Psychiatrie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Juni 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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In der modernen Gesellschaft tragen nicht selten äußere Faktoren zu einer spürbaren Veränderung in Bezug auf die eigene Persönlichkeit bei. Sofern die Veränderung der eigenen Persönlichkeit mit einer potenziellen Gefährdung des eigenen Wohlergehens oder des Wohlergehens von anderen einhergeht, ist eine umfangreiche Behandlung in einer Psychiatrie unumgänglich.
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Was ist die Psychiatrie?
Von führenden Medizinern wird die Psychiatrie als ein Teilgebiet der modernen Medizin angesehen. In einer Psychiatrie werden sämtliche Störungen behandelt, welche sowohl die Seele als auch den Geist betreffen.
Im Rahmen der Behandlung ist es jedoch unbedeutend ob die Störungen auf einer seelischen Grunderkrankung oder auf einer körperlichen Grunderkrankung basieren.
In einer Psychiatrie wird jedoch nicht nur dem Aspekt der Therapie ein besonders hohes Maß an Aufmerksamkeit beigemessen. So werden in einer modernen Psychiatrie unter anderem auch Maßnahmen der Prävention in Angriff genommen.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Psychiatrie als medizinische Disziplin beginnt im Wesentlichen im frühen 19. Jahrhundert, obwohl die Auseinandersetzung mit psychischen Störungen weit in die Antike zurückreicht. Ursprünglich wurden psychische Erkrankungen oft als Besessenheit oder als Resultat übernatürlicher Kräfte interpretiert.
Im 19. Jahrhundert begann sich dies mit der Aufklärung und dem zunehmenden Einfluss der wissenschaftlichen Methode in der Medizin zu ändern. Pioniere wie Philippe Pinel in Frankreich und William Tuke in England forderten humane Behandlungsmethoden für psychisch Kranke und die Abschaffung von Misshandlungen und Restriktionen. Pinel, der oft als der Vater der modernen Psychiatrie bezeichnet wird, führte 1793 die „traitement moral“, eine Behandlung, die auf einem respektvollen und empathischen Umgang basierte, in der Pariser Anstalt Salpêtrière ein.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts machte die Psychiatrie durch die Entwicklung verschiedener Therapieformen, darunter die Psychoanalyse durch Sigmund Freud und später die Verhaltenstherapie, erhebliche Fortschritte. Die Entdeckung von Psychopharmaka in den 1950er Jahren, wie Chlorpromazin, revolutionierte die Behandlungsmöglichkeiten, indem sie wirksame medizinische Therapien für zuvor unbeherrschbare Zustände bot.
Diese Entwicklungen führten zu einem besseren Verständnis der biologischen und psychologischen Grundlagen psychischer Erkrankungen und legten den Grundstein für die moderne psychiatrische Praxis.
Einsatz & Indikation
Die Psychiatrie wird genutzt, wenn Individuen an mentalen, emotionalen oder verhaltensbezogenen Störungen leiden, die ihr tägliches Funktionieren beeinträchtigen.
Dies kann eine breite Palette von Bedingungen umfassen, einschließlich Depressionen, Angststörungen, bipolaren Störungen, Schizophrenie und anderen schweren psychischen Erkrankungen. Die Notwendigkeit für psychiatrische Intervention ergibt sich oft aus der Schwere der Symptome, die von leichter Beeinträchtigung bis zu schwerer Funktionsunfähigkeit reichen können.
Psychiatrische Hilfe wird insbesondere dann erforderlich, wenn eine Person:
- Anhaltende oder schwere psychische Symptome erlebt, die ihre Fähigkeit zur Arbeit, zur Pflege persönlicher Beziehungen oder zur Bewältigung des täglichen Lebens beeinträchtigen.
- Gefühle der Hoffnungslosigkeit oder Hilflosigkeit hat, Gedanken an Selbstverletzung oder Suizid äußert, was sofortige Aufmerksamkeit erfordert.
- Eine Behandlung benötigt, die möglicherweise den Einsatz von Psychopharmaka einschließt, die nur von einem qualifizierten Psychiater verschrieben und überwacht werden können.
- Symptome zeigt, die auf eine tiefergehende psychische Erkrankung hindeuten, wie Wahnvorstellungen, Halluzinationen oder extreme Stimmungsschwankungen.
Psychiater können durch Gesprächstherapie, Medikamentenmanagement, und andere therapeutische Methoden individuelle Behandlungspläne erstellen, die darauf abzielen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Psychiatrische Interventionen sind auch wichtig, um langfristige Prognosen zu verbessern und die Resilienz gegenüber zukünftigen psychischen Herausforderungen zu stärken.
Vorteile & Nutzen
Die Psychiatrie bietet einzigartige Vorteile gegenüber anderen Behandlungsformen, insbesondere durch ihre Fokussierung auf die Diagnose und Behandlung von psychischen Störungen durch eine Kombination aus medikamentösen, psychotherapeutischen und integrativen Ansätzen. Ein entscheidender Vorteil ist die Fähigkeit von Psychiatern, Medikamente zu verschreiben und zu managen. Dies ermöglicht eine spezifische Behandlung von chemischen Ungleichgewichten im Gehirn, die oft bei psychischen Erkrankungen eine Rolle spielen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Psychiatrie ist die umfassende Ausbildung der Fachärzte in der menschlichen Psychologie und Neurologie, was ihnen erlaubt, tiefgreifende Einsichten in das Zusammenwirken von Körper und Geist zu gewinnen. Dies befähigt sie, komplexe Fälle zu behandeln, bei denen mehrere Faktoren, wie genetische Disposition, Lebensereignisse und aktuelle Lebensumstände, die psychische Gesundheit beeinflussen.
Darüber hinaus nutzt die Psychiatrie evidenzbasierte Behandlungspläne, die auf dem neuesten Stand der medizinischen Forschung basieren. Psychiatrische Behandlungen werden regelmäßig durch klinische Studien evaluiert, was zu ständigen Verbesserungen und Anpassungen der Therapiemethoden führt.
Psychiater arbeiten oft interdisziplinär mit anderen Spezialisten, wie Psychologen, Sozialarbeitern und Therapeuten, zusammen. Diese teamorientierte Herangehensweise ermöglicht eine umfassende Betreuung, die sowohl die medizinischen als auch die sozialen und emotionalen Bedürfnisse der Patienten berücksichtigt. Dies ist besonders vorteilhaft bei Patienten mit komplexen oder mehrdimensionalen Störungen, die eine Koordination verschiedener Behandlungsansätze erfordern.
Behandlungen & Therapien
Sofern es zu einer klinischen Symptomatik kommt, sollten sich die Betroffenen stets in eine Psychiatrie begeben. Die in einer Psychiatrie tätigen Ärzte haben sich auf die Behandlung von zahlreichen Krankheiten spezialisiert. So werden in einer Psychiatrie unter anderem Neurosen und seelische Belastungsreaktionen behandelt.
Hierzu gehören in erster Linie auch mögliche Selbstmordversuche sowie traumatische Erlebnisse. Darüber hinaus kann eine zuverlässige Behandlung von hirnstoffbedingten Depressionen ebenfalls nur in einer Psychiatrie in Angriff genommen werden. Die bereits erwähnten Erkrankungen gehen nicht selten mit einer klinischen Symptomatik einher. In den meisten Fällen leiden die betroffenen Patienten unter unbegründeten Ängsten oder Wahrnehmungsstörungen.
Aus diesem Grund steht die Behandlung der vorliegenden Symptomatik stets im Vordergrund. In einer modernen Psychiatrie können auch Psychosen oder Suchtkrankheiten besonders zuverlässig behandelt werden. Ein Aufenthalt in einer Psychiatrie empfiehlt sich daher in erster Linie für Personen, welche unter Zwangsgedanken leiden. Störungen in Bezug auf die eigene Sexualität können ebenfalls in einer modernen Psychiatrie behandelt werden.
In einer modernen Psychiatrie werden grundsätzlich auch Krankheiten behandelt, welche auf den ersten Blick als relativ harmlos eingestuft werden und keinerlei Gefahr für das eigene Wohlergehen oder das Wohlergehen von anderen darstellen. Resultierend aus dem medizinischen Fortschritt können auch Demenzkranke zuverlässig in einer Psychiatrie behandelt werden.
Diagnose & Untersuchungsmethoden
Damit eine möglichst zielgerichtete Therapie in einer Psychiatrie in Angriff genommen werden kann, ist die Erarbeitung einer aussagekräftigen Diagnose von wesentlicher Bedeutung.
Im Rahmen der ersten Kontaktaufnahme werden die Betroffenen in der Regel einer umfangreichen Befragung unterzogen. Nur so können aus den vorliegenden Symptomen erste Rückschlüsse auf eine mögliche Grunderkrankung gezogen werden. Nicht selten werden im Rahmen der Befragung auch intime Themen aufgegriffen. Ein Einblick in die intimen Bereiche der Betroffenen ist in der Regel jedoch nicht immer notwendig. Im Anschluss an die Befragung können unterschiedliche Untersuchungsmethoden eingesetzt werden.
So erfreuen sich unter anderem spezielle Fragebögen einer wachsenden Beliebtheit. Die Fragebögen greifen die Vorgeschichte der Betroffenen auf. Darüber hinaus kann das seelische Befinden zum Zeitpunkt der Befragung relativ zuverlässig erfasst werden. Sofern im Anschluss an die Befragung ein erster Verdacht auf eine Demenzerkrankung besteht, können verschiedene Tests in Bezug auf die Leistungsfähigkeit der Betroffenen durchgeführt werden. Im Rahmen dieser Tests müssen die Betroffenen neben ihrer Konzentrationsfähigkeit vor allem ihre Merkfähigkeit unter Beweis stellen.
In der klinischen Diagnostik kommen nicht selten auch diverse Persönlichkeitstests zur Anwendung. Anders als bei den Leistungstests sollen die Persönlichkeitstests die emotionalen Aspekte der Betroffenen aufgreifen. Im Anschluss an die bereits erwähnten Untersuchungsmethoden können bildgebende Verfahren eingesetzt werden. So können beispielsweise Gehirntumore nur im Rahmen einer Computertomografie entdeckt werden.
Von führenden Medizinern werden Tumore im Bereich des Gehirns als eine der häufigsten Ursachen für eine Veränderung in Bezug auf die eigene Persönlichkeit angesehen. Sofern eine dauerhafte Behandlung in einer Psychiatrie unumgänglich ist, werden stets weitere Untersuchungen in Angriff genommen. Hierzu zählen unter anderem die Anfertigung eines Blutbilds sowie die Anfertigung einer aussagekräftigen Hirnstromkurve.
Durchführung & Ablauf
Die psychiatrische Behandlung beginnt mit einer ausführlichen Diagnose, bei der ein Psychiater eine umfassende Bewertung der medizinischen, psychologischen und sozialen Geschichte des Patienten durchführt. Dies umfasst in der Regel ein Gespräch über aktuelle Symptome, frühere psychische und physische Gesundheitsprobleme, familiäre Krankheitsgeschichte und Lebensumstände. Gegebenenfalls werden körperliche Untersuchungen und Labortests durchgeführt, um organische Ursachen der Symptome auszuschließen.
Basierend auf dieser Diagnose entwickelt der Psychiater einen individuellen Behandlungsplan. Dieser Plan kann verschiedene Therapieformen umfassen, darunter Medikation und Psychotherapie. Medikamente werden häufig eingesetzt, um chemische Ungleichgewichte im Gehirn zu korrigieren, die mit psychischen Störungen in Verbindung stehen. Gängige Medikamentengruppen sind Antidepressiva, Antipsychotika, Stimmungsstabilisatoren und Anxiolytika.
Parallel zur medikamentösen Behandlung ist die Psychotherapie ein zentraler Bestandteil der psychiatrischen Versorgung. Diese kann in Form von Einzel-, Gruppen- oder Familientherapie erfolgen und verschiedene Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Therapie oder systemische Therapie umfassen. Ziel der Psychotherapie ist es, den Patienten zu helfen, ihre Gedanken- und Verhaltensmuster zu verstehen und zu ändern, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und ihre emotionale Stabilität zu verbessern.
Die Behandlung wird kontinuierlich überwacht und angepasst. Regelmäßige Termine ermöglichen es dem Psychiater, den Fortschritt zu bewerten, die Medikation anzupassen und neue Therapieansätze einzuführen, wenn dies erforderlich ist. Diese fortlaufende Betreuung stellt sicher, dass die Behandlung auf die sich ändernden Bedürfnisse und Fortschritte des Patienten abgestimmt bleibt.
Alternativen
Alternative Verfahren zur Psychiatrie umfassen verschiedene Ansätze, die psychische Gesundheit unterstützen können, insbesondere wenn eine psychiatrische Behandlung nicht möglich ist. Zu diesen Alternativen gehören psychologische Beratung, Psychotherapie durch Psychologen, und verschiedene komplementär- und alternativmedizinische Methoden.
Psychologische Beratung und Psychotherapie durch zugelassene Psychologen sind weit verbreitete Alternativen. Diese Therapeuten bieten Gesprächstherapien an, die auf wissenschaftlichen Methoden basieren, wie kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Ansätze und humanistische Therapieformen. Diese Methoden können bei einer Vielzahl von psychischen Gesundheitsproblemen effektiv sein, indem sie Patienten helfen, Gedanken- und Verhaltensmuster zu verstehen und zu verändern.
Komplementäre und alternative medizinische Ansätze können ebenfalls eine Rolle spielen. Dazu gehören Techniken wie Akupunktur, Meditation, Yoga, Achtsamkeitstraining und körperorientierte Therapien wie die Craniosacral-Therapie. Diese Ansätze zielen darauf ab, das Gleichgewicht von Körper und Geist wiederherzustellen und Stress zu reduzieren, was sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken kann.
Ergänzend können soziale Unterstützungssysteme wie Selbsthilfegruppen und Peer-Support-Programme wertvolle Hilfe bieten. Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann ein Gefühl von Gemeinschaft und Verständnis vermitteln und praktische Bewältigungsstrategien fördern.
Ernährung und Lebensstiländerungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichender Schlaf können das allgemeine Wohlbefinden und die psychische Gesundheit erheblich verbessern.
Naturheilverfahren und pflanzliche Heilmittel wie Johanniskraut für leichte bis mittelschwere Depressionen oder Lavendelöl zur Angstlinderung sind weitere Optionen, die in Absprache mit einem Arzt in Betracht gezogen werden können.
Quellen
- Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
- Schneider, F.: Facharztwissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Berlin 2012
- Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Heidelberg 2006