Melatonin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Melatonin ist ein Hormon, das der menschliche Körper in Abhängigkeit von den Lichtverhältnissen des umgebenden Lebensraums produziert. Es wirkt als Botenstoff eines komplexen Schaltkreises im Gehirn, dem die Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus im Tagesverlauf unterliegt. Schwankungen in der Ausschüttung von Melatonin sind die Folge äußerer Einflüsse oder veränderter Stoffwechselprozesse und können die Schlafqualität entscheidend beeinflussen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Melatonin?

Schematische Darstellung zur Anatomie und Aufbau des endokrinen Systems (Hormonsystem). Klicken, um zu vergrößern.

Mit der Untersuchung von Funktionen, die lebende Organismen entlang des zirkadianen (rund um den Tag) Rhythmus wiederkehrender Tagesabläufe organisieren, befasst sich die Chronobiologie. Lebewesen steuern Vorgänge, die sich zirkadianen Rhythmen fügen, über spezifische Stoffwechselprozesse.

Diese Stoffwechselprozesse unterliegen selbst ganz unterschiedlichen Einflüssen. Äußere Umweltbedingungen, Lebensgewohnheiten, Lebensalter, und die individuelle Funktionsweise eines Organismus sind Faktoren, die auf die Regulation zeitgesteuerter biologischer Abläufe wirken. Für den Menschen ist der Schlaf-Wach-Rhythmus einer der wichtigsten zirkadianen Zyklen. Er hängt von der Produktion von Melatonin im Körper ab.

Melatonin ist ein Hormon, das der Organismus selbst synthetisieren kann. Es wirkt in der Funktion eines Neurotransmitters. Neurotransmitter sind biochemische Botenstoffe, die für die Reizübertragung zwischen Nervenzellen und anderen Zellen verantwortlich sind. Für die Produktion von Melatonin ist der Wechsel von Hell und Dunkel der entscheidende externe Zeitgeber.

Produktion, Bildung & Herstellung

Der wichtigste Produktionsort des Hormons Melatonin im menschlichen Körper ist die Zirbeldrüse (oder Epiphyse). Sie gehört zu den Strukturen des Epithalamus, der selbst ein Teil des Zwischenhirns ist. Schlaffördernd wirkt nur das Melatonin der Epiphyse, aber auch Darm und Netzhaut des Auges können das Hormon synthetisieren.

Die Produktion von Melatonin ist das Ergebnis von Funktionen eines komplizierten Schaltkreises. Dafür steht die Zirbeldrüse in Verbindung mit dem Hypothalamus, der ebenfalls Bestandteil des Zwischenhirns ist. Hell-Dunkel-Reize, die über die Netzhaut aufgenommen werden, werden an den Hypothalamus weitergegeben und erreichen von dort die Zirbeldrüse. Unter dem Einfluss von Licht hemmt die Zirbeldrüse die Synthese von Melatonin aus dem Ausgangsstoff Serotonin.

Erst in der Dunkelheit nimmt die Produktion zu. Die Sekretion von Melatonin ist nachts bei älteren Menschen dreimal, bei jüngeren bis zu zwölfmal höher als am Tag. Der Höhepunkt der Ausschüttung wird gegen 03:00 Uhr morgens erreicht, wobei der Zeitpunkt mit den Jahreszeiten etwas schwankt.

Funktion, Wirkung & Eigenschaften

Melatonin hat eine schlafinduzierende Wirkung. Weil seine Ausschüttung vom Tageslicht gehemmt und es vorwiegend in der Dunkelheit produziert wird, liegt die natürliche Schlafphase des Menschen in der Nacht.

Der von Melatonin geförderte Tiefschlaf ist ein entscheidender Zeitraum für den Ablauf wichtiger Stoffwechselprozesse. Während in dieser Phase die Ausschüttung des Wachstumshormons Somatropin, das einen positiven Einfluss auf die Stärkung von Sehnen, Bindegewebe und Muskulatur hat, angeregt wird, übt Melatonin auf viele andere Körperfunktionen eine eher drosselnde Wirkung aus. Das gilt für die Regulation der Nierenfunktion und des Blutdrucks, für den modulierenden Einfluss auf allgemeine Stressreaktionen und für die Funktionen der Geschlechtsdrüsen.

Melatonin trägt außerdem dazu bei, freie Radikale zu binden und beugt mit seiner antioxidativen Wirkung der Zellzerstörung vor. Studien zeigen, dass Melatonin sich an weiße Blutkörperchen binden und so positiv auf das Immunsystem Einfluss nehmen kann. Melatonin kann dem Körper von außen zugeführt werden. In Deutschland ist es als Medikament verschreibungspflichtig.

In einer Dosierung von 2 mg ist es für über 55-jährige Patienten zur Behandlung primärer Schlafstörungen zugelassen. Die Bioverfügbarkeit des eingenommenen Melatonin liegt bei 15 %. Die Einnahme sollte von kurzer Dauer sein, weil Langzeitwirkungen bislang nicht ausreichend erforscht sind.

↳ Weitere Informationen: Hausmittel gegen Schlafstörungen

Krankheiten, Beschwerden & Störungen

Nachdem der zirkadiane Ablauf der Sekretion von Melatonin dem Wechsel von Hell und Dunkel als Zeitgeber unterliegt, wirken sich Schwankungen des Tag-Nacht-Rhythmus unmittelbar auf die Versorgung mit dem Hormon aus.

Umweltbedingungen wie die langen Nächte und kurzen Tage unserer Winterzeit und Phänomene wie Polartag und Polarnacht können den chronobiologischen Rhythmus beeinflussen und die geregelte Periodik der Ausschüttung von Melatonin beeinträchtigen. Auch unsere moderne Lebensweise, die uns Nachtarbeit und interkontinentale Flüge mit raschem Wechsel der Zeitzonen auferlegt, stört die Abfolge des taktgebenden Wechsels zwischen Tag und Nacht.

Letztlich ist aber auch unser biologischer Alterungsprozess dafür verantwortlich, dass die Melatoninsekretion mit der Zeit nachlässt und ein Defizit der Verfügbarkeit im Organismus entsteht. Unabhängig von ihrer Ursache kann sowohl eine gedrosselte als auch eine erhöhte Produktion von Melatonin mit Schlafstörungen und einem allgemeinen Ungleichgewicht im Wechsel von Ruhe- und Aktivitätsphasen einhergehen.

Während generell verjüngende Wirkungen oder gar eine Heilfähigkeit bei Krebs für die Zugabe von Melatonin nicht wissenschaftlich hinterlegt sind, hilft eine Kurzzeitbehandlung die Folgen von Mangelerscheinungen abzufangen und Schlafstörungen in besonderen Lebenssituationen zu mildern.


Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
  • Marischler, C.: BASICS Endokrinologie. Urban & Fischer, München 2013

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