Musculus obliquus superior

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Musculus obliquus superior handelt es sich um einen Muskel der äußeren Augenmuskulatur, der zu den Skelettmuskeln zählt und vom vierten Hirnnerv motorisch innerviert wird. Der Muskel ist für den Abwärtsblick der Augen allesentscheidend und steht mit den anderen Muskeln der äußeren Augenmuskulatur in harmonischen Zusammenspiel. Eine Lähmung des Muskels führt zu Schielerscheinungen mit Doppelbildern.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Musculus obliquus superior?

Die Hauptfunktion des Musculus obliquus superior ist die Senkung oder Depression des Auges, die mit einem Augenrollen nach innen und einer geringen Abduktion einhergeht.
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Der Mensch wird aus evolutionsbiologischer Sicht als augengesteuertes Lebewesen bezeichnet. Evolutionsbiologen sprechen sich dementsprechend dafür aus, dass sich Menschen in der Vergangenheit vor allem auf ihre visuelle Wahrnehmung verlassen haben, um sich ein Bild von ihrer Umgebung zu machen und auf die Umgebung zu reagieren.

Damit haben Augenbewegungen ihren Teil zur Überlebensfähigkeit der menschlichen Art beigetragen. Augenbewegungen sind ein komplexes Zusammenspiel aus Kontraktionen unterschiedlicher Muskeln. Die Augenmuskulatur setzt sich aus mehreren Skelettmuskeln zusammen. Einer davon ist der Musculus obliquus superior, der auch als oberer schräger Muskel bekannt ist. Bei Tieren wird dieser Muskel zuweilen auch als Musculus obliquus dorsalis oder Musculus patheticus bezeichnet.

Bei dem Muskel handelt es sich um einen Skelettmuskel der äußeren Augenmuskulatur, zu der darüber hinaus der Musculus rectus superior, rectus lateralis, rectus inferior, rectus medialis und Musculus obliquus inferior zählen. Alle Augenbewegungen des Menschen werden von der äußeren Augenmuskulatur veranlasst.

Anatomie & Aufbau

Der Musculus obliquus superior entspringt aus dem Os sphenoidale, der Periorbita und der Durascheide am Nervus opticus. Der motorische Muskel zieht über Musculus rectus medialis in rostrale Richtung. Am Orbita-Rand durchbohrt die Sehne des Muskels das Bindegewebe der Trochlea, das in Form des Hypomochlion der Umlenkung des Muskelzugs dient.

In seinem weiteren Verlauf in dorsale Richtung hat der Musculus obliquus superior einen Ansatz am temporalen Oberquadranten des Augapfels, wo er dorsal der Äquatorlinie über die Sclera setzt. Die motorische Innervation des Muskels ist mit dem Nervus trochlearis, also dem vierten Hirnnerv, gegeben. Wie alle anderen, motorischen Nerven trägt dieser Nerv nicht ausschließlich motorische Fasern, sondern ist außerdem mit sensiblen Anteilen ausgestattet.

Über die afferent sensiblen Anteile werden permanent Stellungs- und Tonus-Informationen aus den Muskelspindeln und dem Golgi-Sehnenapparat des Muskels ans zentrale Nervensystem gesendet. Als Skelettmuskel besteht der Musculus obliquus superior aus den eigentlichen Muskelfasern, die die Kontraktion erbringen und einigen Hilfsgeweben, so zum Beispiel einer derbe bindegewebigen Außenschicht in Form der Faszie.

Funktion & Aufgaben

Die Hauptfunktion des Musculus obliquus superior ist die Senkung oder Depression des Auges, die mit einem Augenrollen nach innen und einer geringen Abduktion einhergeht. Das Rollen nach innen wird auch als Inzykloduktion bezeichnet. In Bezug auf die Adduktion handelt es sich bei dem Muskel um einen reinen Senker. Das Einwärtsrollen des Auges verstärkt sich bei zunehmendem Blick nach außen.

Gemeinsam mit den anderen Muskeln der äußeren Augenmuskulatur ist der Musculus obliquus superior für alle Bewegungen des Auges zuständig. Der Mensch verfügt über vier gerade und zwei schräge Augenmuskeln, die in einem komplexen Zusammenspiel miteinander stehen. Die äußeren Augenmuskeln führen durch aufeinander abgestimmte Kontraktion so gemeinsam sämtliche Drehbewegungen des Auges in sämtliche Richtungen aus. Darüber hinaus sorgen alle äußeren Augenmuskeln zusammen dafür, dass die Augenstellungen zueinander in einer stabilen Beziehung stehen.

Vom Nervus trochlearis wird ausschließlich der Musculus obliquus superior zur Kontraktion gebracht. Die anderen Augenmuskeln der äußeren Augenmuskulatur erhalten ihre Befehle aus dem Zentralnervensystems über den Nervus oculomotorius und den Nervus abducens, also den dritten und sechsten Hirnnerv. In Ruhestellung, also ohne aktiv nerval initiierte Muskelkontraktion sorgt der Grundtonus der äußeren Augenmuskulatur dafür, dass sich das Auge nicht verdreht.


Krankheiten

Ein Ausfall des Nervus trochlearis lässt den Musculus obliquus superior ausfallen und beeinträchtigt damit die Augenstellung in der Ruheposition. Sofern alle anderen Muskeln der äußeren Augenmuskulatur noch funktionsfähig sind, wird das betroffene Auge nach dem Ausfall des Musculus obliquus superior von dem Tonus der noch funktionsfähigen Augenmuskeln medial nach oben gedreht.

Die Lähmung des motorisch innervierenden Nervus trochlearis ist auch als Trochlearisparese bekannt und ist klinisch mit Schielen und entsprechenden Doppelbildern im Sinne einer Diplopie assoziiert. Das Abweichen des betroffenen Auges nach oben wird auch als Hypertropie bezeichnet. Die gleichzeitig vorliegende Innenwendung des Blickes wird Esotropie genannt. Die lähmungsbedingte Verrollung um die sagittale Achse nach außen entspricht wiederum einer Exzyklotropie. Bei einer Lähmung des Musculus obliquus superior kommt es vor allem auf der Vertikalen zu Doppelbildern, die insbesondere durch den Abwärtsblick zur gesunden Gegenseite ausgelöst werden.

Oft neigen Patienten mit einer solchen Augenmuskellähmung ihren Kopf zur gesunden Seite, um die Doppelbilder und Funktionsbeeinträchtigungen zu kompensieren. Dieses Symptom ist auch als okulärer Schiefhals bekannt. Lähmungen des motorisch versorgenden Nervs und daraus resultierende Lähmungen des Musculus obliquus superior entstehen durch traumatische, mangelversorgungsbedingte, tumorverursachte, kompressionsbedingte oder bakterielle beziehungsweise autoimmunologisch entzündliche Schädigungen des Nervengewebes.

Bei einer isoliert einseitigen Schädigung des versorgenden Nervs kommt es wegen dessen anatomischer Besonderheiten auf genau der Gegenseite der eigentlich betroffenen Seite zu Lähmungserscheinungen. Über Lähmungen hinaus ist bei therapeutischen Eingriffen am Musculus obliquus superior die Nähe seiner breitgefächerten Ansatzstelle zur äußeren Vortexvene zu beachten. Durch die unmittelbare Nachbarschaft des Muskels zu dieser Vene kann es bei chirurgischen Eingriffen innerhalb dieses Gebiets besonders leicht zu Gefäßverletzungen kommen.

Quellen

  • Bob, A., Bob, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009
  • Sachsenweger, M.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2003
  • Valerius, K.-P. et al: Das Muskelbuch: Anatomie - Untersuchung – Bewegung. KVM – Medizinverlag, Berlin 2014

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