgang mit der Erkrankung in der Verantwortung der Eltern liegt. Mit den richtigen Maßnahmen, zum Beispiel einer speziellen Wickeltechnik oder dem Tragen einer Spreizhose, nehmen die Eltern einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Unentdeckt und unbehandelt führt die Hüftdysplasie häufig zu ernsthaften Beschwerden im weiteren Lebensverlauf der Patienten, die mit einer reduzierten Lebensqualität einhergehen.

Selbst bei erfolgreicher Therapie im Säuglingsalter sind auch bei Kindern noch Nachkontrollen notwendig, um zu gewährleisten, dass sich das Gelenk während des Wachstums ohne Komplikationen weiterentwickelt. Zeigen sich Probleme, so nehmen die betroffenen Kinder an einer Physiotherapie teil und befolgen ärztliche Hinweise bezüglich der Ausübung von Sport. Auch verschriebene Schuheinlagen zur Korrektur von Fehlstellungen sind zu tragen.

Zeigen sich bei Erwachsenen noch Beschwerden durch die angeborene Hüftdysplasie, so bleiben diese häufig ein Leben lang. So entwickeln einige Patienten beispielsweise eine frühzeitige Arthrose in den betroffenen Gelenken. Durch dauerhafte Schmerzen entstehen teilweise Depressionen, sodass die betroffenen Personen einen Psychotherapeuten besuchen.

Quellen

  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wirth, C.J. et al.: Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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