Neugeborenenhörscreening
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei 1.000 Geburten kommen durchschnittlich zwei Kinder zur Welt, die eine Hörstörung haben. Probleme mit dem Hören können die Entwicklung eines Kindes stark beeinträchtigen. Um bereits zu einem frühen Zeitpunkt die Fähigkeiten des Hörens einschätzen zu können, wurde in Deutschland das Neugeborenenhörscreening eingeführt.
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Was ist das Neugeborenenhörscreening?
Das Neugeborenenhörscreening ist eine Früherkennungsuntersuchung, um bei Neugeborenen Hörstörungen möglichst frühzeitig zu diagnostizieren. Hörstörungen können die Entwicklung von Kindern massiv behindern. Nur ein Kind, welches normal hört, hat die Chance, auch normal sprechen zu lernen. Von der Fähigkeit, einwandfrei zu hören, hängen die emotionale Entwicklung, die Fähigkeit zu kommunizieren, die Lernbereitschaft und der Lernerfolg ab. Defizite beim Hören im Baby- und Kleinkindalter können entwicklungshemmende Folgen im Privaten und in der beruflichen Entwicklung für das gesamte Leben verursachen.
Das Gehör ermöglicht dem Kind vom ersten Lebenstag an, seine Umwelt zu differenzieren. Hören ist die Basis für die gesamte Sprachentwicklung und damit für die späteren Fähigkeiten, zu lesen und zu schreiben. Hörstörungen sind in seltenen Fällen angeboren. Sie können jedoch auch durch Erkrankungen ausgelöst werden. Wird eine Hörstörung durch das Neugeborenenhörscreening aufgedeckt, kann sie durch moderne Hörgeräte-Technologie bereits bei kleinen Kindern ausgeglichen werden. Das Screening sorgt dafür, dass von Hördefiziten betroffenen Kindern der Start ins Leben erleichtert wird.
Funktion, Wirkung & Ziele
Es gibt heute zwei Messverfahren, mit der sich Defizite beim Hören ermitteln lassen. Ein Verfahren basiert auf der Messung von otoakustischen Emissionen (OAE). Bei dieser Messmethode wird die Fähigkeit des menschlichen Ohres genutzt, dass es nicht nur Geräusche empfangen, sondern auch Schall aussenden kann.
Für die Untersuchung im Rahmen des Neugeborenenhörscreenings wird in den äußeren Gehörgängen der Ohren eine winzige Sonde platziert, die leise Klickgeräusche aussendet. Die Schwingungen der Klickgeräusche werden in die Strukturen des Innenohrs weitergeleitet. Der Schall reizt die Sinneszellen im Innenohr. Der Test für die Neugeborenen macht sich zunutze, dass die Sinneszellen ein Echo der empfangenen Schallwellen zurücksenden. Diese Schwingungen werden durch die Sonde im äußeren Gehörgang, an der auch ein kleines Mikrofon für die Aufnahme der Schallwellen aus dem Innenohr installiert ist, registriert. Die Stärke der Schwingungen wird gemessen. Bleiben die Schallwellen aus dem Innenohr aus oder werden nur sehr schwache Signale registriert, kann dies auf eine vorhandene Höreinschränkung hinweisen.
Bei einem Hinweis auf Störungen in der Schallweiterleitung an die Sinneszellen durch die Messergebnisse muss nicht zwingend ein krankhafter Zustand vorliegen. Die Messung sollte einige Zeit später wiederholt werden. Hintergrundgeräusche, Flüssigkeit im Mittelohr durch eine Entzündung oder wenn das Kind während des Messens sehr unruhig ist, können die Testergebnisse verfälschen. Eine weitere zugelassene Methode des Neugeborenenhörscreenings, bei der keinerlei Aktivität von dem Kind erwartet wird, ist die sogenannte Hirnstammaudiometrie. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form von einem EEG. Bei diesem Verfahren wird die Aktivität des Hörnervs bei der Weiterleitung von akustischen Reizen geprüft. Jede Funktion von Nerven in unserem Organismus verursacht eine messbare elektrische Aktivität. Bei dem Test werden an dem Köpfchen des Neugeborenen kleine Messelektroden befestigt.
Auch bei diesem Verfahren werden über den äußeren Gehörgang mit einer Sonde Klickgeräusche abgegeben. Mit den Elektroden kann die elektrische Aktivität bei der Weitergabe der Schallwellen des Hörnervs vom Innenohr bis zum Hörzentrum im Gehirn gemessen werden. Bei Messwerten außerhalb des Normbereiches kann dies als Hinweis auf eine mögliche Hörminderung gewertet werden. Auch bei dieser Messmethode der Hörfähigkeit sollte das Kind möglichst schlafen. Je unruhiger und aktiver ein Mensch ist, desto mehr produzieren das Gehirn, das zentrale und das periphere Nervensystem elektrische Signale. Im schlafenden Zustand fällt es leichter, die Signale der Aktivität der Hörbahn vom Ohr zum Gehirn zuzuordnen.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Aus diesen Messwerten außerhalb der Norm muss nicht zwingend eine Höreinschränkung geschlussfolgert werden. Andererseits sind auch unauffällige Messergebnisse keine Garantie für ein uneingeschränktes Hörvermögen des Kindes. Die Erfahrung mit dem Neugeborenenhörscreening hat gezeigt, dass eine ganze Reihe von Kindern durch auffällige Messergebnisse auffallen. Nur ein sehr geringer Prozentsatz der getesteten Kinder mit negativen Messwerten leidet tatsächlich unter einer Hörstörung. Dennoch sollte das Screening ein Hinweis dafür sein, auf das Hörvermögen des neuen Erdenbürgers verstärkt zu achten. Bei ersten auffälligen Befunden, die der Test ergeben hat, sollten unbedingt beide Messverfahren, die OAE und die Hirnstammaudiometrie, durchgeführt werden. Die Messungen sollten nach einiger Zeit mit der Wiederholung der Tests überprüft werden, ehe eine weitere Behandlung erfolgt.
Quellen
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
- Sitzmann, F.C.: Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012