Soziale Identität
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Soziale Identität
Die Identität im Sinne der sozialen Identität entsteht aus sozialen Kategorisierungsprozessen. Der Mensch sieht sich als Mensch, als Teil bestimmter Gruppen und als Individuum. Die Gruppenzugehörigkeit verbinden Menschen mit bestimmten Werten, die zu ihrem Selbstwert beitragen.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist die Identität?
Wenn von der Identität im Sinne psychisch physischer Prozesse die Rede ist, handelt es sich dabei um die soziale Identität des Menschen. In der kognitiven Sozialpsychologie ist die Theorie von der sozialen Identität die prominenteste Theorie bezüglich Intergruppenbeziehungen.
Reize aus der äußeren Umwelt werden vom menschlichen Gehirn zu einem logischen Ganzen organisiert und anschließend in Kategorien eingeordnet. Von der Reizklassifizierung weiß die Medizin seit den 1960er Jahren. Die ersten Arbeiten aus dieser Zeit dienten der Theorie von der sozialen Identität als Ansatzpunkt.
Der Begriff der Identität existiert im Sinne der sozialen Identität seit Mitte der 1970er Jahre. Zur sozialen Identität eines Menschen tragen vier wechselseitig einflussnehmende, psychologische Prozesse bei (andere Modelle zur Identität beschreiben mehr, weniger oder andere Prozesse. Denn Identität ist noch immer mit vielen Unklarheiten besetzt).
Neben der Kategorisierung bildet sich die Identität aus sozialen Vergleichen und der eigens sozialen Distinktheit. Die Identität einer Person definiert sich über die Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe und entspricht einem Teil des persönlich entwickelten Selbstkonzepts.
Funktion & Aufgabe
Damit entspricht die soziale Kategorisierung einer Strukturierung des sozialen Umfelds, die jeweils eine Bewertung der einzelnen Kategorien zur Folge hat und die Strukturen so mit bestimmten Wertigkeiten verknüpft.
Jeder Mensch ist selbst Teil von bestimmten sozialen Gruppen und nimmt sich selbst auch als Teil davon wahr. Die Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe ist an Wertigkeiten geknüpft, die eine Person sich infolge ihrer Mitgliedschaft selbst zuspricht. Damit trägt die soziale Identität zum Selbstkonzept einer Person bei.
Personen haben ein positives Selbstbild zum Ziel. Aus diesem Grund streben sie meist automatisch nach positiv sozialer Identität und somit Gruppenmitgliedschaft, aus der sie angenehme Wertigkeiten gewinnen. Daher differenziert jeder Mensch seine soziale Gruppe von der äußeren Welt und hebt sie auf positive Weise davon ab. Die Mitgliedschaft in einer bestimmten, sozialen Kategorie lässt den Menschen die eigene Gruppe favorisieren. Andere Gruppen werden zugunsten der eigenen Gruppe herabgesetzt.
Menschen kategorisieren sich selbst und andere Personen zwar auf verschiedenen Abstraktionsebenen, aber für die soziale Identität sind, nach der hier vorgestellten Theorie, insgesamt lediglich drei davon relevant. Personen klassifizieren sich zum einen als menschliches Lebewesen, zum anderen als Mitglied innerhalb einer gegebenen Gruppe und zuletzt als Individuum. Die Identitätsgebung als Teil einer Gruppe hebt wiederum Anteile der jeweils individuellen Identität auf. Die Folge ist eine Depersonalisierung zugunsten der Gruppe. Erst durch diese Depersonalisierung lassen sich Gruppenphänomene wie Ethnozentrismus oder Kooperation erklären. Das Individuum verhält sich bei diesen Prozessen nicht mehr individuell, sondern orientiert sich gruppenkonform und orientiert sein Verhalten oft am Prototyp der Gruppe.
Krankheiten & Beschwerden
Studien zeigen, dass die Verhinderung von Diskriminierung zwischen einzelnen Gruppen für die Gruppenmitglieder eine Erniedrigung des Selbstwertgefühls zur Folge hat. Auch der umgekehrte Einfluss wurde dokumentiert. In Zusammenhang mit der sozialen Identität sind daher verschiedene psychische Probleme und Erkrankungen relevant.
Wenn eine Person Mitglied in einer sozialen Gruppe ist und seine Gruppe im Vergleich mit anderen als minderwertig empfindet, kann dieses Urteil schwerwiegende Folgen für den Selbstwert der betroffenen Person haben. Im Normalfall steuert der Betroffene Gegenmaßnahmen an, um die eigene Sozialidentität wieder zu verbessern und so an Selbstwert zu gewinnen. Wenn aber weder ein Wechsel der Gruppe, noch die Diskriminierung anderer Gruppen zur Option stehen, bleibt der Selbstwert der Person auf einem niedrigen Niveau gebunden.
Negativer Selbstwert kann auf Dauer Wut und Aggressionen begünstigen. Oft treten soziale Probleme wie Neid und Eifersucht, sexuelle Probleme und Hemmungen oder starke Unsicherheiten auf. Auch ernstzunehmende Erkrankungen wie Depressionen, Übergewicht, Alkoholismus oder Zwangsgedanken und Zwangshandlungen können eine Folge von anhaltend negativem Selbstwertgefühl sein.
Auch wenn sich Menschen überhaupt nicht als Mitglied einer sozialen Gruppe fühlen und das Gefühl haben, in keiner einzigen Gruppe einen Platz zu haben, wirkt sich dieser Zusammenhang negativ auf den Selbstwert aus. Zumindest anhaltende Unzufriedenheit ist eine typische Folge.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Laux, G.; Möller, H.: Memorix Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2011
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015