Nervenfaser
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Nervenfasern sind Strukturen im Nervensystem, die als dünne, längliche Fortsätze dem Zellkörper der Nervenzellen entspringen. Sie fungieren als eine Art Stromleitung, indem sie elektrische Impulse übertragen und eine Vernetzung zwischen den Neuronen ermöglichen. Auf diese Weise können Informationen im Nervensystem verarbeitet und Befehle an die Empfängerorgane geschickt werden. Erkrankungen der Nerven führen somit zu Beeinträchtigungen in der Wahrnehmung, der Motorik und der Funktionalität der Organe.
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Was sind Nervenfasern?
Eine Nervenfaser ist eine langgestreckte Ausstülpung (Axon, Neurit) einer Nervenzelle, die von einer Hüllstruktur (Axolemm) umgeben ist. Durch Depolarisation ihrer Zellmembran, die über den vorgeschalteten Aktionshügel herbeigeführt wird, werden Signale in Form von Aktionspotentialen vom Zellkörper weggerichtet zu den Synapsen geleitet.
Ihr kommt somit eine besondere Rolle in der Informationsübertragung innerhalb des Organismus zu. Basierend auf dem Typ des Axolemms, wie auch durch andere Eigenschaften, können Nervenfasern in verschiedene Kategorien unterteilt werden. Ist ein Neurit von einer Myelinscheide umgeben, handelt es sich um eine markhaltige Nervenfaser.
Im zentralen Nervensystem wird diese von Oligodendrozyten gebildet, im peripheren Nervensystem von Schwannschen Zellen. Marklose Fasern sind nur vom Cytoplasma der Schwann-Zellen eingehüllt. Auch die Richtung der Erregungsleitung unterscheidet die Nervenfasern. In Bezug auf das Nervensystem übertragen afferente Axone Impulse von den Sinnesorganen zum Zentralnervensystem. Efferente Nervenfasern leiten Erregungen zu den Empfängern in der Peripherie.
Anatomie & Aufbau
Das Präaxon ist die etwa 25 Mikrometer lange Basis eines Axons, die sich direkt an den Zellkörper des Neurons anschließt und mit dem Aktionshügel in Verbindung steht. Es besteht aus einem spezialisierten Komplex von Proteinen und ist nie myelinisiert. Zudem verfügt das Initialsegment über eine besonders hohe Dichte an spannungsabhängigen Natriumkanälen.
An das Präaxon schließt sich die Hauptverlaufsstrecke des Axons an, das je nach Tierart, Lokalität und Funktion von mehreren Lagen an Myelin umwickelt sein kann. Diese lipidreiche und elektrisch isolierende Biomembran wird durch Gliazellen (Oligodendrozyten oder Schwannsche Zellen) gebildet. In regelmäßigen Abschnitten treten Ranviersche Schnürringe auf – Stellen, an denen die Myelinhülle fehlt und die Grundlage für die saltatorische Erregungsleitung bilden.
Das Ende des Axons verzweigt sich baumartig zu den Telodendrien, die den Synapsen vorgeschaltet sind. Auf diese Weise kann eine Nervenzelle Verbindung zu mehreren anderen Neuronen beziehungsweise Effektoren aufnehmen.
Funktion & Aufgaben
Hauptaufgabe der Nervenfasern ist es, Aktionspotentiale vom Soma in periphere Richtung weiterzuleiten und eine Ausschüttung von chemischen Botenstoffen (Neurotransmittern) in den Synapsen hervorzurufen. Nur auf diese Weise wird eine Informationsübertragung von Zelle zu Zelle oder Zielorgan ermöglicht.
Die Erregungsleitung fängt im Aktionshügel des Zellkörpers an, wo die Grundlage für die Aktionspotentiale geschaffen wird. Die Erregungsschwelle im darauf folgenden Präaxon ist besonders niedrig, sodass hier ein Aktionspotential leicht gebildet werden kann. Durch die dadurch ausgelöste Depolarisation der Axonmembran werden die spannungsabhängigen Natriumkanäle geöffnet und eine Depolarisationswelle läuft über die gesamte Nervernfaser.
Die Myelinisierung des Axons erlaubt aus physikalischen Gründen eine besonders rasche Leitung über längere Abschnitte ohne erhebliche Abschwächung. Aufgrund der Trennung der Hüllschichten durch die Schwannschen Zellen kann das Aktionspotential von einer Lücke zur nächsten springen. Diese Form der Erregungsleitung ist deutlich schneller als die kontinuierliche Weiterleitung bei marklosen Nervenfasern, benötigt weniger Energie und erlaubt dünnere Axone.
Die Nervenfaser ist neben der Übertragung von elektrischen Spannungen auch für den Transport von Stoffen verantwortlich. Da beinahe die gesamte Syntheseleistung einer Nervenzelle im Zellkörper stattfindet, müssen diverse Substanzen zur Aufrechterhaltung der Funktionen im Axon herbeigeschafft werden.
Der vom Zellkörper zum peripheren Ende des Axons gerichtete Transport betrifft Proteine, die nur in eine Richtung und sehr langsam befördert werden. Der in beide Richtungen stattfindende axonale Transport von Substanzen hingegen erfolgt durch Vesikel entlang der Mikrotubuli und verläuft rasch.
Erkrankungen & Beschwerden
Zusammen mit der Baló-Krankheit, der akuten disseminierten Enzephalomyelitis (ADEM) oder der Neuromyelitis optica (Devic-Syndrom), wie auch einigen anderen Krankheitsbildern, zählt die Multiple Sklerose zu den demyelinisierenden Erkrankungen (Entmarkungskrankheiten).
Beschwerden treten auch im Fall einer Durchtrennung der Nervenfaser (Axotomie) in Folge eines traumatischen Vorfalls auf. Da im Zytoplasma des Neuriten nur ausnahmsweise Ribosomen oder ein raues endoplasmatisches Retikulum vorhanden sind, muss der Erhalt und die Funktion des Axons durch die Proteinsynthese im Zellkörper übernommen werden.
Wird die Nervenfaser vom Soma getrennt, kann keine Versorgung des Neuriten erfolgen und er stirbt ab. Bei Vorliegen starker Traumata können auch angrenzende Neurone degenerieren. Hinsichtlich der Lage, der in der Umgebung betroffenen Nervenzellen, ist zwischen einer anterograden und einer retrograden transneuralen Degeneration zu differenzieren.
Neben mechanisch hervorgerufenen Schäden sind auch neurodegenerative Krankheiten, wie Alzheimer und Parkinson, oder axonaldegenerativen Polyneuropathien am Verfall von Axonen beteiligt.
Quellen
- Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012