Muskelfaser

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Muskelfasern bilden die zelluläre Grund- und Arbeitseinheit sämtlicher Skelettmuskeln des Menschen. Sie können eine Länge von weniger als 1 mm bis 50 cm annehmen bei einer Dicke von etwa 0,01 bis 0,2 mm. Mehrere Muskelfasern werden zu Muskelfaserbündeln, die – ebenfalls zu mehreren zusammengefasst – den Muskel in seiner Gesamtheit ausbilden. Die vielkernigen Muskelfasern können auf elektrische Nervenreize mit Kontraktion oder Entspannung reagieren. Es gibt mehrere verschiedene Muskelfasertypen, die sich in Reaktionsschnelligkeit, Ermüdungsverhalten und im Energiestoffwechsel unterscheiden.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Muskelfasern?

Skelettmuskeln können ihre Hauptfunktionen wie Stabilisierung des Körpers, Bewegung einzelner Gliedmaßen und Abgabe von Wärme an den Körper nur über das Zusammenspiel ihrer einzelnen Muskelfasern erreichen.
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Als Muskelfasern werden die quergestreiften Muskelzellen bezeichnet, aus denen sich die Skelettmuskulatur zusammensetzt. Andere übliche Bezeichnungen sind Muskelfaserzellen oder Myozyten. Die vielkernigen Muskelfasern erreichen eine Länge von wenigen mm bis 50 cm und haben einen Durchmesser von 0,01 bis 0,2 mm. Mehrere parallel ausgerichtete Muskelfasern werden zu Muskelfaserbündeln zusammengefasst und durch eine Membran eingehüllt.

Die eigentliche kontraktile Funktion erfüllen Myofibrillen, von denen mehrere Hundert in jeder Muskelfaser vorhanden sind. Eine Kontraktion des Muskels wird durch das Ineinandergleiten parallel nebeneinander angeordneter Aktin- und Myosinfilamenten erreicht, ohne dass sie sich dabei selbst verkürzen. Zur Erfüllung unterschiedlicher Aufgaben der Muskeln wie Schnellkraft mit geringster Reaktionszeit oder Ausdauervermögen, lassen sich verschiedene Muskelfasertypen unterscheiden, die sich in der Reaktionszeit und in ihrem Energiestoffwechsel unterscheiden.

Reaktionsschnelle Muskelfasern, die schnell ermüden, arbeiten im anaeroben Bereich, während die Muskelfasern, die sich durch längere Reaktionszeiten auszeichnen, vorwiegend im aeroben Dauerbetrieb arbeiten. Die Verteilung der verschiedenen Muskelfasertypen innerhalb eines Muskels ist weitgehend genetisch bedingt und kann mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht durch Kraft- und Ausdauertraining verändert werden.

Anatomie & Aufbau

Muskelfasern sind die zellulären Bausteine der quergestreiften Skelettmuskeln. Es handelt sich dabei um ein Synzytium, um eine Verschmelzung vieler Einzelzellen, deren Zytoplasma und Zellkerne erhalten bleiben und Bestandteil der neuen großen Zelle werden. In einer Muskelfaser können bis zu 40 Zellkerne pro mm vorhanden sein. Jede einzelne Muskelfaser enthält mehrere hundert Myofibrillen, die sich aus nur etwa 2 µm langen Sarkomeren zusammensetzen.

Die Sarkomere gleichen winzigen „Fächern“, in denen sich parallel ausgerichtete Aktin-Myofilamente und, jeweils seitlich versetzt, Myosin Motorproteine befinden. Sie sind so regelmäßig hintereinander angeordnet, dass sich in polarisiertem Licht die typische Querstreifung erkennen lässt. In einer Muskelfaser mit 10 cm Länge sind cica 40.000 Sarkomere hintereinander aufgereiht. Bei Erhalt eines entsprechenden Aktionspotenzials gleiten die Aktin- und Myosinfilamente quasi ineinander und führen zu einer Verkürzung der Muskelzelle.

Jede Myofibrille wird nebst ihrer zugehörigen Organellen von einer Membran, dem Sarkolemm, eingehüllt. Zur Erhöhung der mechanischen Festigkeit enthalten Myofibrillen auch Bindegewebsfasern, die an der Basalmembran angewachsen sind. Eine sehr wichtige Funktion übernehmen sogenannte Muskelspindeln oder Propriozeptoren, die zwischen den Muskelfasern eingelagert sind und über afferente Nervenfasern das zentrale Nervensystem (ZNS) über den momentanen Kontraktionszustand des Muskels informieren.

Funktion & Aufgaben

Skelettmuskeln können ihre Hauptfunktionen wie Stabilisierung des Körpers, Bewegung einzelner Gliedmaßen und Abgabe von Wärme an den Körper nur über das Zusammenspiel ihrer einzelnen Muskelfasern erreichen. Um sicherzustellen dass sich bei einer Muskelkontraktion alle Muskelfasern nahezu gleichzeitig verkürzen, müssen alle Muskelfasern das Aktionspotenzial zur Kontraktion (fast) gleichzeitig erhalten, weil es sonst zu punktförmigen Muskelanspannungen und –entspannungen käme.

Für die Weiterleitung des Kontraktionsbefehls an alle Muskelzellen eines bestimmten Muskels ist das Sarkolemm verantwortlich, das durch seine vielen Einstülpungen in die Myofibrillen die anatomischen Voraussetzungen dafür bietet. Die extrem schnell reagierenden FT-Fasern (fast twitch), die wegen ihres geringen Gehalts an Myoglobin und Mitochondrien blass erscheinen, werden auch als weiße Muskelfasern bezeichnet. Sie entwickeln ein hohes Kraftpotenzial, ermüden aber schnell. Der Körper benötigt diese Art von Muskelfasern für Flucht- oder Angriffsreaktionen sowie für hohe Sprung- oder Schlagkraft.

Im Gegensatz dazu stehen die sogenannten langsameren ST-Fasern (slow twitch), die auch wegen ihres hohen Gehalts an Myoglobin und Mitochondrien rote Muskelfasern genannt werden. Sie entwickeln weniger Kraft, arbeiten aber im aeroben Bereich und ermüden sehr viel langsamer. Im Falle einer Unterkühlung des Körpers können Muskelzellen der Skelettmuskeln vom vegetativen Nervensystem zum willentlich nicht steuerbaren Schüttelfrost (Muskelzittern) veranlasst werden, wodurch letztlich Glucose in Wärme umgesetzt wird und sich die Körpertemperatur wieder erhöhen kann.


Krankheiten & Beschwerden

Krankheiten und Beschwerden im Zusammenhang mit Muskelfasern können entweder durch direkte Erkrankungen und Entzündungen an den Muskelfasern auftreten, oder durch Läsionen an den innervierenden Nerven oder an deren übergeordneten Nervenknoten verursacht werden. Im ersteren Fall handelt es sich um eine Vielzahl möglicher myofibrillärer Myopathien und im letzteren Fall um eine neuromuskuläre Erkrankung.

Eine direkte mechanische Schädigung von Muskelfasern kann durch einen Muskelfaserriss entstehen, wenn der Muskel punktuell zu stark belastet wird. Meist sind mehrere Muskelfasern oder sogar ganze Muskelfaserbündel betroffen. Myofibrilläre Myopathien äußern sich in fortschreitender Muskelschwäche und Muskelschwund, die auf einen oder mehrere Gendefekte zurückgeführt werden können. Während Muskelzittern in Form eines Schüttelfrosts als Normalvorgang einzuschätzen ist, kann Muskelzittern (Tremor) auch durch verschiedenste neurologische Erkrankungen ausgelöst werden. Es wird dabei zwischen einem Ruhe-, Aktions-, Bewegungs- oder Intentionstremor unterschieden.

Die verschiedenen Arten eines Tremors liefern erste Hinweise auf die Art möglicher vorliegender Läsionen im Gehirn. Eine ernsthafte Beeinträchtigung der Muskelfasern kann durch eine Erkrankung der Motoneuronen verursacht werden. Entweder sind dann die ersten (primären) Motoneuronen, deren Axone im motorischen Kortex entspringen, betroffen, oder die zweiten Motoneurone, die dem Rückenmark entspringen. Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) gehört zu der Gruppe der Motoneuronenerkrankungen. Sie kündigt sich durch Muskelschwäche oder Muskelsteifigkeit an und nimmt einen unterschiedlich progressiven Verlauf.

Quellen

  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Platzer, W., Shiozawa-Bayer, T.: Taschenatlas Anatomie, Band 1: Bewegungsapparat. Thieme, Stuttgart 2018
  • Schröder, J. M.: Pathologie der Muskulatur. Springer, Berlin 2011

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