Akustisches Trauma (Knalltrauma)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ein akustisches Trauma oder Schalltrauma ist eine Schädigung des Hörorgans durch Einwirkung von extremem Lärm und Druck auf das Ohr. Es können dadurch bleibende Verletzungen entstehen und die Hörfähigkeit kann dauerhaft vermindert werden.
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Was ist ein akustisches Trauma?
Als akustisches Trauma bezeichnet man eine Schädigung des Hörorgans, die durch eine kurzzeitige Belastung mit Lärm und Druck verursacht wird. Das Ohr kann ein gewisses Maß an Druck und Lautstärke ausgleichen und aushalten, wenn jedoch die Werte zu hoch sind, wird es geschädigt.
Das menschliche Hörorgan besteht aus einem äußeren Teil, der sich in Ohrmuschel, Gehörgang und Mittelohr gliedert. Das Mittelohr wird durch eine elastische Membran (Trommelfell) vom Gehörgang getrennt. Den äußeren Teil nennt man auch Schallleitungsapparat, denn hier trifft der Schall auf und wird an das Innenohr weitergeleitet. Das Innenohr setzt sich zusammen aus der Hörschnecke und dem Gleichgewichtsorgan.
Die äußerst empfindliche Hörschnecke empfängt den Schall und sendet die Signale an das Gehirn; das Gleichgewichtsorgan ist dafür zuständig, Lage und Bewegungen des Kopfes zu registrieren. Trifft nun starker Lärm, als plötzlicher kurzer Knall oder auch dauerhaft, auf das Ohr, so kann es diese Reize nicht mehr verarbeiten und es kommt zum akustischen Trauma. Je nach Art der Lärmquelle unterscheidet man das Explosionstrauma, das Knalltrauma und das Lärmtrauma.
Ursachen
Die Ursache für ein akustisches Trauma ist überhöhter Lärm. Man unterscheidet drei Arten. Von Knalltrauma spricht man, wenn eine Lautstärke von mehr als 150 db für einen Zeitraum von weniger als 3 ms auf das Ohr einwirkt. Dies ist bei Gewehrschüssen oder Knallkörpern der Fall.
Ein Explosionstrauma entsteht durch eine Lautstärke von über 150 db, die länger als 3 ms andauert. Ursachen für diese Art von akustischem Trauma sind beispielsweise Sprengungen oder die Explosion eines Airbags. Auch eine Ohrfeige kann ein Explosionstrauma auslösen.
Das Lärmtrauma entsteht durch dauerhaft überhöhten Lärm, wie er in der Disco, bei Bauarbeiten oder bei Rockkonzerten vorkommt. Bei allen drei Arten von Ursachen wird das Hörorgan verletzt und dadurch ein akustisches Trauma ausgelöst.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Personen, die einem lauten Knall ausgesetzt waren, erleiden meist unmittelbar danach einen akuten Hörverlust in einem oder beiden Ohren. Zudem kann ein Tinnitus auftreten, der sich durch ein andauerndes, hochfrequentes Geräusch in den Ohren äußert. Nach einem Knalltrauma besteht meist eine Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen.
Es kommt zu Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und anderen Symptomen, verursacht durch eine vorübergehende oder bleibende Schädigung am Trommelfell. Ein schweres Knalltrauma kann unter Umständen auch mit einem Trommelfellriss verbunden sein. Dann kommen zu den genannten Symptomen meist Schmerzen im Ohr, leichte Blutungen und Übelkeit hinzu.
Außerdem verspüren die Betroffenen Drehschwindel und leiden unter ruckartigen Augenbewegungen, dem sogenannten Nystagmus. Bei einer sehr ausgedehnten Trommelfellverletzung kann es zu weiteren Beschwerden wie einer Gesichtslähmung kommen. Auch eine Mittelohrentzündung kann auftreten. Diese äußert sich in der Regel durch Schmerzen im Bereich des betroffenen Gehörgangs sowie leichten Ausfluss.
In Ausnahmefällen erleiden die betroffenen Personen nach einem Knalltrauma eine dauerhafte Hörminderung. Bei fehlender Behandlung kann ein schweres akustisches Trauma zu einer vollständigen Taubheit führen. Anhand der erwähnten Symptome und Beschwerden und einer Anamnese kann das Trauma jedoch meist schnell diagnostiziert und gezielt behandelt werden.
Diagnose & Verlauf
Bei einem akustischen Trauma kann es zu verschiedenen Verletzungen im Ohr kommen. Das Trommelfell kann platzen, die Gehörknöchelchen auseinanderreißen und auch die Fenster zu Hörschnecke und Gleichgewichtsorgan können zerreißen.
Oft kommt es zu Ohrenschmerzen und zu einer verminderten Hörleistung. Auch Ohrgeräusche (Tinnitus) oder Gleichgewichtsstörungen und Schwindel sind möglich. Nach einem Knalltrauma bessern sich die Beschwerden häufig einige Tage nach dem Ereignis, doch in etwa der Hälfte der Fälle sind die Schäden dauerhaft. Von einem Explosionstrauma erholt sich das Ohr in der Regel nicht mehr und die Störungen bleiben bestehen.
Durch ein Lärmtrauma, das heißt bei dauerhaft überhöhter Beschallung, entsteht meist eine bleibende Schwerhörigkeit für bestimmte hohe Frequenzen. Man spricht hier von einer Hochtonschwerhörigkeit. Für die Diagnose eines akustischen Traumas sind die Vorgeschichte des Patienten und die Kenntnis über das auslösende Ereignis wichtig.
Mit einem Hörtest überprüft der Arzt die Hörfähigkeit und zeichnet ein sogenanntes Audiogramm, in dem das Hörvermögen und der Hörverlust dargestellt werden. Mit weiteren speziellen Tests kann genau festgestellt werden, welche Stellen im Ohr durch das akustische Trauma geschädigt wurden.
Komplikationen
Bei einem Knalltrauma können unterschiedliche Komplikationen auftreten. Im schlimmsten Falle ist der Gehörgang nach dem Knalltrauma so stark verletzt, dass eine Schwerhörigkeit oder ein kompletter Verlust des Gehörs eintreten. Eine Schwerhörigkeit kann nicht ohne Weiteres behandelt werden, da es keine gezielte Behandlung für das Trommelfell gibt.
In vielen Fällen muss der Patient mit der Erkrankung leben und ist auf die Benutzung eines Hörgerätes angewiesen. Dies kann zu starken Einschränkungen im Alltag führen. Vor allem bei jungen Menschen kann eine Schwerhörigkeit zu Depressionen und einer verminderten Lebensqualität führen.
Nach einem akustischen Trauma entstehen in den meisten Fällen Geräusche im Ohr. Dabei kann es sich um ein Rauschen oder um ein Piepen handeln. Ob diese Geräusche verschwinden, kann nicht vorausgesagt werden. Oft treten sie nur temporär ein. Sollten die Geräusche permanent auftreten, kann dies zu Kopfschmerzen und zu Schlaflosigkeit bei der betroffenen Person führen.
Dies führt zu einer Müdigkeit und einer allgemeinen aggressiven Stimmung. Darüber hinaus können auch Schmerzen im Ohr oder Gleichgewichtsstörungen auftreten. Der Patient klagt über Schwindel und Übelkeit. Nach einem Knalltrauma sollte immer ein Arzt aufgesucht werden, um Folgeschäden zu vermeiden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine fachärztliche Behandlung ist nicht bei jeder Form des akustischen Traumas notwendig. Nach einem Knalltrauma ist die Hörfunktion meist nach wenigen Tagen wiederhergestellt. Sollten die Beschwerden anhalten, ist die Behandlung durch einen Facharzt ratsam.
Wenn nach einem Trauma auch nach Stunden noch Schmerzen im Innenohr auftreten, sollte ein Facharzt prüfen, ob der Schallleitungsapparat geschädigt ist. Neben stechenden Schmerzen und Hörgeräuschen sind Blutungen im Ohr ein eindeutiger Indikator für die Notwendigkeit einer Behandlung. Diese schweren Formen des akustischen Traumas müssen medikamentös behandelt und die Heilung von einem Mediziner beaufsichtigt werden.
Beschwerden, welche die Hörfunktion betreffen, entstehen bei vielen über einen längeren Zeitraum statt durch ein Trauma. Vermindert sich die Hörfähigkeit dauerhaft, klärt eine ärztliche Diagnose die Ursache. Der Facharzt stellt durch die Untersuchung des äußeren Ohres fest, welche Partien geschädigt sind. Bei Verdacht auf chronischen Hörverlust gilt Meldepflicht, da die Krankheit unter Umständen die Arbeitsfähigkeit des Betroffenen einschränkt. Ein Facharzt kann gegebenenfalls genau feststellen, wie schwer das Gehör geschädigt ist und welche Frequenzen der Patient noch wahrnehmen kann.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung eines akustischen Traumas hängt davon ab, wie stark das Ohr geschädigt ist. Meist wird eine ähnliche Therapie wie bei einem Hörsturz angewendet. Man verabreicht durchblutungsfördernde Infusionen und Kortison, wobei das Kortison oft auch direkt in das Innenohr eingebracht wird.
Bei einem Explosionstrauma wird häufig mit Überdruck behandelt. Dazu kommt der Patient in eine Überdruckkammer, in der er einem hohen Umgebungsdruck ausgesetzt wird und gleichzeitig reinen Sauerstoff atmet. Dadurch erhöht sich die Sauerstoffkonzentration im Blut, was Infektionen entgegenwirkt und die Heilung verletzter Strukturen fördert. Sind bei dem akustischen Trauma Verletzungen des Mittelohrs entstanden, so werden diese operativ versorgt.
In einem mikrochirurgischen Eingriff können die Gehörknöchelchen mittels einer Plastik wiederhergestellt werden und Rupturen (Risse) des Trommelfells oder der Fenster zum Innenohr geschlossen werden. Die Heilungsphase des akustischen Traumas dauert etwa sechs Wochen. Liegen dann noch Beschwerden vor, so muss man davon ausgehen, dass sie bestehen bleiben.
Aussicht & Prognose
Die Heilung verläuft je nach Schwere der Schädigung im Ohr. Bei einem chronischen Lärmtrauma ist keine Verbesserung der Hörfunktion zu erwarten. Das geschädigte Härchengewebe kann sich nicht neu bilden und die Unterstützung durch Hörgeräte wird nötig.
Schäden, die durch die kurzzeitige Belastung durch Schall entstehen, haben eine positivere Heilungsbilanz. Zerstörte Partien des Schallapparates wie das Trommelfell werden vom Körper regeneriert oder operativ abgedeckt und erholen sich nach einigen Wochen. Nur in schweren Fällen droht der Verlust der Hörfunktion. Setzt sich ein geschädigtes Ohr nach der Heilung erneut hohen Lautstärkepegeln aus, ist die Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten der Symptome jedoch höher als bei einem gesunden Ohr.
Eine häufige Beschwerde von Geschädigten ist das Auftreten chronischer Ohrgeräusche, die verschieden intensiv wahrgenommen werden. Nach Traumata oder Phasen von großem psychischen Stress verschwindet ein Tinnitus in den meisten Fällen nach wenigen Stunden oder Tagen. Einige Ohrgeräusche treten nach einem Trauma immer wieder auf, besonders in Stresssituationen. Die Behandlung durch einen Facharzt hilft kaum bei Ohrgeräuschen, auch das Abdecken mit Watte hat keinen Zweck. In schweren Fällen kann ein Tinnitus Betroffene auch ein Leben lang plagen.
Vorbeugung
Man kann einem akustischen Trauma vorbeugen, indem man Orte mit hoher Lärmbelästigung meidet. Bei Konzerten, Discobesuchen oder anderen Veranstaltungen mit extremem Lärm, sollte man die Ohren durch spezielle Ohrstöpsel schützen.
Das können Sie selbst tun
Für die erfolgreiche Heilung nach einem akustischen Trauma sollten Betroffene Ihren Alltag schonend umstrukturieren. Patienten tragen selbst viel zu der eigenen Lebensqualität bei und können Symptome mit einfachen Mitteln lindern.
Nach einem Knall- oder Explosionstrauma sollten Patienten unter keinen Umständen weiter Geräuschpegeln über 85 Dezibel ausgesetzt werden. Das Innenohr benötigt Ruhe, damit der zerstörte Schallapparat keine weiteren Schäden nimmt. Oft hilft das Abdecken der Ohrmuschel mit Watte oder Stoff. Auf Kühlung sollte verzichtet werden, da die verminderte Durchblutung der Haut den Heilungsprozess stören kann.
Bei einem Tinnitus oder einem chronischen Lärmtrauma wird vorallem die Psyche Betroffener belastet. Störende Ohrgeräusche übertönen viele Patienten mit Kopfhörern und leiser Musik - ist nur ein Ohr betroffen, bietet sich diese Methode auch tagsüber an. Kopfhörer auf beiden Ohren zu tragen würde den Alltag im Straßenverkehr gefährden und ist auf Rädern gesetzlich verboten.
Die aus der Verletzung des Innenohrs resultierende Sensibilität für Geräusche und der Verlust der Hörfunktion in bestimmten Frequenzbereichen erschweren außerdem den Kontakt zu anderen Menschen. Offenheit ist hier der beste Weg - weiß das persönliche Umfeld über die Verletzung Bescheid, können die Menschen besser Rücksicht nehmen.
Quellen
- Boenninghaus, H.-G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Berlin 2012
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2015
- Probst, R., Grevers. G., Iro, H.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008