Entwicklungspsychologie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Teilgebiet der wissenschaftlichen Psychologie ist die Entwicklungspsychologie. Sie erforscht die menschliche Entwicklung von der Geburt bis zum Tod in allen psychischen Bedingungen und den damit einhergehenden Veränderungen des menschlichen Verhaltens und Erlebens, darunter z. B. die Entwicklung der Persönlichkeit, der Sprache, des Denkens und aller darauf aufbauenden Lernprozesse.

Betrachtet wird demnach die gesamte Lebesspanne eines Menschen, während Veränderungen durch Stimmungen oder äußere Einflüsse nur ganz bedingt eine Rolle spielen. Zur Beschreibung nutzt die Entwicklungspsychologie sozialwissenschaftliche Methoden in Form von Befragungen, Beobachtungen und verschiedener Experimente.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Entwicklungspsychologie?

Die Entwicklungspsychologie erforscht die menschliche Entwicklung von der Geburt bis zum Tod in allen psychischen Bedingungen und den damit einhergehenden Veränderungen des menschlichen Verhaltens und Erlebens.

Ob die menschliche Entwicklung nun eher von biologischen oder umweltbedingten Faktoren beeinflusst wird, ob sich die Entwicklung nach Jean-Jaques Rousseau und dem Nativismus aufgrund der Anlagen vollzieht, die ein Kind mitbringt, während die Erziehung und Umgebung diese hemmen, oder ob das Kind nach John Locke eher ohne Fertigkeiten und Wissen auf die Welt kommt, um all das erst zu lernen, das sind grundlegende Fragen, die sich die Entwicklungspsychologie stellt.

Mittels verschiedener Theorien und Modelle versucht sie sich den Menschen in seinen Veränderungen zu erklären. Die wichtigsten wurden von Albert Bandura, Jean Piaget, Sigmund Freud, Erik H. Erikson Jane Loevinger und John Bowlby aufgestellt.

Schwerpunkte & Theorien

Bandura entwickelte die Theorie des sozialen Lernens, die beinhaltete, dass der beobachtende Lernprozess erst soziale Fähigkeiten möglich macht und über eine Aneignungs- und Ausführungsphase stattfindet. Die Aneignungsphase wird durch Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozesse bestimmt, die Ausführungsphase durch motorische Reproduktions-, Verstärkungs- und Motivationsprozesse. Dabei spielen u. a. auch die Erwartungen eine wichtige Rolle, die entscheidend für die Nachahmung sind, demnach für den Lernprozess.

Von Jean Piaget ist das Modell der Stufentheorie entwickelt worden. Sie beschreibt die verschiedenen Stufen der menschlich kognitiven Entwicklung und legt für jede Stufe die vorhandenen kognitiven Fähigkeiten fest, die wiederum bestimmen, welche kognitiven Aufgaben der Mensch zu dieser Zeit lösen kann.

Freud entwickelte das Strukturmodell der Psyche, wobei er drei Instanzen voraussetzt, die er in Es, Ich und Über-Ich teilt. Zum anderen stellte er die fünf Phasen der psychosexuellen Entwicklung auf, die Einfluss auf die Entwicklungspsychologie haben. Auf diesem Modell wiederum basiert das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung von Erik H. Erikson. Es beschreibt das Spannungsfeld aller Wünsche und Bedürfnisse eines Kindes und den sich mit der Entwicklung verändernden Anforderungen an dieses durch die Umwelt und den zwischenmenschlichen Kontakt.

Ebenso bedeutend ist das Stufenmodell von Loevinger, die von einer Ich-Entwicklung als spezifisches Muster ausgeht, durch das sich der Mensch und seine Umwelt wahrnimmt und deutet. Diese Ich-Struktur macht im Laufe der Entwicklung einige Veränderungen durch, die zu einer höheren Bewusstheit führen. So geht Loevinger von einem Gedankens- und Erfahrungsprozess aus, nicht von einer psychischen Instanz wie die Psychoanalyse.

John Bowlby wiederum stellte die Bindungstheorie auf, die beinhaltet, dass Kinder durch nonverbale Kommunikation und körperliche Zeichen starke, emotionale Bindungen zu ihnen nahe stehenden Personen aufbauen, die sich im Laufe der Entwicklung verändern. Sein Anliegen als Kinderpsychiater war, die Wirkung der Familien- und Generationseinflüsse auf eine kindliche Entwicklung zu erforschen.

An all diesen Modellen, von denen es noch etliche mehr gibt, zeigt sich, dass die Entwicklungspsychologie sich mit einem breiten Spektrum an Themen beschäftigt. Schwerpunkte bleiben dabei die Säuglings- und Kleinkindforschung, die Beziehung zwischen Kind und Eltern, die auf nonverbaler Ebene stattfindet, und die damit einhergehenden sozialen, emotionalen und motorischen Entwicklungen und Veränderungen bzw. Störungen in den Entwicklungsprozessen. Daneben wird auch die allgemeine Lebensspanne eines Menschen bis hin zum Alter untersucht.


Untersuchungsmethoden

Der Entwicklungsbegriff wird unter modernen Bedingungen immer weiter gefasst, so dass jede Art einer Veränderung als Entwicklung betrachtet wird und selbst die interindividuellen oder umweltabhängigen Unterschiede neuerdings mit einbezogen werden, wobei dann von einer ökologischen oder differentiellen Entwicklungspsychologie gesprochen wird.

Traditionell jedoch ist der Begriff der Entwicklung relativ eng gefasst. Sie wird als diskontinuierlicher Prozess angesehen, wobei die Veränderungen qualitativ-strukturelle Transformationen bleiben, die immer in Richtung eines höheren Niveaus voranschreiten und auf einen End-Reifezustand ausgerichtet sind. Dabei spielen Funktionen wie Emotion, Kognition, Motivation, Sprache, Moral und soziales Verhalten in ihren Veränderungsprozessen eine wichtige Rolle. Die Familie wird im sozialen Kontext betrachtet. Hier wird untersucht, wie sich die psychischen Funktionen mit dem Heranwachsen und Älterwerden verändern. Das Alter wiederum gibt für die Entwicklungspsychologie Aufschluss darüber, welche motivationalen und geistigen Einschränkungen der Mensch in dieser Zeit aufweist.

Ausgegangen wird von der Annahme, dass ein Mensch in seiner Entwicklung auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen Aufgaben zu bewältigen hat, die verschiedene Aspekte seines Lebens, seiner Persönlichkeit, seiner zwischenmenschlichen Beziehungen und physiologischen Funktionen als Grundvoraussetzung widerspiegeln.

So wird z. B. ein Jugendlicher in einer Gesellschaft dahingehend erzogen, dass er sich von den Eltern löst, seine Identität findet und sich auf einen Beruf vorbereitet. Kommt es zu Störungen in diesem Ablauf, treten Schwierigkeiten in der Bewältigung aller weiteren Schritte auf, da diese aufeinander aufbauen. Die Folge sind Unzufriedenheit, Frustration und Versagungsängste. Gerade die frühe Kindheit basiert auf der sozial-emotionalen Entwicklung, samt Trotzphasen und möglicher Entwicklungsstörungen. Solche können sich in Abgrenzung, Beeinträchtigung in Sprache, Kommunikation und sozialen Bindungen äußern.

Teil der Theorien in der Entwicklungspsychologie ist auch das Konzept, dass der Mensch seine Entwicklung aktiv mitgestaltet. Sie ist nicht alleine durch Erbanlagen determiniert, sondern von den Erfahrungen, den Lebensumständen und den angestrebten Zielen einer Person abhängig, wobei sich wiederum etliche Variationen ergeben.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
  • Möller. H.-J., Laux, G., Deister, A., Braun-Scharm, H., Schulte-Körne, G.: Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013

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