Hippocampus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Hippocampus ist einer der wichtigsten Strukturen des Gehirns. Eine Besonderheit ist, dass jede Gehirnhälfte (Hemisphäre) über einen eigenen Hippocampus verfügt. Dieser fungiert als zentrale Schaltstation.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Hippocampus?

Die Weiterleitung von Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis ist die wichtigste Aufgabe des Hippocampus. Für die konkrete Speicherung ist die Verbindungsstelle aber nicht verantwortlich.
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Hippocampus ist ein lateinisches Wort und hat die Bedeutung des Seepferdchens. Schon im Jahr 1706 ist eine gewisse Ähnlichkeit des Gehirnteils mit einem Seepferdchen aufgefallen. Allerdings war man sich damals noch nicht bewusst, welche Rolle der Hippocampus erfüllt. Erst im Laufe der Jahrhunderte wurde dem Gehirnteil ein hoher Stellenwert zugeschrieben.

Konkret handelt es sich um eine Verbindungsstelle zwischen dem Kurzzeitgedächtnis und dem Langzeitgedächtnis. Als Schnittstelle empfängt der Hippocampus eine Vielzahl an Informationen. Diese stammen aus sensorischen Systemen, die Reize aus der Umwelt aufnehmen. Im Vordergrund stehen Sinneseindrücke, allen voran das Sehen, Hören und Schmecken.

Die Aufgabe des Hippocampus ist es nun, eine Selektion vorzunehmen. Im Einzelnen werden Reize abhängig von ihrer Intensität und Dringlichkeit mit einer Relevanz versehen. Von der Fülle an Informationen wird nur ein Bruchteil weitergeleitet. In den zutreffenden Hirnarealen findet zuletzt die Verarbeitung und Speicherung statt.

Anatomie & Aufbau

Der Hippocampus befindet sich im Telencephalons, auch bekannt als Endhirn. Dieser ist wiederum ein Teil des Zentralnervensystems und der größte Abschnitt im Gehirn.

Der Hippocampus selbst wird in drei Strukturen unterteilt: Den Gyrus dentatus, den Cornu Ammonis und das Subiculum.

Die erste Struktur, der Gyrus, fungiert als Eingangsstation. Hier treffen alle Informationen zusammen, die von den Sinnesorganen weitergeleitet wurden. Im Gyrus befinden sich sogenannte Interneuronen, die eine hemmende Funktion übernehmen. Auf diese Weise wird die Intensität der Reize reguliert. Den nächsten Abschnitt bildet der Cornu Ammonis. Umgangssprachlich wird er als Ammonshorn bezeichnet. An dieser Stelle findet die eigentliche Selektion der Informationen statt. Für die spezifische Unterteilung und Weiterleitung ist schließlich das Subiculum verantwortlich. Daneben besteht der Hippocampus aus zahlreichen Verbindungen. Diese sind für die einwandfreie Kommunikation innerhalb des Hippocampus und zu den benachbarten Arealen unerlässlich. Eine Schädigung der Verbindungen kann zu folgenschweren Beeinträchtigungen führen.

Funktion & Aufgaben

Die Weiterleitung von Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis ist die wichtigste Aufgabe des Hippocampus. Für die konkrete Speicherung ist die Verbindungsstelle aber nicht verantwortlich. In medizinischen Kreisen wird sie stattdessen als Schnittstelle gesehen, die neue Informationen generiert.

Bereits bestehende Informationen bleiben unverändert. Darüber hinaus erfüllt die Schnittstelle die Funktion, bestehende Gedächtnisinhalte zu koordinieren. Dies wird am Beispiel der Heimatstadt deutlich. Versucht man, eine Karte der Heimatstadt zu entwerfen, kommen Eindrücke aus unterschiedlichen Zeiten und Orten zusammen. Der Hippocampus ist nun für das Zusammenführen der Eindrücke verantwortlich.

In der Konsequenz gelingt es dem Menschen, sich in einer vertrauten Stadt zu orientieren. In der Wissenschaft spricht man hierbei vom Ortsgedächtnis. Eine wichtige Aufgabe besteht zuletzt darin, Informationen nach ihrer Variation zu unterscheiden. Umgangssprachlich spricht man vom Neuigkeitsdetektor. Die Idee basiert darauf, dass Informationen nicht gespeichert werden müssen, wenn sie bereits bestehen. Stattdessen wird die Relevanz dieser Information erhöht. In der Folge kann sie besser abgerufen werden.

Ähnliches geschieht, wenn eine bereits bekannte Information leicht variiert wird. Diese wird nicht erneut angelegt. Stattdessen wird die bereits vorhandene Information verändert. Dies hat den Vorteil, dass Verwechslungen vermieden werden. Hier wird die Gedächtnisspur ebenfalls stabilisiert. Ferner spielt der Hippocampus bei der Verarbeitung von Emotionen eine wichtige Rolle. Dies kann auf die ausgeprägten Verbindungen zur Amygdala, dem Furchtzentrum, zurückgeführt werden.

Zusammen mit der Amygdala gelingt es, Freude, Trauer oder Angst intensiv zu empfinden. Dies hat aber auch auf den Hippocampus selbst eine Auswirkung. So können negative Reize mit hoher Intensität sogar zu einer Verkleinerung der Gehirnstruktur führen. Die Rückbildung des Hippocampus konnte vor allem bei Depressionen und Angststörungen festgestellt werden. In der Folge wurden Emotionen schwächer empfunden.


Krankheiten & Beschwerden

Eine Schädigung der Gehirnstruktur kann zu folgenschweren Einschränkungen führen. Besonders problematisch sind Abbauprozesse, wie sie beispielsweise bei Demenzerkrankungen auftreten. Konkret hat die Demenz zur Folge, dass geistige Fähigkeiten nachlassen. Dies betrifft das Denken, Erinnern und Orientieren.

Im fortgeschrittenen Stadium sind Patienten nicht mehr in der Lage, alltägliche Aktivitäten eigenständig durchzuführen. Eine Heilung gibt es bislang nicht. Allerdings gelingt es mit einer frühzeitigen Behandlung, den Verlauf der Krankheit zu verzögern. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt sieben Jahre.

Darüber hinaus steht der Hippocampus im Zusammenhang mit der Epilepsie. Forscher haben erkannt, dass ändernde Hippokampusformationen den Ausbruch der Epilepsie begünstigen können. Möglicherweise werden die Veränderungen durch einen Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch begünstigt. Bei der Epilepsie handelt es sich um eine Hirnerkrankung, die Anfälle auslöst.

Ein Anfall kann wenige Sekunden oder sogar mehrere Minuten anhalten. Er äußert sich durch Muskelzucken und einen Bewusstseinsverlust. Dies wird von Krämpfen und Zuckungen begleitet. Mit einer gezielten Medikation ist es aber möglich, die Gefahr eines weiteren Anfalls zu senken.

Zuletzt vermuten Experten, dass sich der Drogenkonsum während der Kindheit negativ auf die Ausbildung des Hippocampus auswirken kann. Dies soll die kognitiven Leistungen noch im Erwachsenenalter beeinträchtigen. Beispielsweise kann eine Fehlbildung das Erinnerungsvermögen und die räumliche Orientierung verschlechtern. Darüber hinaus werden Emotionen schwächer empfunden, während neuen Informationen keine geeignete Relevanz zugeordnet wird. Zuletzt kann eine Fehlbildung zur verschlechterten Koordinierung von Gehirnarealen führen.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kugler, P.: Der Menschliche Körper. Anatomie, Physiologie, Pathologie. Urban & Fischer/ Elsevier, München 2017
  • Weniger, W.: Gehirn und Nervensystem. Facultas, Wien 2019

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