Sitzbein
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Sitzbein ist ein Teil des knöchernen Beckens bekannt, der aus Sitzbeinkörper und zwei Sitzbeinästen besteht. Das Sitzbein bietet vielen Muskeln und Sehnen einen Ansatzpunkt. Aus diesem Grund ist es neben Frakturen manchmal von Sehnen- und Muskelerkrankungen betroffen.
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Was ist das Sitzbein?
Das Sitzbein der meisten Säugetieren entspricht eigentlich zwei Sitzbeinen, die gemeinsam die Beckensymphyse bilden und so zur faserknorpligen Verbindung der Beckenhälften beitragen. Auch beim Menschen ist das Sitzbein ein Teil des knöchernen Beckens und einer von zahlreichen platten Knochen des Körpers.
Im menschlichen Organismus besteht das Sitzbein aus dem Corpus ossi ischii, dem Ramus superior ossis ischii und dem Ramus interferior ossis ischii. Der Körper des Os ischii zählt zum posterioren Anteil der Hüftgelenkspfanne (Acetabulum) und trägt am hinteren Rand (Margo posterior) den Kaudal-Anteil der Incisura ischiadica major, den flachen Knochenstachel der Spina ischiadica und die Incisura ischiadica minor.
Die Anatomie des menschlichen Sitzbeins entspricht nicht unbedingt der Sitzbeinanatomie anderer Säugetiere. Die Spina ischiadica zeigt bei Vierfüßlern zum Beispiel aufwärts und hat Leistengestalt. Bei den Quadrupeden zählt sie noch zum Darmbein. Gemeinsam ist dem Sitzbein der meisten Arten die kaudale Vereinigung von Sitzbeinkörper und Ästen zur Sitzbeinplatte (Tabula ossis ischii).
Anatomie & Aufbau
Das knöcherne Becken (Osi ischii) des Menschen enthält solche platten Knochen. Es bildet die bogenförmige Untergrenze des sogenannten verstopften Hüftlochs (Foramen obturatum). Zum Sitzbeinhöcker (Tuber ischiadicum) ist das knöcherne Becken nach unten hin verdickt. Der Sitzbeinhöcker ist ein Muskelursprung und ein wichtiger Sitzpunkt. Überlagert wird er von Fettpolstern. Über dem Sitzbeinhöcker liegt der Sitzbeindorn (Spina ischiadica).
Er teilt sich in der Beckenlinie zum Incisura ischiadica major oder der großen Sitzbeineinziehung und der Incisura ischiadica minor oder kleinen Sitzbeineinziehung. Zusammen mit dem Darmbein (Os ilium) und dem Schambein (Os pubis) bildet das Sitzbein das Hüftbein (Os coxae). Das Os ischii ist ein einziger Körper mit oberem und unterem Sitzbeinast. Manche Autoren definieren die beiden Äste als nur einen Sitzbeinast. Eine Vielzahl von Muskeln setzt am menschlichen Sitzbein an.
Funktion & Aufgaben
Platte Knochen dienen meist dem mechanischen Schutz innerer Organe und bieten durch die flächige Gestalt Platz zum Ansatz der Skelettmuskeln. Die Funktion des menschlichen Sitzbeins ist neben dem Muskelansatz vor allem die Stabilisierung des knöchernen Beckens.
Der obere Sitzbeinast formt gemeinsam mit dem oberen Schambeinast eine kraniale Begrenzung für das Foramen obturatum. Diese Struktur hat drei verschiedene Seiten: die sogenannte Facies externa, Facies interna und Facies posterior. Die Facies externa ist viereckig und trägt am oberen Ende die Sehne des Musculus obturatorius externus in einem Sulkus. Am unteren Ende wird er zum Ramus inferior und erhält so Stabilität. Die vordere Begrenzung dieser Strukturen ist das Foramen obturatum. Eine prominente Knochenkante trennt die Struktur von der Facies posterior. Nahe der Kante nimmt der Musculus quadratus femoris seinen Ursprung. Richtung anterior liegen Fasern des Musculus obturatorius externus und in Richtung unten entspringt der Musculus adductor magnus.
Die Facies interna bildet am oberen Sitzbeinast einen Knochenwandteil des kleinen Beckens. An einer scharfen Knochenkante am unteren Ende ist die sichelförmige Verlängerung des Ligamentum sacrotuberale zu erkennen. Dort entspringen dem Sitzbein außerdem der Musculus transversus perinei superficialis und der Musculus ischiocavernosus. Der Ramus inferior ossis ischii geht ist ein abgeplatteter Knochen aus dem Ramus superior. Er formt zusammen mit dem Ramus inferior ossis pubis die Kaudalbegrenzung des Foramen obturatum. Die unebene Facies externa ist der Ursprung des Musculus obturatorius externus und teilweise des Musculus adductor magnus.
Die Facies interna bildet dagegen einen Vorderwandanteil des kleinen Beckens. Die Außenkante dieser Struktur ist der Ursprung der oberflächlichen Dammfaszie (Fascia perinei superficialis). An der Innenkante der Struktur ist die innere Faszie des Diaphragma urogenitale befestigt. Dazwischen nimmt der Musculus transversus perinei profundus seinen Ursprung.
Krankheiten
Bei primären Brüchen sind die Knochenbruchstücke nicht weiter als einen Millimeter voneinander entfernt. Sekundäre Brüche weisen eine Bruchspalte von über einem Millimeter auf. Einer Sitzbeinfraktur gehen in aller Regel Stürze oder andere Unfälle voraus. Auch eine Ermüdungsfraktur am Sitzbein ist nach extremer Belastung keine Seltenheit. Da die anatomische Struktur des Sitzbeins einer Vielzahl von Sehnen und Muskeln einen Ansatz bildet, sind muskel- und sehnenbedingte Schmerzen allerdings die Hauptursache für Beschwerden mit dem Sitzbein.
Sehnenentzündungen an den Sitzbeinsehnen kommen zum Beispiel häufig vor. Solche stellen sich in der Regel aufgrund von Reibungen, Infektionen oder Überlasten ein und äußern sich zunächst in nur leichten Beschwerden. Daher werden Sehnenentzündungen oft äußerst spät bemerkt und sind dann bereits durch knirschende Kalkablagerungen gekennzeichnet, die die Behandlung deutlich erschweren. Muskelfaserrisse kommen mit Bezug zum Sitzbein deutlich seltener vor als Zerrungen oder Muskelprellungen. Auch Muskelentzündungen am Sitzbein sind eher selten, aber trotzdem nicht vollständig außer Acht zu lassen.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Kugler, P.: Der Menschliche Körper. Anatomie, Physiologie, Pathologie. Urban & Fischer/ Elsevier, München 2017
- Schwegler, J., Lucius, R.: Der Mensch – Anatomie und Physiologie. Thieme, Stuttgart 2016