Crouzon-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Crouzon-Syndrom, auch Morbus Crouzon genannt, ist eine von mehreren bekannten, genetisch bedingten Craniosynostosen, bei denen die Schädelnähte frühzeitig verknöchern, so dass das Schädelwachstum gestört ist und es zu typischen Fehlbildungen und Verwachsungen am Kopf und im Gesicht kommen kann. Die geistige Entwicklung der vom Crouzon-Syndrom betroffenen Menschen verläuft meist normal.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Crouzon-Syndrom?

Das Crouzon-Syndrom wird ausschließlich durch eine Mutation am Genlocus 10q26 auf dem Chromosom 10 verursacht.
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Das Crouzon-Syndrom, auch Dysostosis craniofazialis Crouzon genannt, ist eine von mehreren bekannten Craniosynostosen. Die Krankheit zeichnet sich durch frühzeitige Verknöcherungen der Schädelnähte aus, die teilweise bereits pränatal beginnt. Die Verknöcherungen führen dazu, dass sich das Gehirn während seiner Wachstumsphase nicht ohne weiteres unter der normalerweise ebenfalls „mitwachsenden“ Schädeldecke ausbreiten kann. Stattdessen wächst die Schädelkalotte vorwiegend an den noch nicht verknöcherten Schädelnähten, so dass es unbehandelt zu typischen Fehlbildungen kommt.

Beim Crouzon-Syndrom verknöchern zunächst die Koronar-, die Alpha- und die Sagittalnaht. Ohne Behandlung oder ohne korrigierende chirurgische Eingriffe kommt es zur Ausbildung eines typischen Turmschädels und zu Gesichtsanomalien wie überweiter Augenabstand (Hypertelorismus) und stark hervortretende Augen (Exophthalmus). Neben Fehlstellungen der Zähne muss beim Crouzon-Syndrom mit Schwerhörigkeit gerechnet werden, weil der äußere Gehörgang einen Verschluss, eine Gehörgangsatresie, aufweist und/oder die Gehörknöchelchen nicht voll ausgebildet sind, so dass es zu einer Beeinträchtigung des Hörvermögens kommt.

Ursachen

Das Crouzon-Syndrom wird ausschließlich durch eine Mutation am Genlocus 10q26 auf dem Chromosom 10 verursacht. Auf dem Chromosom 10 befinden sich etwa 1.200 Gene, die 4 % bis 4,5 % der menschlichen Zellen-DNA enthalten. Das Gen 10q26 ist verantwortlich für die Kodierung des „Fibroblasten-Growth-Factor-Rezeptor 2“ (FGFR2). Die Auswirkungen dieser spezifischen Gen-Mutation sind unterschiedlich stark ausgeprägt innerhalb einer beobachteten Bandbreite.

Vererbt wird die Genmutation autosomal-dominant. Das bedeutet, dass das Crouzon-Syndrom nicht geschlechtsspezifisch ist, also Männer und Frauen gleichermaßen betreffen kann, und es bedeutet, dass die Krankheit auf jeden Fall auftritt, auch wenn nur ein Elternteil von dem Gendefekt am Locus 10q26 betroffen ist. Die auffälligste Auswirkung dieses Gendefekts liegt in der frühzeitigen Verknöcherung der Schädelnähte. Die Schädelnähte stellen die Wachstumsfugen der Knochenplatten Stirnbein (Os frontale), Scheitelbein (Os parietale) und Hinterhauptbein (Os occipitale) dar.

Bei einer Verknöcherung der Nähte während der Wachstumsphase kann sich der Schädel nicht gleichmäßig vergrößern und das Gehirn verursacht einen zunehmenden Wachstumsdruck, der zu den typischen Verformungen der Schädelkalotte führt.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Neben den oben bereits beschriebenen besonders auffälligen Symptomen des Crouzon-Syndroms wie Turmschädel, hervorspringende Augen und weiter Augenabstand, existieren noch weitere Anzeichen, die auf das Vorliegen des Crouzon-Syndroms hindeuten. Es sind dies die hervorspringenden verknöcherten Schädelnähte, Schielstand der Augen und Strabismus. Als Strabismus wird eine Koordinierungsschwäche der Augenmuskeln bezeichnet.

Die Augen können nicht parallel geführt oder auf ein gemeinsames Objekt ausgerichtet werden. Auch eine Oberkieferhypoplasie und eine vorstehende Unterlippe zählen zu den Begleiterscheinungen eines Crouzon-Syndroms. Symptomatisch für die Oberkieferhypoplasie, die auch maxilläre Retrognathie genannt wird, ist das gegenüber dem Oberkiefer weit vorspringende Kinn.

Insgesamt ergibt sich das Bild eines konkav erscheinenden Gesichtsausdrucks. In der Regel sind die symptomatischen Erscheinungen des Crouzon-Syndroms nicht auf den Schädel beschränkt, sondern es stellen sich noch weitere „assoziierte“ Probleme ein. Namentlich zu nennen ist die Humero-radiale Synostose, einer teilweisen Verknöcherung im Schultergelenk und eine Subluxation im Ellenbogengelenk.

Diagnose & Verlauf

Ein Verdacht auf mögliches Vorliegen des Crouzon-Syndroms kann sich bereits pränatal aufgrund der Familienanamnese ergeben. Die äußerlich sichtbaren Symptome machen bildgebende Diagnoseverfahren nahezu überflüssig. Bei Zweifeln ob ein Crouzon-Syndrom vorliegt, kann eine Genanalyse Aufschluss geben. Der Krankheitsverlauf ist individuell unterschiedlich stark ausgeprägt, vor allem bei assoziierten Krankheitsbildern.

Bei einer Nichtbehandlung der Krankheit treten die Hauptsymptome vor allem während der Hauptwachstumsphase des Schädels und des Gehirns auf. Nach Beendigung der Wachstumsphase bleiben die deutlich sichtbaren Verformungen am Kopf und im Gesicht lebenslang bestehen, wenn nicht chirurgische Eingriffe erfolgen.

Komplikationen

In der Regel ist beim Crouzon-Syndrom vor allem die Formation des Schädels stark betroffen, sodass es zur Verknöcherung der Schädelnähte kommt. Dadurch können enorme Fehlbildungen am Kopf auftreten, die das Aussehen des Patienten stark beeinträchtigen. Die meisten Betroffenen leiden an einem verringerten Selbstwertgefühl und fühlen sich nicht attraktiv.

Auch kann das Crouzon-Syndrom zu sozialen Schwierigkeiten führen, was vor allem bei Kindern und jungen Menschen der Fall ist. Durch das veränderte Aussehen kann es zu Mobbing kommen. Die geistige Entwicklung wird beim Crouzon-Syndrom in den meisten Fällen nicht beeinträchtigt. Auch die Augen sind vom Crouzon-Syndrom betroffen, sodass hierbei ein Strabismus auftreten kann. Dadurch kommt es zu Schwierigkeiten bei der Koordination.

Es kommt dann zu Komplikationen, wenn das Crouzon-Syndrom nicht chirurgisch im Kindesalter behandelt wird. Die Behandlung selbst ist nur als chirurgische Maßnahme möglich und zielt vor allem auf die Korrektur der Fehlbildungen aus. Vor allem für das wachsende Gehirn wird dabei Platz geschaffen. Eine komplette Heilung des Syndroms ist allerdings nicht möglich. Es kommt nicht zu einer verringerten Lebenserwartung, solange keine besonderen Komplikationen im Laufe der Operation entstehen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In den meisten Fällen wird das Crouzon-Syndrom schon direkt nach der Geburt oder auch schon vor der Geburt erkannt, sodass eine zusätzliche Diagnose in den meisten Fällen damit nicht notwendig ist. Ein Arzt sollte allerdings aufgesucht werden, um die einzelnen Beschwerden und Fehlbildungen zu therapieren.

Dabei muss vor allem bei einem Schielen des Kindes ein Arzt aufgesucht werden, um diese Beschwerde zu korrigieren. Weiterhin können auch die Muskeln im Gesicht vom Crouzon-Syndrom betroffen sein, sodass ein Besucht beim Arzt notwendig ist, wenn der Patient keinen eigenständigen Gesichtsausdruck formen kann.

Auch eine Verknöcherung an den Gelenken kann auf das Syndrom hindeuten und muss untersucht werden. In der Regel können die Beschwerden durch einen Kinderarzt oder durch einen Allgemeinarzt untersucht und diagnostiziert werden. Die weitere Behandlung erfolgt in Abhängigkeit der Ausprägung der Beschwerden, sodass eventuell operative Eingriffe notwendig sind.

Sollte es beim Kind oder bei den Angehörigen und Eltern zu psychischen Beschwerden aufgrund des Crouzon-Syndroms kommen, so sollte auch ein Psychologe aufgesucht werden, um weitere Beschwerden und Komplikationen zu vermeiden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Crouzon-Syndroms besteht im Wesentlichen – falls überhaupt erforderlich – in chirurgisch-korrektiven Maßnahmen. Es sind drei unterschiedliche Operationstechniken bekannt, die von Spezialkliniken angeboten werden. Das frontoorbitale Advancement besteht darin, die vordere Schädeldecke einschließlich der Stirn im Schädel heraus zu sägen und so neu zu fixieren, dass das Gehirn Raum für das nötige Wachstum erhält.

Die Neufixierung der Schädeldecke kann grundsätzlich mithilfe von Titanplatten, mit einem resorbierbaren Plattensystem oder mit resorbierbarem Nahtmaterial erfolgen. Welche Methode zum Einsatz kommt, hängt von den während der OP vorgefundenen Verhältnissen ab. Operationen am knöchernen Gesichtsschädel sind meist komplexer und werden als Le Fort III-Osteotomie bezeichnet. In einigen Fällen kann dadurch auch ein zu weiter Augenstand korrigiert werden.

Das dritte Verfahren, die Distraktionsosteogenese, erlaubt es, eine allmähliche Verschiebung der Schädelplatten zu erreichen. Die für bestimmte Schädelbereiche vorgesehenen Distraktionsgeräte werden operativ eingesetzt, und bereits wenige Tage nach der OP können anhand des eingebauten Fixierungssystems die Knochenplatten täglich um bis zu einem Millimeter voneinander entfernt werden. Der Knochen gleicht die Lücke mit Kallusgewebe aus, das später verknöchert, so dass eine Art künstliches Schädelwachstum entsteht.

Aussicht & Prognose

Das Crouzon-Syndrom muss in jedem Fall behandelt werden. Sollte keine Behandlung des Syndroms eintreten, so führt dieses in der Regel zum Tode. Die Behandlung kann sich dabei nur nach den Symptomen des Syndroms richten und nicht kausal stattfinden.

Die Fehlbildungen werden dabei mit Hilfe von operativen Eingriffen korrigiert. Hierbei wirkt sich eine frühe Diagnose und Behandlung sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus. Eine frühzeitige Operation gibt dem Gehirn ausreichen Platz für ein gesundes Wachstum, sodass es zu keinen weiteren Einschränkungen oder Beschwerden im Leben des Patienten kommt.

In der Regel leidet der Betroffene nach dem Eingriff an keinen weiteren Beschwerden und es kommt auch nicht zu Komplikationen. Auch die geistige Entwicklung des Patienten wird durch die Erkrankung nicht gestört, falls sie schon frühzeitig therapiert wird. Auch nach einer erfolgreichen Behandlung sind regelmäßige Untersuchungen ratsam, um weitere Beschwerden zu vermeiden.

In der Regel wirkt sich das Crouzon-Syndrom nicht negativ auf die Lebenserwartung des Betroffenen aus, wenn es schon früh entdeckt und komplett behandelt wird. Sollte das Crouzon-Syndrom nicht behandelt werden, so kommt es zu weiteren Fehlbildungen im Gesicht und damit zu Einschränkungen im Leben des Betroffenen. Hierbei sind vor allem die Schultergelenke und die Augen betroffen.


Vorbeugen

Da das Auftreten des Crouzon-Syndroms genetisch bedingt ist, sind direkt vorbeugende Maßnahmen nicht bekannt. Es existieren keine Maßnahmen, die die Krankheit selbst verhindern könnte. Dennoch sind bei bestehendem Verdacht auf den auslösenden Gendefekt vorbeugende Maßnahmen wichtig, um die Auswirkungen der Krankheit – vor allem während der Wachstumsphase zu minimieren.

Die vorbeugenden Maßnahmen bestehen in einer regelmäßigen Sichtkontrolle der Schädelkalotte und Überprüfung des Hirndrucks, um eventuell mittels operativem Eingriff an der Schädeldecke dem Gehirn die Möglichkeit zu normalem Wachstum unterhalb der Schädeldecke zu bieten.

Nachsorge

Beim Crouzon-Syndrom stehen dem Betroffenen in den meisten Fällen keine besonderen Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Der Patient ist bei dieser Krankheit in erster Linie auf eine schnelle Diagnose mit der anschließenden Behandlung angewiesen, da nur so weitere Komplikationen oder eine weitere Verschlechterung der Beschwerden vermieden werden können.

Schon bei den ersten Anzeichen der Krankheit sollte daher ein Arzt aufgesucht werden. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung. Da es sich dabei um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, sollte bei einem Kinderwunsch immer zuerst eine genetische Beratung durchgeführt werden. Dadurch kann ein erneutes Auftreten des Crouzon-Syndroms bei den Nachfahren vermieden werden.

Die Behandlung erfolgt dabei durch einen operativen Eingriff. Der Betroffene sollte sich nach diesem Eingriff auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen. Dabei ist von Anstrengungen oder von stressigen und körperlichen Tätigkeiten abzusehen, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Weiterhin ist häufig auch die Unterstützung durch die eigene Familie oder durch Freunde und Bekannte sehr wichtig. In den meisten Fällen wird die Lebenserwartung des Betroffenen durch diese Krankheit nicht verringert.

Das können Sie selbst tun

Wenn ein Kind mit einem Crouzon-Syndrom auf die Welt kommt, sind zunächst die Eltern gefordert. Es ist wichtig, dass der Patient einer umfangreichen Diagnostik zugeführt wird. So können Therapiepläne erstellt werden, die sowohl operative Eingriffe als auch die Wahl der medizinischen Hilfsmittel beinhalten. Gerade Schädeloperationen müssen möglichst frühzeitig durchgeführt werden.

Patienten mit einem Crouzon-Syndrom müssen jedoch nicht nur umfangreich ärztlich behandelt werden. Sie werden meist von klein auf angestarrt, ausgegrenzt oder gemobbt. Hier kann eine einfühlsame Psychotherapie helfen, in die auch die Eltern und Geschwister einbezogen werden sollten.

Oft ist es für die Eltern und die Patienten hilfreich, in Kontakt mit weiteren Betroffenen zu kommen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Beispielsweise informiert die Internetseite der „Elterninitiative Apert-Syndrom und verwandte Fehlbildungen e.V. (www.apert-syndrom.de) auch über das Crouzon-Syndrom und bietet zudem jährlich eine Fortbildungsveranstaltung als Familientreffen an.

Auf der Internetseite „Diseasemaps“ sind derzeit etwa achtzig Patienten mit dem Crouzon-Syndrom angemeldet. Wenn man dieser – seriösen – Seite beitritt, kann man zu den einzelnen Patienten in den jeweiligen Ländern Kontakt aufnehmen (www.diseasemaps.org/de/crouzon-syndrome).

Weil das Syndrom autosomal-dominant vererbt wird, sollten sich Patienten mit einem Crouzon-Syndrom bei einem Kinderwunsch genetisch beraten lassen.

Quellen

  • Bleese, N., Mommsen, U., Schumpelick, V.: Kurzlehrbuch Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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