Arteriovenöse Fistel
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als arteriovenöse Fistel wird eine unnormale Kurzschlussverbindung, die zwischen einer Arterie und einer Vene erfolgt, bezeichnet. Nicht selten zeigen sich die AV-Fisteln in der Kopfregion.
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Was ist eine arteriovenöse Fistel?
Unter einer arteriovenösen Fistel wird eine unnatürliche Verbindung zwischen Vene und Arterie verstanden. Sie trägt auch die Bezeichnungen AV-Fistel oder Durafistel. In der Regel findet der Blutfluss von den Arterien über die Arteriolen, die Kapillargefäße, die Venolen und schließlich die Venen in Richtung Herz statt. Liegt jedoch eine arteriovenöse Fistel vor, kommt es zu einem direkten Fluss des Blutes von der Arterie in die Vene.
AV-Fisteln sind entweder angeboren oder entstehen im Laufe des Lebens. Während angeborene arteriovenöse Fisteln sich nur sehr selten zeigen, kommen erworbene Fisteln in den meisten Fällen durch Verletzungen zustande. Dabei werden Arterien und Venen in Mitleidenschaft gezogen, die dicht beieinander liegen.
Eine arteriovenöse Fistel tritt häufig im Hirnbereich auf. Dabei bildet sich eine Durafistel in der Region der Dura mater (harte Hirnhaut). Durch diese unnatürliche Verbindung kommt es zum Auftreten von Beschwerden wie Sehstörungen oder Tinnitus. Arteriovenöse Fisteln zeigen sich nur selten. Besonders betroffen von den AV-Fisteln sind Frauen über 40.
Ursachen
Die Ursachen für die Bildung einer arteriovenösen Fistel sind unterschiedlich. Neben Verletzungen von Arterien und Venen kommen im Kopfbereich auch Thrombosen (Blutgerinnsel) in den Sinus, bei denen es sich um spezielle Blutgefäße handelt, in Betracht. Im Unterschied zu den eigentlichen Venen fallen diese Gefäße steif aus. Außerdem setzen sie sich teilweise aus der Dura mater zusammen.
Kommt es zu einer Sinusvenenthrombose, hat dies eine Bildung von abnormalen Blutgefäßen zur Folge. Dadurch entsteht eine unnatürliche Verbindung zwischen einer Arterie und einer Vene. Verletzungen von Venen und Arterien kommen oftmals durch Unfälle, Stürze oder die Einwirkung von Gewalt zustande, die eine akute Öffnung zwischen Arterie und Vene herbeiführen. In vielen Fällen lässt sich allerdings auch gar keine konkrete Ursache für das Entstehen einer arteriovenösen Fistel ermitteln.
Durch den Kurzschluss zwischen Vene und Arterie besteht das Risiko von Blutungen. Während eine Arterie so stabil ausgestattet ist, dass sie einem höheren Blutdruck mühelos standhält, sieht dies bei den relativ dünnwandigen Venen anders aus. Die Fistel zwischen Arterie und Vene führt zu einem höheren Druck auf die Vene, was den Aufstau von Blut zur Folge haben kann. Bilden sich in der Vene Aussackungen, sinkt auch die Widerstandsfähigkeit der Venenwand, wodurch sich wiederum die Gefahr einer Venenblutung erhöht.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Entsteht eine arteriovenöse Fistel, können unterschiedliche Symptome auftreten. Auf welche Weise diese sich zeigen, richtet sich nach dem Umfang und der Position der AV-Fistel. Eine Durafistel im Kopfbereich ist häufig mit Ohrgeräuschen (Tinnitus) verbunden. Dabei vernimmt die betroffene Person ein pulsartiges Rauschen. Es entsteht aufgrund der verstärkten Gefäßdurchblutung. Ein weiteres häufiges Symptom der arteriovenösen Fistelbildung sind Sehstörungen.
Grund dafür ist das Aufstauen von Blut, was in den Venen erhöhten Druck zur Folge hat. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Sehfähigkeit aus. Außerdem kann sich an der Augenhöhle die Bindehaut röten und anschwellen. Tritt der erhöhte Druck an den Hirnvenen auf, besteht die Gefahr eines gefährlichen Schlaganfalls.
Als gefürchtete Komplikation gilt zudem das Auftreten von lebensbedrohlichen Blutungen, was jedoch nur selten der Fall ist. Wie schwer die Symptome ausfallen, hängt auch davon ab, ob die Fistel durch Gewalteinwirkung oder indirekt entstanden ist. So sind bei traumatischen Fisteln intensivere Beschwerden zu befürchten.
In manchen Fällen werden auch die Gefäße des Wirbelkanals durch die AV-Fistel beeinträchtigt. Dann treten in langsamem Verlauf Sensibilitätsstörungen, Schwächen an den Beinen oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen beziehungsweise Stuhlgang auf.
Diagnose & Verlauf
Um eine AV-Fistel zu diagnostizieren, befasst sich der behandelnde Arzt zunächst mit der Krankengeschichte des Patienten. Außerdem findet eine körperliche Untersuchung statt, bei der er besonders auf neurologische Auffälligkeiten achtet. Um eine arteriovenöse Fistel konkret festzustellen, erfolgen bildgebende Verfahren wie eine Angiographie oder Magnetresonanztomographie (MRT).
Der Krankheitsverlauf bei einer arteriovenösen Fistel richtet sich nach dem Beginn der Therapie. Wird die Behandlung nicht rechtzeitig durchgeführt, kann es zu schwerwiegenden Komplikationen wie nervlichen Ausfällen oder Blutungen kommen. Aber auch die Größe der AV-Fistel spielt eine bedeutende Rolle.
Komplikationen
Komplikationen, die durch eine unbehandelte atriovenöse Fistel (AV-Fistel) ausgelöst werden können, hängen hauptsächlich vom Durchmesser der betroffenen, direkt miteinander in Verbindung stehenden, Arterie und Vene und von ihrer Position ab. Grundsätzlich können Komplikationen durch starke Blutungen verursacht werden, weil die Vene dem arteriellen Blutdruck nicht standhält und es zu Einrissen kommt. Komplikationen, die durch unbehandelte AV-Fisteln im Körper verursacht werden, sind normalerweise beherrschbar und reversibel.
AV-Fisteln dagegen, die sich im Gehirn gebildet haben, können durch Blutungen schwerwiegende Komplikationen hervorrufen, die von irreversiblen Nervenschäden und neurologischen Ausfällen begleitet sein können. Grundsätzlich besteht bei Einblutungen durch AV-Fisteln im Gehirn Lebensgefahr, weil durch Raumbeanspruchung des „ausgelaufenen“ Blutes lebensnotwendige Zentren getroffen sein können. AV-Fisteln im Kopf werden auch nach der harten Hirnhaut Dura als Durafistel bezeichnet.
Bei ihnen stellen sich selbst bei (noch) nicht vorhandener Einblutung Komplikationen wie Seh- und Hörstörungen ein. Falls es zu Blutungen im Gehirn – oder in seltenen Fällen auch im Rückenmark – kommt, werden die betroffenen Nerven und Ganglien ausgeschaltet, so dass sich Komplikationen einstellen, die häufig mit denen eines Schlaganfalls vergleichbar sind. Komplikationen, die sich bei Durafisteln im Rückenmark zeigen können, sind motorische Beeinträchtigungen der Beine, sensorische Defizite und Schwierigkeiten, Stuhl und Harn unter Kontrolle zu halten (Inkontinenz).
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine arteriovenöse Fistel muss nicht unbedingt von einem Arzt behandelt werden. Medizinischer Rat ist gefragt, wenn die Fistel nach spätestens drei bis fünf Tagen nicht abgeheilt ist oder Begleitsymptome auftreten. Sollte es begleitend zu Juckreiz, nässenden Stellen oder Schmerzen kommen, muss ein Arzt die Ursache abklären und gegebenenfalls direkt eine Behandlung einleiten. Kommt ein starkes körperliches Unwohlsein oder Fieber hinzu, wird am besten ein Notarzt konsultiert.
Womöglich liegt den Beschwerden eine anderweitige Erkrankung zugrunde, die im Krankenhaus diagnostiziert werden muss. Wird ein rötlicher Streifen im Bereich um die arteriovenöse Fistel beobachtet, liegt womöglich eine Blutvergiftung vor – ein Rettungsdienst muss umgehend alarmiert werden. Risikopatienten sollten mit einer Fistel in jedem Fall zum Arzt gehen.
Selbiges gilt für Patienten, die bereits einmal unter einer Erkrankung der Arterien gelitten haben. Ansonsten muss eine arteriovenöse Fistel abgeklärt werden, wenn Unsicherheit über das Symptom besteht und die ersten Beschwerden auftreten. Generell gilt: je früher eine Fistel eindeutig diagnostiziert wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten.
Behandlung & Therapie
Im Rahmen einer Therapie der arteriovenösen Fistel wird in der Regel auf das Vermeiden einer Blutung geachtet. Zu diesem Zweck erfolgt die Durchführung einer endovaskulären Embolisation. Bei dieser Methode verklebt der Arzt das unnormale Blutgefäß mithilfe eines Katheters. Der feine Katheter lässt sich über die Arterien in den Körper einführen. Anschließend wird die Fistel mit einem Gewebekleber oder anderen Materialien behandelt.
Außerdem besteht die Option, das betroffene Gefäß von der Venenseite aus mit speziellen Platinspiralen zu verschließen. In manchen Fällen kommt auch ein Stent, eine innere Gefäßschienung, die aus Draht besteht, zur Anwendung. Auf diese Weise kann der normale Verlauf des Gefäßes wiederhergestellt werden. Bei manchen Patienten erfolgt auch eine Kombination aus mehreren dieser Methoden.
Gelingt es nicht, die arteriovenöse Fistel mit diesen Vorgehensweisen zu verschließen, muss ein chirurgischer Eingriff stattfinden. Dabei durchtrennt der Operateur die AV-Fistel. Bei der operativen Behandlung einer Durafistel bestehen allerdings gewisse Risiken. Dazu gehört unter anderem der nicht erwünschte Verschluss eines Blutgefäßes.
Aussicht & Prognose
Die arteriovenöse Fistel hat bei einer frühzeitigen Diagnose und anschließenden Behandlung eine gute Aussicht auf Heilung. Die Fistel tritt vermehrt bei Frauen über 40 Jahre auf. Oftmals liegen bereits Vorerkrankungen vor, die eine Prognoseaussicht verschlechtern.
Patienten, die eine Behandlung verweigern oder zu spät in Anspruch nehmen, müssen mit einem akuten Zustand rechnen. Es kann zu Einblutungen kommen, die einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt auslösen. Es drohen lebenslange Beeinträchtigungen oder das frühzeitige plötzliche Ableben.
Findet eine rechtzeitige Behandlung statt, bestehen bei Patienten ohne weitere Vorerkrankungen gute Prognoseaussichten. Es erfolgt ein operativer Eingriff, der innerhalb weniger Stunden vollständig abgeschlossen ist. Anschließend benötigt der Patient einige Zeit der Heilung und kann nach wenigen Wochen oder Monate als beschwerdefrei entlassen werden.
Der Alltag ist den neuen Gegebenheiten anzupassen und Kontrolluntersuchungen sollten wahrgenommen werden. Dennoch kann der Patient seinen Alltag unter normalen Bedingungen selbst bestreiten. Sofern noch keine weiteren Folgeerscheinungen eingetreten sind, kommt es nach dem Eingriff zu keinen weiteren Behandlungsmaßnahmen.
Alternativ werden individuelle Therapieansätze angeboten, um die Folgen der arteriovenöse Fistel zu behandeln. Funktionsstörungen, wie ein verminderten Hören oder Sehen werden mit entsprechenden Gerätschaften behandelt. Bei Nervenschäden besteht das erhöhte Risiko, dass diese nicht mehr erfolgreich korrigiert werden können.
Vorbeugung
Wirksame Vorbeugemaßnahmen gegen das Entstehen einer arteriovenösen Fistel sind nicht bekannt.
Nachsorge
Dem Betroffenen stehen bei dieser Krankheit meistens keine besonderen Maßnahmen und Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung, sodass dabei in aller erster Linie eine frühzeitige Untersuchung und Behandlung durch einen Arzt stattfinden muss. Dabei kann es auch nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass eine Behandlung durch einen Arzt auf jeden Fall stattfinden muss.
Je früher die Krankheit von einem Arzt erkannt wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf dieser Krankheit. In den meisten Fällen wird die Lebenserwartung des Betroffenen nicht verringert oder anderweitig eingeschränkt. Die Behandlung selbst erfolgt dabei durch einen kleinen operativen Eingriff, welcher meist ohne Komplikationen verläuft.
Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Betroffene auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper weiterhin schonen. Dabei sind Anstrengungen oder andere stressige körperliche Betätigungen zu vermeiden. Vor allem die betroffene Stelle am Körper sollte geschont und geschützt werden.
Auch nach dem Eingriff sind regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt notwendig. Weitere Maßnahmen einer Nachsorge sind dabei nicht mehr notwendig. In vielen Fällen können auch andere Krankheiten auf diese Fistel hindeuten, sodass schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen ein Arzt aufgesucht werden sollte.
Das können Sie selbst tun
Als arteriovenöse Fistel (AV-Fistel) wird eine Gefäßverbindung zwischen einer Arterie und einer Vene bezeichnet. Es kommt dadurch zu einem Kurzschluss zwischen der arteriellen und der venösen Seite des Blutkreislaufs unter Umgehung des Kapillarsystems. Meist bilden sich die Verbindungen durch eine Verletzung mit Einblutungen, die in seltenen Fällen einen Reiz zur Ausbildung der Fistel erzeugen können.
Die auftretenden Symptome hängen von der Größe der Fisteln und der beteiligten arteriellen und venösen Gefäße ab sowie von ihrer Lokalisation. Falls es sich um kleinere Fisteln außerhalb des Gehirns handelt und kaum Symptome vorhanden sind, erübrigen sich Selbsthilfemaßnahmen oder eine Anpassung im Alltag. In vielen Fällen bilden sich allerdings die unerwünschten Fisteln im Gehirn im Bereich der harten Hirnhaut (Dura mater). Häufig sind davon das Hör- und das Sehzentrum betroffen. Beispielsweise können sich ein Tinnitus und Sehstörungen einstellen.
Wegen der unsicheren Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf ist in diesen Fällen weniger eine Anpassung im Alltag oder die Anwendung von Selbsthilfemaßnahmen gefragt, sondern vielmehr eine genaue Diagnose und eine mögliche Behandlung, die ein Fortschreiten der Krankheit und damit verbundene ernsthafte Symptome verhindern sollte. Im Kopfbereich besteht vor allem die Gefahr einer Blutung, die Raum beansprucht und leichte bis gravierende neurologische Ausfälle verursachen kann.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
- Marshall, M., Loew, D.: Venenerkrankungen. Springer, Berlin 2003