Kinesin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Kinesin stellt einen Komplex bestimmter Motorproteine in eukaryontischen Zellen dar. Neben anderen Motorproteinen wie Dynein oder Myosin und weiteren Strukturproteinen ist es am Aufbau des Zytoskeletts beteiligt. Es dient zum Transport von Makromolekülen, Vesikeln und Zellorganellen vom Zytoplasma oder Zellkern in Richtung Zellmembranen.
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Was ist Kinesin?
Kinesine sind eine Gruppe von Motorproteinen mit ähnlichen Eigenschaften und Funktionen. Sie bestehen aus zwei schweren und zwei leichten Proteinketten. An den schweren Proteinketten befinden sich die Kopfregion, der Hals und der Schwanzteil des Moleküls.
Am Schwanzteil lagern sich die leichten Proteinketten an. Kinesin dient dem Transport von Zellorganellen, Vesikeln und Biomolekülen entlang von Mikrotubuli. Die Mikrotubuli stellen ein Schienensystem aus dem Protein Tubulin dar, welches immer vom Zellkern in Richtung Zellmembran wächst. Das wachsende Mikrotubulusende wird als sogenanntes Plusende bezeichnet. Damit transportiert Kinesin die Biostoffe und Zellorganellen nur in Richtung des Plusendes (anterograder Transport).
Der Transport in Richtung des Minusendes (retrograder Transport) wird durch einen Komplex anderer Motorproteine, dem Dynein, veranlasst. Kinesin liegt als Dimer vor. Im Rahmen der Quartärstruktur des Proteins bilden die zwei schweren und zwei leichten Ketten einen Proteinkomplex, welcher zwischen den einzelnen Proteinketten keine kovalente Bindung aufweist. So besitzt Kinesin zwei Motordomänen (Kopfdomänen), die für die Bewegung entlang der Mikrotubuli verantwortlich sind.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Auch Signalstoffe zur Kommunikation der Zellen untereinander werden in den extrazellulären Bereich transportiert. In den Neuronen kommt es beispielsweise zum Transport von Neurotransmittern innerhalb von Vesikeln vom Zellkern in Richtung der Axonen und Synapsen. Von dort werden mithilfe der Neurotransmitter Signale an andere Nervenzellen weitergeleitet. Die Vesikeln, Zellorganellen oder Biomoleküle binden sich über Verbindungsproteine an die Kinesine. Mithilfe der beiden Motordomänen (Köpfe) läuft der Kinesin-Komplex am Mikrotubulus entlang. Dabei wird immer wieder die Bindung eines Kopfes unter Energieübertragung durch Spaltung von ATP zu ADP gelöst, während die Bindung des anderen Kinesin-Kopfes zunächst erhalten bleibt.
Die abgelöste Kopfregion bindet sich jedoch sofort wieder an eine weitere Bindungsstelle der Mikrotubuli in Richtung des Plusendes, wobei sich gleichzeitig die andere Kopfdomäne unter Spaltung von ATP löst. Durch die Spaltung von ATP zu ADP an der Bindungsstelle von Kinesin an den Mikrotubuli kommt es zur Konformationsänderung des gesamten Kinesin-Komplexes, welche dessen Fortbewegung auslöst. Dieser Vorgang wiederholt sich so lange, bis der Kinesin-Komplex die Zellmembran erreicht hat. Am Zielort werden die zu transportierenden Zellorganellen oder Moleküle vom Kinesin-Komplex abgespalten.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Kinesin kommt in allen eukaryontischen Zellen vor. Dabei gibt es eine Vielzahl von Kinesin-Proteinen. Allerdings hat sich dieser Proteinkomplex in der Stammesgeschichte der eukaryontischen Organismen an der funktionell wichtigen Kopfregion kaum verändert. Seine Funktion ist in einzelligen Eukaryonten wie beispielsweise den Amöben genau die Gleiche wie in den mehrzelligen Organismen des Tier- und Pflanzenreichs. Kinesin transportiert Zellorganellen und Moleküle in Richtung Zellmembran. Auch das Zusammenspiel von Kinesin und Mikrotubuli stellt ein universelles Phänomen dar.
Geringfügige genetische Veränderungen treten im Schwanzteil des Proteinkomplexes auf. Dieser Bereich reagiert auf die sich verändernden Bestandteile, die transportiert und vorher natürlich an Kinesin gebunden werden müssen. Mit den Dyneinen, welche den Transport von Molekülen und Molekülkomplexen von der Zellmembran in Richtung Zellkern organisieren, sind die Kinesine nicht verwandt. Verwandtschaftliche Verhältnisse bestehen jedoch zum Myosin, welches mithilfe von Aktin für die Muskelbewegung und innerhalb der Zelle für kleine Transportwege von Zellorganellen aufgrund ähnlicher Bewegungsmuster verantwortlich ist.
Krankheiten & Störungen
Es gibt über 50 verschiedene Typen dieser Erkrankung, die alle genetisch bedingt sind. Genauer wurde die spastische Spinalparalyse SPG 10 untersucht. Bei dieser Erkrankung kommt es durch eine Mutation zu einer fehlerhaften Herstellung eines Kinesin-Komplexes mit dem Namen KIF5A. Manche Wirkstoffe und Zellorganellen werden falsch transportiert und kommen nicht mehr an den Wirkort. Dabei handelt es sich besonders um Wirkstoffe, die in den Axonen von Neuronen benötigt werden. Die entsprechenden Neuronen degenerieren und können Bewegungsimpulse nicht mehr richtig weiterleiten.
Diese Störung hat Auswirkungen auf die Beinmotorik. Dabei kommt es zu einer zunehmenden spastischen Lähmung der Beine. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist der betroffene Patient auf den Rollstuhl angewiesen. Die spastischen Paraplegien sind jedoch eine Gruppe mehrerer Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen. Ihnen liegen unterschiedliche Mutationen zugrunde. So sind 48 unterschiedliche Genorte der HSP bekannt. Neben der Einschränkung der Beinmotorik können je nach Erkrankung auch noch andere neurologische Symptome auftreten.
Es besteht die Vermutung, dass auch andere neurodegenerative Erkrankungen durch Transportstörungen innerhalb der Zelle hervorgerufen werden. Für die Erforschung der genauen Zusammenhänge bedarf es jedoch noch weiterer Untersuchungen. Bisher wächst die Erkenntnis, dass besonders Nervenzellen unter einer Störung der Kinesin-Funktion beeinträchtigt werden. In welchem Maße andere Körperzellen beeinflusst werden, liegen noch keine ausreichenden Erkenntnisse vor.
Quellen
- Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
- Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009
- Reuter, P., Hägele, J.: Aminosäuren Kompendium. Ein Leitfaden für die klinische Praxis. Hyginus Publisher GmbH, Bad Homburg 2001