Rolfing
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Rolfing ist eine komplementärmedizinische Bindegewebsbehandlung der Biochemikerin Ida Rolf, die den Körper nach der Schwerkraft am Ideal der senkrechten Linie ausrichtet. Die Indikation zur Therapie stellen Beschwerden, wie Rückenschmerzen. Kontraindikationen stellen sich zum Beispiel mit Implantaten, Entzündungen oder offenen Wunden.
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Was ist Rolfing?
Das Fasziennetz besteht aus Weichteilkomponenten des Bindegewebes. Sie durchdringen den gesamten Körper als verbindendes Spannungsnetzwerk. Das Rolfing ist eine Form der individuellen Körperarbeit, die auf das Fasziennetz wirkt und den Körper so am Ideal einer senkrechten Linie ausrichten möchte.
Der komplementärmedizinische Behandlung ist markenrechtlich geschützt und mit der strukturellen Integration verwandt. Als Begründerin des Rolfing gilt die US-amerikanische Biochemikerin Ida Rolf, die ihre Theorien zur strukturellen Integration in den 70er Jahren entwickelte. Die ersten Überlegungen zum Rolfing gehen auf die 50er Jahre zurück und wurden an Ida Rolfs Rolf Institute in Boulder/USA unterrichtet.
Als Grundüberlegung des Rolfing gilt die Annahme, dass der Körper weniger Energie benötigt, sobald er sich an einer senkrechten Linie ausrichtet. Für die Körerhaltung besonders entscheidend sind laut Rolf nicht etwa die Muskeln, sondern die Faszien. Das Bindegewebe reagiert ihren Spekulationen zufolge auf Alltagsbelastungen und Verletzungen mit Verhärtungen. Das Rolfing soll diese Verhärtung manuell lösen und damit nachhaltig die Körperhaltung verbessern.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Verstärkungen und Verhärtungen im Gewebe fixieren erworbene Fehlhaltungen und schränken den Betroffenen so in seiner Beweglichkeit ein. Die einzelnen Körperabschnitte sind damit nicht mehr am Ideal der senkrechten Linie ausgerichtet. Das Rolfing soll laut Ida Rolf durch eine manuelle Behandlung der Faszien eine nachhaltig verbesserte Körperhaltung ermöglichen und die Körperabschnitte wieder der senkrechten Linie annähern. In einer Folge dessen wird weniger Energie zur Aufrichtung benötigt. Das Rolfing zielt nicht nur auf medizinische Problematiken ab, sondern richtet den Körper nach der Schwerkraft neu aus.
Zu Anfang der Behandlung steht eine Befundung, bei der das Bindegewebe abgetastet wird. Die so detektierten Verhärtungen und Spannungen lösen Rolfer durch einen langsamen und manuellen Druck auf das betroffene Bindegewebe.
Abhängig von der Körperregion und der Tiefenschicht der Verhärtung benutzen die Therapeuten zur Auflösung ihre Fingerkuppen, ihre Knöchel, die Handflächen oder die Ellbogen. Als ergänzende Elemente werden in die Therapie Bewegungselemente, Wahrnehmungsfaktoren und Orientierungselemente in der Schwerkraft mit einbezogen. Außerdem können psychosoziale Faktoren für das Rolfing eine Rolle spielen. Am häufigsten wird Rolfing zur Gesundheitsvorsorge durchgeführt. Es optimiert die Körperhaltung und schafft eine freiere Beweglichkeit.
Als tatsächliches Therapeutikum wird die Methode manchmal bei myofaszialen Dysfunktionen und bei chronischen Schmerzzuständen oder Fehlhaltungen angewandt. Auch strukturell fasziale Veränderungen infolge von Traumata können die Indikation für eine Rolfing-Behandlung stellen. In der Regel finden zehn Sitzungen zu je 50 bis 90 Minuten statt, die einen Zeitraum von rund drei Monaten umfassen. Der Therapeut analysiert zu Beginn jeder Sitzung die Körperhaltung des Patienten und beurteilt die fasziale Struktur im Gehen und Stehen.
Die manuelle Behandlung findet auf einer Liege statt. An die manuelle Therapie schließen sich die Bewegungselemente an, die im Sitzen, Stehen oder in Gehen eingearbeitet werden. Neben einer Optimierung aller Alltagspositionen erarbeitet der Rolfer so gemeinsam mit dem Patienten ökonomischere Bewegungsoptionen für den alltäglichen Gebrauch.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Akute entzündliche Erkrankungen und Aneurysmen oder akute Phlebitis gelten zum Beispiel als Kontraindikationen. Dasselbe gilt für schlecht verheilte Wunden. Auch Osteoporose-Patienten und Schwangere sollten auf eine Behandlung verzichten. Ebenso wenig eignet sich die Therapie für Krebserkrankte, Arteriosklerose-Patienten oder bei psychischen Erkrankungen. Vorsicht ist außerdem bei langfristigen Cortison-Behandlungen, bei Bewegungsdefiziten knöcherner Ursache, bei entzündlichem Rheuma und degenerativen Muskelerkrankungen geboten. Weitere denkbare Kontraindikationen sind frische Traumata, Bandscheibenvorfälle und Herzerkrankungen.
Erhebliche Komplikationen wurden in der Vergangenheit außerdem an Patienten mit Implantaten beobachtet, da implantierte Elemente durch die Therapie verrutschen könnten. Die Wirksamkeit von Rolfing bleibt umstritten. Eine klinische Studie an chronischen Rückenschmerzpatienten spricht mittlerweile allerdings für eine Verringerung von Alltagseinschränkungen. Von diesen Studienergebnissen abgesehen liegen zum Rolfing bislang lediglich Erfahrungsberichte und kleinere Studien mit geringer Aussagekraft vor. Dieser Zusammenhang lässt vor allem Krankenkassen starke Kritik an der Methode üben. Wegen des fehlenden Wirkungsnachweises übernehmen deutsche und österreichische Kassen die Kosten für Rolfingbehandlungen bisher nicht.
Da das Rolfing nicht im Hufeland-Verzeichnis aufgeführt ist und damit nicht zu den anerkannten Naturheilverfahren zählt, sind auch private Krankenversicherungen nicht zwingend zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Private Zusatzversicherungen erstatten zumindest in Österreich einen Teil der Kosten. Die Schweiz ist das einzige deutschsprachige Land, das Rolfing bereits als anerkannte Therapiemethode behandelt und komplementärmedizinisch anerkanntes Heilverfahren behandelt. Daher übernehmen Schweizer Zusatzversicherungen einen Großteil der Therapie kosten.
Quellen
- Federspiel, F., Herbst, V. : Die andere Medizin. Stiftung Warentest, Berlin 2005
- Geuter, U.: Körperpsychotherapie. Grundriss einer Theorie für die klinische Praxis. Springer Verlag, 1. Auflage, Berlin 2015
- Jänicke, C., Grünwald, D. J.: Alternativ heilen. Gräfe und Unzer, München 2006