Phänotyp
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Phänotyp ist das äußerlich sichtbare Erscheinungsbild eines Organismus mit seinen verschiedenen Eigenschaften. Sowohl die genetische Ausstattung (Genotyp) als auch die Umwelt haben Einfluss auf die Ausprägung des Phänotyps.
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Was ist der Phänotyp?
Die sichtbaren Ausprägungen eins Organismus, aber auch das Verhalten und physiologische Eigenschaften machen den Phänotyp aus. Der Begriff leitet sich vom altgriechischen "phaino" ab und bedeutet "Gestalt". Die genetische Ausstattung eines Individuums, der so genannte "Genotyp" bestimmt die Ausprägung des Phänotyps.
Zusätzlich zu den Genen hat auch die Umwelt einen Einfluss darauf, inwieweit sich ein bestimmter Phänotyp ausprägt. Wie stark ein Organismus phänotypisch durch die Einflüsse aus der Umwelt veränderbar ist, hängt ebenfalls mit seinem Genotyp zusammen. Diese umweltbedingte Veränderlichkeit des Phänotyps ist die so genannte Reaktionsnorm. Diese Norm kann sehr breit ausfallen und ganz verschieden aussehende Phänotypen zur Folge haben. Sie kann aber auch gering ausfallen und als Konsequenz sind sich die auftretenden phänotypischen Varianten alle sehr ähnlich.
Normalerweise besitzen sehr grundlegende und für das Überleben eines Organismus wichtige Merkmale im Phänotyp eher eine geringe Reaktionsnorm, da Veränderungen bei ihnen für das Individuum oft negative Auswirkungen haben.
Funktion & Aufgabe
Merkmale mit einer hohen phänotypischen Plastizität wie etwa das Verhalten eines Menschen, sind stark durch die Einflüsse der Umwelt geprägt. Merkmale mit einer geringen phänotypischen Plastizität, wie etwa die Augenfarbe eines Menschen, sind durch äußere Einflüsse so gut wie nicht zu verändern.
Die phänotypische Ausprägung bestimmter Merkmale über mehrere Generationen innerhalb von Familien machen Rückschlüsse für die Nachkommen möglich. Dies gilt besonders auch für bestimmte Erbkrankheiten, deren Auftretenswahrscheinlichkeit sich relativ zuverlässig vorhersagen lässt. Die Gene für das Auftreten von bestimmten Krankheiten können grundsätzlich dominant oder rezessiv in ihrer Wirkung sein. Dominante Gene sorgen für eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Ausprägung im Phänotyp, bei rezessiven Genen dagegen ist die Wahrscheinlichkeit des phänotypischen Auftretens deutlich geringer. So liegt zum Beispiel bei einer dominant vererbten Krankheit die Wahrscheinlichkeit für das phänotypische Auftreten bei den Nachkommen bei mindestens 50 Prozent, wenn ein Elternteil erkrankt ist.
Zeigen beide Elternteile phänotypisch das Erscheinungsbild einer dominant vererbten Erkrankung, so liegt die Wahrscheinlichkeit der Krankheit für die Kinder bei 100 Prozent.
Rezessiv vererbte Krankheiten sind dagegen im Phänotyp deutlich seltener sichtbar als dominant vererbte Erkrankungen. Wenn ein Elternteil phänotypisch eine solche Erkrankung aufweist, dann liegt die Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten bei den Nachkommen bei höchstens 50 Prozent. Bei diesen Krankheiten kann es auch sein, dass es phänotypisch gar nicht zur Ausprägung kommt, obwohl ein rezessives Gen vorhanden ist.
Nicht immer wird die besondere Variante eines Phänotyps durch Vererbung innerhalb mehrerer Generationen weitergegeben. Es besteht auch die Möglichkeit einer spontanen Mutation im Genotyp, so dass ein veränderter Phänotyp mit neuen Merkmalen plötzlich in einer Generation zum ersten Mal auftritt. Dadurch erklärt sich, warum in Familien immer wieder phänotypisch abweichende Individuen mit neuen Eigenschaften auftreten.
Würde es diese Mutationen im Genotyp mit ihrer Auswirkung im Phänotyp nicht geben, wäre letztendlich ein Aussterben der Arten die Folge. Denn nur dadurch, dass der Genotyp flexibel gehalten wird und es immer wieder zu neuen Phänotypen kommt, ist eine Anpassung an sich verändernde Umweltbedingungen möglich. Dies ist ein grundlegendes Prinzip der Evolution und wird auch als Variabilität bezeichnet.
Krankheiten & Beschwerden
Mit diesem Wissen erhoffen sich die Forscher für die Zukunft die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien, die vor der Ausprägung des Phänotyps wirken könnten. Bei der phänotypischen Ausbildung von bestimmten vererbbaren Erkrankungen lässt sich ein Auftreten für die Nachkommen vorhersagen und macht so eine frühzeitige und effektive Behandlung möglich.
Manche seltenen Phänotypen, die auf Mutationen im Genotyp beruhen, treten in allen Klassen von Organismen auf. Ein Beispiel ist der Albinismus. Bei dieser Mutation besitzen die betroffenen Individuen keine Pigmente in Haut, Haaren und Augen und sind sehr sonnenempfindlich. Diese besondere Ausprägung des Phänotyps gibt es sowohl beim Menschen als auch bei Tieren.
Die phänotypische Ausprägung von genetisch festgelegten Eigenschaften lässt sich bisher nur in geringem Maße medizinisch beeinflussen, jedoch nehmen die Möglichkeiten der Veränderung eines Phänotyps vor seiner Ausprägung zu. Forschungsfelder wie die Epigenetik tragen dazu bei und sorgen auch für die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien. Dementsprechend muss in der Zukunft ein bestimmter Genotyp nicht mehr zwingend zur Ausbildung eines bestimmten Phänotyps führen. Dies ist besonders im Hinblick auf genotypisch bedingte Erkrankungen eine vielversprechende Perspektive.
Quellen
- Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011