Bobath-Konzept
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Bobath-Konzept eignet sich vor allem für Menschen, die motorische Störungen aufgrund neurologischer Erkrankungen aufweisen. Damit handelt es sich um eine Behandlungsmöglichkeit zur Linderung bestehender Beschwerden. Es lässt sich bereits bei Säuglingen anwenden, kommt aber auch bei Kindern und Erwachsenen zum Einsatz.
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Was ist das Bobath-Konzept?
Das Bobath-Konzept wird von deutschen Krankenkassen gefördert und damit auch anerkannt. Die Durchführung erfolgt nach der Anweisung des Arztes. Dabei kommt es zu einer Zusammenarbeit zwischen verschiedenen medizinischen Akteuren. Zu diesen gehören Therapeutinnen und Therapeuten der Physiotherapie und Ergotherapie, LogopädInnen, Ärzte und Pflegepersonal.
Angewendet wird es zum Beispiel bei zerebralen Bewegungsstörungen, die bereits im frühkindlichen Alter erworben wurden. Weiterhin kann es bei einer Verzögerung der Entwicklung, sensomotorischen Einschränkungen sowie weiteren neurologischen und neuromuskulären Erkrankungen helfen. Das Konzept selber basiert auf der Theorie der Umorganisationsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Diese schreibt dem Hirn bestimmte Fähigkeiten zu.
So sollen gesunde Regionen dazu in der Lage sein, die Funktionen und Aufgaben von erkrankten Bereichen zu erlernen und damit zu übernehmen. Traumatische Hirnschädigungen resultieren häufig in Beschwerden der Verbindungswege, während die Kontrollzentren selber nicht betroffen sind. Das Training soll neue Bahnen entstehen lassen.
Funktion, Wirkung & Ziele
Auf diese Weise ist es möglich, dass dem Körper die Wiederaufnahme von Funktionen gelingt, welche zum Beispiel durch einen Schlaganfall verloren gegangen sind. Dafür müssen andere Hirnareale vernetzt und intensiviert werden. Durch das ständige Üben von Bewegungen lassen sich Kontakte zwischen Synapsen rekrutieren. So bauen sich Funktionsverbände innerhalb der Neuronen auf, welche die motorische Funktion ermöglichen. Damit eignet sich das Bobath-Konzept für Patienten mit motorischen Bewegungsstörungen. Die Symptome bestehen entweder bereits seit der Geburt oder wurden im Verlauf des Lebens erworben.
Während das Konzept früher nur bei Kindern Anwendung fand, wurde es in den 1960er Jahren auf volljährige Personen ausgedehnt. Heutzutage gilt das Bobath-Konzept als erfolgreichste Behandlungsmethode von Patienten mit Bewegungsstörungen aufgrund neurologischer Erkrankungen. Während Menschen mit Hirnschäden früher als Pflegefall aufgefasst wurden, ist mittlerweile eine Rehabilitation nicht auszuschließen. Am häufigsten kommt das Konzept bei Patienten mit Schlaganfall zum Einsatz, die unter einer halbseitigen Lähmung leiden. Das Ziel ist es letztendlich, dem Erkrankten die Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit im größtmöglichen Rahmen zurück zu geben. Dafür spielen die Kompetenzen und Fähigkeiten des Patienten eine wichtige Rolle.
Neben der Entwicklungsneurologie helfen auch Kenntnisse der Bewegungsanalyse, Pädagogik und Psychologie. Das individuelle Umfeld des Erkrankten wird genau untersucht und eventuell auf seine Bedürfnisse angepasst. Auf diese Weise sollen die bestimmten Handlungs- und Bewegungsziele realisiert werden. Dafür kommen neben einer ausführlichen Beratung ebenfalls sämtliche Hilfsmittel wie Krücken oder Rollstühle in Frage. Nach einer Lähmung sollen die Einschränkungen nicht kompensiert, sondern die Bewegungen wiedererlangt werden. Dabei ist die aktive Mitgestaltung des Betroffenen eine Voraussetzung für die Rekonstruktion der Selbstständigkeit.
Durch das Bobath-Konzept lässt sich unter Umständen eine langfristige Pflegebedürftigkeit oder der Aufenthalt in einem Heim vermeiden. Bei dem Bobath-Konzept handelt es sich um ein 24-Stunden-Konzept. Das Gehirn nimmt laufend neue Informationen auf und lernt durchgehend. Dementsprechend sind optimale Lernangebote von Bedeutung. Somit ist das Konzept nicht auf die Therapiesitzungen beschränkt, sondern findet im gesamten Alltag des Patienten Anwendung. Die richtige Lagerung des Erkrankten begünstigt eine Muskeltonuserhöhung. Gleichzeitig lässt sich die Körperwahrnehmung schulen. Sämtliche Bewegungen des Betroffenen erfolgen nach einer bestimmten Technik.
Diese wird angewendet, wenn es sich um eine eigenständige Bewegung handelt, oder wenn ein Pfleger den Patienten bewegt. Das Selbsthilfetraining stärkt die Unabhängigkeit im Alltag.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Abhängig von Größe und Ausprägung der Beschädigung kann die Lernfähigkeit des Patienten verändert sein. Der Begriff der Lernfähigkeit beschreibt die Fähigkeit zur Umstrukturierung der Nervenzellen des menschlichen Gehirns. Vor allem bei einem mehrfach stattfindenden Sauerstoffmangel kann die Lernfähigkeit stark beeinflusst sein. Weiterhin verschlechtern die neurologischen Erkrankungen häufig die Lernfähigkeit. Damit das Bobath-Konzept erfolgreich sein kann, muss der Patient motiviert sein. Der Antrieb wird jedoch oft durch die Erkrankung, die Verarbeitung der Beschwerden sowie die Hirnschädigung selbst bestimmt. Weiterhin spielen die Angehörigen eine Rolle.
Diese können den Betroffenen häufig motivieren oder seinen Antrieb hemmen. Dementsprechend ist es wichtig, dass die Familie des Patienten bereits in einem frühen Stadium in den Prozess eingebunden wird. Die Anwendung des Konzeptes erfolgt in der Zusammenarbeit verschiedener Akteure. Sind die Handlungen nicht aufeinander abgestimmt, lässt sich auch ein verminderter Erfolg der Maßnahmen feststellen. Damit hängt das Bobath-Konzept von vielen Faktoren ab, die der Patient selber nur eingeschränkt beeinflussen kann.
Weiterhin gelten die Maßnahmen durch die zeitintensive Ausbildung der Beteiligten als sehr teuer. Einige Experten kritisieren zudem mangelnde wissenschaftliche Erkenntnisse und Untersuchungen. Dennoch ist es unter positiven Voraussetzungen möglich, die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. Einige Fälle haben bewiesen, dass sich die Gesundheit durch das Bobath-Konzept wiederherstellen lässt.
Quellen
- Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
- Hüter-Becker, A., Dölken, M.: Physikalische Therapie, Massage, Elektrotherapie und Lymphdrainage. Thieme, Stuttgart 2007
- Viebrock, H., Forst, B.: Bobath. Thieme, Stuttgart 2008