Rossolimo-Reflex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Rossolimo-Reflex ist ein Plantarmuskelreflex des Fußes, welcher unter pathologischen Bedingungen ausgelöst wird. Er stellt ein unsicheres Pyramidenbahnzeichen dar und deutet auf Läsionen in der Pyramidenbahn hin.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Rossolimo-Reflex?

Der Rossolimo-Reflex ist ein Plantarmuskelreflex des Fußes, welcher unter pathologischen Bedingungen ausgelöst wird.

Der Rossolimo-Reflex wird durch einen Schlag auf die Plantarmuskulatur des Fußes ausgelöst und ist durch die Beugung des Fußes oder der Zehen in Richtung Fußsohle gekennzeichnet. Es ist ein Plantarmuskelreflex, der unter pathologischen Bedingungen auftritt. Dabei stellt er ein unsicheres Pyramidenbahnzeichen dar. Bei Auftreten dieses Reflexes kann eine Schädigung der Pyramidenbahn vorliegen. Da die Pyramidenbahn jedoch mit dem extrapyramidalen System eng verbunden ist, können auch an dieser Stelle Störungen vorliegen.

Der Rossolimo-Reflex wurde von dem russischen Neurologen Grigorij Rossolimo (1860 bis 1928) entdeckt. Zusammen mit dem Piotrowski-Reflex und dem Fußrückenreflex zählt er zu den Plantarmuskelreflexen. Die Plantarmuskelreflexe zählen wiederum zu den sogenannten Pyramidenbahnzeichen.

Pyramidenbahnzeichen sind Eigenreflexe und gelten als neurologische Symptome, welche aufgrund von Schädigungen der Pyramidenbahn auftreten. So gibt es für die oberen und unteren Extremitäten spezielle Pyramidenbahnzeichen. Der Rossolimo-Reflex ist ein Reflex der unteren Extremitäten. Unter der Vielzahl der Pyramidenbahnzeichen der unteren Extremitäten besitzt jedoch der Babinski-Reflex die größte Bedeutung. Die Aussagekraft der anderen Reflexe, darunter des Rossolimo-Reflexes, ist umstritten und eher gering.

Funktion & Aufgabe

Der Rossolimo-Reflex wird, wie bereits erwähnt, unter pathologischen Bedingungen ausgelöst und zeigt Läsionen im pyramidalen System an. Das pyramidale System steuert die Bewegungskoordination von Säugetieren. Die größte Bedeutung besitzt es jedoch bei höheren Primaten und beim Menschen. Es ist eine Ansammlung von zentralen Motoneuronen, deren Nervenfortsätze in der Pyramidenbahn zusammenlaufen.

Die Pyramidenbahn beginnt beidseitig an der unteren Medulla oblongata mit jeweils einem Strang. Beide Stränge kreuzen sich zwischen Nachhirn und Rückenmark zu 70 bis 90 Prozent. Die restlichen Nervenfasern verlaufen im Vorderstrang des Rückenmarks und kreuzen abschnittsweise das Vorderhorn. Einige Bahnen kreuzen sich nicht. Durch die Kreuzung versorgen Nervenstränge der rechten Hirnhälfte die linke Körperhälfte und umgekehrt.

Das pyramidale System ist für die willkürlichen Bewegungen verantwortlich und reguliert hauptsächlich die Feinmotorik. Es arbeitet jedoch eng mit dem extrapyramidalen System zusammen, welches bei den meisten Säugetieren die größte Bedeutung hat. Nerven des pyramidalen Systems innervieren nie direkt bestimmte Muskeln und Muskelgruppen, sondern vermitteln ihre Signale immer über das extrapyramidale System. Die meisten Pyramidenzellen sind klein und auch außerhalb des pyramidalen Systems anzutreffen.

Die Skelettmuskeln werden durch die motorischen Neuronen (Motoneuronen) versorgt. Das sind efferente Nervenzellen (vom Hirn zu den Muskeln leitende Nervenzellen), die für die willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen verantwortlich sind.

Die Motoneuronen werden wiederum in untere und obere Motoneuronen unterteilt. Dabei lautet die Abkürzung für die unteren Motoneuronen LMN und die für die oberen Motoneuronen UMN. So stellen die LMN die eigentlichen Signalgeber für die Muskeln dar. Das LMN kann als ausführender Schenkel für sämtliche Reflexe und Bewegungen angesehen werden. Es gehört zum extrapyramidalen System. Das UMN zeigt sich verantwortlich für die bewusste Steuerung der Motorik und gehört zum pyramidalen System. Hier spielen die Betzschen Riesenzellen trotz ihrer Unterzahl die größte Rolle. Allerdings innerviert UMN nie direkt die Muskeln oder Muskelgruppen. Er leitet die Signale weiter an das LMN, welcher die Impulse für die Bewegung an die entsprechenden Muskeln gibt.

Bei Läsionen in der Pyramidenbahn kann das extrapyramidale System viele Funktionen übernehmen, sodass die Ausfälle nicht groß erscheinen. Die geringe Bedeutung des pyramidalen Systems für die meisten Säugetiere führt dazu, dass hier Schäden vollkommen kompensiert werden können. Beim Menschen ist in diesen Fällen die Willkürmotorik etwas herabgesetzt, was sich eventuell an Einschränkungen in der Feinmotorik äußert.


Krankheiten & Beschwerden

Der Rossolimo-Reflex gibt einen Hinweis auf eventuelle motorische Einschränkungen durch Läsionen in der Pyramidenbahn. Er ist allerdings ein unsicheres Pyramidenbahnzeichen. Seine alleinige Aussagekraft ist nicht sehr hoch. Im Zusammenhang mit anderen Pyramidenbahnzeichen kann er bestätigenden Charakter tragen.

Das pyramidale System kann unter anderem durch einen Schlaganfall geschädigt werden. Infolge der Pyramidenkreuzung kommt es dabei oft zu einer Lähmung der körperlichen Gegenseite. Allerdings ist die Lähmung in der Regel nicht vollständig, weil das extrapyramidale System viele Aufgaben der Pyramidenbahn übernimmt. Trotzdem treten sogenannte Pyramidenbahnzeichen auf, die sich durch Einschränkungen in der Feinmotorik, Mitbewegungen verschiedener Muskelgruppen oder allgemeiner Ungeschicklichkeit äußern.

Die Ursache dieser Symptome kann jedoch niemals allein in einer isolierten Schädigung des pyramidalen Systems zu suchen sein. Wenn solche Ausfallerscheinungen auftreten, ist immer auch das extrapyramidale System mitbetroffen. Bei einer ausschließlichen Beeinträchtigung der Pyramidenbahn würden kaum Symptome auftreten, da die meisten Funktionen von den anderen Teilen des Nervensystems übernommen werden. Inwieweit solche geringfügigen Störungen der Feinmotorik durch Reflexuntersuchungen festgestellt werden können, ist fraglich. Hinzu kommt, dass der Reflexbogen dieser Reflexe nicht bekannt ist. Nur im Zusammenhang mit der Untersuchung der natürlichen Eigen- und Fremdreflexe kann mithilfe der Pyramidenbahnzeichen ein vollständiges Bild der Störung gezeichnet werden.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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