Nervensystem
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. November 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ohne intaktes Nervensystem wäre der Mensch nicht lebens- und überlebensfähig. Mit dem Nervensystem hat die Natur dem menschlichen Organismus ein Hilfsmittel gegeben, sich in der Umwelt zurechtzufinden. Darüber hinaus ist das Nervensystem unentbehrlich, um alle Vorgänge im Körper zu koordinieren und zu steuern.
Was ist das Nervensystem?
Das Nervensystem umfasst einen Komplex unterschiedlicher Komponenten, zu denen die sogenannten Nerven- und Gliazellen und die Schaltzentrale, das Gehirn gehören.
Da alle Funktionselemente miteinander in wechselseitiger Verbindung stehen, entsteht ein System an Nerven - das Nervensystem. Das Nervensystem setzt sich aus dem vegetativen, dem zentralen und dem peripheren Teil zusammen.
Die einzelnen Bereiche, aus denen das Nervensystem besteht, basieren wiederum auf verschiedenen Organen und Organkomplexen, welche das Rückenmarkt, die Nervenfasern und die Nervenzellen beinhalten. Als Untersysteme des Nervensystems sind noch weitere anatomische Differenzierungen bekannt, welche die Funktionsfähigkeit unterstützen.
Anatomie & Aufbau
Das Nervensystem ist äußerst kompliziert aufgebaut und basiert auf Bestandteilen, welche ohne Hilfsmittel sichtbar sind und auf mikroskopisch kleinen Strukturen.
Im Unterschied zum Zentralen Nervensystem beinhaltet das Periphere Nervensystem alle Nervenbahnen, welche den Körper durchziehen und auch zur Reizaufnahme über die Haut dienen. Verschiedene Untersysteme, welche bei beiden Nervensystemen aufgeschlüsselt werden und vielfach als sympathisches und parasympathisches System, enterisches und vegetatives Nervensystem bekannt sind, beruhen auf dem Nervengewebe und der Nervenzelle (Neuron) sowie Gliazellen.
Die Nervenzellen stellen beim Nervensystem eine Netzstruktur dar, innerhalb dessen die Neuronen funktionstüchtig sind. Grundsätzlich arbeitet das Nervensystem nicht unabhängig von anderen Organen. Es unterliegt beispielsweise einem Einfluss von Hormonen.
Funktionen & Aufgaben
Das Nervensystem ist die Grundlage für eine Verbindung des Menschen zu seiner Umwelt. Das Nervensystem oder systema nervosum hat eine Steuerungsfunktion inne, welche alle lebenswichtigen Abläufe im Organismus beinhaltet.
Durch das Nervensystem werden Reize aus der Umgebung wahrgenommen. Diese werden durch das Nervensystem weitergeleitet und verarbeitet. Darüber hinaus schützt das Nervensystem vor Verletzungen. Ein bedeutender Anteil des Nervensystems übernimmt unbewusste Reaktionen und Abläufe, die teilweise auch unwillkürlich sind. Das Nervensystem beeinflusst zudem die Funktion verschiedener Organe (Pulsfrequenz, Blutdruck, Bronchien, Verdauungssystem und weitere).
Die beiden Teilbereiche beim Nervensystem, das periphere und zentrale, sind miteinander verknüpft. Die aus der Umwelt durch die Augen, Ohren, die Haut oder die Zunge aufgenommenen Reize werden über die Nervenfasern und die Gliazellen in die entsprechenden Verarbeitungsbereiche im Gehirn transportiert.
Durch den Austausch spezieller chemischer Substanzen, zu den bekanntesten gehören die Neurotransmitter, erfolgt die Reizleitung von Nervenzelle zu Nervenzelle über die Fortsätze. Das Gehirn als Schaltzentrale ist so aufgebaut, dass alle ankommenden Informationen in rasantem Tempo verarbeitet werden und über die wegführenden Nerven eine Reaktion auslösen.
Krankheiten
Alle Erkrankungen, welche am Nervensystem auftreten können, werden als neurologische Erkrankungen bezeichnet. Die gesundheitlichen Störungen betreffen beim Nervensystem das Rückenmark und das Gehirn, die Nerven der Peripherie und die Muskeln.
Nervenerkrankungen wie alle Arten von Kopfschmerzen, die Multiple Sklerose, eine Entzündung des Zentralen Nervensystems, die Meningitis und die Enzephalitis sind typische Krankheiten beim Nervensystem.
Das Nervensystem kann zudem an Morbus Parkinson erkranken, eine Alzheimer Demenz bedingen oder zu einer Epilepsie führen. Darüber hinaus behandeln die Ärzte eine Vielzahl von Erkrankungen der Muskeln, welche vom Nervensystem ausgehen. Im Rahmen der Erkrankungen des Nervensystems sind Tumoren des Gehirns und alle Krankheiten, welche mit einer Störung der Motorik bedeutsam.
Bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen, die sich auf das Nervensystem beziehen, sind verschiedene Ursachen vorhanden. Oftmals kommt es zu einer neurologischen Erkrankung im Gehirn, wenn die Blutgefäße durch kalkhaltige Ablagerungen oder ein Blutgerinnsel verschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist der Hirninfarkt oder Schlaganfall relevant.
Viele Krankheiten, welche beim Nervensystem zu extremen Einschränkungen der gesundheitlichen Verfassung führen, basieren auf Entzündungen oder sind eine Folge von Autoimmunerkrankungen (Multiple Sklerose und die Myasthenia gravis). Durch eine Infektion ausgelöste Erkrankungen beim Nervensystem sind neben der Meningitis und Enzephalitis die Myelitis, die Gürtelrose, die Neuroborreliose und Infektionen, welche die Nerven und Muskelgewebe betreffen.
Typische & häufge Erkrankungen
10 Dinge, die Sie über das Nervensystem wissen sollten
1. Was ist die Hauptaufgabe des Nervensystems?
Das Nervensystem koordiniert und steuert alle körperlichen Funktionen, von bewussten Bewegungen bis zu unbewussten Prozessen wie Herzschlag und Atmung. Es ermöglicht auch die Wahrnehmung von Reizen und die Reaktion darauf.
2. Wie ist das Nervensystem aufgebaut?
Es gibt zwei Hauptteile: das zentrale Nervensystem (ZNS), bestehend aus Gehirn und Rückenmark, und das periphere Nervensystem (PNS), das alle anderen Nerven umfasst. Das ZNS verarbeitet Informationen, während das PNS Signale zwischen Körper und ZNS weiterleitet.
3. Welche Rolle spielen Neuronen?
Neuronen, die Nervenzellen, sind die Grundbausteine des Nervensystems. Sie leiten elektrische Signale weiter, um Informationen innerhalb des Körpers zu übermitteln.
4. Wie beeinflusst Stress das Nervensystem?
Stress aktiviert das sympathische Nervensystem, das die "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion auslöst. Chronischer Stress kann jedoch das Gleichgewicht mit dem parasympathischen Nervensystem stören und zu gesundheitlichen Problemen führen.
5. Wie können Nerven regeneriert werden?
Das periphere Nervensystem hat eine begrenzte Fähigkeit zur Regeneration, während das zentrale Nervensystem kaum regenerieren kann. Eine gesunde Ernährung, ausreichender Schlaf und Bewegung fördern die Nervengesundheit.
6. Warum ist Schlaf für das Nervensystem so wichtig?
Während des Schlafs regenerieren sich Neuronen, und das Gehirn verarbeitet Informationen. Schlafmangel kann die kognitive Funktion beeinträchtigen und die Anfälligkeit für neurologische Erkrankungen erhöhen.
7. Wie wirkt sich Ernährung auf das Nervensystem aus?
Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und Antioxidantien fördern die Nervenfunktion und schützen vor Zellschäden. Ein Mangel an diesen Nährstoffen kann zu neurologischen Störungen führen.
8. Was sind Anzeichen für ein gestörtes Nervensystem?
Symptome wie Taubheit, Kribbeln, Muskelschwäche, Gedächtnisverlust oder anhaltender Schwindel können auf Störungen hinweisen und sollten ärztlich abgeklärt werden.
9. Welche Rolle spielt Bewegung?
Regelmäßige Bewegung verbessert die Durchblutung, unterstützt die Nährstoffversorgung der Nerven und stimuliert die Produktion von Neurotransmittern, die Stimmung und Kognition fördern.
10. Wie beeinflusst Technologie das Nervensystem?
Zu viel Bildschirmzeit kann das Nervensystem überreizen, den Schlafrhythmus stören und Stress erhöhen. Regelmäßige Pausen und Blaulichtfilter helfen, negative Auswirkungen zu minimieren.
10 Tipps für ein gesundes Nervensystem
1. Ausgewogene Ernährung
Eine gesunde Ernährung mit ausreichend Vitaminen, Mineralstoffen und gesunden Fetten ist essenziell. Omega-3-Fettsäuren aus Fisch, Nüssen und Samen fördern die Funktion der Nervenzellen, während B-Vitamine (z. B. aus Vollkornprodukten, Eiern und Blattgemüse) den Energiestoffwechsel der Neuronen unterstützen.
2. Regelmäßige Bewegung
Bewegung verbessert die Durchblutung, wodurch das Gehirn und die Nerven optimal mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Moderate Aktivitäten wie Gehen, Yoga oder Schwimmen fördern zudem die Freisetzung von Endorphinen und unterstützen die Regeneration von Nervenzellen.
3. Ausreichend Schlaf
Während des Schlafs regeneriert sich das Nervensystem, und das Gehirn verarbeitet Informationen. Erwachsene sollten sieben bis acht Stunden pro Nacht schlafen, um kognitive Funktionen und neuronale Gesundheit zu fördern.
4. Stress reduzieren
Chronischer Stress belastet das Nervensystem und kann zu Dysbalancen führen. Methoden wie Meditation, Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder Achtsamkeitstechniken können helfen, das Nervensystem zu entspannen und wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
5. Hydration sicherstellen
Ausreichend Wasser zu trinken ist wichtig, da Flüssigkeitsmangel die neuronale Funktion beeinträchtigen kann. Das Gehirn besteht zu etwa 75 % aus Wasser, und schon leichter Durst kann Konzentrationsprobleme verursachen.
6. Mentale Herausforderungen suchen
Regelmäßige geistige Aktivitäten wie Lesen, Rätsel lösen oder ein Instrument spielen fördern die Plastizität des Gehirns und helfen, die neuronalen Verbindungen zu stärken.
7. Bildschirmzeit begrenzen
Zu viel Bildschirmzeit überreizt das Nervensystem und kann Schlafprobleme verursachen. Bildschirmzeiten sollten reduziert und regelmäßige Pausen eingelegt werden. Außerdem können Blaulichtfilter helfen, die Augen und das Nervensystem zu entlasten.
8. Schutz vor Toxinen
Alkohol, Tabak und Drogen können das Nervensystem schädigen. Auch Umweltgifte wie Schwermetalle oder Pestizide sollten vermieden werden, um die Nervenzellen zu schützen.
9. Regelmäßige Entspannung
Massagen, Spaziergänge in der Natur oder Zeit für Hobbys können das parasympathische Nervensystem aktivieren, das für Ruhe und Regeneration verantwortlich ist.
10. Vitamin-D-Versorgung sichern
Vitamin D ist entscheidend für die Nervengesundheit, da es Entzündungen hemmt und die Funktion von Neuronen unterstützt. Regelmäßige Sonnenexposition oder die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten können helfen, einen Mangel zu vermeiden.
Die Bedeutung des Vagusnervs für die Gesundheit
Der Vagusnerv, der zehnte Hirnnerv, spielt eine zentrale Rolle im menschlichen Nervensystem und beeinflusst viele lebenswichtige Funktionen. Er ist Teil des parasympathischen Nervensystems, das für Entspannung und Regeneration zuständig ist. Sein Einfluss reicht vom Gehirn bis in den Bauchraum, da er Organe wie Herz, Lunge und Verdauungstrakt steuert. Ein gut funktionierender Vagusnerv ist entscheidend für die körperliche und geistige Gesundheit.
Der Vagusnerv reguliert unter anderem die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Verdauung. Durch die Freisetzung von Acetylcholin hilft er, den Körper zu beruhigen, Entzündungen zu hemmen und die Heilung zu fördern. Ein niedriger Vagustonus, also eine schwache Aktivität des Vagusnervs, wird hingegen mit Stress, Angstzuständen, Depressionen und chronischen Entzündungen in Verbindung gebracht.
Eine Stimulierung des Vagusnervs kann nachweislich das Wohlbefinden verbessern und das Nervensystem stärken. Atemübungen sind eine der effektivsten Methoden, um den Vagusnerv zu aktivieren. Tiefes, langsames Atmen, besonders das Verlängern der Ausatmung, sendet Signale an den Vagusnerv, die den Körper beruhigen. Auch Meditation, Yoga und kalte Duschen können die Aktivität des Vagusnervs fördern.
Die Bedeutung des Vagusnervs zeigt sich besonders in der Darm-Hirn-Achse. Der Nerv übermittelt Signale zwischen Darm und Gehirn, wodurch er die Stimmung, das Verhalten und die allgemeine Gesundheit beeinflusst. Studien legen nahe, dass eine gesunde Darmflora den Vagustonus stärken kann. Präbiotika, Probiotika und eine ballaststoffreiche Ernährung unterstützen diese Verbindung.
Die Herzfrequenzvariabilität (HRV) ist ein Maß für die Aktivität des Vagusnervs. Eine hohe HRV zeigt eine gute Anpassungsfähigkeit des Körpers an Stress und eine gesunde Funktion des parasympathischen Nervensystems. Menschen mit niedriger HRV können von Techniken wie progressiver Muskelentspannung, Achtsamkeitstraining oder Akupunktur profitieren, die nachweislich den Vagusnerv stimulieren.
Durch einfache Maßnahmen lässt sich der Vagusnerv gezielt unterstützen, was sich positiv auf das gesamte Nervensystem auswirkt. Dies unterstreicht seine Bedeutung für die körperliche und psychische Gesundheit gleichermaßen. Ein starker Vagusnerv kann dazu beitragen, Resilienz gegenüber Stress und eine bessere Lebensqualität zu erreichen.
Neuroplastizität: Die Anpassungsfähigkeit des Gehirns
Das menschliche Gehirn besitzt eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich anzupassen und zu verändern – ein Phänomen, das als Neuroplastizität bezeichnet wird. Diese Eigenschaft ermöglicht es dem Nervensystem, auf neue Erfahrungen, Lernprozesse oder Verletzungen zu reagieren, indem es neuronale Verbindungen verstärkt, schwächt oder neu aufbaut. Neuroplastizität ist eine lebenslange Fähigkeit, die besonders in der Kindheit ausgeprägt ist, aber auch im Erwachsenenalter aktiv bleibt.
Aus gesundheitlicher Perspektive ist Neuroplastizität von großer Bedeutung, da sie nicht nur Lern- und Gedächtnisprozesse unterstützt, sondern auch die Erholung nach neurologischen Erkrankungen oder Verletzungen wie Schlaganfällen oder Schädel-Hirn-Traumata erleichtert. Beispielsweise können Patienten nach einem Schlaganfall durch gezielte Rehabilitation andere Bereiche des Gehirns trainieren, um verlorene Funktionen wie Sprache oder Bewegung wiederherzustellen.
Lernen ist einer der Haupttreiber der Neuroplastizität. Jedes Mal, wenn wir etwas Neues lernen, werden Synapsen – die Verbindungen zwischen Neuronen – gestärkt oder neu gebildet. Aktivitäten wie das Erlernen einer neuen Sprache, das Spielen eines Instruments oder das Lösen von Denkaufgaben können die Plastizität fördern und die kognitive Gesundheit erhalten.
Auch körperliche Bewegung trägt zur Neuroplastizität bei, da sie die Durchblutung und die Freisetzung von Wachstumsfaktoren wie dem Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) stimuliert. Dieser Wachstumsfaktor fördert die Bildung neuer Neuronen und Synapsen, was sowohl die geistige als auch die emotionale Gesundheit stärkt.
Chronischer Stress hingegen kann die Neuroplastizität hemmen. Hohe Cortisolspiegel beeinträchtigen die neuronale Regeneration und können das Volumen des Hippocampus, einer für das Gedächtnis wichtigen Gehirnregion, verringern. Entspannungstechniken wie Meditation oder Yoga können helfen, diese negativen Auswirkungen zu mindern und die neuronale Anpassungsfähigkeit zu erhalten.
Die Rolle der Ernährung in der Neuroplastizität sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden. Omega-3-Fettsäuren, Polyphenole aus Obst und Gemüse sowie Antioxidantien fördern die Gehirngesundheit, während übermäßiger Zucker- und Alkoholkonsum schädlich wirken kann.
Neuroplastizität eröffnet auch Chancen für Therapien gegen neurologische Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson. Forscher untersuchen, wie gezielte Stimulation oder neue Lernmethoden genutzt werden können, um die Funktionalität des Gehirns zu erhalten oder wiederherzustellen.
Durch das Verständnis und die Förderung der Neuroplastizität kann das Nervensystem gestärkt und die Lebensqualität nachhaltig verbessert werden.
Quellen
- Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016