Wirbelsäulenverkrümmung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Wirbelsäulenverkrümmung

Mediziner sprechen von einer pathologischen Wirbelsäulenverkrümmung, wenn ihre Krümmung über den normalen Grad hinaus geht. Die Wirbelsäulenverkrümmung tritt als Rundrücken, Hohlrücken oder Skoliose auf. Die Therapie erfolgt mit Physiotherapie, Hilfsmitteln zur Stützung des Rückens oder operativ und weist im Kindesalter sehr gute Heilungschancen auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Wirbelsäulenverkrümmung?

Die Wirbelsäulenverkrümmung wird anhand einer körperlichen Untersuchung und Haltungsdiagnostik festgestellt. In der Regel wird zusätzlich eine Röntgenaufnahme angefertigt, um Form und Stärke der Wirbelsäulenverkrümmung zu diagnostizieren
© Dan Race – stock.adobe.com

Eine Wirbelsäulenverkrümmung liegt vor, wenn die Krümmung der Wirbelsäule nicht der Norm entspricht. Hierzu muss man wissen, dass die gesunde Wirbelsäule zwei Krümmungen aufweist: Lordose und Kyphose.

Kyphose ist die Nachhintenneigung der Wirbelsäule im Brustbereich, Lordose die Vorbeugung der Hals- und Lendenwirbelsäule. Sind Lenden- und/oder Halswirbelsäule übermäßig nach hinten gekrümmt, so weist der Betroffene einen Hohlrücken auf.

Ist die Brustwirbelsäule zu stark nach vorne gebeugt, so kommt es zum Rundrücken. Beide Diagnosen sind eher als Symptome einer falschen Körperhaltung oder von Bewegungsmangel zu sehen denn als eigenständige Krankheiten. An der Wirbelsäule lassen sich in der Regel zunächst keine Veränderungen oder Schäden feststellen.

Eine weitere Form der Wirbelsäulenverkrümmung ist die Skoliose, bei der eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule mit Verdrehung der Wirbelkörper gegen einander vorliegt. Diese Krankheit tritt bei circa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung auf, wobei mehr Mädchen als Jungen betroffen sind.

Ursachen

Als Ursachen der Wirbelsäulenverkrümmung lassen sich häufig Fehlhaltungen und mangelhafte Bewegung und eine damit verbundene unzureichend trainierte Bauch- und Rückenmuskulatur ausmachen.

Eine übermäßige Dehnung der Wirbelsäule nach hinten, wie sie bei einigen Sportarten auftritt, kann eine Wirbelsäulenverkrümmung in Form des Hohlrückens auslösen, wenn die Anlagen dazu vorliegen.

Weitere Ursachen des Rundrückens sind genetische Veranlagung, Knochenerkrankungen, Osteoporose und altersbedingte Bandscheibenabnutzung. Einen Sonderfall der Wirbelsäulenverkrümmung stellt die Skoliose dar, für die keine Ursachen bekannt sind. Die Forschung vermutet eine fehlgesteuerte Rumpfmuskulatur mit versetztem Wachstum der Wirbelkörper als Auslöser des Problems.

In Folge dessen scheint es zur Drehung einzelner Wirbel und dann der Verdrehung und seitlichen Verbiegung der gesamten Wirbelsäule zu kommen. Selten kann man Knochenerkrankungen, einen Beckenschiefstand aufgrund ungleicher Beinlängen, muskuläre oder neurologische Beschwerden als Ursachen der Skoliose ausmachen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Wirbelsäulenverkrümmung bleibt anfangs meist beschwerdefrei. Betroffene empfinden sie nur als optischen Makel, weshalb sich Scham in Schwimmbädern oder an Stränden einstellt. Mit zunehmendem Alter treten aber bei fehlender Behandlung weitere negative Begleiterscheinungen auf. Diese zeigen sich vor allem in Rückenschmerzen.

Auch können weitere Organe von der Fehlbildung betroffen sein. Eine Verkrümmung am Rücken ist regelmäßig mit Muskelverspannungen verbunden. Verschleißerscheinungen, die erst im Alter zu erwarten sind, treten dann viel früher auf. Der Rücken schmerzt regelmäßig, auch ohne dass Belastungen vorliegen. Optisch gesehen sind viele Haltungsschäden möglich.

So befindet sich der Mittelpunkt des Beckens bei manchen Patienten rechts oder links von der Kopfmitte. Auch besteht die Möglichkeit, dass das Becken schiefsteht. Manchmal ragt eine Schulter deutlicher hervor als die andere. Die typische S-Form der Wirbelsäule ist nicht mehr vorhanden. Oft weist der bauchseitige Anteil der Wirbelsäule einen stärkeren Wuchs als üblich auf.

Die Wirbelsäulenverkrümmung kann sich auf den gesamten Bewegungsapparat auswirken. Unter der Fehlstellung leiden dann auch die Füße und Knie. Eine starke Verformung hat in seltenen Fällen Konsequenzen für die inneren Organe. Das Herz, die Nieren und die Lungen weisen dann Funktionsstörungen auf.

Diagnose & Verlauf

Die Wirbelsäulenverkrümmung wird anhand einer körperlichen Untersuchung und Haltungsdiagnostik festgestellt. In der Regel wird zusätzlich eine Röntgenaufnahme angefertigt, um Form und Stärke der Wirbelsäulenverkrümmung zu diagnostizieren. Bei einer Skoliose können mittels einer Röntgenaufnahme auch geeignete Therapiemaßnahmen bestimmt werden.

Leidet der Patient unter einer Skoliose, so sind Veränderungen an der Wirbelsäule sicht- und tastbar. Betrifft die Skoliose die Lendenwirbelsäule, so ist beispielsweise die Ausbildung der Taille auffällig, bei einer Brustwirbelsäulenverkrümmung treten die Rippen einseitig hervor.

Um eine Haltungsschwäche zu diagnostizieren, wird der Matthias-Haltungstest durchgeführt. Der Untersuchte muss sich gerade hinstellen, die Augen schließen und über dreißig Sekunden die Arme gestreckt nach vorne halten. Arbeitet die Muskulatur richtig, dann kann der Patient die eingenommene Haltung über die gesamte Zeitdauer beibehalten. Muskelschwächen zeigen sich entsprechend.

Komplikationen

Eine Wirbelsäulenverkrümmung kann unterschiedliche Komplikationen nach sich ziehen. Ob und welche Folgeerscheinungen auftreten, richtet sich nach den Ursachen der Skoliose, dem Diagnosezeitpunkt sowie dem Lebensalter des Patienten. Komplikationen drohen in erster Linie bei einer langjährigen Verkrümmung der Wirbelsäule.

So kann es durch eine länger anhaltende Fehlstellung zu Abnutzungserscheinungen an der Wirbelsäule oder den Bandscheiben kommen. Diese gehen in den meisten Fällen mit stark ausgeprägten Schmerzen einher. Darüber hinaus besteht die Gefahr eines Bandscheibenvorfalls oder einer zunehmenden Wirbelsäulenversteifung. Des Weiteren können noch weitere Gelenke wie die Hüfte oder die Knie krankheitsbedingt in Mitleidenschaft gezogen werden.

Manche Menschen leiden aufgrund einer Wirbelsäulenverkrümmung und der damit verbundenen Rumpfverkürzung unter Beschwerden in der Brust- oder Bauchregion. So kommt es zum Beispiel mitunter zur Verkleinerung von Brust- und Bauchraum, was sich wiederum negativ auf die Organfunktionen auswirkt. Am häufigsten davon betroffen sind Herz, Lunge, Darm und Niere. Eine hochgradige Skoliose kann bei einer stark ausgeprägten Funktionsbeeinträchtigung der Organe sogar Lebensgefahr wie durch eine Herzinsuffizienz zur Folge haben.

Das Risiko von Komplikationen besteht auch bei operativen Eingriffen zur Behandlung einer Wirbelsäulenverkrümmung. Allerdings gilt die Gefahrenquote eher als gering und beträgt weniger als fünf Prozent. Als mögliche Folgeerscheinungen einer Skoliose-Operation kommen Pseudarthrosen, Metallbrüche samt Korrekturverlust, Verletzungen des Rückenmarks, eine partielle oder komplette Querschnittslähmung sowie Infekte, die das Entfernen des Implantats erfordern, infrage.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Zeigen sich im Wachstums- und Entwicklungsverlauf des Kindes Auffälligkeiten des Körperbaus, sind diese zu beobachten. Bei einer Verkrümmung der Wirbelsäule ist das Kind über die Richtigkeit von körperlichen Belastungen sowie allgemeinen Bewegungsabläufen zu informieren. Im Alltag sollten regelmäßige Korrekturen durchgeführt werden, damit Langzeitschäden vorgebeugt werden können. Lässt sich die Verkrümmung der Wirbelsäule nicht mehr durch eigenständige Maßnahmen verändern oder nimmt sie eine dauerhafte Form an, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Kommt es zu Fehlhaltungen des Körpers, Beschwerden der Muskulatur sowie Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, ist ein Arztbesuch notwendig. Schmerzen im Bereich des Rückens, Unregelmäßigkeiten bei der allgemeinen Fortbewegung, Gangunsicherheiten oder Kopfschmerzen weisen auf eine gesundheitliche Störung hin. Ein Arztbesuch ist notwendig, damit eine Abklärung der Ursache erfolgen kann und im Anschluss gezielte Therapien zur Linderung der Beschwerden durchgeführt werden können. Kommt es zu allgemeinen Funktionsstörungen, Veränderungen des Herzrhythmus sowie einer Fehlstellung der Füße oder Knie, ist ebenfalls ein Arztbesuch notwendig.

Beschwerden der Atmung, Störungen des Verdauungstraktes sowie ein diffuses Schmerzerleben im Organismus deuten auf organische Beeinträchtigungen hin. Ein Arzt ist zu konsultieren, damit eine Abklärung der Ursache erfolgen kann. Können sportliche Aktivitäten nicht mehr beschwerdefrei ausgeführt werden oder hat der Betroffene bei der Bewältigung des Alltags Probleme, benötigt er einen Arzt.

Behandlung & Therapie

Die Therapie haltungsbedingter Wirbelsäulenverkrümmungen erfolgt mit Physio- und Bewegungstherapie. Insbesondere Bauch- und Rumpfmuskulatur müssen trainiert werden, da eine starke Rumpfmuskulatur die Wirbelsäule stabilisiert. Der Patient darf jedoch nicht zu viel trainieren, nur ein langsamer Aufbau der Muskulatur verspricht Verbesserung der Beschwerden.

Schwieriger ist die Therapie der Skoliose. Diese basiert auf einer rechtzeitigen Diagnose, im Idealfall während der Pubertät. Denn nur in dieser Zeit kann das Wachstum mit konservativen und operativen Maßnahmen positiv beeinflusst werden. Vor der Therapie wird der Schweregrad der Wirbelsäulenverkrümmung definiert und die Therapie nach diesem ausgerichtet:

Ein Verkrümmungswinkel unter 20 Grad wird beobachtet, während man mit physiotherapeutischen Maßnahmen eine gesunde Haltung zu fördern versucht. Bei einem Winkel zwischen 20 und 40 Grad wird zusätzlich ein Korsett verordnet, das zwei bis drei Jahre lang täglich getragen werden muss. Bei einem Skoliose-Winkel von über 40 Grad werden Wirbelsegmente operativ versteift, um den Krankheitsverlauf aufzuhalten.


Vorbeugung

Funktionellen Wirbelsäulenverkrümmungen kann man durch gezieltes Training der Rumpfmuskulatur und ausreichende Bewegung vorbeugen. Einer Skoliose lässt sich nicht entgegen wirken.

Nachsorge

Eine Nachbehandlung ist besonders wichtig, wenn die Wirbelsäulenverkrümmung oder Skoliose operativ behandelt wurde. In Anschluss an den Eingriff wird der Patient nach ein oder zwei Tagen von der Intensivstation auf die Normalstation des Krankenhauses verlegt. In der Regel darf der Patient das Bett dann allmählich wieder verlassen.

Begonnen wird die Nachbehandlung schon frühzeitig mit täglich stattfindenden krankengymnastischen Übungen. Beim Umfang der Physiotherapie ist allerdings das Ausmaß der Operation zu bedenken. Gegen die Schmerzen, die nach dem chirurgischen Eingriff auftreten, erhält der Patient oftmals Opiate oder Opioide.

Handelt es sich um eine kleine operative Behandlung, wird meist ein schwächer wirkendes Opioid wie Tramadol verabreicht. Sind die Schmerzen deutlicher ausgeprägt, können auch stärkere Analgetika wie Piritramid oder Morphin gegeben werden.

Bis der Patient das Krankenhaus nach der Operation wieder verlassen kann, dauert es im Normalfall 12 bis 14 Tage. Die Heilung schreitet schneller voran, je jünger der Patient ist. Bis sich die Wirbelsäule verknöchert hat, vergehen normalerweise sechs bis neun Monate. Während dieser Zeit darf der Patient in den ersten sechs Monaten keinen Sport treiben. Eine Ausnahme ist die medizinische Trainingstherapie (MTT).

Einen wichtigen Bestandteil der Nachsorge bilden zudem die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen. Bis zum Absolvieren einer medizinischen Rehabilitation dauert es etwa drei bis sechs Monate. Bei Kindern und Jugendlichen braucht oft gar keine Reha stattfinden.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Wirbelsäulenverkrümmung sind die körperlichen Belastungen den gesundheitlichen Möglichkeiten anzupassen. Überanstrengungen jedweder Art sollten vermieden werden. Das Heben und Tragen schwerer Lasten ist zu unterlassen. Zusätzlich sollten die richtigen Bewegungsabläufe im Alltag trainiert und optimiert werden. So kann die Erfüllung alltäglicher Aufgaben verbessert stattfinden.

Die Einnahme einer gesunden Körperhaltung ist im Verlauf des Tagesgeschehens mehrfach selbständig zu überprüfen, damit keine Zunahme der Beschwerden erfolgt. Gleichzeitig ist es wichtig, durch eine anhaltende Fehlhaltung keine Folgeerkrankungen auszulösen. Einseitige Bewegungen sowie starre Körperhaltungen sind zu vermeiden und ausgleichende Bewegungen sollten regelmäßig durchgeführt werden. Physiotherapeutische Übungen können bei der Verbesserung der Gesundheit insgesamt helfen. Diese sollten auch außerhalb einer Therapie angewendet werden. Sportliche Aktivitäten sind auf die Bedürfnisse des Organismus abzustimmen. Die Muskulatur ist insgesamt vor Verhärtungen zu schützen. Hilfreich sind dafür Massagen, wärmende Kleidung, die Vermeidung von Zugluft sowie Anregungen der Durchblutung.

Bei einer starken Verkrümmung haben sich Gehhilfen als bewährt erwiesen. Diese können zu einer Aufrichtung des Gangs führen und vor einer Verschlechterung der Gesundheit schützen. Zudem ist die Schlafhygiene zu überprüfen. Die Matratze sollte keine Schäden aufweisen und in ihrem Härtegrad optimiert werden. In einigen Fällen sind die Einstellungen des Lattenrostes zu verbessern, damit ein optimaler Schlaf erfolgen kann.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014

Das könnte Sie auch interessieren