Taubheit (Gehörlosigkeit)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Wenn man von Taubheit oder Gehörlosigkeit spricht, so ist meist die Rede von einem extremen Form der Schwerhörigkeit oder dem kompletten Ausfall des Hörens bzw. des Hörsinns. Dabei hören die Betroffenen gar nichts oder nur sehr wenig. Manchmal werden auch Geräusche wahrgenommen, aber die Sprache oder Bedeutung der Töne bleibt dem Gehörlosen verborgen. Gehörlosigkeit kann mit Hilfe von Hörgeräten oder mit dem Erlernen der Gebärdensprache erleichert werden. Eine komplette Heilung der Taubheit (Gehörlosigkeit) ist bis zum jetzigen Stand der medizinischen Forschung leider noch nicht gelungen.
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Was ist Gehörlosigkeit?
In Deutschland sind etwa 0,1 Prozent (80.000 Menschen) der Bevölkerung gehörlos. Eine Taubheit (Gehörlosigkeit) liegt vor, wenn Geräusche und Töne nicht oder nur stark eingeschränkt wahrgenommen werden. Die Laute dringen zwar in das Ohr, diese kann das Hörorgan jedoch nicht verarbeiten oder weiterleiten. Als Schwerhörigkeit wird hingegen ein reduziertes Hörvermögen bezeichnet.
Der Hörverlust sowie eine Taubheit (Gehörlosigkeit) können ein oder beide Ohren betreffen. In der Medizin wird zwischen der absoluten und der praktischen Taubheit (Gehörlosigkeit) unterschieden. Bei erster Form hören die Betroffenen grundsätzlich keinen Laut. Liegt dagegen eine praktische Taubheit vor, nehmen die Patienten noch einzelne Geräusche wahr, können allerdings die Sprache nicht mehr verstehen. Des Weiteren wird Gehörlosigkeit unterteilt in angeborene oder erworbene Taubheit. Bezüglich der erworbenen Taubheit unterscheiden Mediziner nochmals zwischen der prälingualen und der postlingualen Form. Bei letzterer tritt die Taubheit (Gehörlosigkeit) nach erfolgter Sprachentwicklung auf.
Weil gehörlose Menschen Geräusche nicht wahrnehmen können, sind sie nicht in der Lage entsprechend zu reagieren. Dies erschwert die Kommunikation mit dem sprechenden und hörenden Umfeld erheblich. Zudem ist das Hören Grundvoraussetzung zum Spracherwerb. Bei Gehörlosen treten sehr oft Sprech- und Sprachstörungen auf und beeinträchtigen meist das Berufsleben und die sozialen Kontakte.
Ursachen
Die vererbte Taubheit (Gehörlosigkeit) ist relativ selten. Etwa fünf Prozent der Gehörlosen sind Kinder von ebenfalls gehörlosen Eltern. Eine angeborene Taubheit (Gehörlosigkeit) kann jedoch durch eine Schädigung des Ungeborenen bereits im Mutterleib verursacht werden. Das ist zum Beispiel der Fall durch Infektionen wie Röteln sowie bei Alkohol-, Drogen- und Nikotinkonsum in der Schwangerschaft. Letztendlich kann auch ein Sauerstoffmangel oder ein Trauma während der Geburt für Hörschäden oder Taubheit (Gehörlosigkeit) verantwortlich sein.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Taubheit kann in jedem Lebensalter vorliegen. Bei manchen Menschen ist sie mit der Geburt vorhanden, andere verlieren ihren Gehörsinn im Laufe ihres Lebens. Taubheit kann ein- und beidseitig vorliegen. Beschwerden zeigen sich vor allem im kommunikativen und sozialen Bereich.
Die beidseitige Taubheit schließt die Wahrnehmung von Umgebungsgeräuschen aus. Betroffene reagieren nicht erwartungsgemäß, was das Leben in ihrer Umwelt erschwert. Soziale Kontakte lassen sich nur mühsam aufbauen, die beruflichen Möglichkeiten sind begrenzt. Besteht die beidseitige Taubheit seit der Geburt, ist meist auch die Sprachentwicklung gestört. Betroffene hören sich nicht selbst und können Silben daher nur unzureichend bilden.
Darüber hinaus ist die vollständige Gehörlosigkeit nicht selten mit Schwindelattacken verbunden. Manche Patienten klagen ferner über Fehlbildungen an den Augen, Nieren und Knochen. Hingegen führt eine einseitige Taubheit zu einer vergleichsweise leichten Hörbehinderung. In diesem Fall ist nur das linke oder rechte Ohr nicht in der Lage, Geräusche wahrzunehmen.
Betroffene können Hintergrundgeräusche während eines Gesprächs nur unzureichend ausblenden. Auch fällt ihnen das Verstehen von Gesprächen in der Nähe des tauben Ohres schwer. Entfernungen, wie zu einem fahrenden Auto, lassen sich bei einseitiger Taubheit nur schwer abschätzen.
Komplikationen
Zudem ist das Risiko für Unfälle bei gehörlosen Menschen oftmals erhöht. Dies gilt insbesondere für befahrene Straßen und ähnliche Situationen. Entsprechend sind im Alltag Vorsichtsmaßnahmen relevanter. Es kann ein eingesetztes Cochlea-Implantat beim Einsetzen oder darüber hinaus zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Die Operation birgt geringe Risiken, den Hörnerv (und damit im weitesten Sinne auch den Geschmacksnerv) zu schädigen, kann Wunden hinterlassen, die sich entzünden, kann zu einer Hirnhautentzündung führen oder für Betroffene einen dauerhaften Tinnitusauslöser bedeuten.
Auch Operationen, die eine ursächliche Gewebeschädigung korrigieren sollen, bergen die üblichen Risiken für Komplikationen. Es kann sich hierbei etwa um Operationen an den Gehörknöchelchen oder am Gehörgang handelt. Ansonsten sind andere Komplikationen von möglichen, zugrunde liegenden Erkrankungen (verschleppte Mittelohrentzündung) abhängig und individuell zu betrachten.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bemerken Eltern, Angehörige oder Erziehungsberechtigte, dass der Nachwuchs gar nicht oder nur verzögert auf Geräusche der Umgebung reagiert, sollte unverzüglich ein Arzt konsultiert werden. Besorgniserregend ist insbesondere, wenn bei der Entwicklung von lauten Geräuschen bei dem Betroffenen keinerlei Wirkung zu erkennen ist. Verhaltensauffälligkeiten, körperliche Reaktionen des Kindes ausschließlich bei Sichtkontakt sowie eine ungewöhnliche Stimmgebung sind untersuchen und behandeln zu lassen. Es handelt sich hierbei um Anzeichen einer vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigung, die abgeklärt werden sollte. Stellt sich im Verlauf des Lebens eine Minderung der üblichen Hörfähigkeit ein, ist dies ebenfalls Anzeichen einer Unregelmäßigkeit, die schnellstmöglichst untersucht werden muss.
Eine Abnahme des Hörvermögens ist als Warnsignal des Organismus zu verstehen. Zur Abklärung der Ursache und um langfristigen Störungen rechtzeitig zu begegnen, wird ein Arzt benötigt. Können plötzlich und unvermittelt gewohnte Geräusche der Umgebung nicht mehr wahrgenommen werden, ist ein Arztbesuch notwendig. Es sollten unverzüglich Nachforschungen angestellt werden, damit eine Diagnosestellung erfolgen kann und anschließend ein Behandlungsplan aufgestellt werden kann. Kommt es bei einer bereits diagnostizierten Taubheit zu weiteren Beschwerden und Unregelmäßigkeiten, besteht ebenfalls Handlungsbedarf. Bei emotionalen und seelischen Problemen benötigt der Betroffene in vielen Fällen Hilfe, um mit der Erkrankung im Alltag besser umgehen zu können.
Behandlung & Therapie
Ohne eine entsprechende Therapie wird sich eine Taubheit (Gehörlosigkeit) nicht bessern. Insbesondere bei der angeborenen Form oder einer hochgradigen Schwerhörigkeit wirkt sich eine frühe Diagnose und Behandlung positiv auf die Sprachentwicklung aus. Bei Kindern steht die Frühförderung in Form von Sprech-und Spracherziehung und der Besuch spezieller Schulen für Gehörlose im Vordergrund.
Das Ziel einer Therapie besteht grundsätzlich darin die Fähigkeiten der Patienten im Alltag zu verbessern. So kommen speziell angepasste Hörgeräte zum Einsatz, wenn noch ein Rest-Hörvermögen vorhanden ist. Bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit oder einer vollständigen Taubheit (Gehörlosigkeit) kann durch ein Cochlea-Implantat die Hörfunktion ersetzt werden.
Ist eine Therapie weder durch Hörgeräte noch durch operative Maßnahmen möglich, müssen die Patienten lernen mit der Diagnose Taubheit (Gehörlosigkeit) zu leben. Hierbei werden andere Kommunikationswege wie zum Beispiel das Lippenablesen oder die Gebärdensprache erlernt.
Vorbeugung
Eine erblich bedingte Taubheit und Gehörlosigkeit kann grundsätzlich nicht vorgebeugt werden. Ein Teil der auslösenden Faktoren lässt sich allerdings durch eine entsprechende Vorbeugung vermeiden. Zudem können Schwangere verschiedene Maßnahmen ergreifen und das Gehör des Kindes vor schädigenden Einflüssen schützen. Risikofaktoren wie Virusinfektionen können durch Schutzimpfungen ausgeschalten werden.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt in der Vorbeugung ist das Meiden einer großen Lärmbelastung. Ein Gehörschutz schafft hierbei Abhilfe. Besonders in der Schwangerschaft sollte auf bestimmte Medikamente, Alkohol und Nikotin verzichtet werden. Abschließend ist zu empfehlen bei Ohrinfektionen und Hörstörungen unverzüglich einen Arzt aufzusuchen um eine Taubheit (Gehörlosigkeit) zu verhindern.
Nachsorge
Die Form der Nachsorge bei Gehörlosigkeit hängt davon ab, wie und zu welchem Zeitpunkt der Betroffene sein Gehör verloren hat. Es wird unterschieden zwischen angeborener und erworbener Taubheit. Im ersten Fall kommt der Patient ohne Hörfähigkeit zur Welt und wächst mit der Einschränkung auf. Die Nachsorge ist hier eine ständige Begleitung, in der Regel bis weit ins Erwachsenenalter hinein.
Beim zweiten Verlauf wird der Betroffene durch einen Unfall, eine fehlerhafte Operation am Ohr oder durch andere Einwirkungen von außen gehörlos. Hier ist eine Nachsorge besonders angezeigt. Der Ertaubte muss von Grund auf lernen, mit dem Sinnesverlust umzugehen. Dies kann sowohl ihn selbst als auch nahe stehende Angehörige seelisch belasten.
Ähnlich wie bei der angeborenen Gehörlosigkeit wird die Nachsorge auch im Fall der erworbenen Taubheit zu einer dauerhaften Wegbegleitung: Der Betroffene wird vor allem am Anfang Fragen zum alltäglichen Umgang mit der Taubheit haben. Hierbei kann ihn ein Facharzt oder eine spezielle Beratungsstelle professionell unterstützen.
Parallele Besuche bei Selbsthilfegruppen bieten Gelegenheit zum Austauschen mit anderen Ertaubten. Bei einer zusätzlichen emotionalen Belastung sollte ein Psychotherapeut zu Rate gezogen werden. Dabei wird das seelische Wohlergehen des Betroffenen stabilisiert. Eine Depression kann auf diese Weise verhindert werden.
Das können Sie selbst tun
Taubheit ist eine massive Form der Hörschwäche, die mit Selbsthilfe im Alltag von den Betroffenen oft deutlich besser bewältigt werden kann. Die Maßnahmen hängen vom Patienten und seinen Bedürfnissen beziehungsweise Voraussetzungen ab.
Die Selbsthilfe wird am besten mit dem behandelnden HNO-Arzt oder einem erfahrenen Hörgeräteakustiker abgesprochen. Auch der Gang in eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Einschränkungen des Hörsinns bis zur Gehörlosigkeit kann in vielen Fällen sehr sinnvoll sein. Der Austausch mit Betroffenen in Bezug auf deren Erfahrungen mit einem mangelnden Gehör und die Tipps der anderen Teilnehmer sind für die praktische und auch psychische Bewältigung der Erkrankung oft wertvoll. Die Betroffenen werden hier häufig mehr verstanden als von den eigenen Angehörigen.
Im Alltag kann die Selbsthilfe rund um die Gehöreinschränkung sehr praktisch gestaltet werden. Dies beginnt beim Bildtelefon mit Gebärdensprache und geht über den Lichtwecker bis hin zur Information von Familie, Freunden, Nachbarn und Kollegen. Diese müssen wissen, dass eine betroffene Person nicht von hinten angesprochen werden darf und dass bei der Kommunikation deutlich artikuliert werden soll, damit von den Lippen gelesen werden kann. Die psychische Beeinträchtigung durch eine Gehöreinschränkung darf bei der Selbsthilfe nicht vernachlässigt sein. Bei der Bewältigung ist es vor allem wichtig, die sozialen Kontakte zu stabilisieren.
Quellen
- Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
- Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009