Unterkühlung (Erfrierungen)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Von einer Unterkühlung (Hypothermie) spricht man, wenn die normale Körpertemperatur von ca. 36-37 Grad Celsius über einen längeren Zeitraum (ab 30 Minuten) unterschritten ist. Dies kann z.B. nach langem Baden oder Schwimmen im Meer der Fall sein. Ein typisches Anzeichen sind dann blaue Lippen und Zittern. Von einer Erfrierung spricht man, wenn die Körpertemperatur in bestimmten Körperregionen (z.B. Finger oder Zehen) unter den Gefrierpunkt gefallen ist. Es kommt dann in der Folge zum Absterben der Zellen. Typisches Anzeichen sind zumeist bläulich bis schwarze Finger oder Fußzehen.
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Was ist eine Unterkühlung?
Die Unterkühlung oder Hypothermie muss von Erfrierungen abgegrenzt werden. Bei einer Unterkühlung ist die körperliche Kerntemperatur herabgesetzt, bei einer Erfrierung kommt es zu einer Schädigung des Körpergewebes infolge von einer örtlichen Einwirkung von Kälte. Von einer Unterkühlung spricht man bei einem Absinken der Körpertemperatur auf unter 37 Grad Celsius.
Man unterscheidet zwei Formen der Unterkühlung: Bei der akzidentellen Unterkühlung kommt es zu einer sehr raschen Unterkühlung, etwa bei einem Einbruch in Eiswasser. In einem solchen Fall kann ein Mensch bei einer Wassertemperatur von 5 Grad Celsius maximal 60 Minuten überleben. Bei der subakuten akzidentellen Unterkühlung kommt es nur allmählich im Verlauf von Stunden zu einem Abfall der Körpertemperatur, zum Beispiel bei einer Verschüttung durch eine Schneelawine. Betroffene dieser Form der Unterkühlung werden müde, verfallen in Schlaf und werden bewusstlos. Bei einem weiteren Absinken der Körperkerntemperatur tritt der Tod ein.
Ursachen
Bei einer Unterkühlung produziert der menschliche Körper nicht nur mehr Wärme, sondern unterdrückt auch deren Abgabe. Weil die Körperextremitäten einen Großteil der Körperoberfläche einnehmen, kommt ihnen bei Unterkühlung eine besondere regulierende Funktion zu: durch die Kälte ziehen sich die dort liegenden Blutgefäße zusammen; die Zufuhr des Blutes wird somit gedrosselt, um vornehmlich der Torsobereich mit den inneren Organen zu versorgen und vor den Folgen der Unterkühlung zu schützen. Diese Kreislaufzentrierung ist im Falle einer Unterkühlung ein wirksames Mittel zum Eigenschutz des Organismus mit dem negativen Nebeneffekt einer vermehrten Anfälligkeit der Extremitäten für Erfrierungen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome für eine Unterkühlung (Hypothermie) und Erfrierungen stellen sich je nach Schwere der Beeinträchtigung aufgrund einer Kälteeinwirkung unterschiedlich dar. Dabei können allgemeine oder spezielle Anzeichen auftreten. Ein typisches Symptom ist eine verringerte Körpertemperatur.
Während die Symptome von Erfrierungen bestimmte Stellen oder Körperteile betreffen, zeigen sich die Anzeichen für eine Unterkühlung mehr als Reaktion des gesamten Körpers. Unter Berücksichtigung der Körpertemperatur und sonstiger Veränderungen wird die Schwere einer Unterkühlung in drei Phasen aufgeteilt. Bei einer leichten Unterkühlung zeigt der Betroffene in der aktiven Phase (Abwehrstadium) ein Zittern und Frösteln.
Außerdem kann die Haut blass wirken. Es kann bei einer Körpertemperatur von 34 bis 36 Grad Celsius zu einer erhöhten Frequenz von Atmung und Blutdruck kommen. In der Erschöpfungsphase aufgrund einer mittelschweren Unterkühlung verringern sich Blutdruck und Puls bei einer Körpertemperatur zwischen 30 und 34 Grad Celsius.
Zusätzlich können Muskelstarre, eine blaugraue Haut sowie Schläfrigkeit oder Verwirrung auftreten. Die Atmung wird flacher und unregelmäßiger. In der dritten Phase, dem Lähmungsstadium, sinkt die Körpertemperatur unter 30 Grad Celsius. Dabei kann es bis zur Bewusstlosigkeit oder zum Atemstillstand sowie Herz-Kreislauf-Stillstand kommen. Die Schwere von Erfrierungen wird drei verschiedenen Graden zugeordnet.
Auf Erfrierungen ersten Grades deuten an den leicht geschwollenen Stellen Anzeichen wie Abkühlung, blasse Haut und Schmerzen hin. Bei Erfrierungen zweiten Grades zeigt das wieder erwärmte Gewebe Rötungen, Schwellungen und Blasenbildungen. Stellt sich beim betroffenen Gewebe nach einiger Zeit heraus, dass es bereits abgestorben ist, liegt eine Erfrierung dritten Grades vor.
Krankheitsverlauf
Bei einer Unterkühlung und damit einhergehenden Erfrierungen hängt der Verlauf von der Schwere der Kälteeinwirkung und der Behandlung ab. Eine günstige Prognose besteht, wenn die Unterkühlung zeitig und sachgemäß behandelt wird.
Bei rechtzeitiger Temperaturerhöhung des Körpers bleibt eine Unterkühlung meist folgenfrei. Leider wird die Unterkühlung oft übersehen, vor allem dann, wenn – beispielsweise bei einem Unfall – andere Komplikationen in Vordergrund stehen. Bei einer verzögerten Behandlung der Unterkühlung kann es zu schlimmen Schädigungen der Organe kommen, die im extremen Fall den Tod zur Folge haben können.
Komplikationen
Unterkühlung beziehungsweise Erfrierungen sollten nicht unterschätzt werden. Bei schweren Unterkühlungen, auch als Hypothermie bezeichnet, können Komplikationen auftreten. Leichtere Unterkühlungen sind hingegen gut zu behandeln. Ähnliches ist bei leichten Erfrierungen zu sagen.
Schwere Unterkühlung oder schwere Erfrierungen können zu gravierenden Folgen führen. Gefährdet sind vor allem die Extremitäten. Bei starker Unterkühlung kann es dank verspäteter Behandlung zu einer Herzrhythmusstörung kommen. Bei zusätzlichen Verletzungen, die die Unterkühlung begleiten, kann es im schlimmsten Fall zum Tod kommen. Dies ist vor allem gegeben, wenn die Unterkühlung angesichts der Schwere der Verletzungen nicht rechtzeitig bemerkt wird.
Unfallpatienten, die in den kalten Monaten des Jahres verunglücken, müssen daher warm gehalten werden. Bei eingeklemmten Patienten ist das kaum möglich. Hier drohen Herz-Kreislauf-Versagen und Tod. Bei kältebedingten Schäden können die Komplikationen je nach Grad des Kälteschadens variieren.
Bei blutgefüllten Blasen und Erfrierungen zweitens Grades besteht eine erhöhte Infektionsgefahr, sofern sich die Blasen öffnen. Erfrierungen dritten Grades erfordern häufig eine Amputation der betroffenen Gliedmaßen. Diese sterben oftmals ab. Wird das erfrorene Körperteil nicht rechtzeitig amputiert, droht eine tödliche Sepsis.
Klassische Komplikationen bei Unterkühlung oder Erfrierung sind schwärzliche Hautverfärbungen, Ödeme, Frostbeulen, Wundinfektionen, Thrombosen durch eingedicktes Blut, Hyper- und Parakeratosen sowie Gewebeschwund. Zusätzliche Komplikationen liegen in unsachgemäßen oder unterbleibenden Erste-Hilfe-Maßnahmen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Hat sich der Betroffene eine lange Zeit ohne einen ausreichenden Wärmeschutz in einer kühlen Umgebung aufgehalten, genügen häufig wärmende Bäder und eine Veränderung der Kleidung. Leidet er an Schüttelfrost, friert er oder klagt er über ein allgemeines Unwohlsein, sollte dies weiter beobachtet werden. Verbessert sich das gesundheitliche Wohlbefinden aufgrund der Maßnahmen aus dem Bereich der Selbsthilfe, wird kein Arzt benötigt. Eine ausreichende Wärmezufuhr kann in diesen Fällen innerhalb einiger Minuten oder weniger Stunden zu einer vollständigen Beschwerdefreiheit führen.
Eine ärztliche Unterstützung und gesundheitliche Hilfe ist notwendig, sofern die Unregelmäßigkeiten länger anhalten oder an Intensität zunehmen. Sind Funktionsstörungen vorhanden, ist die Körpertemperatur sehr niedrig oder zeigen sich Veränderungen des Hautbildes, sollte eine ärztliche Untersuchung durchgeführt werden. Versteifung der Gelenke, eine Bewegungsunfähigkeit oder Einschränkungen der Mobilität sind einem Arzt vorzustellen. Ein besonders blasses Hautbild, Unregelmäßigkeiten der Reaktionsfähigkeit und ein allgemeines Krankheitsgefühl sind Hinweise auf eine gesundheitliche Störung.
Ein Zittern der Gliedmaßen oder des gesamten Körpers, Sensibilitätsstörungen und ein Verlust der inneren Kräfte sind weitere Anzeichen, die untersucht und behandelt werden sollten. Störungen der allgemeinen Spracherkennung, Schmerzen sowie neurologische Ausfälle müssen schnellstmöglich einem Arzt vorgestellt werden. Da es in schweren Fällen zu dauerhaften Schäden kommen kann, sollte in akuten Fällen ein Rettungsdienst alarmiert werden.
Behandlung & Therapie
Eine zeitige und angemessene Therapie begünstigen den Verlauf einer Unterkühlung stark. Eine Unterkühlung erfordert daher schnelles handeln und konsequente Maßnahmen.
Bei einer Unterkühlung sollte der Körper am besten langsam in einem warmen Raum erwärmt werden. Ein Erwärmungsbad gegen Unterkühlung sollte lauwarm begonnen und im Verlauf bis maximal 38 Grad durch langsamen Heißwasserzulauf erwärmt werden. Bei schweren Erfrierungen sollte der Betroffene sich nicht selbstständig bewegen sondern transportiert werden; wenn sich Blasen bilden, ist eine klinische Behandlung unumgänglich. Bestehende Blasen sollten keinesfalls geöffnet, sondern mit sterilem Material bedeckt werden.
Betroffene Extremitäten sollten hochgelagert, jedoch nicht zu stark bewegt werden; zu starke Druckausübung ist zu vermeiden. Betroffene sollten die kalten Körperteile wenn möglich am eigenen Körper, z. B. in der Achselhöhle, wärmen oder sie von jemand anderem an dessen Körper wärmen lassen. Es sollten bei Unterkühlungen und Erfrierungen keine Salben verwendet und keine Medikamente verabreicht werden außer gegebenenfalls Acetylsalicylsäure (z.B. "Aspirin")
Nachsorge
Leichte Unterkühlungen können bereits nach kurzem Aufenthalt im Freien mit unpassender Kleidung auftreten. In der Regel genügt es aber, sich danach in einem ausreichend temperierten Raum aufzuhalten. Schon nach kurzer Zeit reguliert sich die Körpertemperatur wieder auf Normalwert. Bei mittelschweren Unterkühlungen sollte der Betroffene in einen warmen Raum gebracht und mit einer wärmenden Decke versorgt werden.
Heiße Getränke und eine Wärmflasche helfen ebenfalls, die Körpertemperatur wieder in den normalen Bereich zu bringen. Beim Auftreten selbst leichter Erfrierungen sollte auf keinen Fall Alkohol verabreicht werden. Alkohol erweitert die Blutgefäße, was zu einer erhöhten Wärmeabgabe des Körpers führt und die Unterkühlung damit noch befördert.
Wird ein Erfrierender im Freien aufgefunden, ist es wichtig, ihn wach zu halten. Notarzt und Rettungswagen müssen verständigt werden. Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte sollte man den Betroffenen möglichst warm halten. Das geschieht durch Einwickeln in eine Decke oder eine Jacke.
Akute Lebensgefahr droht Personen, die im Winter auf zugefrorenen Gewässern einbrechen. Eine schnelle Bergung ist hierbei besonders wichtig. Der Retter sollte dabei aber unbedingt darauf achten, sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Bis zum Eintreffen des Notarztes gilt auch hier in erster Linie, den Geborgenen wach und möglichst warm zu halten.
Das können Sie selbst tun
Im Falle einer leichten Unterkühlung, die sich bereits nach einem kurzen Aufenthalt in unpassender Kleidung im Freien einstellen kann, reicht es meist, einfach wieder einen ausreichend temperierten Raum aufzusuchen. Die Körpertemperatur reguliert sich dann von selbst. Empfindliche Personen können im Winter das Auskühlen von Händen und Füßen durch die Verwendung von chemischen Wärmepads verhindern.
In mittelschweren Fällen sollte der Betroffene in einen warmen Raum gebracht und in eine Decke gewickelt werden. Das Einflößen heißer Getränke sowie eine Wärmflasche helfen zusätzlich dabei, die Körpertemperatur schnell wieder auf ein normales Maß zu heben.
Keinesfalls darf bei ersten Erfrierungserscheinungen Alkohol gereicht werden, solange sich der Betroffene noch im Freien aufhält. Alkohol erweitert die Blutgefäße, wodurch die restliche Körperwärme noch schneller abgegeben wird. Erfrierende, die im Freien aufgefunden werden, müssen geweckt und wachgehalten werden, bis der Notarzt oder der Rettungswagen eintrifft. Das Einwickeln in eine warme Decke oder ein Jacke ist auch hier dringend geboten.
Personen, die im Winter auf dem Eis einbrechen, schweben in akuter Lebensgefahr und müssen sofort geborgen werden. Dabei muss der Retter aber unbedingt darauf achten, sich nicht selbst in Gefahr zu begeben. Sobald die Person aus dem Wasser geholt wurde, gilt auch hier, dass sie bis zum Eintreffen des Notarztes wach und so warm wie möglich gehalten werden sollte.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Heidelberg 2011