Rot-Grün-Schwäche

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Rot-Grün-Schwäche

Die Bezeichnungen Rot-Grün-Schwäche, Rot-Grün-Sehschwäche oder Rot-Grün-Blindheit sind die Fachbegriffe für die häufigsten Farbfehlsichtigkeiten, die umgangssprachlich als Farbenblindheit bekannt sind. Die Rot-Grün-Blinden sind, entgegen der allgemeinen Auffassung, nicht zwangsläufig unfähig, diese beiden Farben zu erkennen, es kann auch eine Unterscheidungsschwäche vorliegen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Rot-Grün-Schwäche?

Physiker an der Universidad de Extremadura in Cáceres fanden heraus: Wer die 5- und 20-Centmünzen farblich nicht unterscheiden kann, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rot-grün-blind.
© euthymia – stock.adobe.com

Die Rot-Grün-Schwäche ist ein Netzhautdefekt, der circa acht bis neun Prozent der männlichen und nur circa ein Prozent der weiblichen Bevölkerung betrifft. Es liegt ein Defekt an einem, zwei oder allen der für die Farbvermittlung zuständigen Rezeptoren des Auges vor, der zu einer generellen Farbenblindheit oder der häufigsten Farbensehschwäche, der Rot-Grün-Blindheit, führt.

Die Rot-Grün-Sehschwäche, die nach ihrem Entdecker John Dalton auch Daltonismus genannt wird. Betroffene leiden also unter einer einigeschränkten Farbsichtigkeit. Sie sind nicht in der Lage, die Farben rot und grün zu unterscheiden, zudem kann es auch bei der Differenzierung verschiedener anderer Farbtöne zu Problemen kommen, wenn diesen grün oder rot zugesetzt wurden.

Die Krankheit kann in verschiedenen Ausprägungen auftreten und wird von Betroffenen in der Regel als nicht hinderlich erlebt. Insbesondere bei der Berufswahl stellt eine vorliegende Rot-Grün-Sehschwäche ein Hindernis dar, Betroffene dürfen einige Berufe wie Seemann, Polizist, Taxifahrer oder Pilot nicht ausüben.

Die Rot-Grün-Sehschwäche kann jedoch auch ein Vorteil für die Betroffenen sein, die sensibler auf Helligkeitsabstufungen reagieren, wodurch sie eine grundsätzlich bessere Nachtsichtigkeit aufweisen, und Khakitöne sowie Formen und Konturen besser unterscheiden können als Nicht-Farbenfehlsichtige. Das Militär arbeitet gerne mit Farbenblinden, um die Wirksamkeit von Tarnanzügen zu überprüfen.

Ursachen

Die Ursache der Rot-Grün-Blindheit ist eine genetisch bedingte Veränderung der Zapfen der Netzhaut. Durch Fehler bei der Übertragung von Erbinformationen auf die Chromosomen werden falsche Genkombinationen erzeugt, durch die es zu Störungen der Zapfenfunktion kommt.

Die genauen Abläufe, die zu einer Rot-Grün-Schwäche führen, sind sehr kompliziert und können in einschlägigen Medizinlexika nachgelesen werden. Wichtig zu wissen ist, dass eine Rot-Grün-Schwäche stets angeboren ist und sie rezessiv vererbt wird.

Wissenschaftler vermuten neben der Störung der Zapfenfunktion eine verringerte Anzahl an Zapfen auf der Netzhaut bei erhöhter Stäbchenzahl. Die Stäbchen der Netzhaut sind für das Hell-Dunkel-Sehen verantwortlich, was die gegenüber Normalsichtigen erhöhte Fähigkeit des Nachtsehens erklären würde. Bislang konnte diese These jedoch nicht bewiesen werden.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Leitsymptom beim Vorliegen einer Rot-Grün-Schwäche stellt die verminderte Fähigkeit zum entsprechenden Farbensehen dar. Betroffen ist hier die Fähigkeit, die Farben Rot und Grün zu unterscheiden. Allerdings sind hier zahlreiche Abstufungen vorhanden. So ist eine Rot-Grün-Schwäche nicht zwingend eine Farbenblindheit.

Vielmehr kann es auch zum schlechteren Unterscheiden von Rot und Grün kommen. Dies kann in Abhängigkeit des genauen Farbtons geschehen. So kann es sein, dass bestimmte Nuancen von Rot und Grün für den Betroffenen nicht zu unterscheiden sind, während andere Nuancen sich für ihn deutlich unterscheiden. Durch die Einschränkung beim Sehen von Rot und Grün ergibt sich für die Betroffenen, dass sie deutlich weniger verschiedene Farbtöne wahrnehmen.

Desto stärker sich die wahrgenommenen Wellenlinien in den entsprechenden Zapfen der Augen überlappen, desto schwieriger ist es auch für die Betroffenen, Rot und Grün zu unterscheiden. Die Farben werden von den meisten Betroffenen als Grau- oder Braunabstufungen bezeichnet. Es sind in jedem Falle beide Augen betroffen und die Krankheit besteht ein Leben lang.

Dadurch, dass die meisten Betroffenen das korrekte Farbensehen gar nicht erlebt haben, ergeben sich kaum Einschränkungen. Die sonstige Sehkraft ist nicht eingeschränkt. Auch können Betroffene einer Rot-Grün-Schwäche ihr eingeschränktes Farbensehen kompensieren. Dies gelingt über die Einordnung der wahrgenommenen Braun- oder Grautöne oder durch das schiere Wissen darum, welche Farbe ein Objekt haben sollte.

Diagnose & Verlauf

Der Selbsttest auf Rot-Grün-Sehschwäche ist seit der Einführung des Euro in der Europäischen Union problemlos möglich, wie Physiker an der Universidad de Extremadura in Cáceres herausfanden: Wer die 5- und 20-Centmünzen farblich nicht unterscheiden kann, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rot-grün-blind.

Da Betroffene auch Farbtöne nicht unterscheiden können, in denen sich ein hoher roter oder grüner Anteil befindet, ist ihnen die objektive Unterscheidung dieser beiden Münzen nicht möglich.

Augenärzten stehen aber natürlich weitreichendere Diagnosemethoden zur Verfügung, um nicht nur die Rot-Grün-Schwäche, sondern auch deren Schweregrad zu diagnostizieren. Am häufigsten zum Einsatz kommen die Ishihara-Farbtafeln, der Farnsworth-Test und der Spektralfarbenmischapparat. Aufgabe am Spektralfarbenmischapparat ist die Einstellung eines gelben Kreises anhand von Farbmischungen, wobei Farbfehlsichtigkeiten schnell zu Tage treten.

Dieser komplexe Test ist der typische Berufseignungstest. Einfacher ist die Testung auf Fähigkeit zur Farbenunterscheidung mit den Ishihara-Farbtafeln, auf denen in bunten Farbklecksen Zahlen dargestellt sind, und mit Hilfe des Farnsworth-Testes, der dem Probanden die Aufgabe der Farbzuordnung stellt.

Komplikationen

Echte Komplikationen im medizinischen Sinne gibt es beim Vorliegen einer Rot-Grün-Schwäche nicht. Es handelt sich um einen Ist-Zustand im Auge, der keine organische Beeinträchtigung bedeutet und auch keine erhöhten Risiken für etwaige Krankheiten im Augenbereich bedeutet.

Komplikationen im weitesten Sinne ergeben sich für die Betroffenen nur, wenn ihre Farbsehschwäche sie konkret einschränkt. Dies kann etwa bei der Berufswahl der Fall sein, wo das korrekte Farbsehen beispielsweise als Pilot oder im Zuge labortechnischer Untersuchungen notwendig ist. Ob dies die Betroffenen nennenswert beeinträchtigt, ist eine individuelle Frage.

Die meisten Betroffenen können sich allerdings sehr gut mit ihrer Rot-Grün-Schwäche arrangieren - schon deshalb, weil sie es nicht anders kennen. Beim nächtlichen Autofahren kann eine Rot-Grün-Schwäche allerdings ein erhöhtes Unfallrisiko bedeuten. Schließlich sind auf rot stehende Ampeln bei schlechtem Licht für Menschen mit einer Rot-Grün-Sehschwäche sehr schwierig wahrzunehmen.

Weiterhin ergeben sich gelegentlich ganz konkrete Probleme im Alltag. Beispielsweise werden die Farben rot und grün häufig zur Unterscheidung oder Markierung von Elementen verwendet (Text, Bild, Spielzeug etc.), Ausschilderungen und zahlreiche Gegenstände des alltäglichen Bedarfs ebenso.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Menschen, die eine Beeinträchtigung des Sehens bemerken, sollten grundsätzlich einen Arzt konsultieren. Zu klären sind der Umfang der visuellen Störung sowie die Ursache der Beschwerden. Eine Diagnosestellung wird benötigt, damit ein passender Behandlungsplan erarbeitet werden kann. Unscharfes Sehen, Probleme bei der Erkennung von bewegten Objekten oder Auffälligkeiten der Farbwahrnehmung sind mit einem Arzt zu besprechen.

Können im unmittelbaren Vergleich zu Menschen aus dem näheren Umfeld Unstimmigkeiten des Sehvermögens festgestellt werden, benötigt der Betroffene verschiedene Tests zur Abklärung der Beschwerden. Ein direkter Austausch mit anderen Menschen im Alltag hilft bei der Einschätzung der vorhandenen Problematik. Sie sollte als Basis genutzt werden, um dem Arzt aufgefallene Unregelmäßigkeiten möglichst genau beschreiben zu können.

Stellen Erwachsene bei ihrem Nachwuchs Verhaltensauffälligkeiten oder Besonderheiten bei farblichen Beschreibungen von Objekten fest, sollten sie gemeinsam mit ihnen einen Kinderarzt aufsuchen. Die Kinder können naturgemäß nicht selbständig aktiv werden und sind daher einem Arzt vorzustellen. Da die Rot-Grün-Schwäche insbesondere im Straßenverkehr zu erheblichen Problemen führen kann, unterliegt der Betroffene einer erhöhten Unfallgefahr. Treten Entwicklungen auf, die den Verdacht einer Störung der Farbwahrnehmung erhärten, sollte schnellstmöglich ein Arztbesuch erfolgen.

Vielen Erkrankten fällt über lange Zeit die Störung nicht auf. Sobald es Hinweise und Verdachtsmomente gibt, ist eine ärztliche Konsultation anzuraten.

Behandlung & Therapie

Da Betroffene der Rot-Grün-Sehschwäche ihr Leben sehr gut meistern können und sich nur selten in der Ausübung ihres Alltags eingeschränkt erleben, ist in der Regel keine Therapie nötig. Es wurden daher bislang keine beim Menschen anwendbaren Behandlungsmöglichkeiten entwickelt.

Ein weiterer Grund der fehlenden Therapiemöglichkeiten ist das Interesse der Wissenschaft an Farbenblinden, da mit ihnen Theorien zur Entwicklung der menschlichen Sehkraft überprüft werden können.

Im Jahre 2009 gelang es britischen Forschern, bei rotgrüneblinden Totenkopfaffen mit Hilfe einer Gentherapie die Fähigkeit zur Erkennung des gesamten Farbspektrums hervorzurufen. Das Forscherteam verspricht sich von diesen Ergebnissen Therapieansätze zur Heilung von Farbsehschwächen und womöglich sogar Blindheit.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung von Rot-Grün-Schwäche ist zur Zeit nicht bekannt, da es sich um eine angeborene Störung handelt. Andererseits gilt die Rot-Grün-Schwäche auch nicht als Krankheit oder Beschwerdebild, die ein normales und gesundes Leben stark behindern können. Aus dieser Sichtweise heraus, ist eine Vorbeugung von Rot-Grün-Schwäche nicht nötig.

Nachsorge

Eine Rot-Grün-Schwäche ist nicht heilbar und lässt sich nicht vorbeugen. Sie beeinflusst den Patienten ein Leben lang in unterschiedlichen Aspekten des Alltags. Aus diesem Grund ist eine konsequente Betreuung durch einen Augenarzt notwendig, um die Sehschwäche leichter ins alltägliche Geschehen integrieren zu können.

Eine Besserung oder Heilung der Symptome ist bei einer Rot-Grün-Schwäche hingegen der Ausnahmefall. Dies trifft vor allem dann zu, wenn die Sehschwäche angeboren ist. Auch eine Operation ist nicht möglich. Entdeckt ein Facharzt eine Rot-Grün-Schwäche jedoch frühzeitig, kann sie zufriedenstellend therapiert werden. Das ist in erster Linie bei einer nicht angeborenen Rot-Grün-Schwäche der Fall.

Die Nachsorge soll die Lebensqualität des Betroffenen verbessern. Dies betrifft nicht nur die Sehfähigkeit, sondern auch die psychische Verfassung. Nimmt der Patient seine Rot-Grün-Schwäche als sehr belastend oder einschränkend wahr und leidet darunter, ist neben der augenärztlichen Kontrolle eine parallele psychologische Betreuung anzuraten. Auf diesem Weg wird die Entstehung einer Depression verhindert.

Besonderes Augenmerk bei einer Nachsorge gilt der Verkehrsfähigkeit, da eine Rot-Grün-Schwäche den Patienten bei der Teilnahme am Verkehr erheblich einschränken kann. Autofahren ist mitunter ausgeschlossen. Um mit diesen und vergleichbaren Einschränkungen besser zurechtzukommen, sind entsprechende Übungen nötig, die der Augenarzt mit dem Rot-Grün-Blinden durchführt.

Das können Sie selbst tun

Menschen mit einer Rot-Grün-Schwäche können spezielle Linsen verwenden, die das Farbspektrum erweitern bzw. filtern. Da diese Linsen die Wahrnehmung der Farben verändern, dürfen sie unter Umständen nicht beim Autofahren und bei der Arbeit an bestimmten Maschinen verwendet werden. Einige Farbkorrekturbrillen werden individuell an den Grad der Fehlsichtigkeit angepasst, wodurch die Rot-Grün-Schwäche fast vollständig korrigiert werden kann.

Menschen, die an einer totalen Farbenblindheit leiden, benötigen gegebenenfalls eine dunkle Sonnenbrille. Diese Spezialbrillen verfügen über spezielle Kantenfilter, welche bestimmte Farben filtern und andere verstärken. Dadurch ist es Betroffenen möglich, kleine Schrift zu lesen und Farben zu sehen, die durch die Rot-Grün-Schwäche zuvor nicht sichtbar waren.

Patienten, die an einer Rot-Grün-Schwäche leiden, benötigen meist Unterstützung im Alltag. Vor allem im Straßenverkehr und bei feinen Arbeiten ist die Hilfe von Freunden oder Bekannten sinnvoll. Begleitend dazu sollten die Erkrankten regelmäßig den Augenarzt konsultieren. Erwähnte Spezialbrillen sind nur eine von vielen aktuellen Entwicklungen, die in Zukunft eine fast normale Farbwahrnehmung ermöglichen könnten. Je nach Ausprägung der Farbenfehlsichtigkeit muss die Berufswahl überdacht werden. So können Erkrankte meist kein Pilot oder Zugführer werden.

Quellen

  • Dahlmann, C., Patzelt, J.: Basics Augenheilkunde. Urban & Fischer, München 2014
  • Grehn, F.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2012
  • Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014

Das könnte Sie auch interessieren