Sexuelle Unlust

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Von sexueller Unlust können beide Geschlechter betroffen sein. Mit zunehmendem Alter erhöht sich das Risiko, keine Lust mehr auf Sexualität zu verspüren, statistisch sind Frauen ab dem 45. Lebensjahr häufiger betroffen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist sexuelle Unlust?

Eine sexuelle Unlust betrifft immer den ganzen Menschen in seiner Körper-Geist-Seele Einheit. Auch Ärzte verfolgen bei der Ursachenforschung zunehmend einen ganzheitlichen Ansatz.

Mangelndes sexuelles Verlangen oder ein dauerhafter Mangel nach sexuellem Begehren sind in den Industriegesellschaften weit verbreitet. Sexualmediziner gehen darüber hinaus von einer großen Dunkelziffer aus, denn viele scheuen aus falsch verstandener Scham den Gang zum Arzt.

Dabei kann eine konsequente Ursachenforschung häufig eine Problemlösung einleiten. Frustration kann sich mit der Zeit einstellen, denn die Betroffenen finden sich nicht selten mit ihrem Zustand ab, obwohl sie sich innerlich nach Liebe, Zuwendung und Zärtlichkeit sehnen. Der Libidoverlust ist in der westlichen Welt die am häufigsten diagnostizierte sexuelle Störung.

Das sexuelle Begehren kann dabei völlig zum Erliegen kommen. Auch erotische Gedanken oder Fantasien werden weniger. Wenn sich die Betroffenen in einer Paarbeziehung befinden, kann das Symptom der sexuellen Unlust oder der Frigidität schnell zur Belastungsprobe werden. Ohne Sexualtherapie zerbrechen Beziehungen häufig.

Ursachen

Eine sexuelle Unlust betrifft immer den ganzen Menschen in seiner Körper-Geist-Seele Einheit. Auch Ärzte verfolgen bei der Ursachenforschung zunehmend einen ganzheitlichen Ansatz. Die Suche nach den Ursachen für einen Libidoverlust gleicht oft einer Detektivarbeit.

Möglich sind psychische, aber durchaus auch ernste körperliche Ursachen. Asexualität als angeborene Sexualstörung spielt nur eine untergeordnete Rolle. Diese Menschen verspüren keine Lust auf Sexualität oder körperliche Nähe. In der überwiegenden Zahl der Fälle von sexueller Unlust ist sie das Symptom anderer Krankheiten oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Schwere körperliche Erkrankungen wie Diabetes oder Krebs führen im Verlauf recht häufig zu Sexualstörungen.

Auch sämtliche hormonelle Erkrankungen führen schnell zu einem Ungleichgewicht der Sexualhormone und in der Folge zu sexueller Unlust. Besonders Schilddrüsenfunktionsstörungen im Sinne einer Unterfunktion können Libido- oder Potenzstörungen hervorrufen. Weitere häufige medizinische Ursachen für sexuelle Unlust sind Dialyse, erniedrigte Testosteronwerte bei Männern, Angststörungen und Depressionen.


Krankheiten mit diesem Symptom

Diagnose & Verlauf

Für eine exakte Diagnose von Sexualstörungen, zu denen auch die sexuelle Unlust gehört, ist meist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen erforderlich. Allgemeinmediziner, Gynäkologe, Urologe und Psychotherapeut können dann in enger Zusammenarbeit die Diagnose stellen und ein Therapiekonzept erstellen, das immer streng an der individuellen Ursache ausgerichtet sein sollte.

Die in Deutschland erprobten Diagnoseverfahren für Sexualstörungen wurden vorher bereits erfolgreich in den USA angewandt. Der erste diagnostische Schritt ist immer die eingehende Befragung der Einzelperson oder eines Paares über die derzeitige Situation. Der erfahrene Sexualmediziner kann alleine aus der Anamnese bereits wertvolle diagnostische Rückschlüsse ziehen und das weitere Vorgehen darauf abstimmen.

Bei Frauen gilt als Standard für die Befragung der sogenannte Female Sexual Function Index. Dieser standardisierte Fragenkatalog ermöglicht dem Arzt eine genaue Beurteilung oder Schwankung des sexuellen Verlangens über einen definierten Zeitraum. Eingehende körperliche Untersuchungen der primären und sekundären Geschlechtsorgane schließen sich an. Wird eine sexuelle Unlust oder ein Libidoverlust nicht behandelt, so neigt die Sexualstörung zur Chronifizierung. Mit der Zeit wird dann eine Therapie immer aufwendiger und schwieriger.

Komplikationen

Komplikationen, die bei sexueller Unlust auftreten können, sind in erster Linie psychischer Natur. Inbesondere in einer Beziehung entsteht für den Betroffenen häufig ein starker Leidensdruck. Dieser wird nicht zuletzt durch das beeinträchtigte Sexleben mit dem Partner ausgelöst. Dafür muss der Partner nicht zwangsläufig mit Unverständnis reagieren.

Viele Patienten, die an sexueller Unlust leiden, verurteilen sich selbst und fühlen sich dem Partner gegenüber schuldig. Die Folge sind nicht selten Gereiztheit, unterdrückte Aggressionen und Frustration. Reagiert der Beziehungspartner zusätzlich mit Vorwürfen, ist Streit und eine Entzweiung in der Beziehung vorprogrammiert.

Selbst bei Behandlung ist eine mögliche Komplikation, dass der Betroffene sich nicht entspannen kann und Angst vor einem Rückfall hat. Diesem Teufelskreis zu entkommen, ist ohne psychologische Unterstützung schwierig. Daneben kann es noch zu weiteren Komplikationen kommen, die auf die zugrundeliegende Erkrankung zurückzuführen sind. So gehen die Ursachen häufig mit Abgeschlagenheit und Müdigkeit einher, die sich im schlimmsten Fall zu einer Depression ausweiten können.

Außerdem können Schmerzen beim Geschlechtsverkehr ein weiteres Problem darstellen. Um dem vorzubeugen, ist es wichtig, sich mit dem Partner und einem Arzt über die Probleme zu unterhalten. Ehrlichkeit und Transparenz steht an erster Stelle, um Komplikationen zu verhindern. Nicht selten senken diese die Lebensfreude deutlich.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Sexuelle Unlust kann verschiedene Ursachen wie Stress oder hormonelle Veränderungen haben und reguliert sich meistens von selbst wieder. Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn der Libidoverlust zur Belastung wird oder die Partnerschaft darunter leidet. Bei länger anhaltenden Beschwerden, die womöglich sogar mit körperlichen Begleitsymptomen verbunden sind, ist ebenfalls ärztlicher Rat gefragt.

Dasselbe gilt, wenn die sexuelle Unlust mit einer Depression in Verbindung steht oder soziale Ursachen wie berufliche oder familiäre Belastungen vorliegen. Auch bei einem Libidoverlust nach einem traumatischen Erlebnis empfiehlt sich ein Gespräch mit dem Frauenarzt oder einer therapeutischen Beratung. Sexuelle Unlust nach der Einnahme von Medikamenten sollte mit dem Arzt besprochen werden.

Meistens nimmt die Libido wieder zu, sobald auf ein anderes Präparat gewechselt wird. Alkoholkranke Menschen, Diabetiker und Patienten mit einer neurologischen Störung sollten Störungen der Libido umgehend abklären, da es sich unter Umständen um ein Begleitsymptom der Grunderkrankung handelt. Sollte die Ursache unbekannt sein, kann die sexuelle Aktivität zunächst beobachtet werden. Stellt sich nach einigen Wochen keine Besserung ein, sollten medizinische Maßnahmen ergriffen werden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung von Libido-, Potenz-, oder Sexualstörungen sollte konsequent ursachenbezogen erfolgen. Wenn die Ursache einer sexuellen Unlust also im körperlichen Bereich zu suchen ist, dann muss zunächst die Grunderkrankung behandelt werden. Erst danach kann eine Sexualtherapie als Gesprächssitzungen oder als Paarberatung erfolgen. Wenn die Ursache in der jahrelangen Einnahme der Antibabypille liegt, so kann schon das Absetzen dazu führen, dass eine sexuelle Unlust wieder verschwindet.

Als Ersatz kann der Frauenarzt auch schwach dosierte männliche Geschlechtshormone verordnen und damit oft erstaunliche Erfolge erzielen. Eine Hormonanalyse des Blutes kann auch bei Männern sinnvoll sein, bei erniedrigtem Testosteronspiegel kann auch in diesem Fall das fehlende Hormon substituiert werden. Männer leider naturgemäß mit zunehmendem Alter unter einem relativen Testosteronmangel, der nicht nur zu Libidoverlust, sondern auch zu Erektionsstörungen führen kann. Störungen der Durchblutung, der Sensibilität oder des Hormonhaushaltes als Ursache von Libidostörungen können durch medikamentöse Therapien heute gut behandelt werden.

Partnerschaftliche oder psychische Probleme sollten von geschulten Sexualtherapeuten in sogenannten aufdeckenden Sitzungen behandelt werden. Eine erfolgreiche Behandlung von Sexualstörungen zeigt sich auch daran, dass allgemeine Lustlosigkeit, Antriebsarmut oder Müdigkeit verschwinden.

Aussicht & Prognose

Sexuelle Unlust kann körperliche oder seelische Auslöser haben. Meistens lässt sich ein körperlich bedingter Grund für sexuelle Unlust leichter und schneller beheben. Bei Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel einnehmen, kann die mangelnde Libido bereits daran liegen. Ein Wechsel des Verhütungsmittels lässt die sexuelle Lust zurückkehren. Ähnliche Auswirkungen können auch andere Medikamente haben - auf beide Geschlechter. Kann das auslösende Medikament abgesetzt werden, dauert es Tage bis Wochen, bis die sexuelle Lust wieder da ist. Denkbar ist auch ein hormonelles Ungleichgewicht.

Da die Behandlung solcher Auslöser an sich schon einige Wochen in Anspruch nimmt, sollte damit gerechnet werden, dass sich auch die Libido erst danach wieder normalisiert. Voraussetzung ist, dass eine Hormonersatztherpie oder eine andere Form der Behandlung es schaffen, den Hormonhaushalt des betroffenen Patienten wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Stehen dagegen psychische Auslöser im Raum, dauert es bis zur Besserung der sexuellen Unlust oft länger. Probleme in der Partnerschaft, Ängste durch Schmerzen beim Sex oder eine überstandene Geburt, Ängste vor einer ungewollten Schwangerschaft oder unschöne sexuelle Erfahrungen in der Vergangenheit sind nicht ganz einfach aufzuarbeiten und erfordern deswegen oft eine mehrmonatige Therapie. Wie lange ein Behandlungserfolg auf sich warten lässt, hängt auch vom Schweregrad der seelischen Verletzungen eines betroffenen Patienten ab.


Vorbeugung

Um einer sexuellen Unlust durch psychosomatische Ursachen vorzubeugen, ist eine genaue Analyse des Lebenswandels oder der Partnerschaft erforderlich. Konflikte sollten frühzeitig angesprochen und gelöst werden. Für einen ausgeglichenen Hormonhaushalt sorgen Bewegung und eine Work-Life-Balance, also ein guter Ausgleich zwischen den Anforderungen im Beruf und der Freizeit. Negativer Stress, Genussmittelmissbrauch und Übergewicht sind zu vermeiden, denn diese können den Boden für das Entstehen von Sexualstörungen bereiten.

Das können Sie selbst tun

Eine Libido-Störung hat in aller Regel mehr als nur eine Ursache. Betroffene, die unter ihrer sexuellen Unlust leiden, sollten unbedingt einen Arzt aufsuchen, um mögliche körperliche Ursachen abklären zu lassen. Des Weiteren sollten die Betroffenen alle Faktoren meiden, die häufig zwar nicht alleine für die mangelnde Libido verantwortlich sind, aber doch regelmäßig zur Lustlosigkeit beitragen. Als kontraproduktiv gelten zu wenig Schlaf, ständiger beruflicher Stress, Zigaretten sowie übermäßiger Alkoholkonsum. Gesunde Ernährung und ausreichende körperliche Bewegung verbessern das Allgemeinbefinden und wirken sich so auch günstig auf die Libido aus.

Geht die Lustlosigkeit mit Müdigkeit und allgemeinen Erschöpfungszuständen einher, kann ein Nährstoffmangel vorliegen. Sehr häufig ist der Eisenspiegel zu niedrig. Betroffenen können dann eisenreiche Lebensmittel in ihre Diät integrieren oder auf Nahrungsergänzungsmittel ausweichen. In schweren Fällen ist eine Behandlung durch einen Arzt erforderlich.

Bei Frauen ist sexuelle Unlust auch Monate nach der Geburt eines Kindes normal und kein Grund zur Besorgnis. Frauen, die hormonell verhüten und längerfristig unter sexueller Unlust leiden, sollten vorübergehend auf eine andere Verhütungsmethode ausweichen und die Entwicklung ihrer Libido in dieser Zeit beobachten.

In der Naturheilkunde wird bei sexueller Unlust oftmals zu „Entgiftungskuren“ geraten, um das Allgemeinbefinden zu verbessern und die Libido wieder anzustacheln. Hilfreich sollen auch Entspannungstechniken wie Yoga oder autogenes Training sein.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013

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