Lunatummalazie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Lunatummalazie (Synonyme: Mondbeintod, Lunatumnekrose oder Morbus Kienböck) ist einer Erkrankung eines Handwurzelknochens, bei dem das Mondbein (Os lunatum) ganz oder teilweise abstirbt (nekrotisiert). Die Erkrankung kann verschiedene Schweregrade erreichen, die unterschiedliche Symptome aufweisen.
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Was ist Lunatummalazie?
Bei der Lunatummalazie (der Arzt spricht auch von Mondbeintod oder Morbus Kienböck) kommt es zum fortschreitenden Zerfall der kleinen Knochenbälkchen im Mondbein durch Minderdurchblutung. Die menschliche Hand besteht aus acht Handwurzelknochen. Das Mondbein (Os lunatum) ist einer der wichtigsten Handwurzelknochen und befindet sich in der Mitte der Handwurzel. Die Knochenbälkchen sterben teilweise oder sogar komplett ab. Am häufigsten tritt die Lunatummalazie im Alter zwischen etwa 20 bis 40 Jahren auf. Männer erkranken doppelt so häufig am Mondbeintod wie Frauen.
Ursachen
Zum einen kann die mangelnde Durchblutung veranlagt sein. Auch Unfälle und ein Bruch des Mondbeins können zu verminderter Durchblutung und damit zu einer Lunatummalazie führen. Eine weitere Möglichkeit ist eine dauernde Druck- oder auch Fehlbelastung des Mondbeins (kann z.B. bei einem häufigen Umgang mit dem Presslufthammer vorkommen). Zudem gibt es auch Menschen, die im Verhältnis zur Speiche eine verkürzte Elle haben (Elle und Speiche sind die beiden Unterarmknochen). Dieses „Missverhältnis“ kann eine Minderdurchblutung des Mondbeines zur Folge haben.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Eine Lunatummalazie äußert sich durch starke Handschmerzen. Begleitend dazu kommt es zu einem Kraftverlust der betroffenen Hand. Der Erkrankte kann die Hand nur noch unter Mühe anspannen, eine Faust und Griffbewegungen sind nicht mehr möglich. Die Bewegungseinschränkungen können sich bis auf das Handgelenk ausbreiten. In Einzelfällen sind auch Teile des Unterarms betroffen.
In welcher Intensität die Beschwerden auftreten, hängt davon ab, in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet. Im ersten Stadium entwickeln sich leichte Schmerzen und Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit, die von den Betroffenen jedoch meist noch nicht als Problem empfunden werden. Erst im zweiten Stadium intensivieren sich die Symptome und es kommt zu anhaltenden Schmerzen.
Meist tritt eine sichtbare Schwellung auf, die auf die Ödembildung unter der Haut zurückzuführen ist. Im Stadium III a ist der Zerfall des Knochens bereits weit fortgeschritten. Der Erkrankte kann die Hand nicht mehr vollständig strecken und hat meist chronische Schmerzen im Bereich von Hand und Handgelenk.
Im Stadium III b kommt es zu einem sogenannten karpalen Kollaps, der sich durch Lähmungserscheinungen bemerkbar macht. Im vierten Stadium ist die Deformierung der Hand abgeschlossen, und ein schmerzfreies Bewegen der Hand ist nicht mehr möglich. Die Symptome entwickeln sich im Verlauf von Monaten oder sogar Jahren.
Diagnose & Verlauf
Zur Diagnosestellung dient zunächst einmal eine Röntgenaufnahme. Allerdings kann ein normales Röntgenbild die Lunatummalazie im Anfangsstadium noch nicht feststellen. Erst spätere Stadien zeigen sich auf dem Röntgenbild. Deshalb wird die Krankheit häufig auch erst spät erkannt. Weitere Diagnosemöglichkeiten sind die Kernspin- und die Computertomografie.
Der Arzt führt natürlich auch eine körperliche Untersuchung durch. Der Patient klagt über Schmerzen im Handgelenk und glaubt subjektiv, dass das Handgelenk anschwillt. Druck auf das Mondbein führt zu starken Schmerzen in diesem Bereich.
Differentialdiagnostisch kann der Arzt die Lunatummalazie von einer Sehnenscheidenentzündung durch die Lokalisation des Schmerzes abgrenzen. Beim Mondbeintod ist der stärkste Schmerz direkt über dem Mondbein lokalisiert, bei der Sehnenscheidenentzündung verbreitet sich der Schmerz gleich stark über verschiedene Stellen der Hand oder des Arms. Auch das Aufstützen der Hand führt zu starken Schmerzen über dem Mondbein.
Ist die Erkrankung weiter fortgeschritten, verteilt sich der Schmerz über das ganze Handgelenk, es kommt zu Schwellungen an der Hand und die Hand ist in der Bewegung eingeschränkt.
Der Arzt teilt die Lunatummalazie in vier verschiedene Stadien ein, je nachdem, wie stark das Mondbein geschädigt ist. Ist die Erkrankung ganz weit fortgeschritten, kommt es auch zu Deformitäten der benachbarten Handwurzelknochen.
Komplikationen
Weiterhin sind die Muskeln der betroffenen Hand stark geschwächt und es kommt zu einer deutlichen Verringerung der Belastbarkeit des Patienten. Auch die Hand selbst kann nicht mehr ohne Weiteres bewegt werden, sodass es zu verschiedenen Einschränkungen im Alltag des Patienten kommt. In vielen Fällen ist auch die Entwicklung von Kindern durch die Lunatummalazie betroffen. Weiterhin treten Schwellungen oder Blutergüsse auf.
In den meisten Fällen kann die Lunatummalazie gut behandelt werden, ohne dass es zu verschiedenen Komplikationen kommt. Auch die Lebenserwartung des Patienten wird bei dieser Krankheit nicht verringert. Nicht selten ist dabei ein operativer Eingriff notwendig, der allerdings ebenso nicht mit Komplikationen verbunden ist. Weiterhin sind die Betroffenen allerdings auch auf verschiedene Therapien angewiesen, um die Bewegung der Hand wiederherzustellen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Beschwerden oder Schmerzen in der Hand, sind einem Arzt vorzustellen. Kommt es zu einem Verlust der gewohnten Belastbarkeit oder zu einer Kraftlosigkeit in Hand und Arm, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten des Handgelenks sind von einem Arzt untersuchen zu lassen. Können die alltäglichen Aufgaben nicht mehr erfüllt werden oder ist es dem Betroffenen nicht mehr möglich, gewohnte sportliche Aktivitäten auszuführen, wird ein Arzt benötigt. Probleme beim Greifen oder Festhalten von Gegenständen sind Warnhinweise des Organismus.
Können selbst leichte Tätigkeiten wie das Öffnen einer Tür nicht mehr ausgeführt werden, muss der Betroffene einen Arzt aufsuchen. Störungen der Durchblutung, Probleme der Wahrnehmung in der Hand oder Verfärbungen der Haut sind untersuchen und behandeln zu lassen. Bei einem Kribbeln, einem Gefühl der Taubheit oder Sensibilitätsstörungen in der Hand sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Treten die Beschwerden wiederholt auf oder nehmen sie an Intensität zu, ist ein Arztbesuch anzuraten. Breiten sich Problemzonen an der Hand weiter aus, sollte ebenfalls unverzüglich ein Arzt konsultiert werden. Bei einer Schwellung, der Bildung von Ödemen oder anderen Verformungen der Hand ist ein Arztbesuch notwendig. Kommt es zu Lähmungserscheinungen, wird medizinische Hilfe benötigt.
Behandlung & Therapie
Die Therapie der Lunatummalazie hängt vom vorhandenen Stadium ab. Zunächst einmal versucht der Arzt, die Krankheit in einem möglichst frühen Stadium zum Stillstand zu bringen, also das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Solange noch nicht das letzte Stadium erreicht ist, stehen die Chancen dazu gut.
In den beiden Anfangsstadien ist eine Gelenkspieglung Mittel der Wahl. So kann der Arzt die betroffenen Gelenke und Handknochen genau beurteilen. Auch eine feingewebliche Untersuchung gehört zur Gelenkspieglung dazu. Die Gewebsentnahme selbst entlastet zudem den Knochen. Er kann sich wieder aufbauen, da er nun wieder mehr Platz zur Verfügung hat.
Bei sehr schwerem Krankheitsbild entnimmt der Arzt aus dem Becken des Patienten Knochenmaterial, um damit den betroffenen Handwurzelknochen wieder aufzufüllen. Ist eine verkürzte Elle Ursache der Erkrankung, ist ebenfalls eine Operation notwendig, in der der Arzt entweder die Elle verlängert oder die Speiche verkürzt.
Weitere Möglichkeit ist, dass der Arzt bestimmte Nervenfasern unterbricht, um eine Schmerzleitung durch diese Nerven zu verhindern. Wenn der Arzt trotz aller Maßnahmen die Erkrankung nicht stoppen kann, kann eine Teilversteifung von drei Handwurzelknochen oder gar eine Versteifung des gesamten Handgelenks nötig sein.
Begleitend zu den operativen Verfahren braucht der Patient eine Unterarmgipsschiene und je nach Operationsart auch krankengymnastische Bewegungstherapie.
Aussicht & Prognose
Bei der Lunatummalazie handelt es sich um eine fortschreitende Erkrankung. Daher ist für den weiteren Entwicklungsverlauf eine frühestmögliche Behandlung entscheidend. Im Anfangsstadium der Knochenerkrankung besteht die Aussicht auf eine gute Prognose. In einer Gelenkspiegelung sowie Gewebsentnahme kann eine Entlastung der Knochen erreicht werden. Im Anschluss regeneriert sich der Organismus so weit selbst, dass eine vollständige Genesung erreicht werden kann.
In einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium sind die Behandlungsmaßnahmen komplexer. Ein operativer Eingriff wird notwendig, bei dem Knochen aus dem Becken entnommen und in die Handwurzel eingesetzt wird. Die Operation ist mit Risiken verbunden und deutlich komplexer. Die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen oder Folgestörungen ist bei diesem Vorgehen erhöht. Zu Linderung des Schmerzes kann der Arzt durch die Therapie der Nerven Veränderungen erzielen. Auch dieses Vorgehen ist risikoreich. Es besteht die Möglichkeit, umliegende Nervenfasern zu beschädigen und dadurch Folgebeschwerden auszulösen.
Unbehandelt kommt es zu einer kontinuierlichen Zunahme der Beschwerden. Die körperliche Leistungsfähigkeit in der Hand nimmt ab, sodass die Erfüllung alltäglicher Pflichten erschwert ist. Für eine gute Prognose ist neben einer frühzeitigen Diagnosestellung eine physiotherapeutische Behandlung anzuraten. Die dort erlernten Übungen können vom Patienten auch außerhalb der Therapiestunden angewendet werden. Dies verbessert das Wohlbefinden und stärkt den Organismus.
Vorbeugung
Vorbeugung ist nur dahin gehend möglich, dass eine Über- und Fehlbelastung des Handgelenks vermieden wird. Liegt eine angeborene Durchblutungsstörung vor oder hat der Patient eine angeborene Verkürzung der Elle, ist eine Vorbeugung nicht möglich.
Nachsorge
Es sollten regelmäßig Nachsorgekontrollen durch den behandelnden Arzt erfolgen. Hierzu gehören regelmäßige Ultraschalluntersuchungen der Gefäße, um ein weiteres Fortschreiten der Durchblutungsstörungen rechtzeitig zu erkennen. Eine Behandlung könnte dann im Bedarfsfall zeitnah einsetzen und gegebenenfalls einen schlimmeren Verlauf verhindern.
Blieb eine Beeinträchtigung aufgrund der Durchblutungsstörung bestehen, sollten die begonnenen Rehabilitationsmaßnahmen auch zu Hause fortgesetzt werden. Bei der Alltagsbewältigung müssen auch die Angehörigen gemeinsam mit den Betroffenen lernen mit der neuen Situation zurechtzukommen. Mehr Bewegung ist dabei ein Mittel, die Genesung voranzutreiben. Somit wird die Durchblutung auf natürliche Weise gefördert. Generell dient die Nachsorge der Linderung der bestehenden Symptome, die je nach Ausprägung individuelle Zuwendung beanspruchen.
Das können Sie selbst tun
Sollte es zu einer Lunatummalazie gekommen sein, so muss eine weitere Fehlbelastung oder im Allgemeinen eine Belastung des Handgelenkes weiterhin vermieden werden. Dadurch kann eine weitere Beschädigung verhindert werden. In der Regel wirkt sich hierbei eine frühzeitige Diagnose und Behandlung positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus.
Die Möglichkeiten zur Selbsthilfe sind bei dieser Krankheit stark eingeschränkt, wobei die Betroffenen in der Regel immer auf einen operativen Eingriff angewiesen sind. Ohne diesen Eingriff können die Beschwerden nicht gelindert werden. Häufig sind die Patienten auf eine Bewegungstherapie oder auf Krankengymnastik nach der Operation angewiesen, um die Bewegung der Hand wiederherzustellen. Die dabei durchgeführten Übungen können häufig auch im eigenen Zuhause durchgeführt werden, was die Heilung beschleunigen kann. Die Hand sollte jedoch immer geschont und nicht unnötig belastet werden.
Häufig kann sich bei der Lunatummalazie auch der Kontakt zu anderen Betroffenen der Erkrankung gut auf ihren Verlauf auswirken. Dabei kann es zu einem Informationsaustausch kommen, welcher den Alltag erleichtern kann. Da viele Betroffene in ihrem Alltag durch die Schmerzen eingeschränkt sind, wirkt sich hierbei Hilfe durch Angehörige oder Freunde ebenfalls positiv auf den Krankheitsverlauf aus.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
- Rössler, H., Rüther, W.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München, 2005