Papillärer Tumor der Pinealisregion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Papilläre Tumoren der Pinealisregion sind sehr seltene Hirntumore, die sich typischerweise an der Rückwand des dritten Hirnventrikels bilden. Eines der Hauptprobleme, die ein papillärer Tumor der Pinealisregion verursacht, ist seine Lage. Sie führt dazu, dass selbst nach geringem Wachstum meist Zirkulation und Abfluss des Hirnwassers behindert wird, so dass sich ein erhöhter Hirndruck einstellt mit den bekannten unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Unwohlsein, Erbrechen. Als Therapie wird eine vollständige Entfernung der Geschwulst anvisiert.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein papillärer Tumor der Pinealisregion?

Ein papillärer Tumor der Pinealisregion verursacht im Frühstadium keinerlei Beschwerden und Symptome. Erst bei Erreichen einer gewissen Größe macht sich seine ungünstige Lage am Übergang vom dritten zum vierten Ventrikel bemerkbar.
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Ein papillärer Tumor der Pinealisregion (PTPR) ist ein sehr seltener Hirntumor und bildet sich vorwiegend an der Rückwand des 3. Hirnventrikels. Der PTPR kann auch als eine spezielle Form eines Pinealoms, eines Tumors der Epiphyse oder Zirbeldrüse (Glandula pinealis) angesehen werden. Er verursacht in erster Linie Probleme aufgrund seines Raumbedarfs, weil seine physische Anwesenheit die Zirkulation und den Abfluss der cerebrospinalen Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) behindert.

Es kommt so zu einem Stau des Hirnwassers und zu einer Erhöhung des Hirndrucks mit unspezifischen, aber symptomatischen Beschwerden. Die äußere Hülle eines PTPR zeigt aufgrund seines papillären Aufbaus einen epithelähnlichen Charakter. Der papilläre Tumor der Pinealisregion betrifft vorwiegend Kinder und Jugendliche. Eine definierende Beschreibung des Tumors erfolgte erstmals 2003. Der Malignitätsgrad des PTPR wird gemäß WHO-Klassifizierung mit II bis III angegeben. Die WHO-Klassifizierung für Tumoren hinsichtlich Malignität reicht von I bis IV, wobei unter IV Tumoren mit aggressivstem Wachstum und hoher Bösartigkeit eingestuft werden.

Ursachen

Das Gewebe des papillären Tumors der Pinealisregion entstammt der Ektodermis, dem dritten Keimblatt und zwar dem neuroektodermalen Teil, aus dem sich sämtliches Nervengewebe des peripheren und des zentralen Nervensystems entwickelt. Der Ursprung des Tumors geht vermutlich auf entartete Ependymzellen des Organum subcommissurale zurück. Ependymzellen bilden eine dünne Epithelschicht, die als Deckschicht die Hirnventrikel und den Zentralkanal des Rückenmarks auskleidet.

Das Organum subcommissurale befindet sich am Übergang vom dritten zum vierten Hirnventrikel und ist in die Sekretion und Reabsorption des Liquors involviert und bildet eine kleine Region, die den Stofftransport zwischen Hirn und Blut bewerkstelligt, also kontrolliert die Blut-Hirnschranke überwindet. Die Ursachen, warum sich ependymales Gewebe zu einem PTPR entwickelt, sind (noch) nicht hinreichend verstanden. Insofern kann über die Verursachung der Krankheit nur spekuliert werden.

Ansätze, die Entwicklung eines PTPR mit genetischen Anomalien in Verbindung zu bringen, schlugen bisher fehl. Das überaus seltene Auftreten eines PTPR verhindert offensichtlich, dass Forschungsgelder in ausreichendem Maße zum Verständnis der Zusammenhänge bereit gestellt werden.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein papillärer Tumor der Pinealisregion verursacht im Frühstadium keinerlei Beschwerden und Symptome. Erst bei Erreichen einer gewissen Größe macht sich seine ungünstige Lage am Übergang vom dritten zum vierten Ventrikel bemerkbar und die Tatsache, dass das Subcommissuralorgan in seiner Funktion zur Reabsorption des Liquors gestört wird, verstärkt das Ungleichgewicht zwischen Sekretion und Abfluss des Liquors, was zu einem erhöhten Hirndruck führt.

Es stellen sich deshalb die unspezifischen aber dennoch symptomatischen Beschwerden wie zunehmender Kopfschmerz und Unwohlsein, das auch zum Erbrechen führen kann. Bei weiterem Wachstum des PTPR drückt der Tumor auf die Vierhügelplatte (Tectum), dem Mittelhirndach und kann dadurch das sogenannte Parinaud-Syndrom verursachen.

Es handelt sich dabei um neurologische Ausfälle im Zusammenhang mit willkürlichen und reflexhaften Augenbewegungen wie zum Beispiel eine vertikale Blicklähmung, krankhafter Nystagmus (Augenzittern) und ähnliche Symptome. Weil der Tumor auch mechanischen Druck auf die Hypophyse auslöst, wird die Melatoninausschüttung als Regulator für den Schlaf-Wach-Rhythmus gestört.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose eines PTPR ist nicht sehr einfach, weil sich im Frühstadium noch keine Symptome zeigen und die ersten auftretenden Beschwerden, die auf einem erhöhten Hirndruck beruhen, auch andere Ursachen haben können. Zudem gab es gelegentlich Fehldiagnosen, weil ein PTPR Ähnlichkeit mit Tumoren des Plexus choroideus und mit papillären Ependymomen hat.

Bei Verdacht auf PTPR hat sich als bildgebendes Diagnoseverfahren die kontrastmittelverstärkte Magnetresonanztomographie (MRT) durchgesetzt. Als letzte Absicherung einer Diagnose kann eine direkte Untersuchung des Tumorgewebes erfolgen, das über eine Biopsie gewonnen werden kann. Die Lage des PTPR lässt nicht immer eine Biopsie aufgrund individueller anatomischer Gegebenheiten zu.

Komplikationen

In vielen Fällen wird dieser Tumor leider erst relativ spät erkannt, sodass eine frühzeitige Diagnose und Behandlung in der Regel nicht möglich ist. Die Betroffenen leiden dabei in erster Linie an starken Kopfschmerzen, die ohne einen besonderen Grund auftreten und in der Regel auch nicht mit Hilfe von Schmerzmitteln gelindert werden können. Auch Erbrechen oder ein dauerhaftes Unwohlsein kann dabei auftreten und sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken.

Sollte es nicht zu einer Behandlung kommen, breitet sich der Tumor in der Regel auch in andere Regionen des Gehirns aus, sodass es zu Einschränkungen im Alltag oder zu Lähmungen und Persönlichkeitsveränderungen kommen kann. Auch eine Blicklähmung kann dabei auftreten, sodass die Patienten auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen sind.

Die Behandlung dieses Tumors erfolgt mit einer operativen Entfernung. Komplikationen treten dabei nicht ein. Allerdings schlägt dabei eine weitere Chemotherapie nicht an, sodass die Betroffenen auf eine Strahlentherapie angewiesen sind. Auch in dem Fall sind Komplikationen eher nicht zu erwarten. Die Betroffenen sind allerdings auch nach der Behandlung auf regelmäßige Kontrollen angewiesen. Ob es durch die Erkrankung zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann nicht vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Kommt es zu Beschwerden wie Unwohlsein, einer Abnahme der Belastbarkeit sowie einem diffusen Krankheitsgefühl, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei Kopfschmerzen oder einem Druckgefühl im Kopfinnern ist eine Abklärung der Ursache notwendig. Halten die Beschwerden an oder nehmen sie schleichend an Intensität zu, muss ein Arztbesuch erfolgen. Lähmungen, Störungen der Augenbewegungen oder allgemeine Unterbrechungen der Funktionsfähigkeit sind untersuchen und behandeln zu lassen. Charakteristisch für die Erkrankung ist eine vertikale Blicklähmung beim Betroffenen.

Tritt sie ein, ist unverzüglich ein Arztbesuch anzuraten. Ohne eine medizinische Versorgung kommt es zu einer Vergrößerung des Tumors im Gehirn und das Risiko einer Lebensbedrohung steigt an. Eine verringerte Lebensqualität, ein Rückzug aus sozialen sowie gesellschaftlichen Aktivitäten oder eine langsame Veränderung der Persönlichkeit sind als Warnsignale des Organismus zu verstehen. Es liegt eine gesundheitliche Beeinträchtigung vor, bei der Handlungsbedarf besteht.

Kommt es zu Auffälligkeiten des Verhaltens, Schlafstörungen oder Unregelmäßigkeiten des Schlaf-Wach-Rhythmus, benötigt der Betroffene ärztliche Hilfe. Nimmt die geistige Leistungsfähigkeit kontinuierlich ab, können die alltäglichen beruflichen sowie schulischen Verpflichtungen nicht mehr wie gewohnt erfüllt werden oder zeigen sich Frust, Aggression oder Schamgefühle, wird ein Arzt benötigt. Bei Teilnahmslosigkeit, Veränderungen des Gewichts sowie psychosomatisch bedingten Störungen des Verdauungstraktes, ist ein Arztbesuch zu empfehlen.

Behandlung & Therapie

Erstes Ziel bei der Behandlung eines papillären Tumors der Pinealisregion ist seine chirurgische Entfernung. Die vollständige Resektion des PTPR unter Anwendung mikrochirurgischer oder endoskopischer Verfahren stößt allerdings auf große technische Herausforderungen aufgrund der anatomischen Lage des Tumors am Übergang vom dritten zum vierten Gehirnventrikel und ist nicht immer möglich. Es hat sich gezeigt, dass Tumoren diesen Typs nicht auf Cytostatika zur Hemmung des Wachstums reagieren, so dass eine begleitende Chemotherapie meist ausscheidet.

Als einzige Alternative oder zusätzliche Therapie zur chirurgischen Resektion bleibt eine Strahlentherapie. Eine gut dosierte und gezielt gerichtete Bestrahlung des Tumorgewebes oder möglicher Reste des Tumorgewebes, die chirurgisch nicht entfernbar waren, sind in der Regel zielführend im Sinne einer erfolgreichen Behandlung und Heilung. Der einzige Nachteil besteht darin, dass auch eine erfolgreiche Bestrahlung mögliche Rezidive des PTPR nicht verhindern kann, so dass eine postoperative Beobachtung über einen längeren Zeitraum angezeigt ist.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einem papillären Tumor der Pinealisregion ist nach den individuellen Gegebenheiten zu bewerten. Die Lage des entstandenen Tumors sorgt häufig für Schwierigkeiten und Komplikationen. Bei einem günstigen Krankheitsverlauf kann der Tumor frühzeitig entdeckt und durch einen operativen Eingriff vollständig entfernt werden. Im Anschluss wird eine Krebstherapie angewendet. Diese ist auch bei optimalen Bedingungen mit verschiedenen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Die Lebensqualität des Patienten ist immens eingeschränkt. Dennoch kann es langfristig zu einer vollständigen Genesung kommen.

Bei den meisten Patienten wird der Tumor jedoch erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Zudem ist seine Lage häufig suboptimal. Dies führt zu Problemen bei der Entfernung der ungewollten Gewebeveränderung im Gehirn. Eine Strahlentherapie kann das Wachstum des Tumors verhindern oder eine Rückbildung einleiten.

Ist trotz aller Bemühungen keine vollständige Entfernung des papillären Tumors möglich, droht das vorzeitige Ableben des Betroffenen. Die gleiche Entwicklung ist zu erwarten, wenn keine medizinische Behandlung in Anspruch genommen wird. Der Umfang des Tumors nimmt allmählich zu. Außerdem können Krebszellen über die Blutbahn an andere Bereiche des Organismus transportiert werden. Dort kommt es zu einer Bildung von Metastasen und letztlich zu der Entstehung weiterer Tumore. Aus diesem Grund ist eine frühestmögliche Diagnosestellung maßgeblich für eine gute Prognose.

Vorbeugung

Es liegen keine belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ursachen vor, die zur Ausbildung eines PTPR führen, auch Ansätze, die Tumoren mit genetischen Anomalien und Mutationen in Verbindung zu bringen, führten nicht weiter. Deshalb sind keine vorbeugenden Maßnahmen bekannt, die die Ausbildung eines papillären Tumors der Pinealisregion verhindern könnten.

Nachsorge

Die Nachsorge ist ein Teil jeder Tumorbehandlung. Krebsgeschwüre können sich nach einer erfolgreichen Therapie neubilden und die Lebenszeit des Patienten verkürzen. Ärzte erhoffen sich von einer Behandlungsaufnahme im Frühstadium die besten Heilungschancen. Deshalb findet auch nach der Behandlung eines papillären Tumors der Pinealisregion stets eine Nachsorge statt.

Dieser neigt, was sich nicht selten als lebensgefährdend erweist, zur Metastasenbildung. Noch vor dem Ende der Ersttherapie verabreden Arzt und Patient den Ort und Umfang der Verlaufskontrollen. In Frage kommen eine Klinik und die Praxis eines niedergelassenen Arztes. Nachuntersuchungen finden im ersten Jahr nach der Diagnose in jedem Quartal statt. Anschließend weitet sich der Rhythmus. Ab dem fünften Jahr der Beschwerdefreiheit reicht eine jährliche Nachsorge aus.

Der papilläre Tumor der Pinealisregion erfordert unmittelbar nach der Ersttherapie eine Rehabilitation. Diese findet ambulant oder stationär statt. Fachexperten helfen, die Wiedereingliederung in das soziale Umfeld zu realisieren. Auch eine Medikation wird gegebenenfalls eingestellt.

Zu jeder Nachsorgeuntersuchung gehört ein ausführliches Gespräch, in dem der Arzt den allgemeinen Zustand abfragt. Darüber hinaus verwendet er als bildgebendes Diagnoseverfahren die Magnetresonanztomographie, die Aufschluss über den gegenwärtigen Ist-Zustand gibt. Einige Ärzte veranlassen zudem eine Biopsie.

Das können Sie selbst tun

Patienten, bei denen ein papillärer Tumor der Pinealisregion festgestellt wurde, bedürfen zunächst einer engen fachärztlichen Überwachung. Begleitend dazu gilt es, Alltag und Erkrankung in Einklang zu bringen.

Zunächst muss die Ernährung umgestellt werden, da bestimmte Lebensmittel nicht mehr verzehrt werden dürfen. Die Blasenkrebs-Erkrankung erlaubt beispielsweise keine allzu salzhaltigen Speisen und Getränke. Außerdem sollte auf Genussmittel wie Alkohol und Nikotin verzichtet werden. Es gilt, weitere Erkrankungen des Urinaltraktes zu vermeiden. Im Winter ist eine ausreichende Kleidung und ein warmes Zuhause wichtig. Im Sommer sollten allergische Reaktionen sowie der Kontakt mit UV-Strahlung soweit möglich vermieden werden. In Rücksprache mit dem Fachmediziner darf moderater Sport getrieben werden. Bei einem papillären Tumor der Pinealisregion bieten sich Schwimmen und Oberkörpertraining an. Außerdem dürfen gymnastische Übungen sowie Yoga oder Pilates durchgeführt werden.

Daneben sollte darauf geachtet werden, dass keine ungewöhnlichen Symptome auftreten. Der Arzt muss in jedem Fall über Beschwerden informiert werden, die auf eine Komplikation des Tumorleidens hindeuten. Ärzte, Psychoonkologen und Beratungsstellen unterstützen Tumorpatienten auf ihrem Weg, indem sie Tipps geben und als Berater fungieren.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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