Sichelfuß
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der sogenannte Sichelfuß oder Pes adductus findet sich vor allem bei Säuglingen. Meist bildet sich diese Fußfehlstellung eigenständig wieder zurück oder kann therapeutisch behoben werden.
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Was ist ein Sichelfuß?
Der Sichelfuß wird auch als Pes adductus bezeichnet und ist eine Fußfehlstellung, die unter Säuglingen als die am häufigsten auftretende Fußfehlstellung gilt.
Ein Sichelfuß zeigt sich darin, dass der Vorderfuß eines Betroffenen eine Drehung nach innen aufweist. Diese Innenwölbung betrifft meist sowohl den Mittelfuß als auch die Zehen. Je nach Ursache eines Sichelfußes kann außerdem die Großzehe nach innen abweichen. Hierbei spricht man vom sogenannten Hallux varus. Die Fersenstellung ist bei einem Sichelfuß häufig nicht beeinträchtigt.
In vielen Fällen betrifft ein Sichelfuß beide Füße. In der Regel wird ein Sichelfuß weder von Schmerzen noch von Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit eines Betroffenen begleitet. Von der Fußstellung sind im Allgemeinen häufiger Jungen als Mädchen betroffen.
Ursachen
Dabei kann ein Sichelfuß angeboren oder erworben (nach der Geburt entwickelt) sein. Häufiger kommt der erworbene Sichelfuß vor, der meist weniger stark ausgeprägt ist als der angeborene Sichelfuß. Hinter dem erworbenen Sichelfuß verbirgt sich häufig die Tatsache, dass ein betroffener Säugling sich häufig in Bauchlage befindet, wodurch die Zehen oft auf der Unterlage aufliegen.
Ein bereits angeborener Sichelfuß kann schließlich erblich bedingt oder erworben sein. Erblich bedingt ist ein Sichelfuß dann, wenn beide Eltern eines betroffenen Säuglings entsprechende Erbmerkmale aufweisen. Ein erworbener, angeborener Sichelfuß ist vermutlich häufig bedingt durch die relative Enge der Gebärmutter.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein Sichelfuß kann im Normalfall schon von außen erkannt werden. Die Fehlbildung äußert sich dadurch, dass Fußspitze und Mittelfuß einwärts gestellt und die Zehen teilweise oder vollständig nach innen verlagert sind. Die Ferse ist typischerweise nach innen abgeknickt beziehungsweise nach vorne gerichtet. Die Deformationen haben im Normalfall keinen Einfluss auf die Beweglichkeit des betroffenen Fußes.
Auch Schmerzen sind selten und treten lediglich als Folge etwaiger Fehlstellungen auf. Bei der angeborenen Form zeigt sich zudem ein nach innen gerichteter Gang. Der Sichelfuß kann einseitig oder beidseitig auftreten. Meist tritt er beidseitig auf, wobei die Ausprägung der Symptome zwischen den Füßen variieren kann.
Ein angeborener Sichelfuß wird oft von weiteren Fehlbildungen begleitet. Betroffene Säuglinge haben dann beispielsweise deformierte Großzehen oder einen abgeflachten Mittelfuß. Dann kann es zu Fehlstellungen und als Folge dessen zu einem Gelenkverschleiß kommen, welcher mit Schmerzen und weiteren Bewegungseinschränkungen verbunden.
Ein Sichelfuß ist also in erster Linie an den äußerlichen Merkmalen zu erkennen. Die angeborene Form bleibt über das gesamte Leben bestehen, wobei normalerweise keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes stattfindet. Durch eine frühzeitig Behandlung können die Symptome effektiv behoben werden.
Diagnose & Verlauf
Diagnostiziert wird ein Sichelfuß meist aufgrund der sichtbaren, typischen Fehlstellung des Fußes bzw. der Füße. Wurde ein Hallux varus ausgebildet, lässt dies meist auf einen angeborenen Sichelfuß schließen.
Für die Diagnose eines Sichelfußes spricht außerdem, dass der Fuß bei Streichen über den äußeren Fußrand geradeaus gerichtet wird. Soll der Ausprägungsgrad eines Sichelfußes festgestellt werden, so eignet sich etwa eine Röntgenuntersuchung. Bei der großen Mehrheit der Betroffenen bildet sich ein Sichelfuß im Laufe der körperlichen Entwicklung selbstständig wieder zurück.
In den übrigen Fällen ist die Therapieprognose meist gut. In wenigen unbehandelten Fällen kann ein Sichelfuß auf lange Sicht zu Schmerzen, Arthrose und Bewegungseinschränkungen führen.
Komplikationen
Der veränderte Gang ist für viele Betroffene auch ein kosmetischer Makel, der als unangenehm empfunden wird. Langfristig kann eine Fehlstellung psychische Probleme wie zum Beispiel Minderwertigkeitskomplexe hervorrufen oder bestehende Leiden verstärken. Ein chirurgischer Eingriff kann die typischen Komplikationen hervorrufen: Blutungen, Infektionen und Nervenverletzungen. Besonders gefährdet sind die Gelenkkapseln, die im Rahmen der Operation Schaden nehmen können.
Dadurch kommt es zu Sensibilitätsstörungen und in seltenen Fällen zu dauerhaften Bewegungseinschränkungen. Nach der Operation können Wundheilungsstörungen und Entzündungen auftreten. Gelegentlich stellt sich wieder eine Fehlstellung ein, die erneut operativ behandelt werden muss. Verordnete Schmerzmittel und Entzündungshemmer können Magen-Darm-Beschwerden, Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen sowie eine Reihe weiterer Neben- und Wechselwirkungen hervorrufen. Auch allergische Reaktionen auf die verwendeten Mittel und Materialien sind nicht auszuschließen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ein Sichelfuß sollte immer von einem Arzt behandelt werden. Dabei kann es im schlimmsten Fall zu deutlichen Komplikationen und Einschränkungen im Leben des Betroffenen kommen, welche sich sehr negativ auf die Lebensqualität auswirken können. Aus diesem Grund sollte ein Sichelfuß schon bei den ersten Anzeichen behandelt werden. Eine Selbstheilung kann bei dieser Erkrankung nicht eintreten. Ein Arzt ist dabei dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einer deutlichen Fehlstellung des Fußes leidet. Dabei ist die Ferse nicht ganz nach vorne gerichtet, sodass es zu starken Schmerzen in den Füßen kommen kann.
In der Regel treten diese Schmerzen vor allem während des Laufens auf, wobei sie auch in Form von Ruheschmerzen auftreten können. Bei diesen Beschwerden sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. Ebenfalls deuten starke Einschränkungen in der Bewegung auf einen Sichelfuß hin und sollten ebenso durch einen Mediziner kontrolliert werden. Vor allem bei Kindern müssen die Eltern auf die Symptome dieser Krankheit achten und dann einen Arzt aufsuchen. In der Regel kann ein Sichelfuß durch einen Orthopäden diagnostiziert und behandelt werden.
Behandlung & Therapie
In vielen Fällen muss ein Sichelfuß nicht medizinisch behandelt werden. Ist allerdings eine therapeutische Maßnahme notwendig, besteht diese häufig aus einer manuellen Korrektur des Sichelfußes beim Säugling; ist von einem Sichelfuß lediglich der Vorfuß betroffen, kann hier beispielsweise ein wiederholtes Drücken des betroffenen Fußes in die Normalstellung den Sichelfuß beheben.
Zu einer normalen Ausrichtung des Sichelfußes kann des Weiteren ein wiederholtes Streichen des Fußaußenrandes beitragen. Therapeutisch unterstützen können auch Schaumstoffringe, die an den Unterschenkeln eines vom Sichelfuß betroffenen Säuglings angebracht werden: Mithilfe der Schaumstoffringe kann in der Bauchlage verhindert werden, dass die Füße des Säuglings mit deren Außenrand auf der Unterlage liegen.
Weiterreichende therapeutische Schritte können notwendig werden, wenn neben dem Vorfuß auch der Mittelfuß vom Sichelfuß betroffen ist. In diesem Fall werden beispielsweise über einen Zeitraum von circa ein bis drei Wochen Gipsverbände an den Oberschenkeln angebracht, die schließlich durch nachts zu tragende, sogenannte Lagerungsschalen ersetzt werden. Wenn betroffene Kinder dann laufen und stehen, können spezielle Schuheinlagen zur Korrektur des Sichelfußes verwendet werden. In wenigen Fällen können operative Eingriffe nötig sein, um einen Sichelfuß zu beheben.
Vorbeugung
Ist ein Sichelfuß erblich bedingt, so kann dessen Entstehung in der Regel nicht vorgebeugt werden. Um einen erworbenen Sichelfuß zu verhindern, kann es hilfreich sein, bei einem Säugling in Bauchlage eine Fußinnendrehung zu vermeiden. Zeigen sich erste Anzeichen für einen Sichelfuß, kann es sinnvoll sein, ärztlichen Rat einzuholen; falls nötig können so frühzeitig Maßnahmen gegen den Sichelfuß ergriffen werden.
Wird bei Neugeborenen ein Sichelfuß diagnostiziert, ist nicht immer eine Behandlung nötig, da im Wachstum häufig eine Spontankorrektur erfolgt. Führen nichtoperative Therapien wie spezielle Schienen, Wickelungen oder orthopädische Schuhe zu keinem Erfolg, kann die lagebedingte Fehlstellung mit einem chirurgischen Eingriff korrigiert werden. Um den Fuß wieder in seine Mittelstellung zu führen, werden auch Gipsverbände angelegt. In der prä- und postoperativen Nachsorge dienen formstabile Lagerungsschienen als komfortabler Gispsersatz. Im Anschluss an eine Operation oder nach einer Gipstherapie ist eine intensive Nachbehandlung mit physiotherapeutischen Verfahren nötig. Zur Stabilisierung der Fußposition werden spezielle Dehn- und Kräftigungsübungen durchgeführt. Schon bei Säuglingen ist Krankengymnastik sinnvoll, um eine Verschlimmerung der Seitwärtseindrehung des Vorderfußes zu vermeiden.
Nachsorge
Die Fehlstellung des Babyfußes behandelt der Physiotherapeut mit Streichmassagen, die die Fußmuskulatur kräftigen und die Zehen mobilisieren. Während der Sichelfuß-Nachbehandlung können die Eltern fachlich angeleitete Übungen zur Dehnung der Füße selbständig zu Hause weiterführen. Insbesondere bei operativ behandelten Fehlstellungen ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle notwendig, aber auch, um den Erfolg konservativer Therapiemaßnahmen zu gewährleisten.
Orthopädische Schuheinlagen dienen dazu, den Behandlungserfolg dauerhaft zu erhalten. Als ergänzende Maßnahme einer erfolgreichen physiotherapeutischen Nachsorge kommen außerdem Antivarusschuhe zur Anwendung. Die Hauptkosten für diese Stabilschuhe tragen die Krankenkassen, sofern eine orthopädische Diagnosestellung vorliegt. Auch ein später bemerkter, leicht ausgeprägter Sichelfuß sollte in jedem Fall ärztlich untersucht werden.
Das können Sie selbst tun
Erfahrungsgemäß bildet sich der Sichelfuß im Laufe des Wachstums von selbst zurück. Eine ärztliche Diagnose ist trotzdem dringend notwendig – allein um den Fortgang der einzelnen Maßnahmen zu dokumentieren.
Eltern können durch Massagen die Heilung unterstützen. Es empfiehlt sich, die entsprechenden Handgriffe zuerst unter therapeutischer Aufsicht einzuüben. Die Muskulatur wird dabei sanft in die Idealstellung gebracht. Maßgeblich für den Erfolg ist die Dehnbarkeit des Fußes am Innenrand. Bei älteren Kindern lohnen sich Übungen mit einem Fußball. Besonders das Kicken mit der Innenseite unterstützt den Heilungsprozess und bereitet viel Freude.
Der Sichelfuß stellt eine schwerwiegende Anomalie dar. Die Erkrankung sollte daher niemals ausschließlich durch Laien behandelt werden. Andernfalls droht eine lebenslange Gehbehinderung mit den sich daraus ergebenden beruflichen und privaten Einschränkungen. Junge Heranwachsende lassen sich durch Massagen und Übungseinheiten unterstützen. Eine Kombination aus Therapie und Eigenmaßnahmen verspricht den besten Erfolg.
Bei Komplikationen versuchen Ärzte mit Gipsverbänden und einer Operation die Fehlstellung zu korrigieren. Gelingt dieses nicht vollständig, müssen oft Schuhe mit Einlagen verwendet werden. Schmerzen und Druckstellen nach längeren Strecken kennzeichnen dann den Alltag.
Quellen
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Niethardt, F.U.: Kinderorthopädie. Thieme, Stuttgart 2009
- Sitzmann, F.C.: Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012