Sinus pilonidalis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Sinus pilonidalis wird auch Steißbeinfistel genannt. Sie ist eine Höhle unter der Haut im Bereich der Gesäßfalte. Hier kann es zu schmerzhaften Entzündungen bis hin zu Abszessen kommen, die operativ behandelt werden müssen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Sinus pilonidalis?

Ein Sinus pilonidalis ohne Entzündung verursacht keine Beschwerden. Es sind lediglich eine oder mehrere Fistelöffnungen in der Haut sichtbar.
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Als Sinus pilonidalis wird eine chronische Entzündung der Rima ani (Gesäßfalte) bezeichnet. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen. Sinus bedeutet Vertiefung oder Höhle. Die Bezeichnung pilonidalis setzt sich aus den Wörtern pilus und nidus zusammen. Pilus steht für Haar. Nidus wird als Nest übersetzt. Die Erkrankung wird synonym auch Pilonidalsinus, Pilonidalzyste, Steißbeinfistel oder Sacraldermoid genannt.

Der Sinus pilonidalis tritt mit einer Inzidenz von 26 auf 100.000 Einwohner pro Jahr häufig auf. Ein Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Männer sind weitaus häufiger betroffen als Frauen. Personen mit einer sitzenden Tätigkeit wie Kraftfahrer oder Büroarbeiter haben ein erhöhtes Risiko zu erkranken. Mit einer Inzidenz von 150 auf 100.000 Bundeswehrsoldaten pro Jahr ist die Krankheit bei dieser Bevölkerungsgruppe besonders häufig.

Ursachen

Die Pilonidalzyste kann angeboren oder erworben sein. Bei der angeborenen Variante bleibt nach der Embryonalzeit die Öffnung des Neuralrohres erhalten. So entsteht eine Verbindung zwischen Analrand und Steißbeinspitze, wo es zu Entzündungen kommen kann. Diese Variante ist sehr selten.

Häufiger treten die erworbenen Formen des Sinus pilonidalis auf. Durch Reibung der Haut in der Gesäßfalte dringen Haare in die obere Hautschicht ein. Dort verkapseln sie sich. Es entsteht eine mit Haaren gefüllte Höhle unter der Haut. In der Folge können Entzündungen bis hin zu Abszessen auftreten. Als weitere Form wird eine Haarbildungsstörung diskutiert. Neu gebildete Haare können die Haut nicht durchdringen und bilden auf diese Weise eine Höhle, die sich infizieren kann.

Die Entstehung einer Pilonidalzyste kann auch traumatisch bedingt sein. Dabei entsteht die Zyste in einem nicht ausgeheilten Hämatom. Risikofaktoren für eine Entzündung der Fistel sind Übergewicht und starkes Schwitzen in der Analregion. Durch das feucht-warme Milieu können Bakterien sich gut vermehren, in die Fistel eindringen und diese infizieren.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Sinus pilonidalis ohne Entzündung verursacht keine Beschwerden. Es sind lediglich eine oder mehrere Fistelöffnungen in der Haut sichtbar. Das Eindringen von Bakterien in die Pilonidalzyste führt zu einer akuten Infektion. Es kommt zu einer Schwellung, Überwärmung und Rötung der Haut im Bereich des Steißbeines.

Die Schwellung kann in kurzer Zeit eine beträchtliche Größe im Sinne eines Abszesses annehmen. Die Patienten klagen über teils starke Schmerzen. Das Sitzen kann schmerzbedingt nicht möglich sein. Es kann Eiter austreten. Beim chronischen Verlauf sondert die Fistel kontinuierlich Eiter oder Wundsekret ab. Die Patienten bemerken Verunreinigungen der Unterwäsche. Schmerzen können auftreten. Akute Entzündungszeichen fehlen. Diese Form des Sinus pilonidalis kann jederzeit in die akute Entzündung übergehen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnosestellung erfolgt anhand der Anamnese und einer klinischen Untersuchung. Die Patienten berichten über Schmerzen, Schwellung oder Sekretion. Bei der Untersuchung zeigen sich bei der chronischen Form in der Steißbeinregion Fistelöffnungen sowie blutige oder eitrige Absonderungen. Bei der akuten Entzündung fallen Schwellung, Rötung und Überwärmung auf.

In manchen Fällen kann auf Druck Eiter entleert werden. Gegebenenfalls kann eine Fistelöffnung mit der Knopfsonde exploriert werden. Starke Schmerzen bei der akuten Infektion sowie anhaltende Schmerzen und Sekretion beim chronischen Verlauf begründen die Notwendigkeit einer Therapie.

Komplikationen

Die Symptome einer Steißbeinfistel können sich bei zu später oder falscher Behandlung zu ernsten Komplikationen entwickeln. Im Allgemeinen nehmen die Schmerzen im Verlauf der Erkrankung zu und stellen sich schließlich dauerhaft ein. Vor allem der Bereich um das Steißbein ist betroffen und reagiert schmerzhaft auf Druck – Fehlhaltungen und Ausweichbewegungen sind die Folge.

Des Weiteren können sich Abszesse bilden und im Extremfall eine Blutvergiftung hervorrufen. Die Fistel selbst kann vernarben und dauerhafte Hautveränderungen nach sich ziehen. Gelegentlich stellen sich permanente Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen im betroffenen Bereich ein. Bei der operativen Entfernung einer Steißbeinfistel besteht das Risiko, dass Blutungen und Nachblutungen auftreten. Bei einer offenen Wundbehandlung kann sich eine Superinfektion entwickeln, in deren Verlauf weitere Fistelgänge entstehen.

Außerdem können Verletzungen umgebender Strukturen auftreten. Bei Beteiligung des Schließmuskels kann es zu vorübergehender Inkontinenz kommen. Gelegentlich zeigt sich ein bis zwei Wochen nach der Behandlung ein Ausfluss von Wundflüssigkeit, wodurch sich die Heilung verzögert. Zuletzt geht von den verordneten Medikamente immer das Risiko aus, dass sich Neben- oder Wechselwirkungen einstellen oder es zu allergischen Reaktionen kommt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die Krankheit Sinus pilonidalis sollte immer durch einen Arzt behandelt werden. In den meisten Fällen kann sich die Erkrankung auch auf andere Stellen des Körpers ausbreiten, sodass eine Behandlung unabdingbar ist. Je früher bei Sinus pilonidalis der Arzt aufgesucht wird, desto besser ist auch der weitere Verlauf. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn es auf der Haut zu Ausbildungen von Fisteln kommt. In den meisten Fällen sind die betroffenen Stellen auch leicht angeschwollen oder gerötet. Sie können auch jucken und wirken sich daher sehr unangenehm auf die Lebensqualität des Betroffenen aus.

Treten diese Beschwerden auf, so muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Auch ein eitriger Ausritt aus diesen Fisteln kann auf Sinus pilonidalis hinweisen und sollte ebenso durch einen Arzt untersucht werden. Nur durch eine richtige Behandlung können weitere Entzündungen verhindert werden. Bei Sinus pilonidalis kann ein Allgemeinarzt oder ein Hautarzt aufgesucht werden. Die Krankheit kann relativ gut behandelt werden, wobei auch die Lebenserwartung des Patienten durch die Krankheit nicht eingeschränkt wird.

Behandlung & Therapie

Die Therapie des Pilonidalsinus erfolgt operativ. Abhängig vom Befund kann eine stationäre oder ambulante Behandlung sinnvoll sein. Bei der klassischen Operation in Vollnarkose wird der Fistelgang durch eine Färbung mit Methylenblau dargestellt. Anschließend wird der betroffene Bereich großflächig ausgeschnitten. Die Wunde kann mittels Naht verschlossen oder offen behandelt werden.

Bei verschlossenen Wunden gestaltet sich der Krankheitsverlauf kürzer als bei offenen. Allerdings kommt es durch die anatomische Lage, die Spannung und Reibung auf der Wunde bedingt, in 40 Prozent der Fälle zu Wundheilungsstörungen. Auch die naturgemäß hohe Bakterienbesiedlung des Areals trägt dazu bei. Die Rezidivrate bei diesem Verfahren ist mit 20 Prozent innerhalb von drei Jahren hoch.

Bei der offenen Wundbehandlung gestaltet sich der Krankheitsverlauf länger, da die sekundäre Wundheilung der meist großflächigen Wunde mehrere Monate dauern kann. Tägliche Wundpflege und regelmäßige Wundkontrollen sind notwendig. Ein Vorteil der offenen Wundbehandlung ist die deutlich geringere Rezidivrate. Durch eine Vakuumtherapie kann die Dauer der sekundären Wundheilung verkürzt werden.

Dabei wird ein Schwamm in die Wunde eingebracht und diese mit Folie luftdicht verschlossen. Über einen Schlauch wird eine Pumpe angeschlossen, die in der Wunde ein Vakuum erzeugt und kontinuierlich Wundsekret absaugt. Diese Behandlung wird nur im stationären Bereich durchgeführt. Verschiedene Operationsverfahren kommen zur Behandlung des Pilonidalsinus zum Einsatz.

Klassisch wird das betroffene Areal symmetrisch zur Mittellinie exzidiert. Dabei treten jedoch bedingt durch die anatomische Lage häufig Rezidive auf. Durch eine asymmetrische Exzision wie bei dem Operationsverfahren nach Karydakis kann die Rezidivrate verringert werden. Lappenplastiken und endoskopische Verfahren sind ebenfalls Behandlungsmöglichkeiten.


Vorbeugung

Der Entstehung des Sinus pilonidalis kann vorgebeugt werden, indem die Behaarung der Steißbeinregion mittels Laser-Epilation dauerhaft entfernt wird. Eine herkömmliche Haarentfernung reicht nicht aus, da die Haare so nicht komplett beseitigt werden. Während der Wundheilung nach einer Operation soll der betroffene Bereich großflächig und konsequent rasiert werden.

Nachsorge

Nach der erfolgreichen Entfernung eines Sinus pilonidalis (Steißbeinfistel) ist eine gute Nachsorgebehandlung elementar, um die Entstehung von Folgeerkrankungen, sowie das erneute Auftreten eines Sinus pilonidalis zu verhindern. Hierzu sollte das vernarbte Hautgewebe an der operierten Stelle regelmäßig vom Hautarzt und/oder betreuenden Chirurgen auf zurückgebliebene oder neu im Unterhautgewebe entstandene Entzündungen untersucht werden.

Besteht der Verdacht, dass ein erneuter Entzündungsherd unter der Haut entstanden ist, können der zusätzliche Einsatz bildgebender Verfahren (MRT) zur Diagnosestellung, sowie das erneute operative Entfernen des betroffenen Gewebes erforderlich sein. Daneben sollten die Entzündungswerte im Blut regelmäßig kontrolliert werden, um erneute Entzündungsherde im Körper frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

Da ein einmal aufgetretener Sinus pilonidalis, insbesondere wenn er chronisch rezediv (immer wiederkehrend) verläuft, die Wahrscheinlichkeit für weitere, chronisch-entzündliche Hauterkrankungen (Akne inversa) erhöht, sollte eine gute und regelmäßige Hauthygiene eingehalten werden, um die Infektion der Haut mit Bakterien (Staphylococcus aureus) zu vermeiden.

Hierzu zählen das tägliche Duschen und eine intensive Handdesinfektion. Daneben können die dauerhafte Entfernung der Haare mittels Laser-Epilation, sowie der Verzicht auf das Rauchen, dabei helfen, einen erneuten Ausbruch der Krankheit oder anderer chronisch-entzündlicher Hauterkrankungen zu vermeiden. Übergewichtige Patienten sollten zudem eine Gewichtsreduktion anstreben, da Übergewicht das Risiko für einen Sinus pilonidalis ebenfalls erhöht.

Das können Sie selbst tun

Die Steißbeinfistel muss operativ entfernt werden. Aus diesem Grund beschränken sich die Möglichkeiten der Selbsthilfe auf die Unterstützung der eigenen Gesundheit bei der Bewältigung der eingeleiteten Therapie. Zudem entwickeln sich durch die vorhandene Fistel häufig Entzündungen. Der Betroffene sollte daher alles dafür tun, um sein körpereigenes Abwehrsystem zu unterstützen. Je stabiler und gesünder das Immunsystem ist, desto besser kann es sich gegen die Krankheitserreger durchsetzen.

Dies ist hilfreich bei der Entstehung einer möglichen Folgeerkrankung sowie bei der Bewältigung des Heilungsprozesses nach dem operativen Eingriff. Mit einer gesunden und vitaminreichen Ernährung trägt der Betroffene viel dazu bei, um die körpereigene Abwehr zu stärken. Ausreichende Bewegung, die Vermeidung von Übergewicht sowie die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten ist ebenfalls hilfreich im Genesungsprozess. Damit der Körper sich ausreichend regenerieren kann, ist die Schlafhygiene optimal zu gestalten. Ein guter Schlaf- und Wachrhythmus, ausreichender Sauerstoff sowie ein durchgehender Schlaf sind förderlich. Der Konsum von Schadstoffen wie Alkohol und Nikotin ist parallel dazu grundsätzlich zu unterlassen.

Eine mentale Stärke hilft ebenfalls, um den Umgang mit der Erkrankung besser gestalten zu können. Der Betroffene kann Entspannungsverfahren für sich nutzen, um Stressoren abzubauen sowie eine mentale Entlastung zu erleben. Besonders wichtig ist die Zusammenarbeit mit einem Arzt, damit mögliche Veränderungen oder Komplikationen möglichst schnell erkannt werden.

Quellen

  • Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010

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