Jaffé-Campanacci-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Jaffé-Campanacci-Syndrom stellt eine Krankheit dar, die durch eine allmähliche Schädigung im Bereich des Schienbeins (medizinischer Fachterminus Tibia) gekennzeichnet ist. Die Erkrankung kommt vergleichsweise selten vor und manifestiert sich im überwiegenden Teil der Fälle bereits bei Patienten, die jünger als zehn Jahre alt sind. Die Schädigung entwickelt sich in der Regel langsam und ist osteofibröser Natur. Die pathologische Veränderung des Knochens ergibt sich vor alle kortikal.
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Was ist das Jaffé-Campanacci-Syndrom?
Das Jaffé-Campanacci-Syndrom wird von manchen Ärzten auch als Osteofibröse Dysplasie Typ Campanacci oder Kongenitaler fibröser Defekt der Tibia bezeichnet. Der Name der Krankheit beruht auf den beiden Erstbeschreibern der Erkrankung, Jaffé und Campanacci.
Die ersten wissenschaftlichen Beschreibungen des Jaffé-Campanacci-Syndroms erfolgten in den Jahren 1942 und 1970. us histologischer Sicht weist das Jaffé-Campanacci-Syndrom gewisse Parallelen zum sogenannten ossifizierenden Knochenfibrom auf. Im Krankheitsverlauf werden die Kortikalis zerstört sowie das Wachstumsalter erhöht. Es entwickelt sich eine fortschreitende Deformation in Verbindung mit einer sogenannten Antekurvation.
Ursachen
Derzeit stehen zum Beispiel genetische Gründe als mögliche Faktoren für die Entstehung des Jaffé-Campanacci-Syndroms in der Diskussion. Grundsätzlich handelt es sich um eine maligne beziehungsweise bösartige Krankheit. Aktuell wird die Erkrankung als eine fibrovaskuläre Störung betrachtet.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Im Rahmen des Jaffé-Campanacci-Syndroms treten zahlreiche unterschiedliche Krankheitssymptome und Beschwerden bei den erkrankten Menschen auf. Die Anzeichen der Erkrankung weisen in vielen Fällen relativ eindeutig auf die Krankheit hin. Dennoch ist eine penible Differentialdiagnose unerlässlich, da die typischen Symptome des Jaffé-Campanacci-Syndroms denen bestimmter anderer Erkrankungen ähneln.
Das Jaffé-Campanacci-Syndrom tritt in der Regel zum ersten Mal innerhalb der ersten fünf Lebensjahre der betroffenen Personen in Erscheinung. Dabei äußert sich die Krankheit in erster Linie darin, dass sich die Tibia nach vorn wölbt. Grundsätzlich weisen Erfahrungswerte darauf hin, dass männliche Patienten öfter am Jaffé-Campanacci-Syndrom erkranken als weibliche.
Die Verformung des Scheinbeins erfolgt ohne Schmerzen. Meist ergibt sich die Wölbung im Bereich des mittleren Schaftes an der sogenannten Tibiakortikalis. Nachdem die Patienten ausgewachsen sind, endet in der Regel auch die Verformung des Schienbeins.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Deformation der Tibia im Rahmen des Jaffé-Campanacci-Syndroms ist nach einiger Zeit kaum mehr zu übersehen. Zunächst ist es angebracht, den Kinderarzt über die Symptomatik zu informieren, der die erkrankte Person an einen passenden Facharzt überweist. Zuerst wird eine gründliche Analyse der Krankengeschichte einschließlich Familienanamnese durchgeführt.
Der Patient und dessen Eltern geben Auskunft über die Beschwerden sowie deren Beginn. Möglicherweise ähnliche Fälle in der Verwandtschaft spielen eine wichtige Rolle bei der Diagnose. Nach dem Patientengespräch stehen verschiedene Verfahren der ärztlichen Untersuchungstechnik an der Reihe.
Besonders wichtig sind hierbei röntgentechnische Verfahren. Die entsprechenden Bildgebungen weisen anhand der Deformationen in den krankheitstypischen Bereichen auf das Jaffé-Campanacci-Syndrom hin. Dabei zeigen sich zum Beispiel eine ventrale Verdickung der sogenannten Kompakta sowie eine Änderung in der Struktur. In etwa einem Fünftel der Krankheitsfälle finden sich ähnliche Verformungen in der Gegend des Wadenbeins (medizinischer Fachbegriff Fibula).
Große Relevanz bei der Diagnosestellung des Jaffé-Campanacci-Syndroms nimmt eine exakte Differentialdiagnose durch den behandelnden Arzt ein. Dabei wird das Jaffé-Campanacci-Syndrom in erster Linie von der fibrösen Dysplasie sowie dem Adamantinom abgegrenzt. Die Diagnose des Jaffé-Campanacci-Syndroms lässt sich erst dann mit Sicherheit stellen, wenn andere in Frage kommende Krankheiten mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen sind.
Komplikationen
Nicht selten treten Bewegungseinschränkungen auf, die auch mit psychischen Beschwerden oder mit Depressionen verbunden sein können. Im weiteren Verlauf kann das Schienbein ohne Behandlung auch verformt werden, was zu weiteren Beschwerden und Schmerzen führen kann. Durch das Jaffé-Campanacci-Syndrom kann gegebenenfalls die Entwicklung des Kindes behindert werden, sodass es auch zu Einschränkungen und Folgeschäden im Erwachsenenalter kommen kann.
Ebenso steigt die Wahrscheinlichkeit von Knochenbrüchen beim Patienten. Die Behandlung selbst wird mit Hilfe verschiedener Therapien durchgeführt und kann die Beschwerden des Jaffé-Campanacci-Syndroms relativ gut einschränken. Dabei kommt es nicht zu weiteren Komplikationen.
Gegebenenfalls kommt es trotz Behandlung zu Einschränkungen des Patienten im Alltag. Auch können bestimmte Sportarten möglicherweise nicht durchgeführt werden. Die Lebenserwartung wird durch das Jaffé-Campanacci-Syndrom allerdings nicht verändert oder verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Kommt es bei Kindern in den ersten Lebensjahren zu Auffälligkeiten des Knochenbaus, sollte ein Arzt aufgesucht. Entwickelt sich innerhalb des Wachstumsprozesses über mehrere Monate langsam eine Deformierung des Schienbeins, ist zur näheren Untersuchung und Ermittlung der Ursache ein Arztbesuch erforderlich. Stellen sich Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten ein oder klagt das Kind über Schmerzen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Können gewohnte körperliche Aktivitäten nicht mehr ausgeführt werden oder entwickeln sich durch die Veränderungen des Schienbeins Einschränkungen der Mobilität, ist ein Arzt aufzusuchen.
Da sich ohne eine ärztliche Abklärung lebenslange Beeinträchtigungen entwickeln können, ist ein Arztbesuch anzuraten, sobald innerhalb des Entstehungsprozesses erste Wölbungen des Schienbeins bemerkt werden. In schweren Fällen können im Erwachsenenalter verschiedene Folgeschäden auftreten, denen nach Möglichkeit rechtzeitig vorgebeugt werden sollte. Stellen sich neben den körperlichen Besonderheiten emotionale sowie seelische Probleme ein, ist ebenfalls ein Arztbesuch anzuraten. Verhaltensauffälligkeiten, Änderungen der Persönlichkeit oder Stimmungsschwankungen weisen auf Unregelmäßigkeiten hin, die begutachtet werden sollten.
Die Vulnerabilität für die Entstehung einer psychischen Störung ist aufgrund des optischen Makels erhöht, daher wird therapeutische Hilfe bei einem depressiven oder aggressiven Auftreten empfohlen. Stellt sich eine Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit ein, kommt es zu einem Rückzugsverhalten oder starken Schamgefühlen, wird ärztliche Hilfe nötig.
Behandlung & Therapie
Derzeit ist es der medizinischen Wissenschaft noch nicht möglich, das Jaffé-Campanacci-Syndrom zu heilen oder wirksam zu therapieren. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Verformungen in der Gegend der Tibia im Rahmen von chirurgischen Eingriffen zu korrigieren. Dabei ist jedoch das Risiko von Rezidiven gegen eine möglicherweise erfolgreiche Therapie abzuwägen.
Denn prinzipiell zeichnet sich das Jaffé-Campanacci-Syndrom durch eine vergleichsweise hohe Rezidivwahrscheinlichkeit aus. Falls die betroffenen Patienten im erkrankten Bereich des Knochens Brüche erleiden, so kommt in der Regel eine konservative Behandlung zum Einsatz. Diese zeigt im überwiegenden Teil der Fälle gute Erfolge, ebenso wie bei gesunden Personen.
Grundsätzlich ist es möglich, dass sich im Rahmen des Jaffé-Campanacci-Syndroms eine sogenannte Pseudarthrose entwickelt. Dieses Phänomen tritt in Verbindung mit dem Jaffé-Campanacci-Syndrom allerdings relativ selten auf. Zur symptomatischen Therapie kommen zum Beispiel krankengymnastische Übungen oder spezielle Schuheinlagen in Frage, die das verformte Skelett entlasten. Dadurch werden die Knochen und Muskeln gestärkt und die Lebensqualität des erkrankten Patienten deutlich erhöht.
Aussicht & Prognose
Die Aussicht, beim Jaffé-Campanacci-Syndrom eine Heilung oder einen nachhaltigen Operationserfolg durch eine Begradigung der Tibia zu erzielen, ist eher gering. Zwar kommt die Erkrankung am Ende der Wachstumsperiode meist zum Stillstand. Sie kann jedoch ein Rezidiv erleben. Daher können meist nur die Symptome gelindert werden. Angesichts der absoluten Seltenheit dieses Syndroms sind auch in absehbarer Zeit keine neuen Therapieansätze zu erwarten.
Möglichweise bringen Erkenntnisse über die Erkrankungsursache die ratlosen Mediziner weiter. Bisher kann von der Medizin gegen die pathologische Knochenveränderung am Schienbein nicht allzu viel ausgerichtet werden. Ausschlaggebend für die Prognose dieser fibro-vaskulären Störung ist die Ansicht, dass es sich um eine bösartige, möglicherweise genetisch bedingte Erkrankung handelt. Von daher kann die Prognose für das Jaffé-Campanacci-Syndrom derzeit nicht positiv ausfallen.
Immerhin kann die frühzeitige Diagnose eines Jaffé-Campanacci-Syndrom dafür sorgen, dass die Patienten medizinisch versorgt werden. Sie erhalten Physiotherapie zur Linderung der Schmerzen. Oftmals wird auch eine psychotherapeutische Betreuung notwendig, weil die Deformierungen zu Depressionen und Mobbing-Erlebnissen bei den Betroffenen führen können.
Je früher die Differentialdiagnostik abgeschlossen ist und die Behandlung einsetzen kann, desto besser ist es für den Patienten. Dieser hat dank des Jaffé-Campanacci-Syndroms zwar keine kürzere Lebenserwartung, muss aber mit Folgeschäden rechnen, wenn die Krankheit nicht korrekt diagnostiziert wird.
Vorbeugung
Bisher sind die Ursachen für die Entwicklung des Jaffé-Campanacci-Syndroms noch nicht intensiv erforscht, sodass wichtige Erkenntnisse in Bezug auf begünstigende Faktoren fehlen. Aus diesem Grund ist in der heutigen Zeit noch keine effektive Prävention des Jaffé-Campanacci-Syndroms praktikabel. Für die betroffenen Patienten ist es von besonderer Wichtigkeit, dass die Krankheit so früh wie möglich ärztlich diagnostiziert wird. Auf diese Weise sind frühzeitig adäquate Maßnahmen zur Anpassung möglich.
Nachsorge
In der Regel sind beim Jaffé-Campanacci-Syndrom die Maßnahmen einer Nachsorge sehr stark eingeschränkt. Daher sollten Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Beschwerden der Krankheit einen Arzt aufsuchen, um eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern. Eine Selbstheilung kann dabei in der Regel nicht eintreten, wobei auch eine vollständige Heilung meist nicht möglich ist.
Die meisten Betroffenen sind dabei auf einen operativen Eingriff angewiesen, der die Beschwerden linden kann. Danach sollten sich Betroffene auf jeden Fall ausruhen und ihren Körper schonen. Dabei ist von Anstrengungen oder von körperlichen und stressigen Tätigkeiten abzusehen, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Ebenso sind die meisten Betroffenen auf Maßnahmen der Krankengymnastik und der Physiotherapie angewiesen.
Viele der Übungen aus diesen Therapien können dabei auch im eigenen Zuhause wiederholt werden, wodurch die Heilung möglicherweise weiterhin beschleunigt wird. Beim Jaffé-Campanacci-Syndrom sind die Betroffenen auch auf die Hilfe und die Unterstützung im Alltag durch die eigene Familie und durch Freunde angewiesen. Dabei können auch psychologische Beschwerden oder sogar Depressionen verhindert werden. Die Lebenserwartung wird durch das Syndrom in der Regel nicht verringert.
Das können Sie selbst tun
Personen mit dem Jaffé-Campanacci-Syndrom bilden meist in der Kindheit die ersten Symptome aus, die allerdings relativ unspezifischer Natur sind. Die erste Selbsthilfemaßnahme besteht deshalb darin, trotz der diffusen Beschwerden einen Arzt aufzusuchen und mittels ärztlicher Untersuchungen bei diversen Medizinern die Erkrankung zu diagnostizieren. Die Eltern des kindlichen Betroffenen initiieren die Therapie und begleiten den Patienten zu sämtlichen untersuchungs- und behandlungstechnischen Terminen.
Gegen die mit der Krankheit verbundenen Beinschmerzen erhalten die Betroffenen spezielle Schmerzmittel, die stets wie vom therapierenden Arzt verordnet einzunehmen sind. Da den erkrankten Kindern nicht die alleinige Verantwortung für den richtigen Umgang mit ihrer Krankheit zuzumuten ist, spielen die Sorgeberechtigten hier eine unabdingbare Rolle.
Die für die Krankheit typische Verformung des Schienbeins bringt es üblicherweise mit sich, dass die Patienten diverse Einschränkungen ihrer gewohnten Bewegungsfähigkeit hinzunehmen haben. Somit kommt die Ausübung bestimmter Sportarten für die Patienten nicht mehr in Frage. Gemeinsam mit einem Physiotherapeuten erörtert der Patient seine motorischen Möglichkeiten und findet geeignete sportliche Aktivitäten, die sich förderlich auf die Lebensqualität und die Bewegungsfähigkeit des Betroffenen auswirken. Da ein gesteigertes Risiko für Knochenbrüche besteht, versuchen die Patienten durch erhöhte Aufmerksamkeit im Alltag Stürze oder sonstige Unfälle zu vermeiden.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethardt, F.U.: Kinderorthopädie. Thieme, Stuttgart 2009
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015