Postthrombotisches Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Postthrombotisches Syndrom

Das postthrombotische Syndrom ist die Folge einer Phlebothrombose der tiefen Arm- oder Beinvenen und entspricht einer Rückflussstauung mit Defekten der Venenklappen. Die Ursache des PTS ist ein Selbstheilungsversuch des Körpers, der die Venen nach einer Thrombose wieder durchlässig machen will. Die Behandlung des PTS konzentriert sich auf Kompression und Bewegung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das postthrombotische Syndrom?

Die Behandlung dieses Syndroms erfolgt in der Regel mit Hilfe von Medikamenten und Kompressionsstrümpfen.
© vencav – stock.adobe.com

Thrombosen sind lokal intravasale Blutgerinnsel im Kreislaufsystem. Meist gehen ihnen Veränderungen der Gefäßwände, Anomalien im Blutfluss oder Änderungen der Blutzusammensetzung voraus. Phlebothrombose sind Sonderformen der Thrombose, versteht die einen thrombotischen Verschluss von tiefen Venen herbeiführen und mit der Gefahr der Lungenembolie assoziiert sind.

Zu den tiefen Venen zählen unter anderem die tiefe Bein- und Armvene. Das postthrombotisches Syndrom (PTS) fasst die pathologischen Folgen eines dauerhaften Schadens im tiefen Bein- und Armvenensystem zusammen. Nach einem körpereigenen Entzündungsprozess kommt es in Folge des Verschlusses häufig zur Beschädigung der Venenklappen. Eine chronische Rückflussstauung ist die Folge.

Die Arme sind seltener vom PTS betroffen als die Beine. Aus einem postthrombotischen Syndrom nach Phlebothrombose kann sich eine venöse Insuffizienz entwickeln. Vier Stadien des PTS sind bekannt: Stadium I mit Ödemneigung, Stadium II mit Verhärtungen, Stadium III mit sklerotische Gewebsveränderungen und Stadium IV mit ausgedehnten Ulzerationen.

Ursachen

Die Ursache eines PTS ist eine Phlebothrombose der tiefen Arm- oder Beinvenen. Der Verschluss ist meist von dauerhafter Natur und hält mehrere Tage an. Der Körper versucht das Gerinnsel in der Vene aufzulösen, indem er einen Entzündungsprozess an der Venenwand in Gang setzt. Nur selten kommt es tatsächlich zu einer vollständigen Auflösung des Gerinnsels.

Die immunologisch entzündliche Reaktion entspricht einem Selbstheilungsversuch, der die lebenswichtigen Venen wieder durchlässig machen soll. Bei der Entzündung werden oft die Venenklappen des betroffenen Bereichs angegriffen oder zerstört.

Die Venenklappen bilden einen wesentlichen Teil des Rückflussmechanismus. Sind sie zerstört, so sind die betroffenen Venen nicht mehr gänzlich funktional. Aus diesem Zusammenhang entwickelt sich das postthrombotische Syndrom. Fast die Hälfte aller Patienten mit Thrombosen der tiefen Arm- oder Beinvenen leidet an dem Phänomen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit postthrombotischem Syndrom leiden an einem Komplex aus unterschiedlichen Symptomen. Das Leitsymptom ist eine Rückflussstauung der betroffenen Vene. Auf Basis dieses Phänomens treten an den jeweiligen Extremitäten Missempfindungen auf, so zum Beispiel ein Schweregefühl oder ein Spannungsschmerz.

In Folge des Rückstaus können sich mit der Zeit Ödeme bilden. Darüber hinaus bestehen häufig Bewegungseinschränkungen der betroffenen Extremität. Auch auf der Haut der Patienten zeigen sich im Verlauf des Syndroms Symptome. Die häufigsten Hautsymptome sind trophische Störungen, die mit einer Verdünnung des Hautepithels einhergehen. Außerdem können sich Pigmentveränderungen einstellen.

In vielen Fällen ist die Wundheilung in dem betroffenen Bereich beeinträchtigt. Nach kleinsten Verletzungen können so Wundheilungsstörungen auftreten, die oftmals mit chronischer Ulzeration vergesellschaftet sind. Unterschenkelgeschwüre, Schwellungen und Schmerzen stellen sich als Begleitsymptome des PTS ein. Der Schweregrad des PTS hängt von der Schwere der ursächlichen Thrombose und persönlichen Faktoren wie Vorerkrankungen, Beruf oder Geschlecht ab.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose des postthrombotischen Syndroms wird mittels Duplexsonografie oder anhand von Röntgenuntersuchungen unter Kontrastmittelgabe gestellt. Die Venenverschlüsse inklusive der Umgehungskreisläufe sind auf der Bildgebung meist zweifelsfrei sichtbar. In Einzelfällen werden Thrombosen der Venen über mehrere Jahre nicht erkannt.

In diesen Fällen kann sich unbemerkt und unvorhergesehen ein postthrombotisches Syndrom entwickeln, bevor der Patient überhaupt von einer durchlittenen Thrombose erfahren hat. Für Patienten des postthrombotischen Syndroms hängt die Prognose vom Schweregrad und dem Diagnosezeitpunkt der initialen Thrombose ab. Je früher die Thrombose und das daran anschließende Syndrom erkannt werden, desto besser die Prognose.

Komplikationen

Bei diesem Syndrom leiden die Betroffenen an verschiedenen Beschwerden. In der Regel treten dabei starke Missempfindungen oder Störungen der Sensibilität an den Extremitäten auf. Dadurch ist der Alltag des Patienten möglicherweise erschwert, sodass es zu deutlichen Einschränkungen kommt. In einigen Fällen sind die Betroffenen aufgrund des Syndroms auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Leben angewiesen.

Auch Bewegungseinschränkungen treten dabei nicht selten auf, sodass der Patient eventuell eine Gehhilfe benötigt. Weiterhin leiden die meisten Betroffenen an einer Wundheilungsstörung. Dabei kann es schon bei geringen Verletzungen zu starken Blutungen oder zu Wunden kommen, die nicht verheilen. Ebenso sind die Gelenke dabei nicht selten angeschwollen und schmerzen stark. Das Syndrom wirkt sich dabei sehr negativ auf die Lebensqualität des Patienten aus und kann auch zu psychischen Beschwerden oder zu Depressionen führen.

Die Behandlung dieses Syndroms erfolgt in der Regel mit Hilfe von Medikamenten und Kompressionsstrümpfen. Komplikationen treten dabei nicht auf. Auch verschiedene Therapien sind notwendig, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern. Die Lebenserwartung wird durch das Syndrom in der Regel nicht verringert oder anderweitig beeinflusst.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei plötzlichen oder intensiven Störungen der Durchblutung wird ein Arzt benötigt. Halten sie an oder nehmen sie an Intensität zu, sind sie als Warnhinweis des Organismus zu verstehen. Es besteht Handlungsbedarf, da sich in schweren Fällen akute gesundheitsbedrohliche Zustände entwickeln können.

Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten, Gangunsicherheiten, Schwindel oder eine innere Schwäche sind einem Arzt vorzustellen. Kommt es zu Veränderungen des Hautbildes, Missempfindungen auf der Haut oder Schmerzen, benötigt der Betroffene Hilfe. Taubheitsgefühle in den Extremitäten, ein kribbelndes Gefühl auf der Haut und Wahrnehmungsstörungen gelten als ungewöhnlich. Sie sind einem Arzt vorzustellen, sobald sie über mehrere Tage oder Wochen unvermindert auftreten.

Schwellungen, die Bildung von Geschwüren oder Ödemen sind von einem Arzt abklären zu lassen. Bei einer Druckempfindlichkeit, Veränderungen der Hautschichten sowie einem Gefühl der inneren Schwere ist ein Arzt zu konsultieren. Unregelmäßigkeiten der natürlichen Wundheilung, eine erhöhte Körpertemperatur oder ein allgemeines Krankheitsgefühl sollten untersucht und behandelt werden.

Charakteristisch ist für die Erkrankung, dass bereits kleine Wunden eine problematische Entwicklung zeigen. Bemerkt der Betroffene eine Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, stellt sich eine schnelle Ermüdung ein, entwickelt sich ein allgemeines Unwohlsein oder liegt eine geringe Belastbarkeit vor, ist ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Behandlung & Therapie

Für Patienten mit postthrombotischen Syndrom steht das Grundprinzip der Kompressionsanwendung im Mittelpunkt der Behandlung. Kompressionen können von außen mittels der Applikation von Kompressionsverbänden zur Anwendung kommen mit oder werden mit medizinischen Kompressionsstrümpfen initiiert. Die Muskelpumpe muss bei der Kompressionstherapie aktiviert werden.

Aus diesem Grund muss der Patient die betroffene Extremität regelmäßig aktiv bewegen, so zum Beispiel mittels Fahrrad oder Spaziergängen. Bei den Bewegungseinheiten darf es nicht zur Überlastung der betroffenen Extremität kommen. Extremer Ausdauersport ist daher zu meiden. In der Ruheposition wird die betroffene Extremität idealerweise hochgelagert, um das beschädigte Venensystem zusätzlich zu entlasten.

Im Einzelfall erhalten die Patienten harntreibende Medikamente. Häufiger kommt eine Gerinnungshemmung mit Hemmern wie Cumarinen zum Einsatz, um abermaligen Thrombosen vorzubeugen. Als Grundprinzip gilt für die Zeit der Therapie lieber laufen und liegen statt stehen und sitzen. In der jüngsten Vergangenheit hat sich erwiesen, dass die konsequente Kompressionstherapie allein der Erkrankung nicht ausreichend entgegenwirken kann.

Bewegung ist damit ein unausweichlicher Therapieschritt. Bei schweren Fällen des PTS kann der Ersatz von beschädigten Venen erforderlich sein. Hierzu werden entweder Spendervenen transplantiert oder Venenteile durch moderne Technik wie den 3D-Drucker hergestellt und dem Patienten eingesetzt.


Vorbeugung

Dem postthrombotischen Syndrom lässt sich insoweit vorbeugen, wie Thrombosen der tiefen Venensysteme vorgebeugt werden kann. Solange es nicht zu Thrombosen kommt, kann auch kein postthrombotisches Syndrom entstehen. Zu den Vorbeugemaßnahmen zählt im Kontext der Thrombose zum Beispiel ausgewogene Ernährung mit genügend Flüssigkeitszufuhr und viel Bewegung. Auch die Abstinenz von Nikotin gilt als Präventionsmaßnahme. Darüber hinaus ist von langem Sitzen oder Stehen abzuraten.

== Nachsorge Fast jeder zweite Patient entwickelt nach einer tiefen Beinvenenthrombose ein postthrombotisches Syndrom. Die Beschwerden können dann so schwerwiegend werden, dass es zu massiven Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben und der Arbeitsfähigkeit kommen kann. Eine vollständige Heilung ist kaum möglich, deshalb zielt die Nachsorge auf eine Verbesserung der Durchblutungssituation und einer Verminderung von bestehenden Schmerzen ab.

Die konsequente und regelmäßige Nachsorgebehandlung mit Nachsorgeuntersuchungen ist daher unerlässlich. Die Basispfeiler der Nachsorge sind die konsequente Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen (meist lebenslang) und die Erhaltung und Verbesserung der Mobilität der betroffenen Patienten. Dies geschieht unter anderem durch angepasste Physiotherapie mit Verbesserung und Erhaltung der muskulären Aktivität in den betroffenen Bereichen.

Hierdurch ist eine bessere Muskelpumpfunktion gewährleistet. Dies wiederum reduziert die Stauungssymptomatik. Insbesondere sollte das arthrogene Stauungssyndrom (Versteifung Fußknöchel) verhindert werden. Ebenso wirksam und notwendig ist die Verordnung von Lymphdrainagen um Spannungsgefühle und Stauungssymptomatik zu verhindern.

Weiterhin sollte auf sorgfältige Hautpflege geachtet werden. Die Haut ist anfälliger für Verletzungen und für infektiöse Erreger, die im schlimmsten Fall zu Komplikationen wie Sepsis führen können. Es sollten daher regelmäßig ärztliche Befundkontrollen durchgeführt werden um, wie erwähnt, der Entstehung von venösen Ulzera entgegenzuwirken.

Das können Sie selbst tun

Bei einem Postthrombotischen Syndrom (PTS) sollte der Patient in jedem Fall aktiv werden. Denn gerade wenn die Erkrankung noch nicht zu weit fortgeschritten ist, hilft viel Bewegung dem Körper, den Begleiterscheinungen des Syndroms entgegenzuwirken. Unabhängig davon, ob nun die Arm- oder die Beinvenen betroffen sind, empfehlen sich Sport- und Bewegungsarten wie Wandern, Radfahren, Walken etc. Dabei sollten Überlastungen allerdings vermieden werden.

Insgesamt gilt für den Patienten die Regel: „Lieber laufen und liegen statt stehen und sitzen.“ Gerade beim Liegen sollten sie aber auch darauf achten, die betroffenen Extremitäten konsequent hochzulagern. Gleichzeitig sollten die betroffenen Areale komprimiert werden. Dies geht am besten mit Stützstrümpfen und/oder Kompressionsverbänden. Sie müssen nach Anordnung des Arztes meist ständig getragen werden. Da dies von den Patienten oft als unangenehm empfunden wird, erfordert diese Therapiemaßnahme ein hohe Compliance. Ein Kompressionsstrumpf oder -schlauch unterstützt jedoch nicht nur das venöse System, sondern schützt auch die Haut vor Verletzungen.

Ist das Postthrombotische Syndrom (PTS) bereits fortgeschritten, haben die Patienten oft unter Wassereinlagerungen und Gelenkentzündungen zu leiden. Die Entzündungen können vorsichtig vom Patienten selbst gekühlt werden. Bei Wassereinlagerungen sollten sie zum Arzt, der gegebenenfalls wassertreibende Mittel (Diuretika) verschreibt.

Quellen

  • Encke, A., Breddin, H. K.: Die venöse Thrombose. Prophylaxe und Therapie. Schattauer, Stuttgart 2000
  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Marshall, M., Loew, D.: Venenerkrankungen. Springer, Berlin 2003

Das könnte Sie auch interessieren