Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy, fortan CBASP, ist eine psychotherapeutische Behandlungsmethode für chronische Depression. Der auf verschiedenen psychologischen Verfahrensweisen basierende Ansatz geht auf den amerikanischen Psychologen James P. Mccullough zurück. Die Entwicklung von CBASP begann in den 1980er Jahren. Sie ist seit etwa 2005 in einem ausgereiften Zustand.
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Was ist das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy?
CBASP ist eine Sammlung an psychologischen Erklärungsmodellen und daraus resultierenden Interaktionsformen zwischen Therapeuten und Patienten. Ziel von CBASP ist die Heilung von chronischer Depression.
Je nach Situation und Ermessen der beteiligten Personen ist CBASP die alleinige Therapiemethode oder es kommen zusätzlich Psychopharmaka, nämlich Antidepressiva, zum Einsatz. CBASP alleine ohne Psychopharmaka hat etwa genau so großen Behandlungserfolg wie Psychopharmaka ohne CBASP. Der gemeinsame Einsatz von CBASP und Psychopharmaka erhöht den Heilungserfolg, führt aber zu medizinischen Nebenwirkungen, die durch den Einsatz von psychologischen Methoden doch verhindert werden sollen. Aufgrund der spezifischen Erklärungsmodelle und der daraus resultierenden Psychotherapie eignet sich CBASP nicht für jeden Typ von Depression.
Die Methode ist speziell für chronische Depressionen, die seit der Kindheit vorliegen, gedacht. Das Erklärungsmodell von CBASP geht davon aus, dass solche chronischen Depressionen durch ein Trauma oder lang anhaltende Missbrauchssituationen verursacht worden sind. Dadurch ist die Fähigkeit beim Patienten, auf natürliche Weise mit anderen Menschen zu kommunizieren, gestört worden. An der Aufarbeitung und Wiederherstellung dieser natürlichen Kommunikations- und Empathiefähigkeiten setzt CBASP an.
Funktion, Wirkung & Ziele
Patienten mit chronischer Depression vermeiden Mitmenschen. Selbst Pflegepersonen, die sich sehr um die Patienten kümmern, erfahren Ablehnung oder sogar offen feindliche Reaktionen durch die chronisch Depressiven. Vermutlich sind chronische Depressionen also nicht nur reine Gemütsfragen, sondern schwere entwicklungspsychologische Verhaltensstörungen, die ihre Ursache in einer mangelnden Empathie- und Kommunikationsfähigkeit der Patienten haben.
Nach Jean Piaget entwickeln sich Kinder schon vor der Pubertät über ein egozentrisches Selbstverständnis hinaus und lernen, sich in Mitmenschen hineinzuversetzen und diese durch Empathie gewonnenen Erkenntnisse über die Vielfalt zwischenmenschlicher Reaktionen für den Aufbau ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen zu nutzen. Ein Entwicklungsdefekt in dieser Phase führt zu einer chronischen Depression, die das menschliche Miteinander bis weit in das Erwachsenenleben hinein beeinflusst. Die Funktion von CBASP liegt darin, das Verständnis der zwischenmenschlichen Reaktionen durch die Patienten zu analysieren, kritisch zu beleuchten und dann durch ein erweitertes Verständnis zu ersetzen.
Ziel ist es also, die seit der Kindheit verankerten negativen Grundannahmen mit realistischeren und lebensbejahenderen Annahmen über zwischenmenschliche Reaktionen zu ergänzen und zu erweitern. Im Zuge dieser Erweiterung des Zugangs zur zwischenmenschlichen Kommunikation im jeweiligen Umfeld der Patienten erhalten die Patienten idealerweise auch introspektiven Zugang zu dem Trauma, das bei ihnen selbst diese Störung des kindlichen Entwicklungsprozesses nach Jean Piaget verursachte.
Dieses Trauma, das der Grund der jahrelangen Depression gewesen ist, mag ein kurzer traumatischer Vorgang gewesen sein, es kann aber auch ein länger anhaltender Zustand von Missbrauch oder Vernachlässigung gewesen sein. Patienten und Therapeuten analysieren in Situationsanalysen den Umgang mit anderen Personen und denken dabei auch an mögliche alternative Umgangsformen; sie arbeiten Listen prägender Bezugspersonen aus und überlegen sich, wie diese Beziehungen gewesen sind; sie praktizieren interpersonelle Diskriminationsübungen, durch welche die Patienten lernen, problematische Interpretationen des Verhaltens Anderer durch günstigere Interpretationen zu ersetzen. So entwickeln sich Selbstsicherheit und Selbstvertrauen der Patienten.
Bei CBASP kommen interpersonelle, psychodynamische und verhaltenstherapeutische Methoden zum Einsatz. Therapeuten, die CBASP praktizieren, wissen, dass die Verhaltensstörungen der Patienten im Umgang mit Mitmenschen sich natürlich auch bei den Interaktionen mit den Therapeuten selbst manifestieren. Deshalb rechnen die Therapeuten damit, während der Behandlung auf Feindseligkeiten und auch übertriebene Unterwürfigkeiten der Patienten zu stoßen. Sie sind trainiert, darauf angemessen zu reagieren. CBASP ist eine hoch spezialisierte Form von Psychotherapie, die auch mit den verletzenden Erinnerungen der Patienten umgeht.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Tatsächlich sind jedoch die Nebenwirkungen von psychotherapeutischen Behandlungsformen bis jetzt nur unzureichend bekannt. Eine Psychotherapie kostet Zeit und Geld. Menschen mit chronischer Depression sind jedoch oft unselbstständig und hängen von anderen Bezugspersonen ab. Da die Therapie selbst stark auf die Suche nach alternativen Umgangsformen mit Bezugspersonen abzielt, können die Patienten selbst diese ganze Lebenssituation radikal infrage stellen und ändern.
Das führt manchmal zu neuen Lebenskrisen. Ist die Depression wirklich Folge einer entwicklungspsychologischen Störung in der Fähigkeit, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, oder hat die Depression vielleicht ganz andere Ursachen? CBASP basiert auf der Annahme eines Traumas in der Kindheit. Die klassische Form von Trauma-Psychotherapie befasst sich mit Menschen, die nachweislich im Krieg oder bei einem Unfall ein Trauma erlitten haben. Bei einer chronischen Depression ist die Lage jedoch schwieriger, weil gar nicht bekannt ist, ob es überhaupt ein Trauma, Vernachlässigung oder Missbrauch gab. Das Trauma bleibt dann in vielen Fällen nur eine vage, schwer beweisbare Hypothese.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Berlin 2011
- Herold, G.: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2016
- Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006