Traditionelle Chinesische Medizin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die traditionelle chinesische Medizin (abgekürzt: TCM) gehört zu den ältesten Heilkunden der Welt. Ihren Ursprung nahm sie vor über 2000 Jahren im ostasiatischen Raum. Grabfunden und Überlieferungen zufolge gab es erste Spuren – in Form von Fischgräten als Akupunkturnadeln - bereits vor 5000 Jahren.
Die Wurzeln der chinesischen Pflanzenheilkunde sollen sogar bis zur Steinzeit zurückreichen. Mittlerweile wird die traditionelle chinesische Medizin in unterschiedlichen Formen auf der ganzen Welt praktiziert und einige ihrer Therapieelemente, wie beispielsweise die Akupunktur, genießen auch im Westen wachsende Beliebtheit.
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Was ist die Traditionelle Chinesische Medizin?
Die Lehre der traditionellen chinesischen Medizin verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Beschwerden und Krankheiten werden dabei nicht isoliert betrachtet, sondern der Körper und seine Organsysteme werden als eine Einheit aus sich wechselseitig beeinflussenden Energien und Dynamiken begriffen. Die elementare Lebensenergie nach der traditionellen chinesischen Medizin ist das sogenannte Qi. Dieses wird als energetischer Prozess angesehen, der in stetigem Fluss durch den menschlichen Körper fließt.
Qi kann mit Atem, Energie und Kraft, aber auch mit Luft, Temperament oder Atmosphäre übersetzt werden. Es hat in der asiatischen Kultur eine essenzielle Bedeutung und prägt dort das Verständnis für Welt und Leben. In der traditionellen chinesischen Medizin wird das Qi für die Harmonie von organischen und hormonellen Vorgängen, aber auch für Stimmungen und Temperament verantwortlich gemacht.
Eng mit dem Qi verbunden sind die Symbole Yin und Yang. Ihr Polaritätsprinzip sorgt nach Auffassung der TCM für einen optimal ausgeglichenen Gesundheitszustand, während ein Ungleichgewicht zu Krankheit führt. Der Grundsatz von Yin und Yang beruht auf der Auffassung, dass unsere Welt dem Prinzip des Dualismus unterliegt. Tag und Nacht, Sonne und Regen sind sich ständig abwechselnde, polarisierende Zustände, die ohneeinander nicht funktionieren. Yin wird nach der TCM als die weiblich-passive Seite angesehen, die empfängt und mit dem Mond in Verbindung gebracht wird. Yang ist die männlich-aktive und aufbauende Seite, die mit der Sonne assoziiert wird.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die traditionelle chinesische Medizin findet inzwischen bei vielen Krankheiten Anwendung. Bei Rückenbeschwerden und Migräne hat sich die Akupunktur sehr bewährt und wird inzwischen von einigen Krankenkassen übernommen.
Aber auch Qigong und Tai-Chi leisten wertvolle Linderung bei Verspannungen und Blockaden. Viele Beschwerden im Verdauungsbereich werden durch die chinesische Arzneimitteltherapie gelindert, besonders wenn sie mit der Ernährungslehre kombiniert wird. Die TCM ist eine wertvolle Ergänzung zu den herkömmlichen Behandlungsverfahren, weil sie den Körper von innen heraus stärkt und so eine Heilung herbeiführt.
Das am weitesten verbreitete Heilverfahren ist die Akupunktur. Mit Hilfe von feinen Einwegnadeln werden bestimmte Punkte am Körper über die Haut angeregt, um das Qi wieder fließen zu lassen. Die mechanische Reizung dieser Punkte bewirkt dabei die Anregung des Qi-Flusses und führt so Heilung herbei.
Die chinesische Arzneimitteltherapie besteht im Verabreichen von Heilpflanzen, Mineralien und tierischen Bestandteilen. Diese werden gemischt und individuell auf den zu behandelnden Menschen abgestimmt, z. B. als Tee oder ein Arzneisud aus Pflanzenbestandteilen wie Blättern, Blüten, Wurzeln, Rinden und Stängeln. Für die Zubereitung und Einnahme gibt es genaue Anwendungsvorschriften.
Beim Taiji und Qigong handelt es sich um eine spezielle Bewegungslehre innerhalb der TCM. Verschiedenen Bewegungsabläufe werden zusammen mit Atem- und Koordinationsübungen kombiniert und sollen ebenfalls das Qi wieder zum Fließen zu bringen, Blockaden, Stauungen und Verspannungen lösen. Dadurch werden die Organe und das Nervensystem gestärkt und damit die Lebenskraft.
Die manuelle Therapie (Tuina) arbeitet mit verschiedenen Massage- und Grifftechniken, Greifen, Kneten und Streichen und versucht auf diesem Wege die Energieblockaden im Körper zu lösen und die Blutzirkulation zu verbessern.
Die Ernährungslehre der TCM soll den Körper vorbeugend stärken. Die TCM geht davon aus, dass Nahrungsmittel eine energetische Wirkung haben und bestimmte vegetative Prozesse auslösen können. Die Lebensmittel werden eingeteilt in heiß, warm, neutral, kühl und kalt. Chili z. B. gilt als heiß, Joghurt und andere Milchprodukte als kalt oder kühl. Zu viel Milchprodukte können den Körper zu stark kühlen und Verschleimungsprozesse auslösen. Auch die Art der Zubereitung spielt mit eine Rolle. Essen sollte jahreszeitgemäß und in Ruhe genossen werden.
Behandlungen & Therapien
In der traditionellen chinesischen Medizin werden auch die menschlichen Organe in Yin und Yang unterteilt. Jedes Yin-Organ hat einen Yang-Partner. Eine zu starke oder zu schwache Aktivität des einen Organs hat direkten Einfluss auf dessen Partner-Organ. Grundprinzip aller traditionell chinesischen Medizinformen ist es, das Qi wieder ins natürliche Gleichgewicht zu bringen. Die Lehre der TCM geht davon aus, dass im Inneren des Körpers sogenannte Funktionskreise liegen. Diese Energiekanäle werden auch Leitbahnen oder Meridiane genannt und stehen im Fokus der Behandlung.
Die Behandlungsmethoden der traditionellen chinesischen Medizin beruhen auf dem Prinzip der fünf Säulen. Diese bestehen aus der Therapie mittels Akupunktur, der Ernährungslehre, der Heilkräutertherapie, Massagen und verschiedenen Bewegungslehren, allen voran Qi Gong. Die Praktiken des fünf-Säulen-Prinzips sollen dabei helfen, das Gleichgewicht zurückzugewinnen. Die beiden wichtigsten Verfahren bilden Akupunktur und Arzneimitteltherapie.
Bei ersterer werden durch ein Einstechen mit dünnen Nadeln auf die an den Meridianen befindlichen Akupunkturpunkte Blockaden des Qi-Flusses gelöst. Dieselbe Wirkung hat auch das Erwärmen jener Punkte (Moxibustion) sowie deren Massage (Akupressur). Eine Akupunktursitzung dauert etwa 30 Minuten. Der Patient liegt dabei entspannt auf einer Liege. Vor dem Einstich werden die jeweiligen Punkte erwärmt und massiert. Ziel ist es, mit so wenigen Einstichen wie möglich, Blockaden des Qi zu lösen und dem Patienten Linderung seiner Beschwerden zu ermöglichen.
Die genaue Wirkungsursache der Akupunktur ist bislang nicht erforscht, viele Patientenberichte konnten ihre Wirkung jedoch bestätigen. Zu den Haupteinsatzgebieten von Akupunktur zählen Schlafstörungen, Muskelbeschwerden, Neurologische Erkrankungen, Störungen im Magen-Darm-Bereich sowie geburtsvorbereitende Akupunktur bei Schwangeren.
Die Arzneitherapie zählt im Gegensatz zur Akupunktur zum inneren Therapieverfahren. In der TCM kommen hierbei besonders natürliche Arzneimittel zum Einsatz - davon 90% pflanzlichen Ursprungs. Die Krankheitsdiagnose erfolgt meist nach einem ausführlichen Gespräch sowie einer typisch chinesischen Puls- und Zungendiagnose.
Auch Hautton- und Beschaffenheit, der Klang der Stimme, sowie die komplette körperliche Erscheinung des Patienten werden in die Diagnose einbezogen. Die chinesische Arzneimitteltherapie arbeitet stark mit Geschmacksrichtungen. Jedes der verwendeten Arzneien kann einer Geschmacksrichtung zugeordnet werden und jede Geschmacksrichtung hat ihre eigene Wirkung auf den Körper. Salziges etwa soll trocknen, scharfes ankurbeln und öffnen.
Chinesische Arzneimittel werden meist in Form von Tees oder Abkochungen verabreicht. Mittlerweile gibt es aber auch Fertigmischungen oder Kapseln. Sie werden meist in Kombination von bis zu sechszehn Einzelarzneien verordnet. Die Anwendungsgebiete sind sehr weitreichend, am häufigsten werden Atemwegserkrankungen, grippale Infekte, Magen-Darm-Beschwerden, Hautkrankheiten und Allergien mit chinesischen Arzneimitteln behandelt.
Diagnose & Untersuchungsmethoden
Aus wissenschaftlicher Sicht konnten viele Wirkungsweisen der traditionellen chinesischen Medizin bis heute nicht nachgewiesen werden, weswegen sie in der westlichen Welt als Alternativmedizin teils nicht ernstgenommen wird. Zahlreiche positive Patientenberichte konnten jedoch eine Wirkung bestätigen. Wie bei schulmedizinischen Medikamenten können auch in der chinesischen Arzneimittelbehandlung bei unsachgemäßer Anwendung Beschwerden auftreten.
Vergiftungen, etwa durch Verunreinigungen von nicht geprüften Arzneien auf dem Schwarzmarkt, können durch den Kauf von kontrollierten Arzneien in Apotheken umgangen werden. Ein großer Kritikpunkt an der TCM besteht in ihrer Verwendung einer großen Anzahl an tierischen Bestandteilen von geschützten und gefährdeten Tierarten. Unter meist tierquälerischen Zuständen werden etwa Bären für die Herstellung von Bärengalle gehalten.
Auch Tiger, Schneeleoparden, Nashörner, Saiga-Antilopen, Sägerochen, Haie und diverse Schildkrötenarten werden nach wie vor für die traditionelle chinesische Medizin missbraucht und getötet. Deutsche TCM-Verbände sprechen sich einheitlich gegen die Verwendung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten für die Arzneimittelherstellung aus.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Da es sich bei der TCM um ein sanftes, ganzheitliches Heilverfahren handelt, sind keine nennenswerten Gefahren und Nebenwirkungen zu beachten. Wenn es vereinzelt vorübergehend zu Nebenwirkungen kommt, handelt es sich meistens um so genannte Erstverschlimmerungen, die anzeigen, dass im Körper etwas in Gang gesetzt wird. Sie verschwinden meistens im Laufe der Therapie. Die TCM als wertvolles, Heilverfahren, gerade weil sie den ganzen Menschen in den Blick nimmt und nicht nur Symptome behandelt.
Quellen
- Beer, A.-M., Adler, M.: Leitfaden Naturheilverfahren für die ärztliche Praxis. Elsevier, München 2012
- Reik B.: Tai Chi und Qi Gong in der Schwangerschaft. Mankau Verlag GmbH, 1. Auflage, Murnau a. Staffelsee 2013
- Wühr, E.: Traditionelle Chinesische Heilkunst. Gesund und lange leben mit Chinesischer Medizin. Chinesische Medizin und Wellness, Kötzing 2001