Paartherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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In den meisten längeren Beziehungen gibt es Krisen, die ein Paar zu bewältigen hat. Wenn man Probleme allein nicht lösen kann, macht es Sinn, sich professionelle Hilfe in Form einer Paartherapie zu holen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Paartherapie?

Als Paartherapie bezeichnet man eine psychologische Arbeit, bei der ein Paar unterstützt wird, seine Konflikte aufzuarbeiten und beizulegen.

Als Paartherapie bezeichnet man eine psychologische Arbeit, bei der ein Paar unterstützt wird, seine Konflikte aufzuarbeiten und beizulegen. In Deutschland ist sie eng verwandt mit der Eheberatung.

Beide zählen zu den nichtheilkundlichen Tätigkeiten. In der Paartherapie oder auch in der Eheberatung arbeiten vor allem Seelsorger, Psychologen und Sozialpädagogen. Meistens wird mit beiden Partnern gearbeitet, manchmal aber auch individuell.

Geschichte & Entwicklung

Paartherapie hat ihre Wurzeln in der Psychotherapie und ist eine vergleichsweise moderne Disziplin, die sich im 20. Jahrhundert entwickelt hat. Die Entstehung der Paartherapie begann in den 1920er Jahren, als die psychoanalytisch orientierte Einzeltherapie ihren Einfluss auf die Behandlung von Paaren ausübte. Hier wurden jedoch hauptsächlich individuelle Probleme der Partner behandelt, anstatt die Beziehung in den Mittelpunkt zu stellen.

In den 1950er und 1960er Jahren entwickelte sich die Paartherapie weiter, beeinflusst von der Humanistischen Psychologie und den systemischen Ansätzen. Pioniere wie Virginia Satir und Salvador Minuchin betonten die Bedeutung der Kommunikation und die Systemtheorie in der Arbeit mit Paaren und Familien.

In den 1970er Jahren wuchs das Interesse an empirischer Forschung in der Paartherapie, wobei John Gottman mit seinen Studien zur Vorhersage von Scheidungen und zur Kommunikationstherapie besonders hervorstach. In dieser Zeit wurde die kognitive Verhaltenstherapie zunehmend in die Paartherapie integriert.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Paartherapie diversifiziert und weiterentwickelt. Verschiedene Ansätze wie die emotionsfokussierte Therapie und integrative Ansätze wurden entwickelt, um den vielfältigen Bedürfnissen von Paaren gerecht zu werden. Heute ist Paartherapie ein etabliertes Feld, das von Therapeuten weltweit praktiziert wird, um Paaren bei der Bewältigung ihrer Beziehungsprobleme zu helfen.

Einsatz & Indikation

Paartherapie wird durchgeführt, wenn Paare Schwierigkeiten haben, ihre Beziehungskonflikte eigenständig zu bewältigen, und Unterstützung bei der Kommunikation und Problemlösung benötigen. Häufige Gründe für eine Paartherapie sind:

Kommunikationsprobleme: Wenn Paare Schwierigkeiten haben, effektiv miteinander zu kommunizieren, und Missverständnisse und Konflikte häufig sind.

Vertrauensprobleme: Nach einem Vertrauensbruch, wie Untreue oder Lügen, kann eine Paartherapie helfen, das Vertrauen wiederherzustellen.

Intimitätsprobleme: Probleme mit der körperlichen oder emotionalen Intimität können zu Entfremdung und Frustration führen, was eine Therapie erforderlich machen kann.

Lebensveränderungen: Große Veränderungen wie der Verlust eines geliebten Menschen, Arbeitslosigkeit oder der Übergang in die Elternschaft können die Beziehung belasten.

Wiederholte Konflikte: Wenn Paare immer wieder dieselben Konflikte haben, ohne eine Lösung zu finden, kann ein Therapeut helfen, die zugrunde liegenden Muster zu erkennen und zu ändern.

Verschiedene Ziele: Wenn Partner unterschiedliche Zukunftspläne haben und keine gemeinsame Basis finden können, kann eine Paartherapie Klarheit und Einigung bringen.

Paartherapie wird notwendig, wenn die Beziehung durch Konflikte oder Entfremdung beeinträchtigt wird und die Partner nicht in der Lage sind, diese Herausforderungen alleine zu bewältigen. Sie bietet Unterstützung und Werkzeuge, um die Kommunikation zu verbessern, Konflikte zu lösen und eine stärkere Verbindung aufzubauen.

Vorteile & Nutzen

Eine Paartherapie bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden mehrere einzigartige Vorteile, insbesondere in Bezug auf Beziehungsprobleme:

Fokus auf die Beziehung: Im Gegensatz zu Einzeltherapie-Ansätzen, bei denen die individuelle Entwicklung im Vordergrund steht, konzentriert sich die Paartherapie auf die Dynamik und die Probleme in der Beziehung. Sie ermöglicht es, Beziehungsprobleme direkt anzugehen und Lösungen zu entwickeln, die für beide Partner funktionieren.

Verbesserte Kommunikation: Ein Hauptziel der Paartherapie ist die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Partnern. Therapeuten vermitteln Techniken, die es Paaren ermöglichen, effektiver zu kommunizieren, Missverständnisse zu klären und ihre Gefühle und Bedürfnisse offen auszudrücken.

Konfliktlösung: Die Therapie bietet eine strukturierte Umgebung, in der Paare ihre Konflikte sicher und konstruktiv lösen können. Mit der Anleitung eines erfahrenen Therapeuten lernen Paare, negative Kommunikationsmuster zu erkennen und gesündere Wege zu finden, mit Konflikten umzugehen.

Stärkung der Bindung: Durch die Identifizierung von positiven Aspekten und Ressourcen in der Beziehung kann eine Paartherapie die emotionale Bindung zwischen den Partnern stärken, was zu mehr Intimität und Verständnis führt.

Individuelle Bedürfnisse: Obwohl die Paartherapie die Beziehung als Ganzes betrachtet, berücksichtigt sie auch die individuellen Bedürfnisse der Partner und hilft, ein Gleichgewicht zwischen beiderseitigen Bedürfnissen und Erwartungen zu finden.

Diese Vorteile machen die Paartherapie zu einer effektiven Methode, um Beziehungsprobleme direkt anzugehen und eine gesündere und stärkere Partnerschaft aufzubauen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Eine Paarberatung ist sinnvoll, wenn ein Paar es nicht schafft, seine Probleme zusammen zufriedenstellend zu lösen, beide Partner aber an ihrer Beziehung arbeiten wollen.

Partnerschaftsprobleme sind belastend für beide Partner und können im ungünstigsten Fall krank machen und zu Depressionen führen. Das Ziel einer Paartherapie muss nicht immer der Erhalt einer Beziehung sein, manchmal kann es auch angezeigt sein, das Paar zu einer für beide annehmbaren Trennung zu begleiten. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen einer Paartherapie ist die Erkenntnis beider Partner, dass nicht einer der beiden an der Krise Schuld ist.

In einer Paartherapie gibt es verschiedene Anwendungsverfahren:

In den psychoanalytischen Verfahren geht man davon aus, dass ein oder beide Partner neurotische Veranlagungen mitbringen. Der Psychotherapeut Jürg Willi spricht von Kollusion, z. B. ein Partner ist narzisstisch veranlagt ist und will bewundert werden, der Partner bewundert und idealisiert ihn. Solche Festschreibungen können immer problematisch werden, wenn ein Partner auf dieses Verhalten reduziert wird und darunter leidet.

Bei den humanistischen Verfahren spielt besonders die Paarsynthese von Michael Cöllen eine Rolle. Zentrale These ist, dass Liebe und Imtimität schon früh im Leben angelegt sind und eine intime und emotionale Bindung einen wichtigen Grundstein für die Persönlichkeitsentwicklung bildet, besonders im Hinblick auf die Liebes- und Konfliktdynamik eines Paares. In der Therapie sollen narzisstische Störungen in der Paardynamik offen gelegt und bearbeitet werden und Intimität in den verschiedenen Ebenen Körper, Gefühl, Seele, Sprache und Zeit soll gefördert und Liebe als Sinn- und Lebensorientierung verstanden werden.

In der Mehrgenerationen-Therapie wird die Ursache für die Paarkonflikte in den Herkunftsfamilien vermutet. Man nimmt an, dass es sich um einen immer wiederkehrenden Grundkonflikt über mehrere Generationen handelt, der das Paar einholt. Zentrale Begriffe in der Mehrgenerationen-Therapie sind Loyalität, Delegation und widersprüchliche Aufträge aus den Herkunftsfamilien.

Die systemische Paartherapie beschäftigt sich mit der Frage, welche "zirkulären Prozesse" den Paarkonflikt erhalten und unterscheidet dabei die Verhaltensebene, die Verhaltensmuster und Konstruktion der Wirklichkeit. Wichtige Begriffe der Systemischen Paartherapie sind Zirkularität, Reframing, Neutralität, Lösungs- und Ressourcenorientierung sowie positive Konnotation.

Die kommunikationspsychologische Therapie hat das Ziel, die Kommunikation der Partner zu verbessern, damit sie einander besser verstehen. John Gottman nennt 4 Apokalytische Reiter als typische Kommunikationsfallen einer Beziehung:

  • Kritik, Schuldzuweisungen, Anklagen
  • Verteidigung und Rechtfertigung
  • Verachtung und Geringschätzung
  • Mauern, Rückzug


Durchführung & Ablauf

Der Ablauf einer Paartherapie variiert je nach Therapeut und Ansatz, beinhaltet jedoch im Allgemeinen einige Standardphasen:

Einstiegsgespräch: Die Therapie beginnt meist mit einem Erstgespräch, in dem der Therapeut beide Partner kennenlernt und den Kontext der Probleme erfasst. Es wird die Beziehungsdynamik analysiert und gemeinsam Therapieziele festgelegt.

Problemidentifikation: In den folgenden Sitzungen werden spezifische Probleme, Konflikte und Kommunikationsmuster erarbeitet. Der Therapeut hilft dem Paar, die zugrunde liegenden Ursachen ihrer Schwierigkeiten zu verstehen und bietet Perspektiven von außen.

Kommunikationstraining: Ein zentraler Bestandteil der Paartherapie ist das Erlernen neuer Kommunikationsfähigkeiten. Der Therapeut vermittelt Techniken zur Verbesserung des gegenseitigen Zuhörens, zum Ausdruck von Emotionen und Bedürfnissen sowie zur Konfliktlösung.

Verhaltensänderung: Paare werden ermutigt, neue Verhaltensweisen auszuprobieren, um negative Muster zu durchbrechen. Dies kann Aufgaben außerhalb der Sitzungen beinhalten, wie gemeinsame Aktivitäten oder Übungen, um positive Interaktionen zu fördern.

Verstärkung der Bindung: Der Therapeut unterstützt das Paar dabei, ihre emotionale Bindung zu stärken und ihre positive Interaktion zu fördern. Dies kann das Erkennen von Stärken in der Beziehung sowie das Aufarbeiten von Verletzungen beinhalten.

Evaluierung und Abschluss: Während der Therapie wird regelmäßig evaluiert, ob die gesetzten Ziele erreicht werden. Gegen Ende der Therapie besprechen die Partner gemeinsam mit dem Therapeuten ihre Fortschritte und erhalten Strategien, um die erlernten Fähigkeiten im Alltag beizubehalten.

Der Therapieprozess ist darauf ausgerichtet, den Partnern neue Perspektiven und Fähigkeiten zu vermitteln, um ihre Beziehung nachhaltig zu stärken.

Risiken, Gefahren & besondere Hinweise

Ein Risiko einer Paartherapie ist die Möglichkeit, dass am Ende der Therapie eine Trennung stehen kann.

Eine Paartherapie kann helfen, Konflikte und Kommunikationsmuster offen zu legen, sie kann aber keine Beziehung kitten. Wenn nicht ausreichend Liebe bei den Partnern vorhanden ist, kann auch eine Paartherapie nicht helfen. Auch ist eine Paartherapie nicht dazu da, einen der Partner grundsätzlich zu verändern, dass dieser "beziehungstauglicher" wird.

Der Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer hält das Ertragen und Aushalten von Unterschieden der beiden Partner für die wichtigsten Eigenschaften in einer Paarbeziehung. Eine Paartherapie kann je nach zeitlichem Aufwand teuer sein, da Paartherapien nicht von den Kassen übernommen werden. Nebenwirkungen können sein, dass sich beide Partner in einer Paartherapie verändern, was wiederum eine neue Herausforderung für die Beziehung bedeuten kann.

Alternativen

Wenn eine Paartherapie nicht möglich ist, gibt es mehrere alternative Ansätze, die Einzelpersonen und Paaren helfen können, Beziehungsprobleme zu bewältigen:

Einzeltherapie: Auch wenn sich diese Therapieform auf die individuelle Person konzentriert, kann sie indirekt zur Verbesserung der Beziehung beitragen. Sie bietet Raum, persönliche Probleme, die die Beziehung beeinflussen, zu verstehen und daran zu arbeiten, sodass positive Veränderungen auch die Partnerschaft betreffen.

Selbsthilfebücher und Online-Ressourcen: Viele Bücher und Online-Ressourcen bieten praktische Ratschläge und Übungen, um Paaren zu helfen, Kommunikationsprobleme und Konflikte anzugehen. Diese Materialien können als Anleitung dienen, wenn eine professionelle Therapie nicht möglich ist.

Mediation: Bei spezifischen Konflikten, wie beispielsweise Scheidungen oder finanziellen Streitigkeiten, kann eine Mediation eine gute Alternative zur Paartherapie sein. Ein Mediator vermittelt dabei zwischen den Parteien, um eine faire und einvernehmliche Lösung zu finden.

Workshops und Seminare: Manche Organisationen bieten Beziehungsworkshops und Seminare an, die Paaren helfen, ihre Kommunikationsfähigkeiten und ihr Verständnis füreinander zu verbessern.

Gruppentherapie: In bestimmten Fällen können Gruppen, die sich mit ähnlichen Problemen befassen, hilfreich sein. Die Teilnehmer können voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen.

Mentoring und Coaching: Paare können von Mentoren oder Coaches profitieren, die praktische Ratschläge und Übungen zur Verbesserung der Beziehung bieten.

Jede dieser Alternativen kann Paaren helfen, Beziehungsprobleme anzugehen, wenn eine formelle Paartherapie nicht verfügbar oder nicht die passende Option ist.

Quellen

  • Schär, M.: Paarberatung und Paartherapie. Springer Verlag, Berlin 2016
  • Stein, B., Wilms. B.: Psychotherapie im Dialog-Paartherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2014
  • Wirsching, M., Scheib, P.: Paar- und Familientherapie. Springer Verlag, Berlin 2013

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